Bundeshaus-Blog
Zweite Woche, zweiter Tag (6.6.)
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Heute Morgen beginnen wir endlich mit dem Aggloprogramm, letzte Woche fehlte dazu die Zeit. Für die Agglomerationen sind diese Verkehrsinfrastrukturprojekte von grosser Wichtigkeit und stärken das Gesamtverkehrssystem. Der Bundesrat will diese Agglomerationsprogramme der 4. Generation mit insgesamt 1,6 Milliarden Franken mitfinanzieren. An seiner Sitzung vom 22. Februar 2023 hat er beschlossen, seine ursprünglich geplante finanzielle Beteiligung sogar um rund 285 Millionen aufzustocken, das ist erfreulich. Als Klotenerin interessiert mich natürlich vor allem die Verlängerung der Glattalbahn durch das Klotener Entwicklungsquartier Steinacker. Nachdem sie in der ersten Fassung völlig unverständlicherweise aus der Priorität A gefallen war, wurde die Verlängerung nun wieder ins Programm aufgenommen. Dem Aggloprogramm wird schliesslich einstimmig zugestimmt!
Dann folgt ein Ordnungsantrag der SVP: Am 15. Juni spricht der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski zum Parlament. Die SVP will das verhindern, wir seien so «Befehlsempfänger» der Ukraine. Der Ordnungsantrag wird klar mit 58:128 Stimmen bei 4 Enthaltungen abgelehnt.
Kurz vor Mittag sind noch Feierlichkeiten im Ratssaal angesagt: Es geht um den Zollvertrag mit dem Fürstentum Lichtenstein, der bereits 100 Jahre alt ist. Wir haben Besuch vom Landestag des Fürstentums. Dessen Präsident Albert Frick hält eine Rede, in welcher er die guten nachbarschaftlichen Beziehungen lobt: «Die Welt wäre eine bessere, wenn sich alle Länder so verhalten würde.» Ein wahres Wort. Die musikalische Untermalung gefällt mir, ich habe noch nie «Smoke on the water» auf dem Hackbrett gehört ;-).
Die Fraktionssitzung am Nachmittag sorgt bei den vielen Fraktionsmitgliedern für eine Überraschung: Roger Nordmann tritt als Fraktionspräsident zurück, weil er für die SP als PUK-Mitglied nominiert wird, die morgen vom Parlament mit grösster Wahrscheinlichkeit eingesetzt wird.
Am Abend findet dann der traditionelle Apéro mit unseren Bundesrät:innen statt, im lauschigen Garten des altehrwürdigen Von-Wattenwyl-Haus.
Zweite Woche, erster Tag (5.6.)
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Am Wochenende gab es bereits schon einige Wahlkampfveranstaltungen. Dank des schönen Sommerwetters hatte ich zum Glück auch die nötige Energie dazu!
Heute stehen die Beratungen zur Volksinitiative «Für eine sichere und nachhaltige Rentenversorge» die sogenannte Renteninitiative der Jungfreisinnigen, im Vordergrund. Der Bundesrat empfiehlt die Renteninitiative zur Ablehnung. Eine Koppelung des Rentenalters an die Lebenserwartung berücksichtigt weder die sozialpolitische noch die arbeitsmarktliche Situation. Der Bundesrat will darum weiterhin lieber auf die laufenden Reformen zur Altersvorsorge setzen, um das Leistungsniveau der AHV und der obligatorischen beruflichen Vorsorge zu erhalten und das finanzielle Gleichgewicht der ersten und zweiten Säule zu sichern. Die Argumente in der vorberatenden Kommission gegen die Renteninitiative waren vor allem, dass es keine weitere Erhöhung des Rentenalters so rasch nach der AHV21-Abstimmung und der Erhöhung des Frauenrentenalters geben solle und der Bundesrat ja bis 2026 eh eine neue Vorlage zur Finanzierung der AHV vorlegen müsse. Aus SP-Sicht ist eine weitere Erhöhung des Rentenalters natürlich ein absolutes No-Go. In einer Zeit, in welcher ü55-Arbeitnehmer:innen nur noch sehr schwer einen neuen Job finden, ist eine solche Forderung geradezu zynisch. Eigentlich sind die Mehrheiten klar gegen die Initiative, ein Rückweisungsantrag der GLP zuhanden der Kommission wird trotzdem nur äusserst knapp mit Stichentscheid des Präsidenten abgelehnt. Das lässt die FDP nicht auf sich sitzen und verlangt Rückkommen. Diesem wird leider zugestimmt. Danach sieht das Resultat anders aus: Der Rückweisung wird mit 93:92 Stimmen zugestimmt. Die Absicht ist klar: SVP, FDP und GLP wollen das Rentenalter erhöhen. Dagegen werden wir uns entschieden wehren. Es braucht nicht noch mehr Abbau, sondern eine Sicherung der Renten, um die Kaufkraft zu schützen!
