Bundeshaus-Blog
Zweite Woche, erster Tag (6.3.)
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Obwohl ich am Samstag den ganzen Tag Retraite hatte mit der SP Kanton Zürich (denn nach den Wahlen ist vor den Wahlen ;-)), war das Wochenende doch erholsam. Es freut mich auch sehr, dass trotz der noch tiefen Temperaturen der Frühling langsam spürbar wird.
Heute komme ich sozusagen auf den letzten Drücker nach Bern, trudle erst während der Fragestunde im Bundeshaus ein. So ist es möglich, meinen jüngsten Sohn nochmals zu sehen und sogar noch zusammen Zmittag essen zu können.
Im Rat geht es heute wieder einmal um die Armee. Dieses Mal handelt es sich aber um ein eher unbestrittenes Geschäft: Es geht um den Assistenzdienst der Armee zur Unterstützung des SEM im Asylbereich. Seit Beginn des Ukraine-Krieges hat die Zahl der Flüchtenden zugenommen. Armeeangehörige sollen darum bei der Einrichtung, Verwaltung und dem Betrieb der dem SEM zu Verfügung gestellten militärischen Infrastrukturen helfen. Nur die SVP ist gegen das Geschäft, die Vorlage wird mit 132:52 Stimmen klar angenommen.
Wenig Erfreuliches kommt aus dem Ständerat: Leider überraschend deutlich stimmt die kleine Kammer mit 31:9 Stimmen einer SVP-Motion zu, welche die Zulassungen zum Zivildienst verschärfen möchte. Es handelt sich dabei beinahe wortwörtlich um dieselben schikanösen Massnahmen wie in der Zivildienstgesetz-Revision, welche im Nationalrat im Juni 2020 noch abgelehnt wurde. Nachdem nun auch der Ständerat die Motion überweisen hat, muss der Bundesrat eine Vorlage ausarbeiten. To be continued…
Erste Woche, vierter Tag (2.3.)
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Heute stehen für einmal bildungspolitische Themen auf der Traktandenliste. Und sie erinnern mich stark an den Zürcher Wahlkampf, denn auch hier in Bern geht es um die Bekämpfung des akuten Lehrpersonenmangels. Zuerst wird eine Motion der Bildungskommission beraten, die eine prüfungsfreie Zulassung für Berufsmaturand:innen zur Primarlehrerausbildung an die PH verlangt. Die Lehrpersonen- und weiteren Fachpersonenverbände sind klar gegen die Motion. Ich kann ihre Kritik und bedenken nachvollziehen. Die Motion stellt nicht das richtige Mittel dar, um dem aktuellen Lehrpersonenmangel entgegenzuwirken. Denn die Anmeldezahlen für die PH entwickeln sich positiv. Die Probleme sind nicht beim Eintritt in die PH zu suchen, sondern eher bei der Berufsverweildauer, also bei den Arbeitsbedingungen und der Zufriedenheit im Beruf. Da müssen Verbesserungsmassnahmen zwingend ansetzen. Der Rat sieht das aber anders, die Motion wird mit 122:41 Stimmen bei 23 Enthaltungen angenommen. Sie muss jetzt in den Ständerat.
Beim zweiten Bildungsvorstoss geht es um eine gezielte Datenerhebung als Massnahme gegen den Lehrpersonenmangel. Diese fehlt nämlich in sämtlichen Kantonen. Aber ohne das Wissen, warum denn Lehrpersonen ihren Job an den Nagel hängen oder was sie genau in ihrem Beruf hält, lassen sich schlecht die geeigneten Massnahmen gegen den Lehrpersonenmangel finden. Dem entsprechenden Postulat, das diese Datenerhebung in den Kantonen fordert, wird mit 116:56 Stimmen bei 6 Enthaltungen zugestimmt.
Danach ist bereits wieder „Sessions-Wochenende“ und ich fahre nach Hause zu meiner Familie zurück.
Erste Woche, dritter Tag (1.3.)
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Heute hat Albert Rösti seine Premiere als Bundesrat im Nationalrat. Es geht zum letzten Mal um die Gletscher-Initiative. Der indirekte Gegenvorschlag kommt ja am 18. Juni vors Volk, nachdem die SVP das Referendum ergriffen hat. Heute geht es noch um die Abstimmungsempfehlung für die Initiative, diese fällt mit 87:107 Stimmen leider negativ aus. Wichtig ist jetzt aber die Abstimmung im Juni, der indirekte Gegenvorschlag ist wirklich gut.
