Bundeshaus-Blog
Erste Wocher, zweiter Tag (2.6.)
Am letzten Tag in dieser ersten Sessionswoche geht es um Umweltpolitik, das UVEK ist fast den ganzen Morgen dran. Es soll vorwärts gehen mit dem Zubau von Photovoltaikanlagen. Der Rat überweist mit grosser Mehrheit eine Motion der Umweltkommission, die einen verstärkten Ausbau von PV-Ablagen an Lärmschutzwänden, Fassaden, Dachflächen und Überdachungen fordert. Auch der Einbau von Wärmepumpen soll in Zukunft einfacher werden. Nach dem Willen des Nationalrates soll die Lärmschutzverordnung dementsprechend angepasst werden.
Zwischenzeitlich verfolge ich heute Morgen die Debatte im Ständerat. Sie beraten heute die schrittweise Erhöhung der Armeeausgaben, sowie die Armeebotschaft 2022 (also die Beschaffung der 36 F-35). Die Abstimmungen bringen keine Überraschungen. Das Armeebudget wird nun also ohne Analyse, Konzept oder Strategie erhöht und die Kampfflugzeuge sollen beschafft werden ohne die Berichte der GPK und der EFK abzuwarten. BR Viola Amherd betont in der Debatte klar, dass die Verträge für den Kampfjet-Kauf nach dem Ja des Nationalrates im Herbst unterschrieben werden sollen. Auf die Initiative soll keine Rücksicht genommen werden, obwohl sie das Mitte Februar noch so versprochen hat und auch so in der Armeebotschaft steht. Ein seltsames Verständnis von direkter Demokratie, und dies von einer Bundesrätin…
Zum Glück geht es heute wieder nach Hause, da freue mich sehr. Morgen bin ich im Center of Security Studies der ETH für eine Podiumsdiskussion zum Krieg in der Ukraine eingeladen. Aber nachher folgt das lange Pfingstwochenende, das ich geniessen werde!
Erste Woche, dritter Tag (1.6.)
Zu Beginn des heutigen Sitzungstages werden die Beratungen zur Kostenbremse-Initiative fortgesetzt. Der indirekte Gegenvorschlag wird weiter redigiert und ist am Schluss ein durchaus brauchbarer Gegenentwurf. Das sieht auch die Mehrheit des Nationalrates so, dem Gegenvorschlag wird mit 104:74 Stimmen bei 5 Enthaltungen zugestimmt. Falls dies auch der Ständerat so sieht, wird die Volksinitiative vermutlich zurückgezogen. Diese selber hat im Rat übrigens keine Chance: Nur die Mitte sagt Ja zur eigenen Initiative.
Ansonsten ist heute ein spezieller Tag. Ich bekomme Besuch der Gruppe Kloten der Gruppenwasserversorgung Vororte und Glattal, welche ich früher als Stadträtin präsidiert habe. Es freut mich, die Gäste zu empfangen und ihnen das Bundeshaus zeigen zu können. Nach Corona ist das wieder der erste grössere Besuch für mich.
Mein geschätzter Banknachbar Angelo Barrile kann erfreulicherweise einen Erfolg feiern: Sein Postulat «Nationaler Aktionsplan gegen LGBTIQ-feindliche hate-crimes» erhält eine Mehrheit, mit 105:64 Stimmen bei 16 Enthaltungen.
Um Mittag ist bereits Sitzungsschluss, da die Feier für die Nationalratspräsidentin Irène Kälin stattfindet. Eigentlich wäre diese traditionell im Dezember gewesen, musste dann aber verschoben werden, wegen den oben genannten bekannten Gründen. Es geht in ihren Heimatkanton Aargau, nach Schinznach. Und ich finde es eigentlich gar nicht übel, dass eine Präsident:innenfeier auch mal im Sommer stattfindet!
Erste Woche, zweiter Tag (31.5.)