Erste Woche, dritter Tag (1.6.)
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Heute ist wegen des Pfingstmontags bereits schon am dritten Tag Schluss, dafür haben wir ausnahmsweise eine Nachmittagssitzung.
Die Beratungen beginnen mit Differenzbereinigungen beim Sexualstrafrecht, das zurück aus Ständerat ist. Auch wenn sich die SP mit grossem Engagement für eine «Ja heisst Ja»-Lösung bei Vergewaltigung eingesetzt hat, ist auch der Kompromiss – «Nein heisst Nein» - bereits ein grosser Fortschritt. BR Elisabeth Baume-Schneider spricht von einem Meilenstein. Die SP, allen voran Tamara Funiciello, hat ihn entscheidend mitgeprägt.
Auch das Budget für dieses Jahr ist heute Thema. Konkret geht es um Nachtragskredite zum Voranschlag. Vor allem eine Position gab gestern einiges zu reden, da war das Geschäft nämlich im Ständerat: Der Bundesrat möchte hinsichtlich des voraussichtlichen Anstiegs der Asylsuchenden gewappnet sein und wegen der Platznot in den Bundesasylzentren mehr Container aufstellen zu können. Das entlastet auch die Kantone. Aus völlig unverständlichen Gründen hat der Ständerat gestern diesen Nachtragskredit abgelehnt. Der Nationalrat sieht das zum Glück anders und stimmt der Krediterhöhung mit 99:83 Stimmen bei 4 Enthaltungen zu. Das Geschäft geht nun wieder zurück in den Ständerat.
Eine Parlamentarische Initiative der SiK-N, welche ursprünglich von der Mitte eingebracht wurde, verlangt eine Änderung des Kriegsmaterialgesetzes. Und zwar soll bis Ende 2025 die Nichtwiederausfuhrerklärung, wenn es sich um indirekte Lieferung von Kriegsmaterial an die Ukraine handelt, hinfällig werden. Zugegeben, der Text ist nicht sehr gut (unser Vorschlag mit der 2/3-Mehrheit der UNO-Vollversammlung ist viel besser) und müsste wegen dem Gleichbehandlungsgebot noch angepasst werden. Wir unterstützen aber alles, was der Ukraine nützen könnte. Die Initiative wird jedoch mit 75:98 Stimmen bei 2 Enthaltungen abgelehnt.
Dann kommt für mich noch der kleine Schreck in der Abendstunde: Bei einer PaIv der Grünen, bei der es um ein Verbot der indirekten Finanzierung von geächtetem Kriegsmaterial geht, soll ich für die Minderheit (also für die Initiative) sprechen. Ich hatte das überhaupt nicht auf dem Radar! Innerhalb 2 Minuten muss ich mein Votum vorbereiten. Na ja, es geht zwar einigermassen, aber man merkt natürlich schon, dass ich nicht vorbereitet bin. Peinlich, aber das passiert allen einmal. Funfact: Nachher stellte sich heraus, dass die Sprecher:innen-Liste falsch war und nicht ich, sondern Gerhard Andrey der Sprecher der Minderheit gewesen wäre ;-). Zum Glück ist dann bald Sitzungsschluss und es geht wieder nach Hause!
Erste Woche, zweiter Tag (31.5.)
