Bundeshaus-Blog
Dritter Tag (17.4.)
Die gute Nachricht zuerst: Die Abstimmungsanlage funktioniert wieder! Darum müssen wir gleich zu Beginn der Sitzung die Abstimmungen von gestern nachholen, das dauert doch eine halbe Stunde.
Nachher geht es um einen Vorstoss meines ehemaligen Ratskollegen und besten Freunds Angelo Barrile: Er fordert ein Verbot der öffentlichen Verwendung von extremistischen, gewaltverherrlichenden und rassistischen Symbolen. Die vorberatende Rechtskommission konzentrierte sich in der Diskussion auf zwei Pisten: Alle Symbole mit rassistischem Hintergrund sollen verboten werden oder nur unmissverständliche Nazisymbole. Insgesamt gibt es drei Vorstösse dazu. Alle werden zum Glück klar überwiesen. Nur die SVP ist dagegen (wie kann man nur!), es gibt aber auch da einige Zustimmungen und Enthaltungen.
Am Nachmittag geht es in der PaIv Bregy um eine Schwächung des Verbandsbeschwerderechts. Es soll nur noch für Projekte von Wohnbauten gelten, die eine Geschossfläche von grösser als 400 m2 haben und in einer Bauzone geplant sind. Damit soll verhindert werden, dass Umweltschutzorganisationen gegen kleinere oder mittelgrosse Bauvorhaben von Privatpersonen Beschwerde einreichen können. Wir sind klar gegen diese Aufweichung. Das Verbandsbeschwerderecht garantiert die Rechtskonformität von Bau-Vorhaben im Sinne des Natur- und Heimatschutzes, unabhängig von ihrer Grösse. Das Verbandsbeschwerderecht wurde seit seiner Einführung stets massvoll eingesetzt. Aber es nützt alles nichts, der Vorlage wird mit 113:72 Stimmen zugestimmt und geht jetzt in den Ständerat.
Um 18.30 Uhr ist dann die Sondersession zu Ende und ich kann nach Hause fahren. Aber nur für eine kurze Zeit. Morgen habe ich bereits wieder eine Sitzung in Bern.
Zweiter Tag (16.4.)
Heute geht es praktisch den ganzen Tag um die Legislaturplanung 2023-2027. Insgesamt ist die Vorlage in vier Blöcke unterteilt: Wohlstand und Digitalisierung, Zusammenhalt, Sicherheit und Frieden, Klima und natürliche Ressourcen. Wie verbindlich solche Legislaturziele sind, da scheiden sich die Geister. Sie geben zwar eine Stossrichtung vor und sind eine Art Leitlinien. Am Ende der Legislatur findet aber keine Evaluation statt, ob die Ziele tatsächlich auch erfüllt wurden.
Eine Premiere gibt es heute für Islam Alijaj: Er kann zum ersten Mal sprechen im Rat. Es geht um die Verabschiedung eines konkreten Massnahmenplans zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention als Legislaturziel. Islam spricht bei der Begründung des Antrags selber, seine Assistentin wiederholt dann seine Sätze jeweils. Geht doch!
Im Block «Sicherheit und Frieden» streikt plötzlich die Abstimmungsanlage. Ich hoffe, das ist kein schlechtes Omen… Die Informatik schafft es nicht mehr, die Abstimmungsanlage zum Laufen zu bringen. Die Debatte wird fortgesetzt, aber die Abstimmungen werden auf morgen vertagt. Das führt natürlich dazu, dass einige Ratsmitglieder das Bundeshaus vorzeitig verlassen, es ist auch bereits 18 Uhr. Thomas Aeschi stellt den Ordnungsantrag, die Sitzung abzubrechen, falls das Quorum nicht mehr erreicht wird. Es haben sich aber allem bei der SVP die Ränge gelichtet. Da die Anlage nicht funktioniert, muss das Quorum mit Namensaufruf bestimmt werden. Das dauert… Mit 138 anwesenden Ratsmitgliedern ist es mehr als erreicht, der Antrag Aeschi ist auch eher Schikane zu verstehen. Jetzt hoffen wir alle, dass morgen die Anlage dann tatsächlich wieder funktioniert…!
