Bundeshaus-Blog
Dritte Woche, letzter Tag (27.9.)
Der letzte Sessionstag geht in der Regel sehr schnell. Heute haben wir allerdings noch drei Geschäfte, die fertig beraten werden müssen und dann sind da natürlich noch die offiziellen Verabschiedungen von Martina Munz und Bastien Girod.
Es ist aber auch die letzte Session von Ratspräsident Eric Nussbaumer. In der Wintersession wird er noch eröffnen und seine offizielle Schlussrede halten, danach geht es wieder runter vom Bock zum «normalen Volk».
Die Schlussabstimmungen bergen keine Überraschungen mehr. Um 9.20 Uhr geht’s nach Hause. Ich bin ziemlich erschöpft nach dieser Session, die aus meiner Sicht sehr durchzogen war. Bin gespannt, wie die ganzen Diskussionen ums Armeebudget in der Wintersession weitergehen. Jetzt freue ich mich aber erst mal auf zu Hause, schliesslich hat unser ältester Sohn heute Geburtstag!
Dritte Woche, vierter Tag (26.9.)
Der Morgen beginnt mit WBF-Geschäften. Es wird auch ein Motion aus der SiK-N behandelt. Wir verlangen in diesem Kommissionsvorstoss, dass die Schweiz auf eine umfassende Kooperation mit der EU im Weltraumbereich hinarbeiten soll. Konkret geht es um die Aufnahme von Verhandlungen, damit die Schweiz am EU-Weltraumprogramm mitmachen kann. Das ist gerade bezüglich der Benützung von Satelliteninfrastruktur eminent wichtig. Die EU ist hier unsere beste Partnerin. Die Motion wird mit 95:88 Stimmen bei einer Enthaltung überwiesen, gegen den Willen des Bundesrates.
Heute ist aber auch der Tag von Martina Munz. Sie bringt eine Motion («Fairer Wettbewerb und gerechte Verteilung der Wertschöpfung mit Markttransparenz») deutlich durch im Rat und ist auch sonst sehr engagiert bei den UVEK-Geschäften am Nachmittag. Leider ist es der letzte Tag, an welchem der Rat von Martinas enormen Fachwissen im Umweltbereich profitieren kann. Morgen ist ihr letzter Tag, sie tritt nach 11 Jahren zurück. Ich werde sie sehr vermissen, auch als liebe Kollegin!
Zum UVEK gehört auch die Medienpolitik. Es geht um eine Parlamentarischen Initiative zur indirekten Presseförderung, diese wird im Postgesetz geregelt. Die Tageszustellung der Regional- und Lokalpresse soll zum Beispiel mit 15 Mio. mehr gefördert werden, als es der Bundesrat vorschlägt, nämlich mit 45 Mio. Die Frühzustellermässigung wird allerdings um 10 Mio. auf 20 Mio. gekürzt. Immerhin sagt der Nationalrat zum Schluss klar Ja zur PaIv, mit 126:61 Stimmen bei 2 Enthaltungen. Jetzt ist der Ständerat dran.
Zum Abschluss des heutigen Sitzungstages laden Martina Munz und Bastien Girod (auch er hört nach 17 Jahren auf) zum gemeinsamen Apéro ein. Ein versöhnender Sessionsabschluss. Danach findet wie immer zu Sessionsabschluss unser gemeinsamens Nachtessen statt. Es sind alle sehr müde, die Stimmung ist aber trotzdem sehr gut.
Dritte Woche, dritter Tag (25.9.)
Nach den Richter:innenwahlen heute Morgen werden die zahlreichen Vorstösse aus dem EDI abgearbeitet. Danach gibt es endlich mal wieder eine erfreuliche Meldung aus dem Ständerat: Nachdem sich gestern der Nationalrat gegen den Familiennachzug für vorläufig Aufgenommene (das sind vor allem Kriegsflüchtlinge) entschieden hat, startete die SP Schweiz einen Appell an den Ständerat. Innert 24 Stunden haben 120'000 Leute den Appell unterschrieben. Das ist schlicht sensationell und zeigt auf, dass der unmenschliche Entscheid des Nationalrates gestern von der Bevölkerung nicht mitgetragen wird. Der Appell zeigt nun aber auch politisch Wirkung: Der Ständerat weist eine gleichlautende Motion an die Kommission zurück.