Der heutige Morgen startet mit der ersten der beiden Gesundheits-Initiativen, nämlich mit der sogenannten Kostenbremse-Initiative der Mitte. In diesem Herbst droht ein weiterer Prämienanstieg. Auf der einen Seite steigen die Gesundheitskosten unaufhörlich. Fehlanreize im System, wie zum Beispiel unnötige Eingriffe, treiben die Kosten in die Höhe. Auf der anderen Seite verzichten viele Leute auf einen Arztbesuch, weil ihnen die Kosten für den Selbstbehalt zu hoch sind. Die Kostenbremse-Initiative ist aber ein untaugliches Mittel. Der Initiativtext ist zu restriktiv formuliert und die Koppelung der Kostenbremse an die Nominallöhne ist nicht aussagekräftig genug, um den Finanzbedarf des Gesundheitssystems abzuschätzen, dessen Kosten stark von sozial-demografischen Faktoren bestimmt werden. Daher wird heute ein indirekter Gegenvorschlag diskutiert, der es ermöglichen soll, die Kosten im Gesundheitswesen mittelfristig in den Griff zu bekommen. Zudem haben wir in dieser Session einen eigenen Lösungsvorschlag gegen die steigenden Krankenkassenprämien: Unsere Prämienentlastungs-Initaitive, welche in der dritten Woche diskutiert wird. Denn es braucht beide Massnahmen: gezielte Kostendämpfungs-Massnahmen sowie Entlastung von Menschen mit tiefen und mittleren Einkommen, um deren Kaufkraft rasch und effizient zu verbessern. Wir werden heute nicht fertig mit der Debatte, sie wird morgen fortgesetzt.
Über Mittag tagt die Parlamentarische Gruppe «Polizei und Sicherheit», die ich präsidiere. Heute geht es ums Thema «Keine Privatisierung hoheitlicher Aufgaben in den Bundesasylzentren, vulnerable Personen sind Auftrag des Staates». Stefan Aegerter vom Schweizerischen Polizei Institut und Claudio Martelli vom SEM stehen Red und Antwort.
Nach der Fraktionssitzung am Nachmittag reise ich nach Zürich zurück für die GL-Sitzung der SP Kanton Zürich. Es ist die letzte Sitzung mit Markus Späth, der ja als Fraktionspräsident und Kantonsrat zurückgetreten ist. Auch wenn es spät wird, hat sich der Abend sehr gelohnt. Werde Markus sehr vermissen!
SOMMERSESSION 30.5.-17.6.2022, erste Woche, erster Tag (30.5)
Der heutige Beginn der Sommersession ist für mich doch eher etwas ungewohnt: Bis gestern Abend war ich nämlich noch auf der Legislaturschlussreise in Wien mit meinen ehemaligen Stadtrats-Kolleg:innen, und mein jüngster Sohn ging heute Morgen ins Klassenlager (was mich schon ein bisschen nervös machte…). Da war gestern Abend also noch viel (um)packen und waschen angesagt. Aber es hat sich sehr gelohnt, Wien war prächtig! Na ja, bis auf die Rückreise… Ich liebe den Railjet ja wirklich, aber wenn schon bereits ab Wien die Leute wie in einer Sardinenbüchse in den Gängen stehen, die WCs nicht funktionieren und dann noch eine halbe Stunde Verspätung dazu kommt, dann gibt es definitiv Entspannenderes!
Ab heute gilt der Fokus aber klar der Sommersession. Zwei Volks-Initiativen werden zum Beispiel in diesen drei Wochen beraten: Die Kostenbremse-Initiative der Mitte und unsere Prämien-Entlastungs-Initiative. Es geht also bei beiden Anliegen um tiefere Krankenkassen-Prämien, sehr berechtigte Forderungen. Und Jacky Badran ist wieder da! Sie hat sehr gefehlt.