Sondersession 15.-17. April 2024, erster Tag (15.4.)
Heute beginnt die diesjährige Sondersession. Wie meist üblich, muss auch dieses Jahr der Nationalrat wieder «nachsitzen». Der Ständerat tagt nicht. Normalerweise ist die Sondersession erst Anfang Mai, heuer findet sie bereits im April statt. Das Hauptgeschäft ist die Legislaturplanung 2023-2027, welche für morgen traktandiert ist. Aber wir arbeiten auch wieder zahlreiche Vorstosslisten ab.
Wir beginnen mit dem Gesetz über Besteuerung der Telearbeit im internationalen Verhältnis, die seit der Corona-Krise sehr zugenommen hat. Es soll eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden, um Grenzgänger:innen auch dann zu besteuern, wenn sie Telearbeit im Ausland verrichten. Mit Frankreich und Italien gibt es bereits zwei konkrete Anwendungsfälle. Das Gesetz wird ohne Gegenstimme angenommen, was nicht weiter erstaunlich ist: Wegen des Sechseläutens fehlen heute nämlich grosse Teile des Zürcher Freisinns im Rat;-). Und der Böögg wird wegen starker Windeböen nicht einmal angezündet, das erste Mal in seiner Geschichte.
Danach behandeln wir Vorstösse aus dem Finanzdepartement und der Bundeskanzlei. Eine Motion von Thomas Burgherr, welche die Reduktion der Bunderatsprivilegien verlangt, wird nicht überwiesen. Das ist auch gut so, denn diese sogenannten «Privilegien» wie GA 1. Klasse, Lufttransportdienste oder Übernahme Handy-Kosten halten sich also in engen Grenzen.
Dritte Woche, letzter Tag (15.3.)
Der heutige letzte Morgen ist rekordmässig schnell zu Ende: Um 8.30 Uhr sind wir bereits durch mit den Traktanden. Die Schlussabstimmungen bergen keine Überraschungen mehr, es wird allen Vorlagen zugestimmt. Insgesamt hat der Nationalrat in dieser Session 1800 Minuten persönliche Vorstösse behandelt und damit den Pendenzenberg abgearbeitet, das ist beachtlich.
Jetzt freue ich mich aber sehr aufs Wochenende mit meiner Familie! Nächste Woche geht es nämlich auch ohne Session mit viel Tempo weiter, werde an fünf Tagen wiederum in Bern sein.
Dritte Woche, vierter Tag (14.3.)
Wir beginnen heute mit der Revision des Namensrechts. Doppelnamen sollen wieder möglich sein. Sie entsprechen einem grossen Bedürfnis, zudem sind sie im Ausland auch häufig üblich. Neu soll der Doppelname mit oder ohne Bindestrich geführt werden können. Zudem ist vorgesehen, dass der Doppelname auch für Kinder ermöglicht wird, unabhängig davon, ob die Eltern miteinander verheiratet sind. Die Kinder sollen ausserdem auch dann einen Doppelnamen tragen dürfen, wenn die verheirateten Eltern ihre Namen behalten. Das gefällt der SVP nicht. Ein Rückweisungsantrag erhält darum eine Mehrheit: Die Rechtskommission muss die Vorlage nun so abändern, dass Doppelnamen für Kinder nicht möglich sind. Wie fortschrittlich…
Dafür geht es vorwärts beim Gesetz über eine E-ID 2.0. Das Volk hat einen ersten Versuch abgelehnt hat. Dies aber nicht, weil man grundsätzlich gegen eine E-ID war, sondern weil man wollte, dass der Bund eine solche ausstellt und nicht Private. Das ist nun so in diesem Gesetz, ihm wird auch sehr deutlich zugestimmt.