Die Nachmittagssitzung beginnen wir mit einem «Evergreen»: Es geht um den Systemwechsel bei der Eigentumsbesteuerung. Die SP steht einem Systemwechsel grundsätzlich positiv gegenüber. Aber es muss klar ein vollständiger Systemwechsel sein. Wenn die Abzugsmöglichkeiten dieselben sind wie für Mieter:innen, dann kann auch der Eigenmietwert fallen. De Foifer und s’Weggli für Hausbesitzer:innen, das geht einfach nicht. Der Nationalrat entscheidet sich dafür, dass Schuldzinsen für selbstgenutztes Wohneigentum nicht mehr abgezogen werden können. Trotzdem führt der vorliegende Entwurf beim gegenwärtigen Zinsniveau in allen Varianten zu grossen Steuerausfällen, weshalb die SP den vorgeschlagenen Systemwechsel wohl ablehnen wird. Die Vorlage geht jetzt aber erst mal zurück in den Ständerat.
Nachher werden die Beratungen zur Einführung der Individualbesteuerung fortgesetzt, die wir letzte Woche begonnen haben. Wie bereits schon erwähnt, sind wir von der Umsetzung der Initiative, konkret nämlich vom indirekten Gegenvorschlag, nicht völlig begeistert. Die Steuerausfälle würden 1 Mrd. betragen, das ist sehr viel. Trotzdem ist es wichtig, dass es nun endlich einmal vorwärts geht in diese Richtung. Die Abstimmung ist denkbar knapp: Dem Gegenvorschlag und darum auch der Individualbesteuerung wird mit 98:93 Stimmen bei 1 Enthaltung zugestimmt. Ein erster Schritt wäre also gemacht!
Dritte Woche, zweiter Tag (24.9.)
Der Tag beginnt heute früh, nämlich schon um 6.45 Uhr. Ich nehme an einer Infoveranstaltung der SBB teil zum Thema Sicherheit in den Zügen und in den Bahnhöfen. Mit der Transportpolizei hatte ich als Sicherheitsvorsteherin von Kloten auch regelmässigen Kontakt. Im Nationalrat danach sind heute zwei ausserordentliche Sessionen trakandiert. Die erste zur Kündigung der Europäischen Menschenrechtskonvention und die zweite zum Thema «Asyl». Beide wurden natürlich von der SVP beantragt.
Zuerst beginnen wir aber mit einer Erklärung des Nationalrats: Der Holodomor soll als ein Akt von Völkermord anerkennt werden. Unter dem Holodomor fielen rund vier Millionen Ukrainer:innen und rund 2 Millionen Kasach:innen, sowie mehrere Hunderttausende Russ:innen dem Hungertod zum Opfer, ausgeführt vom stalinistischen Regime. Die Erklärung wird mit 123:58 Stimmen bei 7 Enthaltungen unterstützt.
Danach geht es um die Europäische Menschenrechtskonvention. Nach dem Klima-Urteil zugunsten der Klima-Seniorinnen gingen die Wogen bei den Bürgerlichen hoch. Die SVP möchte nun die EMRK kündigen. Die Debatte ist hässlich, BR Beat Jans muss zahlreiche Fragen von der SVP über sich ergehen lassen. Die Motion wird zum Glück deutlich abgelehnt, mit 65:121 Stimmen bei einer Enthaltung.
Es geht widerlich und menschenverachtend weiter mit zahlreichen Vorstössen im Asylbereich. Die SVP möchte zahlreiche Verschärfungen im Asylrecht, der Bundesrat lehnt alle ab. Es geht zum Beispiel um die Einführung von Transitzonen, um keinen Familiennachzug für vorläufig Aufgenommene und um einen systemthischen Datenaustausch bei illegaler Migration. Natürlich werden zahlreiche Fragen gestellt, sowohl von links und rechts, die Debatte dauert darum ewig. Leider erhält die Motion, die den Familiennachzug für vorläufig Aufgenoemmen verbieten will eine Mehrheit, genauso wie diejenige zum systemathischen Datenaustauch. Dies dank freundlicher Unterstützung der Mitte, die christlichen Werte scheinen nicht mehr so wichtig zu sein. Auch eine Motion der Mitte, welche Verschärfungen beim Schutzstatus S verlangt, ist leider ebenfalls mehrheitsfähig.