Die Session beginnt mit der Debatte über die Staatsrechnung 2021, welche wegen den Corona-Schulden mit einem Defizit von 12 Mrd. abschliesst. Der Bundesrat und die bürgerliche Mehrheit möchten die Nationalbank- Gewinne in einem speziellen Amortisationskonto ausschliesslich zur Schuldentilgung einsetzen. Links-grün möchte diese Gelder lieber in die laufende Rechnung einfliessen lassen. Davon würden dann nämlich alle Bereiche profitieren. Der entsprechende Minderheitsantrag hat aber keine Chance. Nichts desto trotz wird der Rechnung 2021 ohne Gegenstimme zugestimmt.
Dritter und letzter Tag (11.5.)
Heute werden vor allem parlamentarische Vorstösse aus den Departementen EDI Und WBF behandelt. Auch eine Motion von mir, „Stärkung der Milizpolitik. Anrechnung der Tätigkeit von Milizpolitiker:innen an Weiterbildungen im Hochschulbereich“, steht auf der Traktandenliste. In Exekutivämtern ist die Arbeit extrem vielfältig und die die Erkenntnisse, die man durch das Amt gewinnen kann, sind riesig.
Doch obwohl die Arbeit in einer politischen Behörde so interessant und befriedigend ist, wird es zunehmend schwieriger, Personen für ein Milizamt zu gewinnen. Das Milizamt könnte aufgewertet werden, indem Politiker:innen sich ihre Tätigkeit in einer Gemeindeexekutive an Lehrgängen von Schweizer Hochschulen anrechnen lassen könnten. Denn das Amt selber ist ja in der Tat eine Form von Aus- und Weiterbildung. Leider die Motion mit 101:87 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt. Man möchte nicht, dass sich der Bund bei den Hochschulen einmischt.
Am Mittag ist die Sondersession beendet, aber nächste Woche findet bereits die vorbereitende Fraktionssitzung für die Sommersession statt.
Zweiter Tag (10.3.)
Die eidgenössische Zivilprozessordnung (ZPO) ist seit dem 1. Januar 2011 in Kraft und hat die verschiedenen kantonalen Prozessgesetze vereinheitlicht. Die Bestimmungen der ZPO regeln einen grossen Teil des Rechtslebens, insbesondere die Durchsetzung der Rechte von Mieter:innen, Arbeitnehmer:innen und Versicherten (in Privatversicherungen), Gleichstellungsstreitigkeiten und Scheidungsverfahren.
Nach zehn Jahren muss eine Bilanz gezogen werden: Die ZPO hat den Zugang zur Justiz nicht einfacher gemacht. Das soll mit dieser Revision verbessert werden. Für die SP ist es wichtig, dass die Rechte auch für Arbeitnehmer:innen mit tieferen Einkommen gesichert sind. Die Verfahren sollen einfacher und kostengünstiger gestaltet werden. Leider scheitern unsere diesbezügliche Minderheitsanträge, der Vorlage kann aber am Schluss trotzdem zugestimmt werden. Insgesamt überwiegen die Verbesserungen. Es gibt nur eine Gegenstimme im Rat.
Am Nachmittag wird das Mehrwertsteuergesetz behandelt. Die Vorlage umfasst verschiedene Änderungen in den Bereichen Steuerpflicht, Steuerabrechnung und Steuersicherung. Das sind die wichtigsten Anpassungen:
· Plattformbesteuerung: Künftig sollen im Versandhandel Internet-Marktplätze selbst als «Leistungserbringer» behandelt werden und nicht mehr die Unternehmen, die ihre Produkte über diese Plattformen vertreiben. Die Erhebung der Mehrwertsteuer erfolgt demnach durch die Versandhandelsplattformen.
· Unterstellung der Produkte für die Monatshygiene unter den reduzierten Steuersatz (endlich!)
· Handel mit Emissionsrechten und vergleichbaren Rechten werden der Bezugssteuer unterstellt
Die Vorlage führt grob geschätzt zu jährlichen Mehreinnahmen im mittleren zweistelligen Millionenbereich. Ausser der SVP stimmen alle Parteien der Gesetzesrevision zu.
Das waren zwei sehr grosse und auch sehr technische Vorlagen. Am Abend bin ich nicht unfroh, das Bundeshaus verlassen und die noch verbleibende Frühsommersonne geniessen zu können.