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Der heutige Tag beginnt leider nicht gut. Es steht eine knappe Abstimmung zu einer Motion der Bildungskommission bevor: Gleichstellungspolitische Dachorganisationen sollen Finanzhilfen vom Bund erhalten. Die Motion wird aber mit 87:93 Stimmen bei 2 Enthaltungen abgelehnt. Ärgerlicherweise hat es zu viele Absenzen bei uns und den Grünen…
Dann beginnen die Beratungen zur Volksinitiative "Für Freiheit und körperliche Unversehrtheit". Der Bundesrat beantragt dem Parlament, die Initiative ohne Gegenvorschlag abzulehnen. Die Initiant:innen wollen mit einer Verfassungsänderung eine Impfpflicht und bei Bekämpfungsmassnahmen übertragbarer Krankheiten eine Differenzierung der Bevölkerung nach Impfstatus ausschliessen. Der Initiativtext geht aber weit über das Thema "Impfen" hinaus. Er verlangt generell, dass das Grundrecht auf körperliche und geistige Unversehrtheit nur dann vom Staat eingeschränkt werden darf, wenn die betroffene Person zustimmt. Dies würde in diversen gesellschaftlichen Bereichen zu Rechtsunsicherheit führen, etwa in der Strafverfolgung oder im Kindes- und Erwachsenenschutz. Zudem darf heute schon niemand gegen seinen Willen zu einer Impfung gezwungen werden. Diese «Schwurbler»- Initiative wird schliesslich mit 140:35 Stimmen abgelehnt, ebenfalls ohne Gegenvorschlag, und geht jetzt in den Ständerat.
In der Wintersession wird der neue Nationalratspräsident gewählt, das wird Eric Nussbaumer sein. Zu diesem Anlass wird auch wieder einmal die Bundeshaus-Band in Erscheinung treten. Heute finden bereits die ersten Proben für die Feier statt. Wir singen uns drei Stunden lang fraktionsübergreifend durch das Bundeshaus-Liederbüchlein durch, das macht so viel Spass! Und wir hoffen natürlich alle, dass wir wieder gewählt werden im Herbst ;-).
SOMMERSESSION 30.5.-16.6.2023, erste Woche, erster Tag (30.5)
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Nach einem verregneten Frühling änderte sich letzte Woche endlich das Wetter: Der Sommer hat Einzug gehalten, gerade richtig zu Beginn der Sommersession! Da gestern Pfingstmontag war, beginnen wir ausnahmsweise erst am Dienstag. Ein Geschäft ist vor allem von grossem Interesse: Wird das Parlament eine PUK einsetzen für die Aufarbeitung des CS-Debakels? Stand heute ist das Datum der Beratung in den Räten noch nicht bekannt.
Die Session beginnt im Nationalrat gleich mit gewichtigen Traktanden, es geht um den Verkehr. Wir debattieren über den Zahlungsrahmen der Nationalstrassen und die Aggloprogramme. Bis 2030 soll das Nationalstrassennetz im Umfang von rund 11,6 Milliarden Franken ausgebaut werden. Gegen den nötigen Unterhalt für Tunnel, Brücken und Beläge ist ja nichts einzuwenden, aber das ganze Programm ist eine reine «Strassenausbau-Orgie» und geht völlig in die falsche Richtung. Statt die Verkehrspolitik auf dem Grundsatz «vermeiden, vermindern, verlagern» aufzubauen, wird in den weiteren Ausbau von Strassenkapazitäten investiert. Wer Strassen sät, wird Verkehr ernten – das ist wirklich keine Verkehrspolitik der Zukunft. Alle Ausbauprojekte erhalten leider wie zu erwarten eine Mehrheit, nur SP, Grüne und GLP wehren sich dagegen. Da das Geschäft wegen zahlreichen Fragen mit Lokalkolorit viel länger dauert als geplant, wird die Beratung des Aggloprogramms auf nächste Woche verschoben.
Ausnahmsweise gleich am ersten Abend findet dann eine Sitzung der SP-Themenkommission «Frieden und Sicherheit» statt. Heute geht es Desinformationskampagnen. Ein sehr aktuelles Thema, das leider auch in Zukunft noch an Aktualität zunehmen wird.
Dritter Tag (4.5.)