Die Fraktionssitzung am Nachmittag muss ich «schwänzen», weil ich Vorstandssitzung des Schweizerischen Gemeindeverbandes habe. Der Tag ist aber noch nicht zu Ende, heute findet wieder eine Sitzung der SP-Themenkommission «Frieden und Sicherheit» statt, die ich zusammen mit Florian Schweri präsidiere. Das Thema ist «Wie weiter nach der Bürgenstock-Konferenz?». Selten eine so spannende und interessante Themenkommissionssitzung gehabt. Eine wirkliche Friedensperspektive gibt es aber leider (noch) nicht.
Dritte Woche, erster Tag (23.9.)
Nach diesem Abstimmungswochenende habe ich gemischte Gefühle. Auf der einen Seite freue ich mich natürlich über die wuchtige Ablehnung der BVG-Revision. Eine richtige Klatsche für die Klientelpolitik der Bürgerlichen, die so nicht mehr bei der Bevökerung ist! Auf der anderen Seite betrübt mich aber die ebenso deutliche Ablehung der Biodiversiätsinitiative. BR Röstis Beteuerungen, dass ja eh schon viel geplant sei zur Förderung der Biodiversität, kommen halt nicht wirklich glaubwürdig rüber. So oder so, bei beiden Themen braucht es Fortschritte und Lösungen, wir sind weiterhin gefordert als Parlament.
Die dritte Sessionswoche beginnt mit Geschäften aus dem UVEK. Es ist leider wieder einmal kein guter Tag für den Umwelt- und Landschaftsschutz. Zuerst weichen wir das Verbandbeschwerderecht auf und folgen damit dem Ständerat: Bei Wohnbauten mit einer Geschossfläche von unter 400 m2 ist das Verbandsbeschwerderecht aufgehoben. 400 m2 tönt nach nichts, aber ein 6-Familienhaus könnte man durchaus damit bauen.
Der Lärmschutz im Umweltschutzgesetz wird ebenfalls aufgeweicht: In Zukunft braucht es nur noch einen Raum, bei welchem die Immissionsgrenzwerte eingehalten werden müssen, sofern die Wohneinheit über eine kontrollierte Lüftung verfügt. Der Bundesrat wollte noch die Hälfte der Räume. Immerhin sind nun die Sonderregelungen beim Fluglärm definitv vom Tisch, wenigstens etwas Postives.
Nachher geht es um den Bahninfrastrukturfonds. Als Bahnland wissen wir, dass ein gut funktinierender öV auch Investitionen in den Unterhalt braucht, auch für die Barrierefreiheit. Leider erhält ein Minderheitsantrag, welche den Zahlungsrahmen um 500 Mio. erhöhen will, keine Mehrheit. Für die Jahre 2025-2028 stehen aber immerhin 16 492 Mio. zu Verfügung.
Zweite Woche, vierter Tag (19.9.)
