Bundeshaus-Blog
FRÜHLINGSSESSION, 26.2.-15.3.2024, erste Woche, erster Tag (26.2.)
Für Februar sind die Temperaturen schon sehr mild. Das passt zum heutigen Beginn der Frühlingssession, aber ansonsten ist das milde Wetter aus klimatechnischen Gründen natürlich eher beunruhigend. Obwohl ich letzte Woche eigentlich Ferien gehabt hätte, kam ich nicht so richtig zum Ausspannen: Ich hatte Kommissionssitzung, Arena-Auftritt und ein Interview in der Samstagsrundschau. Das vorherrschende Thema bei allen: die Armeefinanzen und die Zukunft der Armee. Affaire à suivre…
Die Sitzung beginnt mit einer Information zu einer in dieser Session geplanten Evakuationsübung. Der „Groove“ ist ähnlich wie bei den Sicherheitsinformationen in Flugzeugen, die Aufmerksamkeit ähnlich schlecht. Bin gespannt, ob dann alle wissen, wo sie hin müssen, wenn es dann soweit ist ;-).
Dann sind Geschäfte aus dem UVEK dran. Die Schweiz ist ein stolzes Eisenbahnland. Es wird viel investiert in den Ausbau der Bahn, aber auch in deren Unterhalt. Das Ausbauprogramm für die Langfriststrategie „Perspektive Bahn2050“ beinhaltet diverse Ausbauten in der ganzen Schweiz für ca. 3 Mrd. Diese werden aus dem Bahninfrastrukturfonds finanziert. Auch für den Kanton Zürich sind diese Ausbauschritte wichtig. Es geht unter anderen um den Brüttener Tunnel und das 4. Gleis am Bahnhof Stadelhofen. Die Gesamtvorlage ist denn auch völlig unbestritten, weil jede Region etwas bekommt und das Geld wie erwähnt aus dem BIF kommt.
Dritte Woche, letzter Tag (22.12.)
Der letzte Sessionstag geht meistens sehr schnell vorbei, wir haben nur noch Schlussabstimmungen ohne Überraschungen. Tatsächlich sind wir auch heute bereits um 8.45 Uhr fertig.
Es waren aufregende drei Wochen mit Bundesratswahlen, den neuen Kolleg:innen und den Kommissionszuteilungen. Ich bin sehr zufrieden mit meinen Kommissionen. In der SiK darf ich für zwei Jahre das Präsidium übernehmen, was mich sehr ehrt und auch anspornt. Und in der GPK bin ich neuerdings nun auch Mitglied der GPDel, welche den Nachrichtendienst beaufsichtigt.
Jetzt geht es aber erstmal nach Hause zu meiner Familie. Ich freue mich wirklich sehr auf die kommenden Festtage und wünsche allen einen guten Start ins 2024 🎄!
Dritte Woche, vierter Tag (21.12.)
Der heutige Tag beginnt für mich sehr früh, ich habe bereits um 6.30 Uhr eine Sitzung. Im Bundeshaus ist auch um diese Uhrzeit schon viel los. Die Reinigungskräfte und die Weibel:innen sind schon voll an der Arbeit, damit wir die Sessionssitzung angenehm beginnen können. Das beeindruckt mich.
Ein weiteres wichtiges Geschäft wird heute beraten: das Energiegesetz. Die Vorlage will die Verfahren für die Planung, den Bau, die Erweiterung und die Erneuerung von grossen Anlagen zur Erzeugung von Elektrizität oder Wärme aus erneuerbaren Energien vereinfachen und damit beschleunigen.
Die inländische Stromproduktion muss ausgebaut werden, um einerseits die Abhängigkeit von fossilen Energien zu verringern und andererseits die Versorgungssicherheit bei uns zu stärken. Der Versuch von SVP und Teilen der FDP, das Kernenergieverbot zu kippen, scheitert zum Glück klar. Dem Gesetz wird schliesslich mit 137:56 Stimmen bei 7 Enthaltungen zugestimmt und geht jetzt in den Ständerat.
Das Budget 2024 kommt zurück aus der Einigungskonferenz. Der Nationalrat hat sich durchgesetzt: Die Armeeausgaben werden nicht bereits schon 2030 1% des BIP betragen, sondern „erst“ 2035. Vernünftig.
