Bundeshaus-Blog
Zweite Woche, vierter Tag (22.9.)
Heute beginnt der Tag wieder früh, mit einer geradezu historischen Sitzung: Wir haben in der GPK tatsächlich eine Einigungskonferenz. Niemand kann sich daran erinnern, dass es das in den letzten Jahrzehnten schon einmal gegeben hat, weil die GPK normalerweise ja keine Gesetzesartikel entwirft. Es geht um die Parlamentarische Initiative Joder, welche im Parlamentsgesetz die GPK stärken will. Es besteht noch eine Differenz zum Ständerat. Der Nationalrat will, dass eine gemeinsame Subkommissionen der GPK und der FiKo bei ihren Untersuchungen zusätzliche Informationsrechte bekommen sollen, soweit das nötig ist zur Klärung der Sachverhalte. Das könnten dann auch mal Protokolle aus den Bundesratssitzungen sein. Die Mehrheit der Ständerät:innen befürchtet aber, dass dies zu Indiskretionen führen könnte. Wenn man aber der GPK und der FiKo diese Einsichtsrechte nicht gewährt, ist es nicht mehr weit her mit der Stärkung der Aufsichtskommissionen und die PaIv würde nicht umgesetzt. Die Einigungskonferenz befürwortet dann auch mehrheitlich die Version Nationalrat. Der Vorschlag droht aber im Ständerats-Plenum zu scheitern, weil es gewissen bürgerlichen, männlichen Ständeräten leider nicht um die Sache, sondern um Machtdemonstration geht.
Im Rat geht es nachher vor allem um Geschäfte aus dem EJPD. Ein Postulat von Samira Marti erhält erfreulicherweise eine Mehrheit. Der Bundesrat wird darin gebeten, in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Kompetenzzentrum für Menschenrechte (SKMR) in einem Bericht zu analysieren, inwiefern das Kindeswohl im Asyl- und Ausländerrecht gewährleistet wird und ob Handlungsbedarf besteht. Samira hat im Vorfeld sehr viel für dieses Anliegen gearbeitet, zum Glück mit Erfolg!
Danach ist die zweite Sessionswoche beendet und es geht wieder nach Hause. Freue mich so auf meine Familie!
Zweite Woche, dritter Tag (21.9.)
Zu Beginn der Sitzung kann der Nationalrat die Beratungen zur Biodiversitäts-Initiative abschliessen. Dem indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates wird mit 104:83 Stimmen bei 5 Enthaltungen zugestimmt, die Volksinitiative hingegen wird mit 72:101 Stimmen bei 19 Enthaltungen abgelehnt. Die SP befürwortet sowohl die Initiative wie auch den Gegenvorschlag.
Heute stehen zudem zwei ausserordentliche Sessionen auf dem Programm: eine zur Kaufkraft und eine zur Versorgungssicherheit. Am Morgen findet die Diskussion zur Kaufkraft statt. Die untere und mittlere Mittelschicht leidet zunehmend unter den stetig steigenden Krankenkassen-Prämien, und jetzt nehmen auch noch die Energiepreise zu. Kaufkraftverlust bedeutet weniger Konsum, Kaufkraftstärkung ist also die beste KMU-Politik. Gemeinsam mit der Mitte hat die SP diese Debatte verlangt. Die SP möchte zum Beispiel eine Erhöhung des Bundesbeitrages an die individuelle Prämienverbilligung um 30%, explizit für dieses Jahr. Die Mitte schlägt einen sofortigen Teuerungsausgleich bei den AHV-Renten vor. Die SVP beantragt das politische Gegenkonzept mit Steuer- und Mineralölsteuersenkungen. Und hält sich mit unflätigen Angriffen gegen alle nicht zurück. Zum Glück folgt niemand den Anträgen der SVP, diejenigen der SP und der Mitte sind hingegen erfolgreich.