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Heute spürt man deutlich, dass der Sommer bevorsteht, endlich ist es angenehmen warm. Ich freue mich sehr auf meine Lieblings-Jahreszeit!
Der heutige Sitzungstag beginnt mit einem bedeutenden SiK-Geschäft: Es geht um die Räumung des ehemaligen Munitionslagers Mitholz. Der Bund mit diesem Munitionslager im Berg der Nachwelt ein hochgefährliches Risiko hinterlassen. Im Jahre 1947 explodierte das Munitionslager, 9 Menschen mussten sterben. Eine furchtbare Tragödie. Es ist nun absolut richtig, dass dieses Munitionslager endgültig und nachhaltig vollständig geräumt wird. Das hat aber auch zur Folge, dass Leute umgesiedelt werden müssen, was natürlich sehr belastend für die Betroffenen ist. Die SiK-N winkte das Geschäft trotzdem nicht gleich durch, sondern sistierte es, was für einige Irritationen sorgte. Für die SP Fraktion war von Beginn des Projekts klar, dass bei der Räumung von Mitholz nicht die Finanzfrage, sondern die Sicherheitsfrage für Mensch und Umwelt im Zentrum steht. Die zusätzliche Schlaufe diente einer dringend nötigen Klärung von offenen Fragen. Wir können nun mit einem guten Gefühl Ja sagen zum Projekt und zu den benötigten 2,6 Mrd. Das sieht auch die überwiegende Mehrheit des Nationalrates so und stimmt dem Kredit mit 180:5 Stimmen bei 8 Enthaltungen zu. Das Geschäft geht nun in den Ständerat.
Am Nachmittag werden vorwiegend Vorstösse aus dem EJPD behandelt. Eine Motion von Mary Binder, welche verlangt, dass Nazisymbole endlich auch in der Schweiz im öffentlichen Raum ausnahmslos verboten werden, wird 142:42 Stimmen bei 4 Enthaltungen angenommen. Das ist gut so!
Und dann ist diese Sondersession auch schon wieder vorbei. Viel Pause gibt es aber nicht. Am Montag und Dienstag habe ich wieder Kommissionssitzung und am Freitag findet bereits die vorbereitende Fraktionssitzung für die Sommersession statt.
Zweiter Tag (3.5.)
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Heute Morgen beginnen wir gleich mit den Beratungen zur Parlamentarischen Initiative «Kreislaufwirtschaft stärken» der UREK. Endlich wird damit die Kreislaufwirtschaft in einem Bundesgesetz verankert, dies ist ein Meilenstein. Die SP begrüsst den ganzheitlichen Ansatz des Gesetzes, sowie den hierarchischen Aufbau: Vermeidung, Verminderung, stoffliche und energetische Verwertung. Vorgelagerte Prozesse wie Teilen, Wiederverwenden, Reparierbarkeit und Produktedesign werden wichtig und können unterstützt werden. Der Handlungsspielraum für den umweltbewussten Umgang mit Ressourcen und Produkten wird erweitert. Leider hat es unserer Meinung nach noch zu viele Kann-Vorschriften, die zu wenig weit gehen, aber der ganzheitliche Ansatz ist grundlegend und richtig: Ressourcenschonung fängt nicht erst beim Abfall an, sondern bereits auch bei der Herstellung der Produkte. Reparierfähigkeit ist das Gebot der Stunde. Es sollen zum Beispiel keine Handys mehr weggeworfen, sondern geflickt werden. Die Schweiz darf nicht zum Schrottplatz der EU werden. Aber auch die Bautätigkeit wird ins Visier genommen, denn sie erzeugt die grössten grauen Emissionen. Im Energiegesetz sollen nun Grenzwerte für graue Energie bei Neu- und Umbauten definiert werden. Ein besserer Antrag von Beat Flach, der Grenzwerte für graue Treibhausgase verlangt hätte, findet leider keine Mehrheit. In der Schlussabstimmung wird der Vorlage deutlich mit 133:42 Stimmen bei 13 Enthaltungen zugestimmt und geht jetzt in den Ständerat.