Dann folgt eine ausserordentliche Session, beantragt von der SVP. Es sollen wieder systematische Grenzkontrollen eingeführt werden und Leute aus Europastaaten sollen kein Anrecht auf Asyl haben. Die beiden Motionen werden zum Glück klar abgelehnt, bei der Mitte gibt es aber ein paar Enthaltungen.
Das CO2-Gesetz kommt aus der Einigungskonferenz zurück: Die finanzielle Unterstützung für E-Ladestationen wird gestrichen. Wir stimmen dem Gesetz zu, auch wenn es weit entfernt davon ist, was wirklich nötig wäre. Aber es ist immerhin besser als nichts.
Auch wir haben eine ausserordentliche Session beantragt, zur Armut in der Schweiz. Estelle Revaz hat dazu eine Motion eingereicht: Zur Bekämpfung der Armut soll das Präventionsprogramm bis mindestens 2030 verlängert und eine nationale Strategie verabschiedet werden. Estelle hat im Vorfeld mit fast allen Parlamentarier:innen gesprochen und Überzeugungsarbeit geleistet. Mit Erfolg: die Motion wird mit 117: 59 Stimmen bei 7 Enthaltungen angenommen. Gut gemacht, Estelle!
Und dann ist auch dieser lange Tag vorbei, und wir gehen alle ins Restaurant «Darling» für unseren traditionellen Fraktions-Schlussabend.
Dritte Woche, dritter Tag (13.3.)
Nach den Richterwahlen zu Beginn der Sitzung, geht es gleich weiter mit WBF-Geschäften. Ich freue mich, dass eine Motion aus der Bildungskommission, welche die Realisierung einer nächsten Landesausstellung fordert, eine Mehrheit erhält. Klar kostet das Geld, aber ich glaube, nach über 20 Jahren darf man ein solches Projekt schon wieder anpacken. Wir brauchen auch wieder mal etwas «fürs Gmüet». Weniger Freude habe ich daran, dass die Motion, welche einen freiwilligen Zugang zum Zivildienst fordert, abgelehnt wird, auch wenn es leider zu erwarten war.
Am Nachmittag arbeiten wir Vorstösse aus dem Finanzdepartement ab. All die Vorstösse, die nach dem CS-Debakel eingereicht wurden, werden heute behandelt. Das war genau vor einem Jahr, es scheint aber wieder völlig vergessen zu sein. Die Vorstösse werden abgelehnt oder zurückgezogen. Es zeigt sich deutlich: Der rechte Aufschrei vor einem Jahr war nur Show, jetzt ist man wieder auf der Seite der Bankenlobby.
Nach Sitzungsschluss findet endlich wieder meine absolute Lieblingsveranstaltung statt: Prêt-à-politiser. Eine Modeveranstaltung von Frauen für Frauen, ausschliesslich von Schweizer Designerinnen.
Dritte Woche, dritter Tag (12.3.)
Heute Morgen sind nur WBF-Geschäfte traktandiert. Es geht vor allem auch darum, die riesige Vorstossliste abzuarbeiten. Auch der Zivildienst ist einmal mehr Thema. Ein Postulat aus der Finanzkommission will den Kostendeckungsgrads Bundesamtes für Zivildienst auf mindestens 100 Prozent erhöhen. Was ja noch ganz vernünftig tönt, ist einmal mehr ein weiterer Angriff auf den Zivildienst, bzw. auf die Einsatzbetriebe. Diese sollen nämlich mehr Beiträge an den Bund abliefern. Wie zu erwarten wird der Vorstoss überwiesen.
Aber auch sonst läuft’s nicht gerade zu unseren Gunsten: Zum Beispiel wird eine Motion überwiesen, die das Sonntagsverkaufsverbot aufweichen will und die 3,5% Biodiversitätsförderung auf Ackerflächen soll ebenfalls aufgeweicht werden. Kurz: Alles, was dem Schutz von Mensch und Natur dient, hat es zurzeit schwer.