Dann kommt ein echter Tiefschlag: Der Nationalrat tritt mit 97:92 Stimmen gar nicht erst auf eine Vorlage ein, welche bei den AHV-Renten den vollen Teuerungsausgleich gewährt hätte - eine Schande. Das Geschäft geht nun in den Ständerat, habe aber wenig Hoffnung, dass dieser das anders sieht.
Nachher geht es ebenfalls um eine äusserst wichtige Vorlage: um die Kinderbetreuung. Wer für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie einsteht und wer die Chancengerechtigkeit für Kinder im Vorschulalter und so auch die Integration fördern will, muss für eine zeitgemässe Lösung einstehen, an welcher sich auch der Bund beteiligt. Am Anfang dieses Gesetz stand vor gut vier Jahren eine Allianz mit Parlamentarier:innen aller Parteien, dem Arbeitgeberverband und den Kantonen (EDK und SODK). In der WBK wurde anschliessend ein Gesetz ausgearbeitet und in die Vernehmlassung geschickt. Bisher war die Mitfinanzierung des Bundes bei der Schaffung von Betreuungsplätzen und zur Senkung der Betreuungskosten befristet und musste alle vier Jahre vom Parlament erneuert werden. Zusammengefasst soll das neue Gesetz die Eltern zum einen für die institutionelle Kinderbetreuung finanziell entlasten – hierfür schätzt die Kommission die Kosten auf jährlich 710 Millionen –, zum anderen sollen die Kantone in ihrer Weiterentwicklung einer Politik der frühen Förderung jährlich mit 60 Millionen unterstützt werden. Der Nationalrat stimmt der Vorlage zu, das grenzt schon beinahe an eine Sensation! Lediglich im Geltungsbereich gibt es Abstriche: Statt bis Ende obligatorischer Schulzeit soll die Finanzierung nur bis Ende 6. Klasse gelten. Jetzt kommt es drauf an, wie weit der Ständerat die Vorlage zusammenkürzt…
Erste Woche, zweiter Tag (28.2.)
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Das Hauptgeschäft heute Morgen ist klar die BVG-Reform. Diese ist grundsätzlich auch dringend nötig, denn die Renten in der zweiten Säule werden seit Jahren immer kleiner. Diese Reform hatte ursprünglich drei Ziele: Renten sichern, Finanzierung garantieren und die Renten von tiefen Einkommen verbessern. Der bundesrätliche Vorschlag und Sozialpartnerkompromiss hat diesen Zielen noch Rechnung getragen. Ganz im Gegensatz dazu aber die Vorschläge vom bürgerlich geprägten Nationalrat und Ständerat: Sie verfehlen die gemachten Versprechen bei weitem. Sie entlarven die Versprechen der Bürgerlichen gegenüber den Frauen, welche noch bei der AHV-Abstimmung letzten Jahres gemacht wurden, als leere Worte. Vor allem die Kompensationsmassnahmen bleiben weiterhin inakzeptabel. Es wird vor allem die Übergangsgeneration unter Rentenkürzungen von bis zu 12 Prozent leiden. Die SP wird das Referendum, welches der SGB bereits angekündigt hat, sicher unterstützen. Unklar ist, wie sich die Mehrheit in der Schlussabstimmung verhält und ob allenfalls bereits im Parlament eine Ablehnung der Vorlage erfolgt. Bin gespannt…
Zurück aus dem Ständerat ist unsere Prämien-Entlastungs-Initiative, bzw. der indirekte Gegenvorschlag. Der Ständerat wollte nicht einmal auf diesen Kompromiss eintreten, der Nationalrat hält aber am Gegenvorschlag fest. Auch weil man Angst hat, dass die Initiative ohne Gegenvorschlag beim Volk Erfolg haben könnte.
Nach der Fraktionssitzung am Nachmittag fahre ich zurück nach Zürich für die GL-Sitzung der SP Kanton. Ich finde es wichtig, dass wir nach den Wahlen wieder engagiert und intensiv mit dem Tagesgeschäft starten. Zum Glück kommen wir in der Sitzung zügig voran, und ich kann bereits um 20.30 Uhr wieder den Zug zurück nach Bern nehmen.