Am späteren Nachmittag sind Geschäfte des EDI dran. Eine Parlamentarische Initiative von Alt-Nationalrat Giezendanner wird einstimmig überwiesen. Sie verlangt, dass Blutspenden immer unentgeltlich erfolgen müssen und dass Diskriminierungen beim Blutspenden (zB. aufgrund der sexuellen Orientierung) verboten sind.
Auch heute wird es spät. Wir beenden den Sitzungstag wiederum um 21.45 Uhr.
Sondersesssion, 2.-4.5.2023, erster Tag (2.5.)
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Drei Wochen nach der ausserordentlichen CS-Session treffen wir uns bereits wieder zur Sondersession. Diese ist seit langem schon so eingeplant. Es geht darum, die Geschäftslast im Nationalrat, namentlich bei den persönlichen Vorstössen, abzuarbeiten. Es geht aber auch um andere Geschäfte, wie zum Beispiel um eine Parlamentarische Initiative der Umweltkommission, welche die Kreislaufwirtschaft stärken will.
Die Sondersession beginnt mit einer Schweigeminute zum Tode von Elisabeth Kopp, der ersten Bundesrätin der Schweiz. Ich war 16 Jahre alt, als sie als erste Frau in den Bundesrat gewählt wurde. Für mich als Teeny war dies ein motivierender und freudiger Moment, ich kann mich noch sehr gut daran erinnern. Mein sehr geschätzter Deutschlehrer in der Kanti kam strahlend ins Klassenzimmer herein und hielt gleich spontan eine Lektion zur Gleichstellung. Unter Elisabeth Kopp wurde das Eherecht endlich reformiert, zudem war der Umweltschutz stets ein wichtiges Anliegen für sie. Die Gründe, die zu ihrem Rücktritt führten, sind aus heutiger Perspektive einfach unsäglich. Kein Mann hätte deswegen zurücktreten müssen. Für mich ist und bleibt sie eine Ikone der schweizerischen Politik!
Über mehrere Stunden behandeln wir heute Vorstösse aus dem Finanzdepartement. Ein durchaus erfolgreicher Abend für die SP: Die Motionen «Keine Bonuszahlungen für systemrelevante Banken» und «Höhere Eigenkapitalanforderungen an global tätigen Banken», sowie das Postulat «Wirksame Sanktionen der Finma gegen fehlbare Finanzinstitute», werden überwiesen! Die ganzen CS-Diskussionen an der ausserordentlichen Session waren also doch nicht umsonst. Oder wie es Jacky Badran ausdrückt: Wir haben wohl eine Glückssträhne ;-). Die heutige Sitzung endet erst um 21.45 Uhr.
Ausserordentliche Session, zweiter Tag (12.4.)
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Die heutige Fraktionssitzung nach der Ständerats-Debatte ist heftig und emotional. Es gibt unterschiedliche Ansichten, ob man unter den gegebenen Umständen den Notkrediten nun doch zustimmen kann oder eben nicht.
Auf der einen Seite hat man jetzt nach der Debatte im Ständerat nicht nichts. Der Ständerat baute heute Morgen eine «Brücke» zum Nationalrat und nimmt eine Formulierung auf, die stärker ist als die gestern überwiesenen Postulate. Ein Teil der Bedingungen der SP sind nun drin: Eigenkapitalvorschriften und Bonibeschränkung. Auf der anderen Seite gibt es keine Aussagen dazu, was mit den Mitarbeitenden passiert und wie genau die zwei vorhin genannten Bedingungen konkret ausgestaltet werden sollen. Dazu wären klare Aussagen ohne Interpretationsspielraum von der BR Karin Keller-Sutter nötig gewesen. Doch leider fällt das Statement von KKS viel zu wenig verbindlich aus als erhofft. Sie windet sich, auch nach zweimaligem Nachfragen. Die Gefahr ist gross, dass sich wenig ändert und wir in ein paar Jahren mit dem «Bankenmonster» UBS wieder am gleichen Punkt stehen wie heute.
Die Vorlage wird schliesslich mit 71: 103 Stimmen bei 8 Enthaltungen abgelehnt. SP, Grüne und SVP stimmen Nein. Damit ist die ausserordentliche Session beendet. Es gibt keine dritte Runde mehr, ein Kredit kann nur zweimal abgelehnt werden. Frustriert, ratlos und eigenartig leer fahre ich wieder nach Hause.