Über Mittag findet die Vorbereitungssitzung für die Nato-Plenarsitzung vom 24. bis 27. Mai in Sofia statt. Weil die Schweiz bei den Partnership-for-peace-Programmen mitmacht, darf sie auch teilnehmen, aber natürlich ohne Stimmrecht. Als SiK-N-Präsidentin bin ich die Vorsitzende der Schweizer Delegation. Bin ehrlich gesagt jetzt schon aufgeregt, was uns in Sofia erwartet und wie das Ganze abläuft!
Nach der Fraktionssitzung am Nachmittag leite ich die GL-Sitzung der SP Kanton Zürich. Dank der Digitalisierung muss ich dafür nicht mehr nach Zürich zurückreisen, online geht mittlerweile auch ganz gut ;-).
Dritte Woche, erster Tag (11.3.)
Das Wochenende war eher kurz. Am Freitag musste ich nochmals für eine Sitzung nach Bern, und am Samstag war ich Gast an der Delegiertenversammlung der Schweizerischen Offiziersgesellschaft in Lugano. Leider hat das Wetter in der Sonnenstube so gar nicht mitgespielt. Dafür wurde Dominik Knill als Präsident wiedergewählt, was ich sehr begrüsse.
Die dritte Sessionswoche beginnt mit den weiteren Beratungen zum Umweltschutzgesetz, wir haben vor einer Woche damit angefangen. Leider verlieren auf der ganzen Linie. Es ist mir auch klar – gerade als Klotenerin -, dass es einen Zielkonflikt gibt zwischen der Notwendigkeit von mehr Wohnraum und dem Schutz der Bevölkerung vor Lärm. Aber diese Gesetzesrevision schiesst gewaltig übers Ziel hinaus. Der Lärmschutz wird fast ausgehebelt. Zum Beispiel findet der Einzelantrag Hurter eine Mehrheit, dass T 30-Zonen auf Hauptstrassen nicht mehr erlaubt sein sollen. Ganz übel wird es auch beim Fluglärm: Ein Minderheitsantrag der FDP (also eigentlich von aerosuisse) sieht die Einführung von spezifischen Grenzwerten für Gebiete vor, die durch Fluglärm belastet sind. Das heisst, dass man Ausnahmen zum Lärmschutz einführen würde, genau dort, wo der Lärm am schädlichsten ist. Der Antrag wird leider mit 114:78 Stimmen angenommen, eine Katastrophe. Auch die VOC-Lenkungsabgabe wird gestrichen, einfach so. In der Gesamtabstimmung wird die Revision mit 119:67 Stimmen bei 6 Enthaltungen angenommen. Wenn der Ständerat die Vorlage nicht eklatant verbessern kann, müssen wir wohl das Referendum ergreifen.
Nach Sitzungsschluss folge ich einer Einladung der kosovarischen Botschaft. Der Kosovo feiert nämlich am 11. März seinen Unabhängigkeitstag.
Zweite Woche, vierter Tag (7.3.)
Heute geht es um die Digitalisierung im Gesundheitswesen. Es geht zum Beispiel um ein Programm zur Förderung der digitalen Transformation im Gesundheitswesen. Ziel ist die Erhöhung der Effizienz des Gesundheitssystems, der Behandlungsqualität und der Patientensicherheit. Die Schweiz verfügt im internationalen Vergleich über ein sehr gutes Gesundheitssystem. Bei der Digitalisierung besteht aber Nachholbedarf. Zwar arbeiten viele Akteure bereits weitgehend digital. Die unterschiedlichen Systeme und Prozesse sind aber zu wenig aufeinander abgestimmt und nicht interoperabel. Für dieses Programm soll für die Jahre 2025-34 ein Kredit von 391, 7 Mio. gesprochen werden. Ausser der SVP stimmen alle der Vorlage zu.