Das Schönste am heutigen Tag ist aber klar der Besuch von Angelo Barrile im Bundeshaus. Ich vermisse ihn sehr.
Und Angelo ist ebenfalls mit dabei bei Wahlfeier von unserem neuen Bundesrat Beat Jans. Gleich nach Sitzungsschluss am Mittag geht es los nach Basel. Zum Glück spielt das Wetter einigermassen mit und wir können Basel in vollen Zügen geniessen.
Dritte Woche, dritter Tag (20.12.)
Heute beginnen wir mit dem grössten Geschäft in dieser Session: dem CO2-Gesetz. Nachdem das Volk das erste CO2-Gesetz 2021 leider abgelehnt hat, kommt nun die Neuauflage ins Parlament. Es handelt sich vorwiegend um die unbestrittenen Teile des alten Gesetzes. Für die ökologischen Kräfte im Parlament geht das Gesetz viel zu wenig weit, so werden die Klimaziele von Paris noch lange nicht erreicht. Aber es ist der berühmte Schritt in die richtige Richtung. Mich persönlich interessieren natürlich vor allem die Massnahmen beim Flugverkehr. Um den Flugverkehr zu dekarbonisieren, setzt das Parlament vor allem auf nachhaltige Treibstoffe. Das CO2-Gesetz will eine Beimischpflicht für nachhaltige Flugtreibstoffe ähnlich wie in der EU einführen: 6 % im Jahr 2030, davon 5,3 % Biotreibstoffe und 0,7 % synthetische Treibstoffe. Leider reicht das nicht. Eine so niedrige Beimischquote kann die Flugemissionen bis zum Ende des Jahrzehnts nicht signifikant reduzieren. Darüber hinaus ist es eine schlechte Investition in die Zukunft, auf Biotreibstoffe zu setzen. Die Einführung einer Lenkungsabgabe von 500 bis 3000 Franken für Privatjets wurde vom Nationalrat leider abgelehnt. Eine Abgabe für Privatjets wäre ein Schritt in Richtung Klimagerechtigkeit gewesen. Im CO2-Gesetz sind nur wenige andere Massnahmen enthalten, wie die Erwähnung der Flugemissionen in der Werbung und die finanzielle Unterstützung für die Herstellung synthetische Flugtreibstoffe und den grenzüberschreitenden Schienenverkehr. Sie werden jedoch nur einen geringen Einfluss auf die Flugemissionen haben, vor allem wenn der Flugverkehr weiter zunimmt. Wir werden heute noch fertig mit den Beratungen. Das Gesetz geht jetzt zurück in den Ständerat.
Dritte Woche, zweiter Tag (19.12.)
Am heutigen Sitzungsmorgen ist unsere BR Elisabeth Baume-Schneider gefordert. Es geht vorwiegend um asylpolitische Geschäfte. Die SVP hat zahlreiche Vorstösse eingereicht, um die Asylpolitik zu verschärfen. Das sind so „nette“ Ideen wie Aussetzung des Resettlement-Programms oder den Bau von Bundesasylzentren in Ruanda. Zum Glück sieht es das Parlament anders und unterstützt jeweils knapp den Bundesrat in seiner Politik. Für Elisabeth ist es die letzte Sitzung im Nationalrat als Vorsteherin des EJPD, im neuen Jahr wird das denn Beat Jans sein. Keine leichte Aufgabe!
Zum Sitzungsende sind auch noch Geschäfte aus der SiK-N dran. Es geht u.a. um eine Kommissionsmotion, welche ein Hamas-Verbot fordert. Der Rat folgt seiner Kommission, die Motion wird überwiesen. Es gibt nicht mal eine Abstimmung, weil auch der Bundesrat dafür ist.
Während der Fraktionssitzung am Nachmittag habe ich in meiner neuen Funktion als SiK-Präsidentin einen Austausch mit BR Viola Amherd. Wir besprechen die Traktandenliste für die nächsten Kommissionssitzungen. Obwohl ich schon ein paar Gespräche mit Viola hatte, bin ich dieses Mal etwas nervös.
Am Abend fahre ich nach Zürich. Wir haben das Weihnachtessen der SP Kanton Zürich im Café Boy. Es ist ein gelungener und fröhlicher Abend. Spät fahre ich wieder nach Bern zurück, damit ich morgen auch sofort parat bin.
