Bundeshaus-Blog
Zweite Woche, vierter Tag (19.9.)
Wir beginnen heute dort, wo wir gestern aufgehört haben, nämlich mit der Beratung der Armeebotschaft. Jetzt geht es ums Eingemachte, nämlich ums Geld. Wie viel Geld soll die Armee zusätzlich erhalten und woher soll dieses Geld kommen? Die Debatte ist um einiges gehässiger als gestern. Grund dafür ist das Verhalten der Mitte. Sie will ihren eigenen Antrag auf einen Fonds nicht mehr stützen. Darum ist die «Allianz» SP-Grüne-GLP-Mitte aufgebrochen. Dann benützt Fabian Molina das Wort «Trachtenverein» für die Armee (wie einst Peter Bodenmann), die SVP fühlt sich dadurch provoziert und bombardiert Fabian mit Fragen. Er kontert aber ponitiert und rethorisch brillant. Aber von einer neuen Einigkeit sind wir nun weit entfernt. Die Voten sind gehässig, und es kommt, wie es kommen muss. Die Bürgerlichen setzen sich in allen Punkten durch. Nicht einmal mehr die Mitte stützt ihren eigenen Antrag mehrheitlich, der Fonds fällt durch. Der Rat stimmt mit 110:78 Stimmen bei 3 Enthaltungen dem Kompensationsmodell zu, sagt also Ja zur Kürzung der IZA-Gelder und Ja zu weniger Geld für die Kantone aus den Bundessteuern. Im Ständerat wird diese Variante keine Chance haben, das wissen alle. In der Gesantabstimmung lehnen wir folglich den Zahlungsrahmen ab. Fazit: Man hat die Zerschlagung des Gordischen Knotens wieder dem Ständerat zugeschoben und mit der Mitte sollte man keine Deals machen.
Etwas ernüchtert und müde geht es danach nach Hause. Freue mich sehr, wieder bei meiner Familie sein zu können. Morgen bin ich aber bereits wieder in Bern für eine Kommissionssitzung und ein Podium.
Zweite Woche, dritter Tag (18.9.)
Am Morgen geht es heute um eine Änderung des Asylgesetzes. Infolge Berichterstattungen von NGOs und Medien betreffend Gewalt in den Bundesasylzentren wurde der Handlungsbedarf erkannt. erkannt. Im Bericht Onerholzer wird festgestellt, dass in den Zentren zwar keine systematische Gewalt angewandt wird. jedoch wird dringend empfohlen, im Disziplinarbereich einige Rechtsfragen zu klären. Im Asylgesetz soll nun ein neuer Abschnitt «Betrieb der Zentren des Bundes und der Unterkünfte an den Flughäfen» eingefügt werden und die Aufgaben des SEM und der von ihr beauftragten Dritten sollen geklärt werden. Dazu gehören beispielsweise die Unterbringung und Betreuung der Asylsuchenden. Auch soll explizit geregelt werden, in welchen Bereichen das SEM zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung polizeilichen Zwang anwenden oder polizeiliche Massnahmen ergreifen kann und wie die Kompetenzen im Sicherheitsbereich auf Sicherheitsdienstleister oder an die zuständigen kantonalen Polizeibehörden übertragen werden können. Es ist wichtig, dass diese Themen endlich gesetztlich geregelt werden. Bei der Umsetzung sind wir nicht von allem begeistert, stimmen der Vorlage aber zu. Sie wird mit 104:87 Stimmen angenommen und geht jetzt in den Ständerat.
Am Nachmittag ist es dann soweit: Wir beginnen mit der Armeebotschaft. Das bürgerliche Parlament ist wild entschlossen, die Armeeausgaben schneller zu erhöhren, als dies der Bundesrat vorsieht. Nämlich auf 1% vom BIP, und dies schon im Jahr 2030 statt «erst» 2035. Nur, wie man das bezahlen soll, darüber ist man sich nicht einig. Die Einen wollen die vier zusätzlichen Millarden über Kompensationen erreichen, indem man zum Beispiel das Budget der Internationalen Zusammensarbeit massiv kürzt und den Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer senkt. Für uns natürlich alles ein absolutes No-Go. Der Vorschlag der Mitte, der einen Fonds über 10 Mrd. äufnen will, könnten wir allerdings unterstützen. Den Betrag müsste die Armee bis 2045 zurückzahlen, es wäre also sozusagen ein zinsloses Darlehen. In der Kommission bekam der Fonds eine Mehrheit, wenn auch nur mit meinem Stichentscheid. Doch soweit kommen wir heute noch nicht. Wir beraten heute nur den Bundesbeschluss 1, der Ausrichtung der Armee. Der «Showdown» betreffend dem Zahlungsrahmen erfolgt erst mit dem Bundesbeschluss 5, also morgen.