Zum Schluss der zweiten Sessionswoche beschäftigt uns wieder das Thema Antisemitismus. Eine Motion der SPK-N, die eine Strategie und einen nationalen Aktionsplan gegen Rassismus und Antisemitismus verlangt, wird mit 125:48 Stimmen bei 9 Enthaltungen überwiesen, ein längst fälliger Schritt!
Gleich nach Sitzungsschluss fahre ich sofort nach Hause zurück, schliesslich ist heute der Geburtstag meines Mannes!
Zweite Woche, dritter Tag (6.3.)
Eine IT-Panne beschäftigt seit gestern Abend viele meiner Kolleg:innen: Die Laptops, welche von den Parlamentsdiensten zu Verfügung gestellt wurden, funktionieren nicht mehr. Der Super-Gau und ein Riesen-Ärger… Zum Glück habe ich ein Apple-Produkt und bin von der Panne nicht betroffen.
Die Zollgesetz-Revision steht heute im Vordergrund. Eine Vorlage von immerhin 500 Seiten (!). Grundsätzlich unterstützen wir diese Reform. Das Zollpersonal arbeitet schon jetzt in verschiedenen Bereichen nach Dazit (Digitalisierungs- und Transformationsprogramm), die rechtliche Grundlage hinkt also hinterher. Insbesondere beim Datenschutz ist sie heute ungenügend. Aber es gibt auch rote Linien, die für uns nicht überschritten werden dürfen, wie zum Beispiel anlassfreie Personenkontrolle (Antrag SVP), DNA-Profiling am Zoll oder auch Datenschutzfragen.
Kurz vor der Mittagspause wird es dann aufregend: Die angekündigte Evakuierungsübung findet statt. Wir packen doch eher gemütlich unsere Sachen ein, ziehen die Mäntel an und schlendern an den Versammlungsplatz. Nicht nur die Parlamentarier:innen, auch alle Besuchergruppen sind mit dabei. Es klappt aber alles vorzüglich, ist ja auch kein Ernstfall.
Um 18 Uhr sind wir fertig mit den Beratungen zur Zollgesetz-Revision. Eine dicke, rote Linie wird leider doch überschritten: Der Minderheitsantrag Tuena, der DNA-Profiling auch für Zollpersonal ermöglichen will, erhält eine Mehrheit. In der Gesamtabstimmung lehnen wir darum zusammen mit den Grünen die Vorlage ab. Das Geschäft geht jetzt in den Ständerat. Hoffentlich verbessert das „chambre de réfléxion“ die Vorlage.
Am Abend gehe ich mit meinem Schwager, dem Partner meines Bruders, essen. Ich freuen mich immer sehr, wenn er mich im Bundeshaus besuchen kommt. Ein sehr schöner Abschluss eines ereignisreichen Tages.
Zweite Woche, zweiter Tag (5.3.)
Der heutige Tag beginnt leider nicht gut: Eine Motion der Finanzkommission, welche die Schaffung eines Fonds für den Wiederaufbau der Ukraine verlangt, wird mit 111:71 Stimmen bei 5 Enthaltungen abgelehnt. Die Idee der Motion war, dass der Aufwand für die Ukraine-Hilfe ausserordentlich verbucht werden kann und damit nicht das Budget der Internationalen Zusammenarbeit belastet wird. Nun wird die Ukraine-Hilfe wohl auf Kosten des globalen Südens gehen, das ist ungerecht und dient nicht der Sicherheit.
Dafür wird ein Postulat der Aussenpolitischen Kommission einstimmig überwiesen, das eine Prüfung der Möglichkeiten zur Bekämpfung der aussenpolitischen Dimensionen des massiv zunehmenden Antisemitismus in der Schweiz verlangt. Antisemitismus, Hass und Gewalt dürfen keinen Platz in unserer Gesellschaft finden. Erst recht nicht nach der abscheulichen, menschenverachtenden Messerattacke in Zürich vom letzten Wochenende auf einen jüdischen Mann.