Ausserordentliche Session, erster Tag (11.4.)
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Der 19. März 2023 war ein denkwürdiger Tag: Die Credit Suisse musste durch den Bundesrat per Notrecht gerettet werden. Die CS ist Geschichte, die UBS ist nun eine riesige Monster-Bank. Das Parlament verlangte dazu eine ausserordentliche Session, was sehr selten vorkommt. Darum treffen wir uns heute auch im Bundeshaus, unmittelbar nach den Ostern.
Hauptsächlich geht es um die Finanzbeschlüsse des Bundesrats, welche zur Rettung der CS nötig waren. Einerseits geht es um Liquiditäts-Darlehen, mit denen die Schweizerische Nationalbank einen Zusammenbruch der CS verhindern will: Der Bundesrat stützt diese mit einer Ausfallgarantie zuhanden der SNB in Höhe von 100 Milliarden Franken. Andererseits hat der Bundesrat entschieden, die UBS mit maximal 9 Milliarden Franken abzusichern, sollten ihr durch die Übernahme der CS Verluste entstehen.
Niemand ist gegen die Rettung, aber über das „Wie“ lässt sich also schon streiten. Die SP stellt harte Bedingungen, es muss Konsequenzen haben, man muss aus dem CS-Debakel lernen. Innerhalb 15 Jahren muss der Staat nun bereits zum zweiten Mal eine Grossbank retten. Die Wie wollen, dass das Parlament ein Boni-Verbot für systemrelevante Banken beschliesst. Zusätzlich muss das Bankengesetz so angepasst werden, dass die Steuerzahlenden nicht in ein paar Jahren die neue Megabank wiederum retten müssen. Sollte sich in der heute startenden ausserordentlichen Session eine Mehrheit des Parlaments – angeführt von FDP und SVP – weiterhin gegen griffige Gesetze aussprechen, wird die SP diese Verantwortungslosigkeit nicht mittragen und die Garantien für die CS-Übernahme ablehnen. Für uns ist ein «Weiter so» definitiv keine Option! Ehrlicherweise muss ich noch anfügen, dass das Parlament den Deal zwar mit einem Nein nicht mehr aufheben kann, da der Bundesrat bereits verbindliche Verpflichtungen eingegangen ist. Die Signalwirkung einer Ablehnung ist aber trotzdem nicht zu unterschätzen.
Zuerst debattiert der Ständerat, vorher haben wir noch eine weitere Fraktionssitzung. Es dauert länger im Ständerat als geplant, weil ausnahmsweise praktisch alle reden wollen. Schliesslich stimmt der Ständerat mit 29 zu 6 Stimmen bei 7 Enthaltungen den Notkrediten zu.
Die Sitzung im Nationalrat beginnt mit zwei Stunden Verspätung erst um 19.15 Uhr. Es wird sehr spät. Alle Anträge, die im Bundesbeschluss verbindliche Aufträge an den Bundesrat für die künftige Regulierung verankern wollen, scheitern. Wir lehnen darum die Vorlage ab, zusammen mit der SVP und den Grünen. Im Gegensatz zum Ständerat sagt der Nationalrat also mit 100:71 Stimmen bei 4 Enthaltungen Nein zu den Notkrediten. Das Geschäft geht morgen wieder zurück in den Ständerat. Nachher geht es noch weiter mit Kommissionspostulaten mit diversen Prüfaufträgen, mittlerweile ist es Mitternacht. Um 00:45 Uhr muss für die Postulate aus der WAK auch noch BR Guy Parmelin dazu stossen. Die Postulate werden alle angenommen, auch der Bundesrat ist dafür. Um 1:15 Uhr ist die Sitzung dann endlich zu Ende. Gehe müde nach Hause, wir haben zum Glück erst um 11 Uhr wieder Fraktionssitzung. Aber BR Karin Keller-Sutter muss morgen bereits wieder um 8.15 Uhr im Ständerat sein…
Dritte Woche, letzter Tag (17.3.)