Frühlingssession 27.2.-17.3.2023, erste Woche, erster Tag (27.2.)
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Erst vor zwei Wochen haben die Zürcher Kantons- und Regierungsratswahlen stattgefunden. Leider hat es nicht geklappt mit dem Regierungsrat, das «Bollwerk der sieben Bisherigen» war nicht einzunehmen. Das enttäuschte mich natürlich schon, das gute Abschneiden der SP war dann aber doch sehr tröstend: Trotz negativen Prognosen schafften wir einen Sitzgewinn! Nach einer Woche Skiferien mit meiner Familie habe ich nun auch wieder den Kopf frei, mich mit ganzem Engagement auf die nationale Politik zu konzentrieren.
Wichtige Themen in dieser Frühlingssession sind die BVG-Reform, aber auch das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien sowie eine grössere Finanzierung des Bundes bei den Kita-Plätzen.
Die Session startet mit einer Schweigeminute für die Opfer des Ukraine-Krieges, der jetzt leider schon ein Jahr andauert. Aber auch den O
pfern des schrecklichen Erdbebens in der Türkei und Syrien wird gedacht.
Danach beginnt die Session mit dem «business as usual”. Der Nationalrat verfasst zum Beispiel mit 107:71 Stimmen eine Erklärung, die mehr Demokratie und die Einhaltung der Menschenrechte im Iran fordert. Zudem soll sich die Schweiz an den EU-Sanktionen beteiligen.
Dritte Woche, letzter Tag (16.12.)
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Die Schlussabstimmungen heute Morgen bergen keine Überraschungen mehr. Darum sind wir auch wieder in Rekordzeit fertig: Bereits kurz vor 9 Uhr ist die diesjährige Wintersession vorbei.
Leider müssen wir uns heute auch von Mitte-Gesundheitspolitikerin Ruth Humbel verabschieden. Sie ist die amtsälteste Nationalrätin und tritt nun zurück. Ich habe ihre Dossiersicherheit, Gewissenhaftigkeit und Freundlichkeit immer sehr geschätzt.
Jetzt freue ich mich aber auf schöne und erholsame Festtage mit meiner Familie ????. Kraft tanken ist angesagt, schliesslich sind bereits am 12. Februar 2023 die Kantons- und Regierungsratswahlen!
Dritte Woche, vierter Tag (15.12.)
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Zu Beginn der heutigen Sitzung beraten wir eine Parlamentarische Initiative, die einen Mutterschaftsurlaub für hinterbliebene Väter fordert. Der Tod eines Elternteils unmittelbar nach der Geburt ist für die Familie und das Neugeborene ein schwerer Schicksalsschlag. Wenn die Mutter kurz nach der Geburt des Kindes stirbt, gibt es derzeit keinen spezifischen Urlaub zur Betreuung des Neugeborenen. Nach einem solchen Schicksalsschlag sind die Kinder aber besonders schutzbedürftig und das Interesse des Neugeborenen muss in dieser Situation Vorrang haben. Es ist daher unbestritten, dass Handlungsbedarf besteht. Zu diskutieren gibt nur die Länge des «Urlaubs». Die SP und Grünen wollen 16 Wochen, die Mehrheit des Rates spricht sich aber für 14 Wochen aus, immerhin.
Die Sitzung dauert nur bis 12 Uhr, danach geht es los zur Feier unserer neuen Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider in den Kanton Jura. Zuerst wird die Festgemeinde in Delémont empfangen, danach geht es nach Les Breuleux, wo Elisabeth wohnt. Es ist eine sehr schöne Feier zusammen mit der Bevölkerung, herzerwärmend und einfach très sympa!
Dritte Woche, dritter Tag (14.12.)