Die Nachmittagssitzung beginnt mit der zweiten ausserordentlichen Session heute, welche die SVP beantragt hat. Unter dem Deckmantel «Versorgungssicherheit» wird eigentlich eine Asyldebatte geführt. Der Schutzstatus S wird von der SVP in Frage gestellt, besonders für Menschen, die aus dem Westen der Ukraine kommen. Alle SVP-Vorstösse werden klar abgelehnt. Dafür stimmt der Rat Vorstössen zu, bei denen es tatsächlich um Versorgungssicherheit geht, wie zum Beispiel der Umwandlung von Solarstrom in synthetische Gase.
Zweite Woche, zweiter Tag (20.9.)
Der heutige Tag beginnt aufregend für mich. BR Viola Amherd hat gestern die Verträge für den Kauf der F 35-Kampfjets bereits schon unterschrieben, obwohl sie Ende letzte Woche angekündigt hat, dass dies erst in den nächsten Tagen und Wochen geschehen werde. Es konnte also nicht genug schnell gehen. Damit setzt das VBS seinem undemokratischen Verhalten einen weiteren Höhepunkt und untergräbt einmal mehr die direkte Demokratie. Die Allianz gegen den F-35 will aber keine Pseudo-Abstimmung, bei der das Stimmvolk nicht über den eigentlichen Kauf entscheiden kann. Eine Abstimmung nach der Vertragsunterzeichnung ist nichts anderes als eine demokratische Farce und macht keinen Sinn mehr. Aus diesem Grund haben wir uns schweren Herzens entschlossen, die Volksinitiative zurückziehen, auch wenn wir nach wie vor der Überzeugung sind, dass der F-35 ein Fehlkauf und ein Milliardenrisiko für die Schweiz ist. Zurück bleibt eine grosse Leere, aber auch Erleichterung, dass ich mich nun auch wieder um andere Themen als Kampfjets kümmern darf…
(Foto: Tages-Anzeiger)
Im Rat gehen die Beratungen zur Biodiversitäts-Initiative weiter und werden auch heute noch nicht beendet, sie werden morgen fortgesetzt.
Nach der Fraktionssitzung am Nachmittag leite ich die Fachkommission «Frieden und Sicherheit». Heute mit dem spannenden Thema «Welche Friedensperspektive für die Ukraine?». Der renommierte Journalist und Sicherheitsexperte Andreas Zumach gibt einen hochinteressanten und zum Nachdenken anregenden Input für die anschliessend stattfindende Diskussion.
Zweite Woche, erster Tag (19.9.)
Am Wochenende war zwar so einiges los, von Elternmorgen über Polit-Apéro bis Besuch von Freunden. Es hat gut getan, sich mal nicht nur mit Politik zu beschäftigen ;-).
Im Rat heute Nachmittag beginnen die Beratungen zur Initiative «Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft (Biodiversitätsinitiative)»., welche am 8.9.2020 vom Trägerverein «Ja zu mehr Natur, Landschaft und Baukultur» (dahinter stehen Pro Natura, Birdlife, Schweizer Heimatschutz, Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, JagdSchweiz, casafair, Schweiz. Fischereiverband) eingereicht wurde. Sie verlangt einen stärkeren Schutz der Biodiversität und der Landschaft. Mit einer Anpassung der Bundesverfassung will die Initiative Bund und Kantone dazu verpflichten, die Artenvielfalt, die Landschaft und das baukulturelle Erbe besser zu schützen. Sie fordert für die Biodiversität mehr Flächen und mehr Gelder der öffentlichen Hand.
Der Bundesrat stellte der Initiative einen indirekten Gegenvorschlag gegenüber. Im Mittelpunkt steht die Sicherung des notwendigen Raums für Tiere und Pflanzen. Dafür will der Bundesrat 17 % der Landesfläche zum Schutz der Biodiversität im Gesetz verankern. An diesem Ziel hat sich der Bundesrat bereits 2012 in seiner Strategie Biodiversität Schweiz orientiert. Aktuell liegt der Anteil dieser Schutzflächen in der Schweiz bei 13,4 %. Mit der gesetzlichen Verankerung des 17-%-Zieles stärkt der Bundesrat seinen Auftrag, in allen Landesteilen und für alle Lebensraumtypen die notwendige Fläche für die biologische Vielfalt zu sichern.