An der Fraktionssitzung am Nachmittag feiern wir unseren grossen Erfolg bei der 13. AHV-Rente, das muss auch sein. Wir können es immer noch kaum fassen!
Leider muss ich die Fraktionssitzung etwas früher verlassen, weil ich noch eine Sitzung des Schweizerischen Gemeindeverbandes habe. Ich bin Mitglied der Findungskommission. Da Hannes Germann im Sommer als Präsident zurücktritt, suchen wir nun eine/n Nachfolger/in.
Gleich danach hetze ich ins Hotel Bellevue. Dort findet der „Zürcher Abend“ statt. Dieser Austausch mit der Zürcher Kantonsregierung und den Städten Zürich und Winterthur findet immer einmal im Jahr während der Frühlingssession statt, für mich ein Must.
Zweite Woche, erster Tag (4.3.)
Das Abstimmungswochenende war historisch: Die Initiative für eine 13. AHV-Rente wurde von Volk und Ständen angenommen, das ist eine Sensation! Endlich haben sozialpolitische Anliegen wieder eine Chance, das stimmt mich zuversichtlich. Im Kanton Zürich haben wir dafür sämtliche Abstimmungen verloren, auch diejenige den zu den Pistenverlängerungen (was leider zu erwarten war). Der Flughafen steht jetzt in der Pflicht, seinen vollmundigen Versprechungen auch Taten folgen zu lassen, vor allem bezüglich der Nachtruhe!
Die zweite Sessionswoche startet mit Umweltanliegen. Nach Differenzbereinigungen beim CO2-Gesetz, beginnen wir mit den Beratungen zum Umweltschutzgesetz. Das Kernanliegen dieser Revision ist die Lockerung des Lärmschutzes, um den Wohnungsbau in lärmbelasteten Gebieten zu erleichtern. Damit kapituliert man vom Grundproblem, nämlich dem Lärm, und schwächt den Gesundheitsschutz der Bevölkerung: Denn Lärm macht erwiesenermassen krank. Lärm sollte darum in erster Linie an der Quelle bekämpft werden (gerade beim Fluglärm die wirksamste Möglichkeit). Wir beginnen heute mit den Beratungen, werden aber nicht fertig.
Das Highlight des Tages ist aber der überraschende Besuch von Angelo Barrile. Es freuen sich alle, ihn wieder zu sehen: Kolleg:innen, Weibel:innen und das Cafeteria-Personal. Vermisse ihn halt immer noch sehr im Rat…
Erste Woche, vierter Tag (29.2.)
Heute ist ein besonderer Tag, den es nur alle vier Jahre gibt: Es ist der 29. Februar.
Im Rat geht aber alles den gewohnten Gang, wir beginnen die Debatte zum Tabakproduktegesetz. Nach Annahme der Volksinitiative «Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung» hat der Bundesrat beschlossen, die Werbung für Tabakprodukte und elektronische Zigaretten an Orten und in Medien, zu denen Jugendliche Zugang haben, zu verbieten. Betroffen sind insbesondere die Printmedien, unter bestimmten Voraussetzungen die Online-Werbung sowie Festivals. Eigentlich eine klare Ausgangslage, sollte man meinen. Die Tabaklobby hat die bürgerlichen Parlamentarier:innen aber leider erfolgreich bearbeitet. Die Kommissionen haben die Vorlage total verwässert. Zum Beispiel soll der Verkauf von Tabakprodukten durch mobiles Verkaufspersonal an öffentlichen Orten weiterhin möglich sein, auch wenn Minderjährige sie besuchen. Auch Degustationen und Kundenpromotionen sollen weiterhin erlaubt sein. Der Nationalrat verbessert die Vorlage nicht wirklich, darum lehnen wir sie in der Gesamtabstimmung ab. Dies tut auch die SVP, weil das Gesetz ihnen zu wenig weit geht. Die „unheilige Allianz“ hat ihre Konsequenzen: Das Tabakproduktegesetz wird mit 64:121 Stimmen bei 5 Enthaltungen abgelehnt und muss zurück in den Ständerat, der mit den Beratungen nochmals beginnen muss. Das ist aber besser so.