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Heute beginnen wir mit den Beratungen der Volksinitiative „Für ein besseres Leben im Alter“, welche eine 13. AHV-Rente verlangt. Die Initiative wurde vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund lanciert und von der SP unterstützt. Gemäss einer Umfrage von Pro Senectute leben 200’000 Senior:innen mit ihrem Einkommen unter der Armutsgrenze leben. Das monatliche Einkommen von 100´000 weiteren älteren Menschen liegt zudem nur knapp über der Armutsgrenze. Und 46'000 Senior:innen sind sogar «ausweglos arm». Fast jede zehnte Person benötigt direkt nach der Pensionierung Ergänzungsleistungen, weil die Rente nicht zum Leben reicht, trotz Zusatz durch Renten aus den Pensionskassen. Der Grad der Betroffenheit ist zudem sehr ungleich verteilt: Frauen, Menschen ohne Schweizer Pass, Personen mit tiefem Bildungsstand und niedrigem Einkommen und somit weniger finanziellen Reserven weisen ein grösseres Risiko auf, nach der Pensionierung in Armut zu leben. Eine 13. AHV-Rente könnte hier Linderung verschaffen. Und ja, es stimmt, dass diese 13. Rente auch Millionär:innen bekommen würden, aber diese haben auch sehr viel in die AHV einbezahlt. Die AHV ist eben das solidarischste aller Sozialwerke. Zudem waren die Bürgerlichen nicht bereit, einen Gegenvorschlag auszuarbeiten, welcher der Giesskanne hätte entgegenwirken können. Da sich einige von der Redner:innenliste zurückziehen, werden wir heute doch fertig mit der Debatte zur Initiative. Wie erwartet wird sie leider abgelehnt, mit 123:67 Stimmen.
Dann kommt ein noch grösserer Hammer: Eine Motion aus dem Ständerat, welche kantonale Mindestlöhne aushebeln will, erhält auch im Nationalrat mit 95:93 Stimmen bei 4 Enthaltungen eine knappe Mehrheit. Damit werden Volksentscheide in den Kantonen Jura, Tessin, Neuenburg, Basel Stadt und und Genf rückgängig gemacht, die soziale Sicherheit der Arbeitenden im Tieflohnsegment geschwächt und die sozialpartnerschaftliche Kooperation gefährdet. Katastrophe… Dafür spricht sich der Nationalrat gleich danach für die Schaffung einer Task-Force für die Sperrung von russischen und belorussischen Oligarchengelder aus. Das ist erfreulich.
Nach Sitzungsschluss verabschiedet die Fraktion SP-Urgestein Paul Rechsteiner. Nach 36 Jahren in Bern tritt Paul zurück, er wird uns fehlen!
Dritte Woche, zweiter Tag (13.12.)
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Das Hauptgeschäft heute Morgen ist die Einführung einer sogenannten Tonnagesteuer auf Seeschiffen. Dabei handelt es sich um eine "alternative Methode zur Ermittlung der Gewinnsteuer" (Zitat aus der Botschaft). Mit der Tonnagesteuer soll die Bemessungsgrundlage für die direkte Steuer nicht mehr der tatsächlich erwirtschaftete Gewinn sein, sondern die Grösse des Schiffes ist entscheidend, unabhängig vom tatsächlich wirtschaftlichen Erfolg, absurd. Diese Vorlage ist ein Lehrstück des Lobbyismus. Die Vorlage ist 1:1 von der Branche bestellt, was der Bundesrat nicht einmal versucht zu verheimlichen. Auch nach den Diskussionen in der Kommission bleiben die finanziellen Auswirkungen kaum präzise abschätzbar. Diese Tonnage-Tax ist aber auch mit Blick auf die Verfassungsmässigkeit hochgradig problematisch, gerade was die Rechtsgleichheit der Besteuerung und die Besteuerung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit angeht. Ein Rückweisungsantrag der SP wird leider abgelehnt. Die Vorlage wird in der Gesamtabstimmung mit 99:85 Stimmen bei 3 Enthaltungen angenommen und geht nun in den Ständerat.
Heute ist auch der letzte Auftritt im Nationalrat der beiden zurücktretenden BR Simonetta Sommaruga und Ueli Maurer. Sie werden mit warmem Applaus verabschiedet, vor allem Simonetta. Wir bleiben gerührt zurück.
Nach der Fraktionssitzung am Nachmittag leite ich wie üblich die SP-Fachkommission für Frieden und Sicherheit. Heute beschäftigt uns das Thema: Welches Dienstpflichtmodell braucht die Schweiz? Wir diskutieren die zwei Modelle „Sicherheitsdienstpflicht“ und „Bedarfsmodell“, welche der Bundesrat ja weiter vertieft anschauen will.