Wir werden heute fertig mit den Beratungen, sie werden morgen fortgesetzt.
Erste Woche, vierter Tag (15.9.)
Gestern Abend reiste ich wieder zurück nach Bern, da heute die grosse F 35-Debatte ansteht. Da ist es einfacher und entspannter, schon in Bern aufwachen zu können. Die Meinungen sind gemacht, alle Argumente schon mehrmals sowohl im Rat wie auch in der Öffentlichkeit genannt. In meinem Eintretensvotum konzentriere ich mich darum auf die staatspolitischen Aspekte. Noch am 16. Februar dieses Jahres hat BR Amherd im Namen des Bundesrates versprochen, die Volksabstimmung zur Stop-F35-Initiative abzuwarten, bevor sie die Verträge unterzeichne. Mit Kriegsausbruch änderten sie dann plötzlich ihre Meinung und die ganze Geschichte mit dieser ominösen Deadline bei der Offerte kam ins Spiel, obwohl die Amerikaner ja über unsere direkt-demokratischen Möglichkeiten bestens informiert waren.
Man kann die Initiative schlecht finden oder gefährlich oder einfach nur überflüssig. Aber es höchst bedenklich, dass nun die demokratischen Grundrechte beschnitten werden sollen. Der staatspolitische Schaden, der dadurch angerichtet wird, wird uns wohl länger verfolgen als die Mehrkosten beim F 35. BR Amherd gibt denn auch zu, dass Verhandlungen über eine Erstreckung der Vertragsfrist möglich gewesen wären. Warum der Bundesrat das nicht gemacht hat, ist schlicht unverständlich. Und das am Tag der Demokratie… Dem Kauf der F-35-Kampfjets wird schliesslich mit 124:66 erwartungsgemäss Stimmen zugestimmt. Jetzt liegt der Ball bei Viola Amherd.
Es gibt aber auch Erfreuliches zu bezeichnen: Der Ständerat stimmt dem indirekten Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative zu, und dies ohne Abstriche! Jetzt kann die Gletscherinitiative mit gutem Gewissen zurückgezogen werden.
Gleich nach der Ratsdebatte müssen meine Kollegin Maja Riniker und ich noch fürs Tagesgespräch von Radio SRF ins Medienzentrum. Es wird ein angenehmes und respektvolles Streitgespräch. Danach ist auch für uns «sessionstechnisch» Feierabend für diese Woche und wir können nach Hause.
Erste Woche, dritter Tag (14.9.)
Die Sitzung heute dauert nicht lange, nur bis 10.30 Uhr. Grund dafür sind die Festivitäten im Kanton Tessin zur Feier des Bundespräsidenten Ignazio Cassis. Das ist halt nicht gleich ums Eck. Ich selber reise nicht mit, sondern benütze die Gelegenheit und fahre an diesem Nachmittag zu meiner Familie nach Hause. Zudem muss ich meine Voten für die morgige Debatte zur Armeebotschaft vorbereiten.
An dieser doch sehr kurzen Sitzung am Morgen werden vorwiegend Vorstösse aus dem EDI behandelt. Es soll zum Beispiel ein Konzept für ein Netzwerk Dritter über die Geschichte der Gleichstellung von Mann und Frau erarbeitet werden. Dieses Netzwerk Dritter soll den Ansatz verfolgen, die bereits vorhandenen Kompetenzen zusammenzubringen und eine Kooperation der bereits bestehenden Institutionen in allen Landesteilen nachhaltig zu fördern. Das ist gegenüber der ursprünglichen Idee eines Frauenmuseums sogar zielführender. Der Nationalrat stimmt der Motion in dieser Version Ständerat denn auch zu, mit 119:68 Stimmen.
Erste Woche, zweiter Tag (13.9.)