Dritte Woche, erster Tag (18.12.)
Nach einem sehr abwechslungsreichen Wochenende startet heute bereits die letzte Sessionswoche. Ich sehne mich jetzt ehrlich gesagt schon nach Ferien und nach den Festtagen, bin langsam ziemlich ausgelaugt.
In Bern geht es heute wieder einmal um den Voranschlag 2024, es gibt Differenzen zum Ständerat. Zum Beispiel will der Ständerat die Armeeausgaben schon 2030 auf 1% des BIP erhöht haben, der Bundesrat will dies aus finanzpolitischen Gründen erst 2035 ermöglichen. Der Nationalrat bleibt zum Glück vernünftig und standhaft und beharrt auf 2035. Dafür will der Nationalrat im Gegensatz zum Stände- und Bundesrat 20 Mio. bei den humanitären Aktionen einsparen, konkret geht es um Beiträge an das UNRWA, dem Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten. Mal schauen, ob sich der Ständerat durchsetzt.
Beim letzten Geschäft heute geht es wieder einmal um Kriegsmaterialexporte, meinem „Lieblingsthema“. Eine Motion aus dem Ständerat will dem Bundesrat wieder Spielraum zugestehen bei Waffenexporten in Länder, welche die Menschenrechte verletzen. Erst vor nur gerade zwei Jahren wurde die Korrektur-Initiative, die von einer breiten Allianz von SP, Grüne, Mitte, EVP und BDP unterstützt wurde, zugunsten eines akzeptablen Gegenvorschlags zurückgezogen. Die Streichung genau desjenigen Passus, den der Ständerat nun wieder einführen will, war die zentrale Bedingung für den Rückzug. Nun sollen die Anliegen des Gegenvorschlags auf diese Art und Weise, also mit einer simplen Motion, ausgehebelt werden. Das ist staatspolitisch äusserst fragwürdig. Genau diese Abweichungskompetenz wollte das Parlament vor zwei Jahren dem Bundesrat nicht genehmigen, denn so wird ein neues Schlupfloch im Kriegsmaterialgesetz eröffnet, das notabene auch neutralitätsrechtlich bedenklich ist. Zu betonen ist auch noch, dass diese Aufweichung der Ukraine nichts nützt. Es geht hier nur um direkte Waffenlieferungen. Da ist die rechtliche Situation ganz klar: Als neutrales Land dürfen wir unter keinem Titel Waffen in kriegsführende Länder schicken. Es geht also lediglich um die Rüstungsindustrie. Diese Motion lässt jeglichen moralisch-ethischen Kompass vermissen. SP, Grüne und GLP sind dagegen, doch es nützt alles nichts. Weil die Mitte gekippt ist, wird der Motion mit 117:74 Stimmen zugestimmt, ein Tiefpunkt dieser Session…
Am Abend findet der traditionelle Austausch zwischen den Parlamentarierinnen und den Bundeshausjournalistinnen statt. Ich kann gute Gespräche führen, das versöhnt mich dann wieder etwas.
Zweite Woche, vierter Tag (14.12.)
Am heutigen Morgen geht es ausschliesslich um Gesundheitsgeschäfte. Es ist Alain Bersets letzter Auftritt als Bundesrat im Nationalrat. Inhaltlich bekomme ich leider nicht sehr viel mit, da heute die Kommissionmitgliedschaften bekannt geben werden müssen. Ich kann ich der Sicherheitspolitischen Kommission bleiben und darf auch das Präsidium übernehmen. Das freut mich sehr und gibt mir einen riesigen Motivationsschub! Jetzt gibt es aber bereits schon einiges zu besprechen und zu klären mit dem Kommissionssekretär. Als Zweitkommission habe ich wiederum die Geschäftsprüfungskommission. Da ich hier neu die Delegationsleitung der SP-Fraktion übernehme, muss ich mich um die Zuteilung der Subkommissionsitze kümmern. Zum Glück unterstützt mich dabei tatkräftig unsere Co-Fraktionspräsidentin Samira Marti.
Nach diesem hektischen Morgen geht es dann wieder zurück nach Hause. Nach dieser ereignisreichen Woche freue ich mich sehr, daheim hoffentlich etwas ausspannen zu können und Weihnachtsstimmung aufkommen zu lassen.
Zweite Woche, dritter Tag (13.12.)