Am Mittag ist die erste Woche der Frühlingssession dann bereits wieder vorbei, und es geht nach Hause zu meiner Familie. Freue mich!
Erste Woche, dritter Tag (28.2.)
Der heutige Tag beginnt mit dem einzigen SiK-Geschäft in dieser Session: Es geht um die nächste Periode an Bundesgarantien für die Pflichtlagerdarlehen von 2025 bis 2034. Die Wirtschaft ist verantwortlich für das Halten und Finanzieren der Pflichtlager. Der Bund erleichtert die Finanzierung der Pflichtlagerhaltung. Dazu gewährt er den lagerpflichtigen Unternehmen Garantien auf den entsprechenden Bankdarlehen. Seit Corona sind wir alle viel sensibilisierter, wenn es ums Thema Pflichtlager geht. Der Vorlage wird denn auch einstimmig zugestimmt.
Über Mittag findet ein Informationsanlass der Parlamentarischen Gruppe Menschenhandel statt. Als Co-Präsidentin dieser Gruppe ist es für mich natürlich Ehrensache, dass ich daran teilnehme. Heute geht es um die Frage, was es für eine effektive Bekämpfung von Menschenhandel braucht. Wir werden kompetent von der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, der Kapo Zürich und von Opferschutzorganisationen imformiert.
Der Nachmittag beginnt leider mit einem Dämpfer. Nachdem sich die zuständige Kommission zwei Mal verweigert hat, eine Vorlage zu Stimmrechtsalter auszuarbeiten, obwohl sie vom Nationalrat immer wieder überstimmt wurde, gelingt es ihr beim dritten Anlauf leider. Eine entsprechende PaIv wird definitiv abgeschrieben. Das Parlament ist nach den Wahlen viel konservativer geworden, schade.
Nach Sitzungsschluss gehe ich an eine Abendveranstaltung. Ich bin zwar schon ziemlich müde, aber der Einladung der Schweizer Textilindustrie folge ich gerne. Beim „Soirée textil“ werden nicht nur die Bedürfnisse der Textilbranche thematisiert, sondern es gibt auch eine Modeschau. Damit habe ich spekuliert ;-).
Erste Woche, zweiter Tag (27.2.)
Der Tag beginnt heute bereits um 7 Uhr: Das VBS lädt zum Zmorge ein, wie immer einmal pro Session. Die Themen heute sind die geopolitische Lage und die Planung der Armee. Ich erfahre als SiK-Mitglied nichts Neues, aber es ist wichtig den Austausch zu pflegen.
Danach im Rat hat Beat Jans seine Premiere: Es vertritt zum ersten Mal als Bundesrat seine Geschäfte im Nationalratssaal. Für diejenigen unter uns, die wie ich noch mit Beat zusammen im Nationalrat waren, ist das schon etwas „gewöhnungsbedürftig“. Aber es ist auch erstaunlich, wie schnell sich die ehemaligen Parlamentarier:innen jeweils in die Rolle des Regierungsmitglieds einleben. Haupttraktandum ist die Revision des Patentgesetzes. Es soll an internationale Standards angepasst und besonders für KMU sowie für Einzelerfinder:innen attraktiver werden. Die Vorlage ist unbestritten und wird denn auch einstimmig angenommen.
Über Mittag geht es gleich weiter mit Beat Jans: Die SiK-Delegation hat einen Austausch mit unserem Bundesrat über zukünftige EJPD-Geschäfte, die in die Sicherheitspolitische Kommission kommen.
Nach der Fraktionssitzung am Nachmittag habe ich am Abend tatsächlich mal „frei“, weil die GL-Sitzung der SP Kanton Zürich ausfällt. Claudia Friedl und ich gehen zusammen essen, ein gemütlicher Abschluss des Tages.