Wir beginnen heute dort, wo wir gestern aufgehört haben, nämlich mit der Beratung der Armeebotschaft. Jetzt geht es ums Eingemachte, nämlich ums Geld. Wie viel Geld soll die Armee zusätzlich erhalten und woher soll dieses Geld kommen? Die Debatte ist um einiges gehässiger als gestern. Grund dafür ist das Verhalten der Mitte. Sie will ihren eigenen Antrag auf einen Fonds nicht mehr stützen. Darum ist die «Allianz» SP-Grüne-GLP-Mitte aufgebrochen. Dann benützt Fabian Molina das Wort «Trachtenverein» für die Armee (wie einst Peter Bodenmann), die SVP fühlt sich dadurch provoziert und bombardiert Fabian mit Fragen. Er kontert aber ponitiert und rethorisch brillant. Aber von einer neuen Einigkeit sind wir nun weit entfernt. Die Voten sind gehässig, und es kommt, wie es kommen muss. Die Bürgerlichen setzen sich in allen Punkten durch. Nicht einmal mehr die Mitte stützt ihren eigenen Antrag mehrheitlich, der Fonds fällt durch. Der Rat stimmt mit 110:78 Stimmen bei 3 Enthaltungen dem Kompensationsmodell zu, sagt also Ja zur Kürzung der IZA-Gelder und Ja zu weniger Geld für die Kantone aus den Bundessteuern. Im Ständerat wird diese Variante keine Chance haben, das wissen alle. In der Gesantabstimmung lehnen wir folglich den Zahlungsrahmen ab. Fazit: Man hat die Zerschlagung des Gordischen Knotens wieder dem Ständerat zugeschoben und mit der Mitte sollte man keine Deals machen.
Etwas ernüchtert und müde geht es danach nach Hause. Freue mich sehr, wieder bei meiner Familie sein zu können. Morgen bin ich aber bereits wieder in Bern für eine Kommissionssitzung und ein Podium.
Zweite Woche, dritter Tag (18.9.)
Am Morgen geht es heute um eine Änderung des Asylgesetzes. Infolge Berichterstattungen von NGOs und Medien betreffend Gewalt in den Bundesasylzentren wurde der Handlungsbedarf erkannt. erkannt. Im Bericht Onerholzer wird festgestellt, dass in den Zentren zwar keine systematische Gewalt angewandt wird. jedoch wird dringend empfohlen, im Disziplinarbereich einige Rechtsfragen zu klären. Im Asylgesetz soll nun ein neuer Abschnitt «Betrieb der Zentren des Bundes und der Unterkünfte an den Flughäfen» eingefügt werden und die Aufgaben des SEM und der von ihr beauftragten Dritten sollen geklärt werden. Dazu gehören beispielsweise die Unterbringung und Betreuung der Asylsuchenden. Auch soll explizit geregelt werden, in welchen Bereichen das SEM zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung polizeilichen Zwang anwenden oder polizeiliche Massnahmen ergreifen kann und wie die Kompetenzen im Sicherheitsbereich auf Sicherheitsdienstleister oder an die zuständigen kantonalen Polizeibehörden übertragen werden können. Es ist wichtig, dass diese Themen endlich gesetztlich geregelt werden. Bei der Umsetzung sind wir nicht von allem begeistert, stimmen der Vorlage aber zu. Sie wird mit 104:87 Stimmen angenommen und geht jetzt in den Ständerat.
Am Nachmittag ist es dann soweit: Wir beginnen mit der Armeebotschaft. Das bürgerliche Parlament ist wild entschlossen, die Armeeausgaben schneller zu erhöhren, als dies der Bundesrat vorsieht. Nämlich auf 1% vom BIP, und dies schon im Jahr 2030 statt «erst» 2035. Nur, wie man das bezahlen soll, darüber ist man sich nicht einig. Die Einen wollen die vier zusätzlichen Millarden über Kompensationen erreichen, indem man zum Beispiel das Budget der Internationalen Zusammensarbeit massiv kürzt und den Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer senkt. Für uns natürlich alles ein absolutes No-Go. Der Vorschlag der Mitte, der einen Fonds über 10 Mrd. äufnen will, könnten wir allerdings unterstützen. Den Betrag müsste die Armee bis 2045 zurückzahlen, es wäre also sozusagen ein zinsloses Darlehen. In der Kommission bekam der Fonds eine Mehrheit, wenn auch nur mit meinem Stichentscheid. Doch soweit kommen wir heute noch nicht. Wir beraten heute nur den Bundesbeschluss 1, der Ausrichtung der Armee. Der «Showdown» betreffend dem Zahlungsrahmen erfolgt erst mit dem Bundesbeschluss 5, also morgen.
Am Abend findet ein Fashion-Apéro bei PKZ statt, nur für uns Frauen. Das tut gut, die Stimmung ist trotz der hitzigen Debatte vorhin ausgezeichnet. Mode ist manchmal ein Wundermittel ;-)!