Am heutigen Morgen geht es sehr hitzig und zuweilen auch äusserst emotional zu und her: Wir beraten den sogenannten Rettungsschirm für systemkritische Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft. Dieser Rettungsschirm soll sicherstellen, dass die Stromversorgung in der Schweiz auch dann funktioniert, wenn es durch weitere starke Preisaufschläge im internationalen Stromhandel zu einer Kettenreaktion in der Strombranche kommen sollte, die einen Systemkollaps zur Folge haben könnte. Systemkritische Schweizer Stromunternehmen sollen im Fall von aussergewöhnlichen Marktentwicklungen beim Bund Darlehen zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen beziehen können. Die axpo musste letzte Woche bereits Gebrauch machen von diesem Instrument, der Bundesrat verabschiedete eine Notverordnung dazu. Die SVP- allen voran Christian Imark – argumentiert sehr unflätig und emotional. Die sei alles eine Folge der linken Energiepolitik, als ob die Linke jemals eine Mehrheit hatte… Und wenn wir das gehabt hätten, wären wir schon lange vollständig auf erneuerbare Energien umgestiegen! Imark spricht sogar eine Drohung aus gegenüber Simonetta Sommaruga: Sie solle froh sein, wenn die Leute nur gerade ihren Rücktritt fordern… Ein weiterer Tiefpunkt in der Geschichte dieses Parlaments. Dem Rettungsschirm wird schliesslich sehr deutlich mit 137 zu 51 Stimmen bei 7 Enthaltungen zugestimmt. Für die SP ist es auch sehr erfreulich, dass unseren Anträgen auf mehr Transparenz und Boni-Verbot zugestimmt wird.
Nach der Fraktionssitzung am Nachmittag besuchen die meisten Fraktions-Kolleg:innen den Jahresanlass der sogenannten «Gruppe 2023». Es handelt sich da um SP-Grosspender:innen. Der gemeinsame Austausch macht immer sehr viel Freude.
Herbstsession 12.-30. September 2022, erste Woche, erster Tag (12.9.)
Die Herbstsession beginnt für mich ungewohnt, nämlich mit einer Sitzung der Sicherheitspolitischen Kommission am Morgen. Da am Freitag der Bericht der GPK zur Kampfjet-Evaluation veröffentlicht wurde und die Armeebotschaft mit dem Kauf der F 35 auf Teufel komm raus unbedingt in dieser Session verabschiedet werden muss (man hätte dies auch locker in der Wintersession tun können), muss das Geschäft heute noch beendet werden. Am Donnerstag ist es bereits traktandiert. Wenn die bürgerliche Mehrheit will, kann es sehr schnell gehen. Bei der Stop-F-35-Initiative hingegen ist man nicht gewillt, die Initiative beförderlich zu behandeln. Seit Ausbruch des Ukraine-Krieges wird mit kritischen Stimmen eh ungewohnt unfair und undemokratisch umgegangen. Damit habe ich ehrlich gesagt Mühe.
Am Nachmittag im Rat stehen vorwiegend Geschäfte des Finanzdepartements im Vordergrund. Es geht zum Beispiel um den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten mit 12 weiteren Staaten, von Ecuador über Marokko bis zur Ukraine. Alle sind für diese Abkommen, ausser der SVP, was jetzt nicht wirklich überrascht.
Dritte Woche, letzter Tag (17.6.)
Heute Morgen geht es rekordmässig schnell, um 8.35 Uhr ist bereits Schluss und die Sommersession beendet. Die Schlussabstimmungen bergen keine Überraschungen mehr. Freue mich nun sehr auf meine Familie und auf die kommenden Sommertage. Der Sommer ist definitiv meine Lieblingsjahreszeit ☀️!
Dritte Wochem dritter Tag (15.6.)
Heute Morgen wird der Indirekte Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative zu Ende beraten. Mit 134:56 Stimmen bei 4 Enthaltungen wird dem Gegenvorschlag zugestimmt. Das ist sehr erfreulich und ein grosser Schritt in die richtige Richtung! Es ist zu hoffen, dass der Ständerat dem Nationalrat folgt.