Dritte Woche, erster Tag (12.12.)
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Nach einem wirklich sehr schönen und entspannten Wochenende beginne ich heute gut gelaunt mit der letzten Sessionswoche. Es sieht sogar tatsächlich mal nach Winter aus, über Bern liegt ein weisser Flaum. Richtig weihnächtlich!
Auch heute haben wir Abendsitzung, sie dauert bis 21.15 Uhr. Das Programm heute ist sehr vielfältig: von Differenzbereinigungen zur Zivilprozessordnung, über die Handlungsfähigkeit des Parlaments in Krisensituationen bis zu einer raschen Gewährleistung einer ausgewogenen, leistungsfähigen und attraktiven Ost-West-Achse der Bahn.
Wir debattieren auch über eine Motion aus der Rechtskommission, die Konversionstherapien an LBBTQ-Personen verbieten will. Ursprünglich wurde das Anliegen von Angelo Barrile und Sarah Wyss mit einer Parlamentarischen Initiative eingebracht. Auch der Bundesrat ist der Ansicht, dass Konversionsmassanahmen aus menschlicher, fachlicher und rechtlicher Sicht klar abzulehnen sind. Er ist aber der Ansicht, dass die vorhandene rechtliche Lage ausreicht. Doch dies sieht der Rat zum Glück anders: die Motion wird klar mit 143:37 Stimmen bei 11 Enthaltungen überwiesen!
Ebenfalls werden drei Postulate aus der Bildungskommission, die einen Aktionsplan und Massnahmen gegen Foodwaste verlangen, überwiesen. Auch gegen den Willen des Bundesrates.
Sogar Fussball ist ein Thema heute im Nationalrat. Es geht aber nicht um die WM in Qatar, sondern um eine Erklärung des Nationalrates, welche die Durchführung der Frauen Fussballeuropameisterschaft in der Schweiz unterstützt. Fredi Hehr manövriert sich ins Offside, indem er Befürworterin Elisabeth Schneider-Schneiter fragt, ob sie die Abseits-Regel erklären könne. No comment…
Zweite Woche, vierter Tag (8.12.)
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Nach all den Feierlichkeiten gestern, geht der Ratsbetrieb heute wieder normal weiter. Der heutige Morgen steht ganz im Zeichen des Wolfes. Nach der Ablehnung des Jagdgesetzes im Herbst 2020 entstand eine Parlamentarische Initiative, welche zum Ziel hat, die Wolfsbestände unter Kontrolle zu halten. Leider wurde ein ausgewogener Stakeholder-Vorschlag von Natur-, Forst und Jagdverbänden nicht berücksichtigt, welche die regionalen Wolfbestände grundsätzlich schützt, aber Teilregulierungen zulässt. Die PaIv schiesst weit übers Ziel hinaus. Mit den gewünschten Gesetzesänderungen wären Abschüsse von ganzen Wolfsrudeln möglich. Der Minderheitsantrag Jauslin greift den Kompromiss der Stakeholder auf, hat aber leider keine Chance und wird mit 103:91 Stimmen abgelehnt. In der Gesamtabstimmung erhält die Vorlage schliesslich 106:74 Stimmen bei 12 Enthaltungen, die SP-Fraktion lehnt ab.
Bei der Änderung des Covid-Gesetzes setzt sich die Version Ständerat nun auch im Nationalrat ganz knapp durch: Covid-Tests werden nur noch bis Ende Jahr vom Bund übernommen.
Eine ereignisreiche Woche geht zu Ende. Jetzt freue ich mich auf die Rückkehr nach Hause!
Zweite Woche, dritter Tag (7.12.)
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Heute ist es endlich soweit, der Tag der Bundesratswahl! Um 7 Uhr haben wir noch eine Fraktionssitzung für die letzten Besprechungen. Im Ratssaal nachher steigt die Spannung. Zuerst werden die BR Ueli Maurer und Simonetta Sommaruga verabschiedet. Ueli Maurer betont in seiner Rede, wie wichtig Freiheit in allen Belangen ist. Er ist witzig, und man hat das Gefühl, dass er auch sehr erleichtert ist, dass er zurücktreten kann. Zum Schluss gibt es noch einen beherzten Juchzer. Simonettas Abschiedsrede berührt mich sehr. Sie erwähnt, wie wichtig ein gut funktionierender Service public in allen Regionen für den Zusammenhalt in der Schweiz ist. Und soziale Gerechtigkeit sei die Basis für Frieden und Wohlstand, dem kann ich nur zustimmen.