Zweite Woche, zweiter Tag (17.9.)
Das Hauptgeschäft heute Morgen ist das sogenannte Investitionsprüfgesetz. Das Parlament hat den Bundesrat beauftragt, eine entsprechende Gesetzesvorlage auszuarbeiten – gegen seinen Willen. Mit der Einführung einer Investitionsprüfung sollen Übernahmen von inländischen Unternehmen durch ausländische Investoren verhindert werden können, wenn diese Übernahmen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Schweiz gefährden oder bedrohen. Übernahmen von inländischen Unternehmen sollen einer Genehmigungspflicht unterstellt werden. Dies betrifft Unternehmen, die in einem besonders kritischen Bereich tätig sind, wie zum Beispiel Rüstungsgüter, Stromnetze, Stromproduktion, Wasserversorgung sowie Gesundheits-, Telekom- und Transportinfrastrukturen. Das Gesetz wird durchberaten und geht nun in den Ständerat.
Über Mittag leite ich die Vorbereitungssitzung für die Nato-Vollversammlung Ende November in Montréal. Da ich zurzeit SiK-N-Präsidentin bin, fällt mir die Rolle der Leitung der Schweizer Delegation zu. Wir sind wegen den Partnership-for-peace-Programmen assoziiertes Mitglied. Das heisst, wir dürfen mitdiskutieren, aber nicht mitbestimmen.
Die Fraktionssitzung am Nachmittag dauert nicht sehr lange. Wir besprechen nochmals unsere Strategie bezüglich der Armeebotschaft. Morgen Nachmittag beginnen wir mit der Beratung im Nationalrat.
Am Abend findet die Gründung der neuen Parlamentarischen Gruppe «Städte» statt. Es ist wichtig, dass die Städte, aber auch die Gemeinden, ihre Anliegen und Interessen im Parlament bündeln.
Zweite Woche, erster Tag (16.9.)
Die beiden Fachtagungen am Wochenende zur aktuellen sicherheitspolitischen Lage waren äusserst interessant und eine echte Bereicherung, gerade auch für meine politische Arbeit. Fühle mich darum trotzdem gut erholt, auch wenn ich nur am Sonntag „frei“ hatte.
Im Rat wird es gleich spannend: Eine Motion aus der SiK-N sorgte schon im Vorfeld für zahlreiche Presseartikel: „Die Kontrolle über Beyond Gravity zu behalten, ist von strategischem Interesse“. Der Bund möchte Beyond Gravity der Ruag International verkaufen. Es müssten sehr grosse Inverstitionen getätigt werden, diese kann der Bund nicht erbringen, vor allem nicht in der jetzigen, finanziell angespannten Lage. Ein deutliche Mehrheit der SiK-N ist aber der Meinung, dass man den Verkauf nochmals überdenken sollte, schliesslich besteht die Gefahr, dass man auf eine Schlüsseltechnologie (nämlich Weltraum-Technologie) keinen Einfluss mehr hat. Die SiK-S hat eine ähnliche Motion diskutiert, diese nun aber vorerst sistiert. Ehrlich gesagt kann ich die Argumente des Finanzdepartements auch nachvollziehen: Beyond Gravity ist (noch) nicht in der Satellietentechnologie tätig, zudem müsste man 400-500 Mio. ins Unternehmen investieren. Da ich für beide Seiten Verständnis aufbringen kann, enthalte ich mich. Der Motion wird mit 121:53 Stimmen bei 6 Enthaltungen überraschend deutlich zugestimmt: Beyond Gravity soll in Bundesbesitz bleiben. Mal schauen, was jetzt der Ständerat macht!