Und jetzt ist er also da, der grosse Tag der Bundesratswahl. Irgendwie spürt man es gleich schon beim Aufstehen, dass heute ein besonderer Tag seinwird. Bundesratswahlen sind auch für hartgesottene Parlamentarier:innen immer ein besonderer und erhabener Moment. Um 7 Uhr haben wir noch eine Fraktionssitzung, so machen wir das immer bei Bundesratswahlen. Wir beschliessen, in der grossen Mehrheit Ignazio Cassis zu wählen. Auch wenn uns Gerhard Andrey politisch natürlich viel näher ist, gibt es leider keine Chance, dass er zum Bundesrat gewählt wird. Die Bürgerlichen üben hingegen starken Druck auf uns aus: Wenn wir uns bei der Wahl Cassis nicht benähmen, würden wir bei der Ersatzwahl Berset abgestraft werden. Das ist hässlich und stinkt uns gewaltig, aber so sind die politischen Realitäten in diesem Haus.
Zuerst wird Alain Berset verabschiedet. Er war das Gesicht der Pandemie, hat uns sicher und bestimmt durch die grösste Krise seit dem 2. Weltkrieg gelenkt. Es ist für mich schwierig vorstellbar, dass er nicht mehr Mitglied des Bundesrates ist. Danach wird der Bundeskanzler Walter Turnherr verabschiedet. Wir müssen heute auch eine/n neue/n Bundeskanzler/in wählen.
Der Reigen fängt mit Guy Parmelin an: Er wird mit sehr guten 215 Stimmen gewählt. Dann steigt die Spannung zum ersten Mal: Jetzt geht es um die Wahl von Ignazio Cassis. Der Skandal bleibt wie erwartet aus, auch er wird im 1. Wahlgang mit 167 Stimmen wiedergewählt. Auch Viola Amherd wird mit 201 Stimmen gewählt, ich habe das auch getan. Dann ist die Reihe an Karin Keller-Sutter. Sie wird mit bloss 167 Stimmer gewählt. Jetzt haben wir etwas Angst für die Wahl von Elisabeth Baume-Schneider. Zuerst ist aber noch Albert Rösti dran. Es gibt 26 Leerstimmen, Rösti wird mit 189 Stimmen gewählt. Immer noch zu gut… Aber auch Elisabeth wird schliesslich gewählt, mit 151 Stimmen. Und dann ist es soweit: Es folgt der erste Wahlgang für den Ersatz von Alain Berset. Es braucht 3 Wahlgänge. Gewählt wird dann im 3. Wahlgang Beat Jans mit 134 Stimmen, Dani Jositsch erhält 68 Stimmen, Jon Pult 43. Es scheint das totale Basler Jahr zu sein ;-)!
Als Bundeskanzler wird dann Victor Rossi im 2. Wahlgang gewählt, er setzt sich mit 134 Stimmen gegenüber den SVP-Kandidaten durch. Viola Amherd wird zum Schluss des Wahlreigens mit 158 Stimmen zur Bundespräsidentin gewählt und Karin Keller-Sutter mit 138 Stimmen zur Vize, beide erstaunlicherweise nicht gerade sehr gut.
Nach den Wahlgängen findet unser traditionelles Fraktions-Weihnachtsessen im PROGR statt. Angelo ist auch mit dabei, das freut mich sehr! Gegen Ende des Anlasses stösst auch unser frisch gewählte Bundesrat Beat Jans dazu. Die Stimmung ist ausgezeichnet und freudig.
Zweite Woche, zweiter Tag (12.12.)