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Es stehen heute Morgen nicht sehr viele Schlussabstimmungen auf der Traktandenliste. Bei derjenigen zur BVG-Revision werden vor der Abstimmung noch einige Fraktionsvoten gehalten. Vom ehemaligen ausgewogenen Kompromiss der Sozialpartner ist nun nicht mehr viel übrig geblieben. Es wurde leider keine Lösung gefunden, die den ursprünglichen Zielen gerecht hätte werden können. Diese waren nämlich: Renten sichern, Finanzierung garantieren, Renten für tiefe Einkommen verbessern. Darum wird die SP zusammen mit den Gewerkschaften gegen die heute mit 113:69 Stimmen bei 15 Enthaltungen angenommene Vorlage das Referendum ergreifen.
Um 9.15 Uhr ist dann bereits Schluss und es geht nach Hause. Freue mich ausserordentlich auf meine Familie, vermisse sie jeweils sehr.
Dritte Woche, vierter Tag (16.3.)
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Heute Morgen bin ich doch spürbar müder als ich das zu Sessionsbeginn war. Die dritte Woche hängt jeweils immer an. Im Rat stehen heute Morgen Geschäfte aus dem VBS an. Wir beginnen mit einer Änderung des Informationssicherheitsgesetzes. Endlich wird nun die Meldepflicht für kritische Infrastrukturen bei Cyberangriffen gesetzlich verankert. Die SP hat das schon seit Jahren in mehreren Vorstössen gefordert. Der Vorlage wird denn auch deutlich zugestimmt, nur die SVP ist – einmal mehr – dagegen.
Aber es geht heute auch mal um Sport. Der Nationalrat bewilligt insgesamt 28, 65 Mio. für die Jahre 2025-29 für internationale Gross-Sportanlässe wie zum Beispiel die Eishockey-WM der Männer oder die Ski-Alpin WM in Crans-Montana, aber auch für wiederkehrende Grossanlässe.
Und wie üblich bei Sessionsende wird natürlich auch gefestet: Die Grünen offerieren einen Apéro anlässlich ihres 40-jährigen Bestehens. Da schauen wir natürlich gerne vorbei. Unser Fraktionsessen haben wir dann aber nicht im Bundeshaus, sondern im «Lokal» im Breitenrain-Quartier bei aufgeräumter Stimmung.
Dritte Woche, dritter Tag (15.3.)
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Nach den Richterwahlen, die immer am Mittwochmorgen in der letzten Sessionswoche stattfinden, geht es weiter mit dem Mantelerlass. Es gibt einige Minderheitsanträge, die das Neubauverbot für AKW aus dem Kernenergiegesetz streichen und neue AKW vereinfacht bewilligen wollen. Doch daraus wird zum Glück nichts, eine grosse Mehrheit des Nationalrates sieht dies anders. Kurz vor Mittag sind wir fertig mit der Debatte. Die Vorlage wurde insgesamt leider verschlechtert. Die Annahme des Antrags Paganini, welcher die Restwasser-Bestimmungen bei Wasserkraftwerken sistieren will, ist ein Rückenschuss gegen den Gewässerschutz. In der Schlussabstimmung stimmen wir dem Geschäft aber trotzdem zu. Es ist wichtig, dass die Vorlage zurück in den Ständerat kann und die Beratungen weiter gehen. Wir brauchen dieses Gesetz dringend. Das sieht auch die Mehrheit so, der Vorlage wird darum mit 104:54 bei 33 Enthaltungen (vorwiegend von den Grünen) zugestimmt.
Nach der Mittagspause wird mit dem Antrag der Einigungskonferenz zur BVG-Revision gestartet. Das Resultat ist leider sehr enttäuschend. Für die meisten Leute bedeutet das: mehr einzahlen, weniger Rente erhalten. Wir lehnen den Vorschlag der Einigungskonferenz darum gemeinsam mit den Grünen ab. Insgesamt gibt es 24 Enthaltungen, vor allem von den Bauern.