Dann gilt es ernst, zuerst wählen wir den SVP-Bundesrat. Albert Rösti schafft es bereits im 1. Wahlgang, mit 131 Stimmen. Vogt erhält 98 Stimmen, ich habe ihn gewählt. Ich hoffe jetzt sehr, dass Albert, wenn er den das UVEK erhalten sollte, den Ausbau der erneuerbaren Energien genauso konsequent weiterführen wird, wie das Simonetta begonnen hat. Leider habe ich Zweifel daran.
Dann wird die Nachfolge von Simonetta gewählt. Dafür braucht es leider drei Wahlgänge, da die Bürgerlichen wieder einmal Spielchen machen und Daniel Jositsch in den zwei ersten Wahlgängen viele Stimmen geben. Am Schluss ist die Überraschung perfekt: Elisabeth Baume-Schneider ist mit 123 Stimmen gewählt, exakt das absolute Mehr! Und damit ist auch das erste Mal der Kanton Jura vertreten. Eva Herzog erhält nur 116 Stimmen, das ist doch eher überraschend. Die nationale Regierung wird nun sehr ländlich und landwirtschaftsfreundlich, die grossen Städte sind nicht mehr vertreten. Aber ich bin sicher, dass Elisabeth sich für eine ambitionierte Klima- Energiepolitik einsetzen wird.
Alain Berset wird danach mit 140 Stimmen zum Bundespräsidenten gewählt. Leider hält es die Rechte für nötig, 56 Stimmzettel leer einzulegen. Als Vize-Präsidentin wird Viola Amherd gewählt, mit sehr guten 207 Stimmen. So sind halt die Realitäten in Bundesbern.
Am Nachmittag findet das traditionelle Fraktions-Weihnachtsessen statt. Natürlich wird der Anlass auch gleich benützt, unsere neue Bundesrätin gebührend zu feiern. Jetzt sind alle gespannt auf die Departementsverteilung. Sie soll anscheinend schon morgen sein…
Zweite Woche, zweiter Tag (6.12.)
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Einen Tag vor den Bundesratswahlen ist die zunehmende Anspannung deutlich spürbar. Die Kandidat:innen waren auch schon entspannter unterwegs, er werden immer noch zahlreiche Gespräche geführt.
Obwohl alles auf den morgigen Tag fokussiert ist, muss in den Räten trotzdem gearbeitet werden. Eine Delegation aus dem Deutschen Bundestag besucht uns, prominentestes Mitglied ist Gregor Gysi. Vielleicht kann ihr Besuch etwas dazu beitragen, dass die Beziehungen zu unserem Nachbarn und zur EU wieder verbessert werden…
Die OECD-Besteuerungsvorlage kommt wieder zurück aus dem Ständerat. Dieser hat die 50:50 Aufteilung zwischen Kantonen und Bund abgelehnt und hält an der Aufteilung 75% Kantone / 25% Bund fest. Leider folgt ihm jetzt auch der Nationalrat. Der Kompromiss ist somit weg vom Tisch.
Die Parlamentarische Initiative Tuena «Gesicherte Unterbringung von staatsgefährdenden Personen», die eine Präventivhaft fordert und damit gegen die europäischen Menschenrechtskonventionen verstösst, hatte erschütternderweise in der SiK noch eine Mehrheit. Der Nationalrat macht dann aber mit 105:84 Stimmen bei 4 Enthaltungen Schluss damit. Gut so!
In der Fraktionssitzung am Nachmittag wird es spannend: Wir haben die Hearings mit den zwei SVP-Kandidaten Hans-Ueli Vogt und Albert Rösti. Es ist uns allen klar, dass es sich um zwei SVP-Politiker handelt und sie natürlich in vielen Punkten nicht mit unserer politischen Haltung übereinstimmen. So viel kann ich aber preisgeben: Die SP wird im Ticket wählen. Jetzt sind wir alle gespannt auf morgen!
Zweite Woche, erster Tag (5.12.)