Danach beginnen die Beratungen zur Volksinitiative für die Einführung der Inidividualbesteuerung. Die SP hat dieses Anliegen immer unterstützt. Es ist schlicht nicht mehr zeitgemäss, dass nicht jede Person eine eigene Steuererklärung ausfüllt. Es gilt, falsche Anreize, welche Frauen vom Arbeiten abhalten, aufzuheben, und es führt kein Weg daran vorbei, die Heiratsstrafe abzuschaffen. Dass die finanzielle Unabhängigkeit der Frauen gestärkt wird, ist auch ganz zentral vor dem Hintergrund der neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung zum nachehelichen Unterhalt, die dem Prinzip der Eigenversorgung nach der Scheidung stärkeres Gewicht beimisst. Mit der Umsetzung der Initiative, konkret mit dem indirekten Gegenvorschlag, sind wir aber nicht begeistert. Die Steuerausfälle würden 1 Mrd. betragen, das ist viel zu viel. Trotzdem werden wir bei der Abstimmung sowohl Initiative wie auch Gegenvorschlag unterstützen, damit die Individualsteuer einen Schritt weiter kommt. Hoffentlich bessert der Ständerat bei den zu hohen Steuerabzügen nach. Da 68 Redner:innen auf der Liste stehen, werden wir heute nicht fertig mit der Beratung. Die Sitzung wird um 22 Uhr unterbrochen.
Erste Woche, vierter Tag (12.9.)
Heute vor 176 Jahren wurde unsere heutige Verfassung vom Volk (damals natürlich nur Männer) angenommen und in Kraft gesetzt. Ratspräsident Eric Nussbaumer erinnert darum zu Beginn der Sitzung daran. Bei der ersten Revision um 1874 wurde das fakultative Referendum als Korrektiv zum Gesetzgeber und 1871 die Volkinitiative eingeführt. Eric betont auch, dass unsere direkte Demokratie kein Selbstläufer ist und wir ihr Sorge tragen müssen. Aktuell beschäftigen die Politik zum Beispiel die diversen gefälschten Unterschriften bei Sammlungen für Initiativen und Referenden.
Am heutigen Morgen stehen Vorlagen aus dem EJPD auf der Tagesordnung, auch ein Kommissionspostulat aus der SiK-N. Der Bundesrat soll in einem Bericht darlegen, wie die ausländische Finanzierung von Gebetshäusern und Bildungseinrichtungen in der Schweiz an Bedingungen geknüpft werden kann. Damit soll sichergestellt werden, dass kein extremistisches, gewaltverherrlichendes oder den Grundrechten zuwiderlaufendes Gedankengut in Gebetshäusern und Bildungseinrichtungen in der Schweiz verbreitet wird. Der Rat stimmt mit nur einer Gegenstimme dem Postulat zu.
Am Mittag ist die erste Sessionswoche beendet und es geht wieder nach Hause. Aber so richtig ausruhen kann ich leider nicht, da ich am Freitag und Samstag an Fachtagungen zur Sicherheitspolitik teilnehmen werde. Wird sicher spannend!
Erste Woche, dritter Tag (11.9.)
Der Tag beginnt heute mit Geschäften aus der Bildungskommission. Zuerst geht es um die Verlängerung der Bundesbeiträge an die familienergänzende Kinderbetreuung. Der Bundesrat ist damit einverstanden, die laufenden Fördermassnahmen befristet zu verlängern, auch im Hinblick auf eine Nachfolgelösung. Die Wirkung des Impulsprogramms wurde evaluiert und die bisherige Bilanz fällt eindeutig positiv aus. Darum sollen bis 2026 nochmals 40 Mio. Anschubfinanzierung getätigt werden. Eine grosse Mehrheit stimmt der Vorlage zu, die SVP und leider auch Teile der FDP lehnen sie ab. Unverständlich, denn Kinderbetreuungsförderung ist auch Wirtschaftsförderung.
Das umfangreichste Geschäft ist heute die Kulturbotschaft 2025-2028. Die Botschaft zur Förderung der Kultur legt die strategische Ausrichtung der Kulturpolitik des Bundes in der Förderperiode 2025-2028 fest. Sie präsentiert die Ziele, die wichtigsten Massnahmen und die Finanzierung sämtlicher Förderbereiche des Bundesamtes für Kultur, der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia und des Schweizerischen Nationalmuseums. Dafür sind 987 Millionen Franken vorgesehen, in 12 einzelnen Bundesbeschlüssen. Gekürzt wird bei Pro Helvetia (minus 6,5 Mio.), sonst geht alles ohne Kürzung durch.