Über Mittag haben meine Kollegin Franziska Roth und ich einen Austausch mit dem Think Tank «Swiss Institute for Global Affairs», es geht um Sicherheitspolitik im weiteren Sinne. Das Gespräch ist äusserst inspirierend und hat sich sehr gelohnt.
Nach der Mittagspause beginnt die Debatte zur SP-Prämienentlastungsinitiative. Diese setzt bei der Kostenverteilung an und ist daher stark sozialpolitisch verankert. Das Kopfprämiensystem ist unsozial, zudem muss in der Schweiz ein grosser Teil der Gesundheitskosten aus der eigenen Tasche finanziert werden. Die Initiative will, dass die Krankenkassen-Prämien höchstens 10% des verfügbaren Einkommens betragen dürfen. Die dafür benötigte Prämienverbilligung soll zu mindestens zwei Dritteln durch den Bund und der Rest durch die Kantone finanziert werden. Der indirekte Gegenvorschlag des Bundesrates anerkennt einen Handlungsbedarf, will aber nicht ins System eingreifen und den Kantonen weiterhin grosse Autonomie gewähren. Der Bundesanteil an der Prämienverbilligung bleibt bei 7,5% der Bruttokosten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung. Neu soll aber die Höhe des Kantonsanteils an die Prämienverbilligung auf Grund der prozentualen Haushaltsbelastung der untersten 40% Einkommensgruppe ermittelt werden. Das würde in etwa 2 Mrd. pro Jahr kosten, die Initiative ungefähr das Doppelte. Auch diese Debatte kann heute nicht zu Ende geführt werden und wird morgen fortgesetzt.
Dritte Woche, zweiter Tag (14.6.)
Heute berät der Nationalrat den indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative, der von der Umweltkommission entworfen wurde. Das Ziel Netto-Null-Treibhausgasemissionen bis 2050 soll zum Gesetz werden, konkretisiert durch Zwischenziele und sektorielle Richtwerte.
Herzstück ist ein auf 10 Jahre begrenztes Sonderprogramm für einen beschleunigten Heizungsersatz von insgesamt 2 Milliarden. Mit dem Krieg in der Ukraine hat der schnellstmögliche Ausstieg aus den fossilen Energieträgern neben den ökologischen Aspekten noch weitere Argumente bekommen: Wir wollen keine Kriege finanzieren, indem wir weiterhin Öl und Gas als Brennstoff gebrauchen und so extrem abhängig bleiben. Im Sinne einer Vorbildfunktion soll der Bund zudem verpflichtet werden, mit seiner zentralen Verwaltung bereits im Jahr 2040 das Netto-Null-Ziel zu erreichen. Wir werden heu
te nicht fertig mit den Beratungen, die Debatte wird morgen fortgesetzt.
Über Mittag tagt einmal mehr die Parlamentarische Gruppe «Menschenhandel». Heute geht es ums aktuelle Thema, wie man Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine flüchteten, vor Menschenhandel schützen kann.
Nach der gemeinsamen Sitzung am Nachmittag ist die Fraktion von unseren Bundesrät:innen Simonetta Sommaruga und Alain Berset zu einem Apéro riche im edlen Von-Wattenwyl-Haus eingeladen.
Dritte Woche, erster Tag (13.6.)
Am Wochenende war so einiges los mit Landsgemeinde in Kloten, Geburtstagsfest in der Familie und Ballettbesuch am Sonntag. Diese Abwechslung tat sehr gut, starte heute erholt und motiviert in die letzte Sessionswoche.