Sondersession, 9.-11. Mai 2022, erster Tag (9.5.)
Für 2 ½ Tage trifft sich der Nationalrat bereits heute wieder zur Sondersession. Diese wird im Jahresprogramm immer eingeplant, da die hohe Geschäftslast im Nationalrat (nicht zuletzt auch wegen den zahlreichen parlamentarischen Vorstössen) solche «Aufräumsitzungen» nötig macht.
Die Sondersession beginnt gleich mit demjenigen Geschäft, das medial zurzeit am meisten Aufmerksamkeit hat: Die Motion der Sicherheitspolitischen Kommission, die Armeeausgaben schrittweise bis 2030 zu erhöhen, damit sie dann 1% des BIP betragen. Was harmlos tönt, ist im Endeffekt beinahe 7 Mrd. schwer! Das ist sehr viel Geld, das in anderen Bereichen wieder eingespart werden muss. In der Bildung, in der Entwicklungszusammenarbeit und in der Landwirtschaft (wobei letzteres Budget mit den bestehenden Mehrheiten in Bern gesichert ist). Das Pferd wird so von hinten aufgezäumt: Es braucht zuerst Klarheit, welche sicherheitspolitischen Kooperationen in Europa wir wollen und neutralitätsrechtlich auch eingehen können. Die Antwort auf diesen Krieg kann nur mehr Europa, und nicht weniger Europa heissen. Falls dann tatsächlich Lücken in der Rüstungsbeschaffung bestehen sollten, weiss man konkret was und wie hoch das konkrete Preisschild wäre. Jetzt aber «out of the blue» das Budget um 2 Mrd. zu erhöhen ohne Konzept und Plan bringt keine zusätzliche Sicherheit, sondern ist reiner Populismus. Die Mehrheiten sind aber schon vor der Debatte klar, die Motion wird mit 111:79 Stimmen bei 2 Enthaltungen überwiesen.
Zwei Jahren nach der Einreichung meiner Motion «Verlagerungsstrategie für Kurzstreckenflüge» wird sie heute endlich beraten. Leider bekommt sie keine Mehrheit, nur die ökologischen Parteien stimmen dafür. BR Simonetta Sommaruga verspricht aber, alles Mögliche zu unternehmen, dass die Bahnverbindungen in und ans Ausland besser werden.
Dritte Woche, letzter Tag (18.3.)
Geschlafen habe ich nicht allzu lange, aber gut. Heute ist der letzte Sessionstag. Die Schlussabstimmungen bergen keine Überraschungen mehr. Es gibt auch noch einen kurzen Moment der Heiterkeit: Yves Nidegger müsste aus der Kommission berichten, hat das aber nicht auf dem Radar. Das kann einem schneller passieren als man vielleicht meinen könnte. Der erste Vize-Präsident Martin Candinas drückt ihm auf dem Weg zum Rednerpult die Traktandenliste in die Hand, damit er weiss, über was er überhaupt sprechen muss. Das Votum ist dann auch äusserst kurz.
Die Session endet, wie sie begonnen hat: mit einer Schweigeminute für die Opfer des furchtbaren Krieges in der Ukraine.
Ich freue mich nun sehr, wieder nach Hause zu meiner Familie zurückkehren zu können. Es war keine einfache und sehr intensive Session. Nächste Woche habe ich bereits wieder an vier Tagen Kommissionsitzungen, es geht also nonstop weiter.
Dritte Woche, vierter Tag (17.3.)
Am Morgen stehen ausschliesslich UVEK-Geschäfte auf der Traktandenliste. Zum Beispiel geht es um den Verlagerungsbericht 2021. Der Bundesrat will die Verlagerung von der Strasse auf die Schiene weiter stärken. Die Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs hat in den letzten zwei Jahren weitere Fortschritte gemacht: Der Anteil der Schiene ist auf den höchsten Stand seit 25 Jahren gestiegen, während die Lastwagenfahrten auf rund 900'000 pro Jahr gesunken sind. Das Verlagerungsziel von 650'000 Fahrten wird allerdings weiterhin bei weitem verfehlt. Um die Verlagerung weiter stärken, sieht der Bundesrat vor, die Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe weiterzuentwickeln. Meine Motion «Verlagerungsstrategie für Kurzstreckenflüge» kommt heute leider nicht mehr dran. Ich hoffe auf die nächste Session.