Heute ist ein voll bepackter Tag, er dauert für mich sogar bis Mitternacht. Ich muss/darf am Abend nach Zürich zurück in den «Club» des Schweizer Fernsehens. Die Diskussionsrunde dreht sich um die Bundesratswahlen von morgen. Ich glaube aber kaum, dass sich eine Partei in die Karten blicken lassen wird…
An der Ratssitzung am Morgen sind auch VBS-Geschäfte an. Der grüne Fabien Fivaz und ich sind sogar gemeinsam Kommissionssprecher:innen. Das ist schon sehr selten. Es geht um eine Motion von SR Werner Salzmann, welche verlangt, dass der Preis für die Munitionsgewehrpatrone GP 11 (welche für das Sturmgewehr 57, den Karabiner und das Langgewehr verwendet wird) weiterhin gleich tief bleibt. Die GP 11 wird aktuell nämlich stärker subventioniert als die Munition, die von der Armee heute aktuell verwendet wird (Gewehrpatrone 90). Die EFK hat das moniert und empfiehlt eine Senkung dieser Subvention. Das soll nach Meinung des BR umgesetzt werden. In Absprache mit dem Schweizer Schiesssportverband erhalten Schiessvereine in Zukunft mehr direkte Finanzmittel, beispielsweise erhalten sie höhere Beträge, um das obligatorische Schiessprogramm, das Feldschiessen und die Jungschützenkurse durchzuführen. Im Gegenzug wird die Subvention für die Munitionsgewehrpatrone 11 reduziert. Der Bund unterstützt damit die Schiessvereine weiterhin mit dieser Munition, obwohl sie für die Armee keinen Trainingseffekt mehr bringt. Also eine klare Sache, sollte man denken. Aber die Schiesssportlobby zeigt ihre Stärke, entgegen der Kommissions-Mehrheit wird die Motion mit 112:77 Stimmen bei 1 Enthaltung trotzdem überwiesen.
In der Fraktionssitzung am Nachmittag hören wir den grünen BR-Kandidaten Gerhard Andrey an, so wie die vierte Kandidatur für den Bundeskanzler Lukas Gresch. Wir entscheiden aber erst morgen früh über unsere Taktik und Präferenzen.
Danach findet eine gemeinsame Sitzung der beiden Themenkommissionen Sicherheit und Aussenpolitik statt. Es geht um den Krieg in der Ukraine und um die Frage, ob Russland den Krieg aus militärökonomischen Gründen verlieren wird. Leider muss ich die spannende Diskussion früher verlassen, damit ich den Zug nach Zürich nehmen kann. Bin ehrlich gesagt sehr müde, und die Sendung beginnt erst um 22.25 Uhr… In der Maske schlafe ich beinahe ein, obwohl ich diesen Teil am liebsten mag. Während der Sendung geht es aber wieder. Die Diskussion mit Petra Gössi, Beni Würth, Mike Egger und Politologe Marc Bühlmann ist sehr angeregt. Um 02.20 Uhr bin ich dann wieder in meiner Wohnung in Bern.
Zweite Woche, erster Tag (11.12.)
Das Wochenende hat sehr gut getan. Ich habe viel Zeit mit meiner Familie verbracht, ging mit einer Freundin den Ballettabend «Walkways» im Opernhaus schauen (hervorragend!) und konnte meinen geliebten Weihnachtsvorbereitungen nachgehen.
Bevor die Ratssitzung heute beginnt, habe ich noch einen Online-Austausch mit unseren Mitgliedsorganisationen der Koalition Umwelt, Verkehr und Gesundheit KLUG.
Im Rat geht es so weiter, wie es die letzte Woche geendet hat: Wir machen weiter mit der Budgetdebatte. Auch diese geht so unerfreulich weiter wie vergangene Woche: Es wird an den falschen Stellen schmerzhaft gekürzt: bei der Entwicklungszusammenarbeit (aus diesem Topf wird die Ukraine-Hilfe gespiesen, aber auf Kosten des ganzen IZA-Budgets), bei den Integrationsbeiträgen an die Kantone, in der (Berufs)Bildung. Wenigstens gibt es doch noch einen Lichtblick: Wie schon der Ständerat verzichtet auch der Nationalrat auf Kürzungen bei der Präventionskampagne gegen Gewalt an Frauen. Damit ist der Betrag nun «save»! Wir werden fertig mit den Beratungen. Aber auch unser Budget ist wegen den 54 Mio. Erhöhung bei den Direktzahlungen an die Bauern nicht schuldenbremsenkonform. Ein Ordnungsantrag der Mitte verlangt darum Rückkommen. Es soll aber nicht bei den Bauern oder der Armee gespart werden, sondern beim öV. No comment… Das Budget wird in der Gesamtabstimmung beinahe abgelehnt, mit 79:75 Stimmen bei 40 (!) Enthaltungen. Es geht nun zurück in den Ständerat.
Erste Woche, vierter Tag (7.12.)