Nach der Behandlung des Geschäftsberichts des Bundesrates, geht es heute ausschliesslich um aussenpolitische Themen. BR Cassis betont in seinem Votum zum Aussenpolitischen Bericht, dass er sehr gespannt ist auf das Ergebnis eines Berichts, den er in Auftrag gegeben hat: Es soll aufgezeigt werden, wie die Neutralität zeitgemässer ausgestaltet werden kann. Auch erwähnt Cassis, dass die Wahl in den UNO-Sicherheitsrat von letzter Woche eine grosse Chance für die Schweiz ist, dem Land der guten Dienste. Das sehe ich auch so. Eine Motion aus der Aussenpoltischen Kommission ist von besonderem Interesse und Relevanz: Die Kommission verlangt dringliche Massnahmen zugunsten des Schweizer Forschungs-, Bildungs- und Innovationsstandorts. Der Bundesrat soll beauftragt werden, Verhandlungen mit der EU über eine spezifische Vereinbarung für die umgehende Assoziierung der Schweiz als Drittland bei Horizon Europe, Digital Europe, ITER, Euratom und Erasmus+ für die Programmperiode 2021-2027 zu führen. Im Gegenzug könnten dafür die Kohäsionszahlungen einmalig erhöht werden. Der Nationalrat stimmt der Motion mit Stichentscheid der Ratspräsidentin zu! Die Motion entspricht sozusagen der ersten Phase der europapolitischen Strategie der SP zur Deblockierung der Beziehungen zur EU: Die Verhandlung über ein Stabilisierungsabkommens mit der EU, das die Teilnahme an verschiedenen EU-Programmen regelt. Hoffentlich folgt der Ständerat!
Zweite Woche, dritter Tag (9.6.)
Der heutige Tag beginnt mit einer ausserordentlichen Debatte zur Sperrung von Vermögenswerten im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg. Die SP und Grünen haben dazu je eine Motion eingereicht. Wir möchten mit unserer Motion, dass eine Taskforce gebildet wird, damit die in der Schweiz gelagerten Vermögenswerte reicher russischer und belarussischer Staatsangehöriger, die auf der Sanktions-Liste stehen, gezielter lokalisiert und gesperrt und gegebenenfalls auch eingezogen werden. Beide Motionen haben aber keine Chancen und werden nur noch zusätzlich von der GLP unterstützt. Man ist der Meinung, dass es keine zusätzlichen Massnahmen braucht und der Finanzplatz schon genügend kontrolliert und reguliert sei. Tja…
Nachher geht es um die Revision des Embargogesetzes. Die Bearbeitung dieses Gesetzes hat bereits vor Ausbruch des Kriegsbeginns in der Ukraine begonnen, aber es ist jetzt natürlich umso klarer, dass man schnell auf Verletzungen des Völkerrechts reagieren können sollte. Mit dieser Gesetzesrevision soll die Schweiz neu in einem solchen Fall auch eigenständige Sanktionen erlassen können. Das ist vereinbar mit dem Neutralitätsrecht. Die Revision wird mit 136:53 Stimmen gutgeheissen und geht nun an den Ständerat.
Für Emotionen sorgt ein Vorstoss aus der Wirtschaftskommission, der eine Förderung des Schweizer Weins für 9 Mio. verlangt. Das Abstimmungstableau ist bunt gemischt: durch alle Fraktionen geht der Röschtigraben. Die Motion erhält schliesslich eine Mehrheit.
Auch Bildungsthemen sind heute auf der Traktandenliste. Die Bildungskommission will den Bundesrat mit einem Postulat beauftragen, in einem detaillierten Bericht eine Bestandsaufnahme zu den Themen Prekarität, Gleichstellung und akademischer Nachwuchs im Mittelbau aller Schweizer Hochschulen vorzunehmen. Zum Beispiel braucht es dringend mehr Festanstellungen. Der Vorstoss erhält erfreulicherweise eine Mehrheit im Rat.
Um 18 Uhr ist die Sitzung heute Abend beendet und damit auch diese wegen Pfingsten kurze, zweite Sessionswoche. Es geht also wieder nach Hause!
Zweite Woche, zweiter Tag (8.6.)