Über Mittag gehe ich mit Rosa Pfister und Tünde Mihàly essen, zwei engagierte Genossinnen aus Bülach. Vorher haben sie natürlich noch das Bundeshaus und die Tribünen besucht. Ich habe immer sehr Freude, wenn ich Besuch bekomme!
Eine Motion, welche Parlamentarierinnen aus SP, Grüne, Mitte GLP, EVP und FDP gleichzeitig einreichten, bekommt erfreulicherweise eine klare Mehrheit. Es sollen die nötigen gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden um Organisationen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, zu verpflichten, Schutzkonzepte zur Prävention von sexuellem, physischem und psychischem Missbrauch einzuführen. Nur die SVP ist natürlich wieder einmal dagegen…
Erste Woche, zweiter Tag (10.9.)
Der heutige Morgen steht ganz im Zeichen der Umweltpolitik. Seit Albert Rösti als Departementsvorsteher wütet, sind deutliche Veränderungen spürbar, leider nicht zum Guten. Es begann mit den allzu grosszügigen Bewilligungen für Wolfsabschüsse, gefolgt von den Bemühungen zur Aufhebung des AKW-Bauverbots (trotz anderweitigem Volksentscheid) und gipfelt heute damit, dass die zwei Landesflughäfen Zürich und Genf Besitzstandgarantien erhalten sollen, ohne umweltrechtliche Einschränkungen. Ein Rückenschuss gegen die lärmgeplagte Bevölkerung, wirtschaftliche Interessen sind offenbar wichtiger als die Gesundheit der Bevölkerung. Im Rat geht es ums Umweltschutzgesetz, das zurück aus dem Ständerat kommt. Es geht dort vor allem um den Lärmschutz, bzw. um einen aufgeweichten Lärmschutz. Immerhin hat der Ständerat die schlimmsten Ideen des Nationalrats rückgängig gemacht (zum Beispiel Sonder-Grenzwerte für Fluglärm), der Nationalrat folgt ihm. Trotzdem ist die Gesetzesrevision immer noch ein Rückschritt in Sachen Lärmschutz.
Am Nachmittag findet wie immer am Dienstagnachmittag die Fraktionssitzung statt. Ich habe Besuch von meinem Mentee von der SP Kanton Zürich. Unsere Mitglieder haben in der Regel die Möglichkeit, eine Fraktionssitzung zu besuchen, wenn sie Mentee eines Fraktionsmitglieds sind. Das ist natürlich sehr attraktiv und spannend!
HERBSTSESSION, 9.-27. September 2024, erste Woche, erster Tag (9.9.)
Nach einem schönen und erholsamen Sommer, der sogar in die Verlängerung ging (gut, am Anfang hatte er noch Anlaufschwierigkeiten), ist es heute auf einen Schlag Herbst geworden. Pünktlich mit dem Start der Herbstsession, sozusagen.
Aus meiner Sicht wird die Beratung der Armeebotschaft in der zweiten Woche im Zentrum stehen und damit auch die Frage: Wie kann man der Armee mehr Geld geben bei einem klammen Staatshaushalt, soll man das überhaupt? Aber auch die Volksinitiative zur Einführung der Individualbesteuerung gehört zu den wichtigen Geschäften, sie wird ebenfalls in der zweiten Woche beraten.
Im Nationalrat geht es heute dann vorwiegend um aussenpolitische Geschäfte. Im Zentrum stehen Vorstösse aus der Aussenpolitischen Kommission, welche Gelder an das UNO-Palästinenser-Hilfswerk UNRWA kürzen oder umverteilen wollen. Die Haltung der Mehrheit des Nationalrates gegenüber der UNRWA ist unmissverständlich: Er unterstützt eine Motion mit 99:88 Stimmen bei 7 Enzhaltungen, die verlangt, dass die Beiträge an die UNRWA sofort eingestellt werden. Auch zwei moderatere Motionen sind erfolgreich: Die eine will den Sockelbeitrag der UNRWA-Gelder in die humanitäre Nothilfe lenken, die andere möchte ein Reform der Flüchtlingshilfe für Palästinenser:innen.