In der letzten Mittagspause während der Session gehe ich jeweils in meine Wohnung. Sie muss gründlich geputzt werden, muss halt auch sein.
Am Nachmittag ist das EDI dran. Für am meisten Diskussionen sorgt ganz klare eine Motion aus der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur. Es geht darum, dass eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden soll, welche die Eizellenspende für Ehepaare auch in der Schweiz möglich machen soll. Es ist ethisch keine einfache Diskussion. Eine Eizellenspende ist ein körperlicher Eingriff mit Risiken, dies im Unterschied zur Samenspende. Zudem besteht die Gefahr, dass junge Frauen, die in finanzieller Not leben, ausgebeutet werden könnten. Das braucht klare gesetzliche Regelungen. Trotzdem bin ich im Grundsatz für die Eizellenspende. Die Motion wird gegen den Willen des Bundesrates mit 107:57 Stimmen bei 16 Enthaltungen überwiesen und geht jetzt in den Ständerat.
Am Abend findet endlich mal wieder das gemeinsame Fraktionsessen zu Sessionsschluss statt. Ich geniesse es, aber so ganz wohl ist es mir immer noch nicht in einer grossen Menschenmenge.
Dritte Woche, dritter Tag (16.3.)
Der Tag startet heute mit einer Dringlichen Debatte zum Krieg in der Ukraine. Alle Fraktionen haben Interpellationen mit mannigfaltigen Fragen zum Konflikt eingereicht. Aussenpolitische, sicherheitspolitische, wirtschaftliche und energiepolitische. Es sind darum auch gleich vier Bundesrät:innen anwesend. Inhaltlich birgt die Debatte keine Überraschungen. Die Parteien legen ihre bekannten Standpunkte dar, ebenso die Bundesrät:innen. Die Sprecher:innen der SP betonen den Anteil der Schweiz an der kollektiven, menschlichen Sicherheit, die Rolle des Schweizer Finanzplatzes (auch hier sind wir ganz klar in der Pflicht!) und die mögliche stärkere Zusammenarbeit bei europäischen Sicherheitskooperationen.
Am Nachmittag steht die Parlamentarische Initiative von Sibel Arslan für die Einführung des aktiven Stimm- und Wahlrechts für 16-Jährige im Fokus. Ich bin klar dafür. In meiner politischen Arbeit habe ich viele 16-Jährige angetroffen, die sich sehr für Politik interessieren und besser informiert sind als manch Erwachsener. Sie sollen die Möglichkeit haben, abszutimmen und sich in politische Gremien wählen lassen zu können. Die Mehrheit der Kommission lehnt die Initiative ab. Doch eine knappe Mehrheit des Nationalrats sieht dies anders und weist die PaIv mit 99 zu 90 Stimmen an die Kommission zurück. Hoffentlich klappt es beim nächsten Anlauf!
Am Abend findet endlich wieder einmal mein Lieblingsanlass statt, der pandemiebedingt zwei Jahre pausieren musste: Prêt-à-politiser. Es geht um Mode von Schweizer Designerinnen und um einen Austausch über die Parteigrenzen hinweg zwischen Politik und Wirtschaft, nur unter Frauen.
Dritte Woche, zweiter Tag (15.3.)
Heute Morgen geht es um Finanzpolitik. Der Bund hat die Corona-Krise erfreulich gut überstanden. Die prognostizierten Defizite sind nicht wie befürchtet eingetroffen, der wirtschaftliche Motor läuft bestens. Schwer abzuschätzen im jetzigen Zeitpunkt sind allerdings die wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Krieges. Die Nationalbank spürt momentan die grossen täglichen Kurschwankungen, die sofort mehrere Milliarden ausmachen können.