Nach einer kurzen Nacht beginnen wir heute Morgen mit dem Hauptgeschäft jeder Wintersession: dem Voranschlag 2024. Die Finanzen des Bundes sehen leider gar nicht rosig. Der Hauptgrund dafür liegt in der Erhöhung des Armeebudgets. Der Bundesrat ist bereits schon auf die Bremse gestanden und hat die Erhöhung des Armeebudgets auf 1% des BIP auf 2035 verschoben und nicht 2030, wie das dieses Parlament wollte. Die SVP stellte einen Antrag, dass diese 1% schon 2030 erreicht werden sollen. Diese Forderung steht absolut quer in der Landschaft, es geht da immerhin um 300 Mio./Jahr. Das Budget, so wie es der Bundesrat verabschiedet hat, war gerade noch knapp schuldenbremsenkonform. In den meisten Bereichen wurde darum 2% pauschal gekürzt. Der Ständerat hat aber am Dienstag total überbordet: mehr Ausgaben fürs Militär (54,8 Mio.), mehr für die Landwirtschaft, mehr Geld für den Personenverkehr. Im Nationalrat wird es vermutlich dann nicht anders aussehen. Heute werden wir wie geplant nicht fertig mit den Beratungen. Es gibt bis jetzt mehr Geld für die Weinwerbung, für den Herdenschutz und für den Zuckerrübenanbau. Es ist immer dasselbe…
Dann ist die erste Sessionswoche der neuen Legislatur vorbei und es geht wieder nach Hause. Freue mich sehr auf meine Familie und aufs zweite Advents-Wochenende.
Erste Woche, dritter Tag (6.12.)
Es wird ein langer Tag heute, denn es finden die gemeinsamen Feierlichkeiten der Ständeratspräsidentin Eva Herzog und des Nationalratspräsidenten Eric Nussbaumer in Basel statt. Zuerst wird aber noch etwas gearbeitet: Ein SiK-Geschäft steht auf der Traktandenliste. Es geht um den sogenannten BMVI-Fonds. Bei diesem Fonds handelt es sich um einen Solidaritätsfonds, der besonders belastete Schengen-Staaten (wie Italien, Kroatien oder Griechenland) finanziell unterstützen soll, damit diese ihre Aufgaben im Rahmen ihrer Schengen-Verpflichtungen wahrnehmen können. Die SP steht hinter einer gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Migrationspolitik. Deshalb unterstützt sie auch Schengen und Dublin. Zentral für uns ist dabei aber, dass sich die europäische Migrationspolitik an den Grundrechten orientiert (also rechtsstaatliche Asylverfahren, keine illegalen Pushbacks) und somit an der Logik des UNO-Migrationspaktes: irreguläre Migration verhindern und reguläre ermöglichen. Die SVP stell den Antrag auf Nicht-Eintreten, kommt damit aber nicht durch. Dem Fonds wird mit 105:65 Stimmen bei 21 Enthaltungen zugestimmt und geht jetzt in den Ständerat.
Bereits um 10 Uhr ist Sitzungsschluss und es geht zuerst mit dem Zug nach Liestal. Dann fahren wir mit einer Postauto-Eskorte nach Birsfelden und steigen da ins Schiff. Wie fahren auf dem Rhein vorbei am Dreiländereck steigen in Basel wieder aus, wo die weiteren Festlichkeiten stattfinden.
Die Bundeshaus-Band muss dann in der St. Jakobs-Halle noch etwas üben, unser Auftritt ist dann am Abend vor dem Essen. Der Auftritt gelingt uns sogar recht gut. Müde, aber gut gelaunt, kehren wir am Abend spät wieder nach Bern zurück.
Erste Woche, zweiter Tag (5.6.)
Am heutigen Morgen findet die Debatte zur sogenannten Landschaftsinitiative statt. Diese Initiative will den Grundsatz der Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet stärken sowie die Anzahl der Gebäude und die von ihnen beanspruchte Fläche im Nichtbaugebiet plafonieren. Die Stossrichtung der Initiative ist also absolut unterstützungswürdig und nötig. Zentrale Umsetzungsfragen lässt die Initiative aber offen. So wird zum Beispiel nicht klar präzisiert, wie das angestrebte Plafonierungsziel konkret erreicht werden soll. Im Rahmen der Teilrevision der Raumplanungsgesetzes (RPG 2) wurden die wichtigsten Anliegen der Initiative aber aufgenommen und können darum als Gegenvorschlag angesehen werden. Das sehen auch die Initiant:innen so und haben den Rückzug der Initiative bereits angekündigt. Die ganze Debatte ist also eher obsolet, deshalb gibt es auch nicht so viele Redner:innen wie sonst. Das sich dann auch noch einige von der Rednerliste zurückziehen, ist die Sitzung rund zwei Stunden früher fertig als geplant. Das habe ich in 8 Jahren Bundeshaus noch nie erlebt. Die Landschaftsinitiative selber wird schliesslich abgelehnt, nur links-grün stimmt dafür.