Ausnahmsweise nehme ich heute Abend an der Fraktionsvorstandssitzung teil. Es geht nämlich um die Armeefinanzen. Viel weiter kommen wir in der Diskussion aber nicht.
Dritte Woche, letzter Tag (14.6.)
Der letzte Sessionstag geht heute rekordmässig schnell, wir haben nicht sehr viele Schlussabstimmungen. So können meine «Gschpänli und ich bereits auf den 9-Uhr-Zug. Aber Sommerferien sind definitiv noch nicht. Am Montag geht es gleich weiter mit der Sicherheitspolitischen Kommission. Wir beraten die Armeebotschaft und eine Änderung des Kriegsmaterialgesetzes, welche Waffen-Wiederausfuhren in die Ukraine ermöglichen will. Also kurz durchatmen - und dann geht es weiter!
Dritte Woche, vierter Tag (13.6.)
Wir starten den heutigen Sitzungstag mit dem Foltergesetz. Der grenzüberschreitende Handel mit Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe oder zu Folter verwendet werden können, soll künftig strenger kontrolliert werden. Wir folgen damit einer Europaratsempfehlung vom März 2021. Kaum zu glauben, aber die SVP ist auch hier dagegen. Das Gesetz wird trotzdem deutlich deutlich angenommen und geht jetzt zum Ständerat.
Während den Beratungen macht Estelle Revaz eine kleines Cello-Konzert in einem Sitzungszimmer. Es ist so toll, eine professionelle Musikerin und grossartige Künstlerin in unseren Reihen zu haben!
Erst einiges später als geplant beginnen wir am Nachmittag mit den SiK-Geschäften. Es geht heute zum Beispiel um die Bewilligung des Einsatzes der Armee am WEF für die Jahre 2025-2027 und um die Unterstützung der humanitären Minenräumung in der Ukraine. Diese Geschäfte werden klar angenommen, obwohl die Grünen und Teile der SP beim WEF einen Rückweisungsantrag machen.
Eine Motion aus der SiK-N bereitet mir etwas mehr Mühe. Sie wurde zwar von uns eingereicht und ich habe sie in der Kommission auch unterstützt, jetzt bin ich aber nicht mehr so sicher, ob sie wirklich sehr geschickt ist. Die Motion will gesetzlich vorschrieben, dass keine Bündnisfall-Übungen mit der Nato möglich sind. Eigentlich sind solche Übungen für ein neutrales Land eh nicht möglich, man möchte aber so quasi eine klare, gesetzliche Absicherung. Diese Motion könnte aber auch falsch verstanden und werden von Seiten Nato und Europa, darum enthalte ich mich im Rat. Kooperation mit der Nato ist wichtig und sollte intensiviert werden, selbstverständlich aber ist das Neutralitätsrecht die rote Linie. Da ich eine Schulklasse habe, denen ich Red und Antwort stehen darf, verpasse ich die Abstimmung. So ein Pech auch ;-). Die Motion wird übrigens angenommen.
Von medialem Interesse ist auch ein Postulat aus der SiK-N: Dieses verlangt eine Auslageordnung für den Weiterbetrieb des Tiger F-5. Und zwar nicht wegen der Patrouille Suisse, sondern weil einfache luftpolizeiliche Aufgaben wie zB. Zielbilddarstellung und Luft-Luft-Schiessen immer noch von den Tigern ausgeführt werden könnte. Das könnten sie auch, der Aufwand, die Tiger weiterhin im Schuss zu halten steht aber in keinem Verhältnis mehr zum Nutzen. Viola Amherd macht klar, dass diese Auslegeordnung eigentlich schon gemacht wurde. Das Postulat wird nicht überwiesen. Das bedeutet auch, dass die Ausserdienststellung der Tiger mehrheitsfähig geworden ist.
Nach Sitzungsschluss findet unser traditionelles SP-Sessionsschlussessen statt. Es gibt wieder Raclette, draussen im Garten des Landsitz Brünnen. Wunderbar!