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Dieses Wochenende hatte ich meine letzten zwei Polit-Apéros im Zusammenhang mit dem Regierungsrats-Wahlkampf. Werde sie fast etwas vermissen ;-), war immer sehr inspirierend und spannend.
Im Nationalrat geht es zuerst wieder einmal mehr ums Covid-Gesetz. Die Testkosten sollen weiterhin vom Bund übernommen werden, allerdings nur noch bis Ende März ’23. Das Geschäft geht nun zurück in den Ständerat.
Das Geschäft, das heute aber am meisten im Fokus steht, ist die Revision des Sexualstrafrechts. Das aktuelle Sexualstrafrecht beinhaltet Moralvorstellungen und Sitten, welche einer modernen Gesetzgebung nicht mehr gerecht werden. Im Zentrum steht beim Straftatbestand der Vergewaltigung die sogenannte Zustimmungslösung, also die «Nur Ja heisst Ja»-Lösung. Der Körper einer betroffenen Person ist kein Selbstbedienungsladen. Die SP unterstützt klar die Zustimmungslösung. Die Widerspruchslösung («Nein-heisst-Nein»), die der Ständerat vorschlägt, verkennt hingegen, dass bis zu 70 Prozent der betroffenen Personen nicht einmal in der Lage sind, auch nur verbale Ablehnung zu äussern. Der Nationalrat folgte seiner Kommission, der Zustimmungslösung wird mit 99:88 Stimmen bei 3 Enthaltungen zugestimmt! Jetzt ist wieder der Ständerat am Zug.
Ein weiteres erfreuliches Abstimmungsresultat ist zu verzeichnen: Einer Motion aus der Rechtskommission, die einen verbesserten Nationalen Aktionsplan gegen Menschenhandel verlangt, wird deutlich zugestimmt. Nach diesen positiven Resultaten geht es beschwingt nach Hause, auch wenn es bereits 21.45 Uhr geworden ist.
Erste Woche, vierter Tag (1.12.)
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Die Budget-Debatte wird heute morgen abgeschlossen. Leider war kein einziger Minderheitsantrag von uns erfolgreich. Die Ukraine-Hilfe wird nicht auf 200 Mio. verdoppelt, auch wird unserer Meinung nach zu wenig in die Entwicklungszusammenarbeit investiert. Immerhin konnten 35 Mio. aus dem Horizon- ins Innosuisse-Budget umgeschichtet werden. Da wir nächstes Jahr – leider –weiterhin nicht bei Horizon Europe dabei sind, können mit dieser Konto-Umlagerung die Gelder für die Forschung tatsächlich auch gebraucht werden. Ansonsten sind wieder einmal mehr die landwirtschaftlichen Themen erfolgreich: noch mehr Geld für Herdenschutz, für die Pferdezucht und die Weinwerbung. Ausser der SVP stimmen alle Parteien in der Gesamtabstimmung dem 80-Milliardenbudget zu.
Danach geht es gleich weiter mit dem nächsten Brocken: der OECD-Mindestbesteuerung. Die Schweiz soll sich der von der OECD geforderten globalen Mindeststeuer von 15 Prozent für internationale Konzerne anschliessen, was auch richtig ist. Der Ständerat hat in der Herbstsession der für die Umsetzung der OECD-Steuerreform nötigen Verfassungsänderung zugestimmt. Die WAK Nationalrat will die voraussichtlichen Mehreinnahmen je hälftig zwischen Bund und Kantonen aufteilen, wobei gleichzeitig eine Obergrenze pro Einwohnerin und Einwohner eingeführt werden soll. Dies steht im Gegensatz zum Ständerat, der 75% für Kantone und 25% für den Bund als Aufteilung vorschlägt. Der Nationalrat folgt seiner Kommission nur bedingt. Die Aufteilung 50:50 wird zwar beibehalten, aber ohne Obergrenze. Aber zum Glück erhält der Antrag von Leo Müller, der Vorgaben an die Kantone für die Verteilung an die Gemeinden verlangt, eine Mehrheit. So kann ich der Vorlage zustimmen, und so sieht es auch die Mehrheit des Nationalrates. In der Gesamtabstimmung sind 127 dafür, 43 dagegen und 18 enthalten sich.
Ungewohnt spät für einen Donnerstag geht es dann nach Hause, die erste Sessionswoche ist geschafft!