Am Nachmittag besucht mich meine Sektion, also die SP Kloten. Das freut mich natürlich sehr! Es ist irgendwie eigenartig, die Menschen, die ich gut kenne und mit denen ich normalerweise in Kloten unterwegs bin, plötzlich hier im Bundeshaus zu sehen.
Nach Sitzungsschluss findet endlich wieder mein absoluter Lieblingsanlass statt: Prêt-à-politiser! Das ist ein Netzwerk-Anlass mit Frauen aus Politik, Journalismus und Wirtschaft mit ganz viel Mode von Schweizer Designerinnen.
Dritte Woche, zweiter Tag (14.3.)
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Bevor die Beratungen zum Mantelerlass fortgesetzt werden, stehen noch aussenpolitische Geschäfte auf der Traktandenliste. Der aussenpolitische Bericht ist normalerweise nicht das «Strassenfeger»-Traktandum. Nach der irritierenden Aussage von BR Alain Berset in der NZZ am Sonntag, in welchem er bezüglich möglicher Weitergaben von Waffen in die Ukraine gewisse Kreise als «im Kriegsrausch» bezeichnete, gibt es aber doch einige Wortmeldungen dazu. Denn das ist genau das Problem des Bundesrates. Man versteckt sich weiter hinter der Neutralität. Zudem ist es grotesk anzunehmen, dass man zurzeit mit Russland verhandeln könnte.
Nachdem wir gestern leider erfolgreich den Gewässerschutz geschwächt haben, geht es heute beim Mantelerlass um die Solarpflicht auf Gebäuden, auf Parkplätzen und Parkhäusern. Die Kommissionsmehrheit möchte die Solarpflicht nicht nur bei allen Neu- und erheblichen Umbauten, sondern auch bei bereits bestehenden Gebäuden (aber ohne Wohngebäude!) festschreiben. BR Albert Rösti warnt dafür, dass damit die Vorlage zu weit gehen würde und vom Volk darum abgelehnt würde. Ein Kompromissantrag von Jacqueline der Quattro, welcher die Bestandesbauten wieder ausschliesst, erhält schliesslich mit 103:87 Stimmen eine Mehrheit. Da am Nachmittag wie immer am Dienstag die Fraktionssitzungen stattfinden, werden die Beratungen morgen fortgesetzt.
Am Abend findet der traditionelle Austausch der Zürcher:innen statt. Die Regierungen des Kantons und der Städte Zürich und Winterthur kommen uns einmal im Jahr in Bern besuchen. Ziel ist, dass die beiden Städte und der Kanton ihre Anliegen betreffend Bundespolitik direkt bei uns einbringen können.
Dritte Woche, erster Tag (13.3.)
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Das Wochenende war sehr erholsam, aber durchaus auch angeregt: Am Samstagabend war ich mit meiner Familie zur Polit-Comedy-Show «Alles wird gut» von Michael Elsener im Theater Hechtplatz eingeladen. Hat mir sehr gut gefallen. Elsener war stets witzig, pointiert und klug.
Wieder zurück in Bern starten wir heute mit einem weiteren gewichtigen Geschäft in dieser Session: mit dem sogenannten Mantelerlass. Es sind für die Beratungen 13 bis 16 Stunden eingeplant, es gibt 61 Minderheitsanträge und 19 Einzelanträge. Der Ausbau der einheimischen erneuerbaren Energien sowie die Versorgungssicherheit der Schweiz soll gestärkt werden, insbesondere auch für den Winter. Um die Ziele der Energiestrategie 2050 und der langfristigen Klimastrategie der Schweiz zu erreichen, braucht es eine umfassende Elektrifizierung im Verkehr- und Wärmesektor. Dazu muss die inländische Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien rasch und konsequent ausgebaut werden. Die Revision schafft den gesetzlichen Rahmen, damit die Planungssicherheit gewährt wird und damit Investitionsanreize zum Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion und deren Integration in den Markt vorangetrieben werden. Es beginnt leider nicht gut: Dem Minderheitsantrag Paganini, der bis 2030 eine Sistierung der Restwassermengenbestimmung verlangt, wird mit nur einer Stimme mehr zugestimmt. Wir werden natürlich nicht fertig heute Abend mit den Beratungen, sie werden morgen fortgesetzt.