Über Mittag finden Proben der Bundeshaus-Band statt, ich singe dort im Chor mit. Wir haben anlässlich der Feierlichkeiten des neuen NR-Präsidenten Eric Nussbaumer einen Auftritt in Basel. Es tönt gar nicht so übel, aber wir müssen morgen schon noch etwas üben ;-).
An der Fraktionssitzung am Nachmittag geht es um die Nachfolge von Bundeskanzler Walter Turnherr, wir führen dazu Anhörungen durch und können uns dafür Zeit nehmen. Unsere eigenen Bundesratskandidaten müssen wir ja nicht mehr anhören.
WINTERSESSION, 4.-12. Dezember 2023, erste Woche, erster Tag (4.12.)
Die neue Legislatur startet heute, es ist bereits schon meine dritte. Die Zeit rast einfach nur so dahin… Auch wenn ich nun zu den «alten Hasen» im Bundeshaus zähle, bin ich doch ziemlich aufgeregt. So eine Vereidigung erlebt man ja nicht alle Tage, genau genommen nur einmal in vier Jahren ;-). Zudem haben wir in der Fraktion viele neue, spannende Kolleg:innen bekommen. Aus dem Kanton Zürich sind das Anna Rosenwasser und Islam Alijaj. Meinen Sitzplatz durfte ich behalten, ich sitze jetzt zwischen Claudia Friedl und Simona Brizzi. Von Simona bin auch zugleich das «Gotti». Das bedeutet, dass ich ihr so gut wie möglich helfen werde, sich schnell im Bundeshaus einzuleben.
Ein grosser Wermutstropfen gibt es aber für mich: Mein bester Freund Angelo Barrile ist nicht mehr dabei. Er hat sich entschieden mit dem Nationalrat aufzuhören, um sich wieder auf seine Arbeit als Hausarzt konzentrieren zu können. Ich vermisse ihn ganz fest.
Der Höhepunkt in dieser Wintersession ist natürlich ganz klar die Wahl des neuen SP-Bundesrates. Diese findet wie immer am Mittwoch in der zweiten Sessionswoche statt.
Im Bundeshaus ist die Hektik und (An)spannung sehr gross. Ein Viertel der Mitglieder ist neu und die Aufregung gross. Auch mir wird wieder einmal bewusst, was für ein Privileg es ist, Mitglied dieses Parlamentes zu sein.
Nach der Vereidigung wird das Präsidium neu gewählt. Unser Eric Nussbaumer erhält ein absolutes Glanzresultat: 180 Stimmen! Ich freue mich auf das Ratsjahr mit ihm. Als 1. Vizepräsidentin wird mit ebenfalls ausgezeichneten 177 Stimmen Maja Riniker von der FDP gewählt. Pierre-André Page von der SVP wird schliesslich mit 155 Stimmen zum 2. Vizepräsidenten gewählt.
Dritte Woche, letzter Tag (29.9.)
Und jetzt ist er da, der letzte Sessionstag für 29 meiner Kolleg:innen. Sie werden heute alle gebührlich verabschiedet. Ehrlich gesagt komme ich gar nicht mehr aus dem Heulen heraus. Aus unserer Fraktion hören nämlich Sandra Locher Benguerel, Edith Graf-Litscher, Yvonne Feri, Prisca Birrer-Heimo, Ada Marra und natürlich Angelo Barrile auf. Es ist einfach nicht wahr, dass es in der Politik keine Freundschaften gibt. Auch hier im Bundeshaus sind es die Menschen, die es ausmachen.
Für alle, die nochmals antreten, ist natürlich der 22. Oktober ein wichtiger Tag ;-). Darum stürze ich mich morgen auch wieder voller Elan in den Wahlkampf, aber heute brauche ich noch etwas Pause.