Über Mittag muss ich Akten studieren für die GPK. Diese sind so dermassen geheim, dass ich nichts ins Lesezimmer mitnehmen darf. Weder Laptop, noch Handy. Ich fühle mich geradezu «amputiert» ohne meine elektronischen Geräte. Aber ich muss zugeben, dass ich so dafür absolut konzentriert lesen kann.
Nach der Fraktionssitzung am Nachmittag findet wie immer in der letzten Sessionswoche die Sitzung der SP-Fachkommission «Frieden und Sicherheit» statt. Das Thema liegt auf der Hand: der Krieg in der Ukraine. Die Diskussionen betreffen die Themen vertrauensbildende Verteidigungspolitik, Sicherheitskooperationen und Neutralitätspolitik.
Dritte Woche, erster Tag (14.3.)
Das Wochenende war sehr erholsam, obwohl ich am Samstag noch an verschiedenen Standaktionen von SP-Sektionen war. Aber es macht immer viel Spass, die Genoss:innen im Wahlkampf zu unterstützen. Zudem habe ich auch den direkten Austausch mit den Leuten gern. Aber am meisten Abwechslung und Erholung finde ich definitiv bei meiner Familie.
Im Rat geht es heute Nachmittag um zwei Parlamentarische Initiative aus der Staatspolitischen Kommission, die unter dem Eindruck des ersten Lockdowns in der Corona-Pandemie entstanden sind. Das Parlament hatte die Märzsitzung ja abgebrochen und eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr getagt. Es ist aber staats- und demokratiepolitisch sehr wichtig, dass die Handlungsfähigkeit des Parlamentes auch in Krisensituationen jederzeit gewährleistet werden kann. Die SPK des Nationalrates arbeitete deshalb Vorlagen mit verschiedenen Änderungen des Parlamentsrechts aus, welche gewährleisten sollen, dass die Bundesversammlung und ihre Organe in Krisensituationen jederzeit tagen und ihr rechtliches Instrumentarium flexibel einsetzen können. Die «lessons learned» des Parlaments sozusagen. Den Vorlagen wird denn auch einstimmig zugestimmt und gehen jetzt in den Ständerat.
Zweite Woche, vierter Tag (10.3.)
Heute steht die Schweizer Kandidatur für den UNO-Sicherheitsrat im Zentrum. Die SVP ist dagegen und hat darum eine Motion eingereicht, die dieses Ansinnen verhindern soll. Das gelingt aber nicht, die Motion wird mit 125:56 bei 8 Enthaltungen abgelehnt. Nur die SVP und Teile der Mitte unterstützen sie. Diese zwei Jahre Mitgliedschaft im UNO-Sicherheitsrat bringen viel für die Schweiz, sie kann dort ihre guten Dienste einbringen. Der Sicherheitsrat ist nie Konfliktpartei. Er ist ein Mandat der UNO-Charta und darum auch mit der Neutralität vereinbar. Es geht um die kollektive Sicherheit.
Leider verpasse ich die Abstimmung, weil ich die Sitzung kurz unterbrechen muss für die Sendung «Forum» des Radio SRF. Mein Gegner ist Stefan Holenstein, der ehemalige Präsident der Offiziersgesellschaft. Das Thema liegt auf der Hand: Muss die Schweiz jetzt aufrüsten? Selbstredend, dass wir da zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen.
Am Mittag ist die zweite Woche auch bereits wieder beendet und ich darf nach Hause fahren. Aber bereits morgen habe ich wieder eine GPK-Sitzung in Bern.
Zweite Woche, dritter Tag (9.3.)
Auf dem Bundesplatz ist heute Radio SRF 3 platziert. Zusammen mit der Glückskette wird Geld für die Ukraine gesammelt. Wir können leider nicht viel machen für die Menschen in der Ukraine und auf der Flucht. Aber Geld spenden, das können wir, und das können sie auch dringend brauchen!