Der heutige Morgen wird vom EJPD bestritten. Dabei setzt sich der Nationalrat bei mehreren Vorstössen gegen den Bundesrat durch. Zum Beispiel wird eine Motion überwiesen, die verlangt, dass auch Kinder von gleichgeschlechtlichen Paaren rechtlich abgesichert sind. Also auch Kinder, die nach ausländischen fortpflanzungsmedizinischen Verfahren oder mittels privater Samenspende gezeugt wurden. Der Rat überweist auch ein Postulat, das eine Prüfung verlangt, ob Schlichtungsgerichte und Schlichtungsbehörden für familienrechtliche Streitigkeiten geschaffen werden sollen. Diese Institutionen sollen über umfassende Kompetenzen verfügen, die derzeit auf verschiedene Behörden und Gerichtsbarkeiten verteilt sind.
Für Diskussionen sorgt gleich zu Beginn der Nachmittagssitzung ein Nachtragskredit für den Kauf von Covid-Impfstoff. Alle Verträge und Zahlungen von Impfstoffen sind durch Kredite abgedeckt, bei zwei Fällen ist das aber nicht der Fall. Eine Administrativuntersuchung soll Klarheit bringen. Dem Nachtragskredit von 780 Mio. wird aber trotzdem klar zugestimmt, nur die SVP ist dagegen.
Auch die SiK hat heute ein Geschäft, es geht um eine sichere und autonome Stromversorgung von Polycom-Sendeanlagen. Das Geschäft ist absolut sinnvoll und daher auch völlig unbestritten. Ich benutze aber die Gelegenheit, um auf die Probleme beim Projekt Werterhalt Polycom hinzuweisen, das bekanntlich mit diversen Herausforderungen zu kämpfen hat. Das Projekt ist sogar ernsthaft gefährdet, weil es Verzögerungen gibt und wichtige Schlüsselpersonen im BABS fehlen. Zudem drohen Kostenüberschreitungen. Polycom muss aber zwingend immer funktionieren, alle Blaulichtorganisationen kommunizieren damit! BR Maurer beschwichtigt, dass die Probleme erkannt und angepackt werden.
Nach der Sitzung am Abend findet eine Sitzung des Zivildienstverbandes CIVIVA statt. Nationalratskollege Fabien Fivaz und ich sind ja seit kurzem das Co-Präsidium des Verbandes.
Zweite Woche, erster Tag (7.6.)
Nach dem langen und tatsächlich auch erholsamen Wochenende startet die zweite Sessionswoche mit der Fraktionssitzung, da die Sitzung im Nationalrat erst am Nachmittag beginnt und bis am Abend dauert.
Auf mehr Interesse stösst heute allerdings die Debatte im Ständerat. Es geht um die Revision des Sexualstrafrechts. Die Kommissionsmehrheit fordert beim Vergewaltigungstatbestand eine «Nein heisst Nein»-Lösung, eine Nötigung durch Gewalt oder Drohung muss nicht mehr vorliegen. Trotzdem wird mit dieser Verbesserung immer noch an der Bevölkerung, der feministischen Bewegung und den Gewaltbetroffenen vorbeipolitisiert. Viele Frauen (und längst nicht nur Linke!) setzen sich darum dafür ein, den Grundsatz «Nur Ja heisst Ja» endlich im Gesetz zu verankern und den Schutz der körperlichen und sexuellen Selbstbestimmung effektiv zu verbessern. Wie zu erwarten folgt der Ständerat leider seiner Kommission, die Hoffnungen liegen jetzt auf dem Nationalrat!
Auch aus dem Nationalrat gibt es nicht viel Erfreuliches zu berichten: Eine Parlamentarische Initiative der Grünen, welche das Stimm- und Wahlrecht für Ausländer:innen verlangt, wird mit 113:63 Stimmen abgelehnt.
Am Abend gleich im Anschluss an die Sitzung tagt die SP-Fachkommission «Frieden und Sicherheit». Heute widmen wir uns der Frage «In welchen Bereichen soll die Schweiz sicherheitspolitisch enger mit Europa kooperieren»? Ein Thema, das uns in nächster Zukunft noch ausreichend beschäftigen wird. Gespannt sein darf man auch auf den Zusatzbericht des Sicherheitspolitischen Berichts und auf den Bericht zur Neutralität aus dem EDA. Beide Berichte werden im Herbst erwartet.