Auf der Traktandenliste stehen heute VBS-Geschäfte, meine SiK-Kolleg:innen und ich sind also gefordert. Es geht zum Beispiel um den Sicherheitspolitischen Bericht des Bundesrates. Geschrieben wurde Bericht natürlich vor der Invasion Putins in der Ukraine. Die Analyse der Bedrohungslage hat aber auch jetzt ihre Gültigkeit. Es werden die richtigen Bedrohungen genannt: Cyberangriffe, Desinformationskampagnen, Terrorismus und gewalttätiger Extremismus. Und es werden endlich auch die möglichen gravierenden Folgen des Klimawandels erwähnt. Ein Kapitel fehlt jetzt selbstverständlich in dieser Übersicht: der Krieg in der Ukraine und die möglichen sicherheitspolitischen Folgen für die Schweiz. Ein Kapitel, das wir jetzt ehrlicherweise noch nicht schreiben können, da wir noch nicht wissen, wie sich der Konflikt weiterentwickelt und wie er endet – hoffentlich bald!
Bei den persönlichen VBS-Vorstössen gibt es noch einen kleinen Erfolg zu verzeichnen: Der Nationalrat überweist mit deutlicher Mehrheit mein Postulat "Aufarbeitung und Aberkennung des Unrechts, das Homosexuellen in der Armee zugefügt worden ist." Nur die SVP ist dagegen...
Den ganzen Nachmittag werden Änderungen im Strassengesetz beraten. Beim Teil «Via sicura» stimme ich bei einer Neuregelung für Blaulichtfahrten gegen die Mehrheit der SP-Fraktion. Ich finde es richtig, dass bei dringlichen oder taktischen Dienstfahrten bei Geschwindigkeitsüberschreitungen nur noch die Differenz zur Geschwindigkeit berücksichtigt werden soll, die für den Einsatz angemessen gewesen wäre. Ansonsten ist die Gesetzesänderung eher eine Enttäuschung. Der «Raserartikel» wird leider wieder abgeschwächt, das ist das falsche Signal. Das Geschäft geht jetzt in den Ständerat.
Zweite Woche, zweiter Tag (8.3.)
Heute morgen um 7 Uhr hat das VBS zu einem Infotreff eingeladen. Das ist eigentlich in jeder Session so Tradition, dieses Mal hat es aber sehr viele Parlamentarier:innen, die den Anlass besuchen. Das Thema ist denn auch von grossem Interesse: Es geht um den Krieg in der Ukraine. Neben der Sicherheitschefin vom VBS Pälvi Pulli, stehen auch die SRF-Korrespondentin Luzia Tschirky und der Strategieexperte des CSS Benno Zogg Red und Antwort. Gerne hätte man den Expert:innen noch einiges länger zugehört und unzählig viele Fragen gestellt, aber um 8 Uhr müssen wir bereits wieder im Ratssaal sein, weil die Sitzung beginnt.
Heute beschäftigt uns wieder einmal das Entsendegesetz, mit erfreulichem Ergebnis in der Gesamtabstimmung: Kantonale Mindestlöhne sollen in Zukunft auch für ausländische Unternehmen gelten, die Arbeitnehmende in die Schweiz entsenden. Das schafft gleich lange Spiesse. Der Ständerat muss seinen Nichteintretens-Entscheid jetzt korrigieren.
Am Nachmittag kann ich nicht an der Fraktionssitzung teilnehmen, weil ich kurz nach Zürich fahren muss für die Aufzeichnung des «Talk täglich» im Tele Züri. Es geht natürlich um den Ukraine-Krieg, mein Diskussions-Gegner ist Mauro Tuena. Wieder zurück in Bern nehme ich an einer Online-Veranstaltung der SP Schweiz für Neumitglieder teil, nachher gehe ich – wenn auch ziemlich verspätet – an den traditionellen Austausch mit der Zürcher Regierung. Wieder zu Hause in der Berner Wohnung bin ich ehrlich gesagt dann schon ziemlich erschöpft. Der morgige Tag wird hoffentlich etwas weniger hektisch.