Am Abend findet ein Fashion-Apéro bei PKZ statt, nur für uns Frauen. Das tut gut, die Stimmung ist trotz der hitzigen Debatte vorhin ausgezeichnet. Mode ist manchmal ein Wundermittel ;-)!
Zweite Woche, zweiter Tag (17.9.)
Das Hauptgeschäft heute Morgen ist das sogenannte Investitionsprüfgesetz. Das Parlament hat den Bundesrat beauftragt, eine entsprechende Gesetzesvorlage auszuarbeiten – gegen seinen Willen. Mit der Einführung einer Investitionsprüfung sollen Übernahmen von inländischen Unternehmen durch ausländische Investoren verhindert werden können, wenn diese Übernahmen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Schweiz gefährden oder bedrohen. Übernahmen von inländischen Unternehmen sollen einer Genehmigungspflicht unterstellt werden. Dies betrifft Unternehmen, die in einem besonders kritischen Bereich tätig sind, wie zum Beispiel Rüstungsgüter, Stromnetze, Stromproduktion, Wasserversorgung sowie Gesundheits-, Telekom- und Transportinfrastrukturen. Das Gesetz wird durchberaten und geht nun in den Ständerat.
Über Mittag leite ich die Vorbereitungssitzung für die Nato-Vollversammlung Ende November in Montréal. Da ich zurzeit SiK-N-Präsidentin bin, fällt mir die Rolle der Leitung der Schweizer Delegation zu. Wir sind wegen den Partnership-for-peace-Programmen assoziiertes Mitglied. Das heisst, wir dürfen mitdiskutieren, aber nicht mitbestimmen.
Die Fraktionssitzung am Nachmittag dauert nicht sehr lange. Wir besprechen nochmals unsere Strategie bezüglich der Armeebotschaft. Morgen Nachmittag beginnen wir mit der Beratung im Nationalrat.
Am Abend findet die Gründung der neuen Parlamentarischen Gruppe «Städte» statt. Es ist wichtig, dass die Städte, aber auch die Gemeinden, ihre Anliegen und Interessen im Parlament bündeln.
Zweite Woche, erster Tag (16.9.)
Die beiden Fachtagungen am Wochenende zur aktuellen sicherheitspolitischen Lage waren äusserst interessant und eine echte Bereicherung, gerade auch für meine politische Arbeit. Fühle mich darum trotzdem gut erholt, auch wenn ich nur am Sonntag „frei“ hatte.
Im Rat wird es gleich spannend: Eine Motion aus der SiK-N sorgte schon im Vorfeld für zahlreiche Presseartikel: „Die Kontrolle über Beyond Gravity zu behalten, ist von strategischem Interesse“. Der Bund möchte Beyond Gravity der Ruag International verkaufen. Es müssten sehr grosse Inverstitionen getätigt werden, diese kann der Bund nicht erbringen, vor allem nicht in der jetzigen, finanziell angespannten Lage. Ein deutliche Mehrheit der SiK-N ist aber der Meinung, dass man den Verkauf nochmals überdenken sollte, schliesslich besteht die Gefahr, dass man auf eine Schlüsseltechnologie (nämlich Weltraum-Technologie) keinen Einfluss mehr hat. Die SiK-S hat eine ähnliche Motion diskutiert, diese nun aber vorerst sistiert. Ehrlich gesagt kann ich die Argumente des Finanzdepartements auch nachvollziehen: Beyond Gravity ist (noch) nicht in der Satellietentechnologie tätig, zudem müsste man 400-500 Mio. ins Unternehmen investieren. Da ich für beide Seiten Verständnis aufbringen kann, enthalte ich mich. Der Motion wird mit 121:53 Stimmen bei 6 Enthaltungen überraschend deutlich zugestimmt: Beyond Gravity soll in Bundesbesitz bleiben. Mal schauen, was jetzt der Ständerat macht!
Danach beginnen die Beratungen zur Volksinitiative für die Einführung der Inidividualbesteuerung. Die SP hat dieses Anliegen immer unterstützt. Es ist schlicht nicht mehr zeitgemäss, dass nicht jede Person eine eigene Steuererklärung ausfüllt. Es gilt, falsche Anreize, welche Frauen vom Arbeiten abhalten, aufzuheben, und es führt kein Weg daran vorbei, die Heiratsstrafe abzuschaffen. Dass die finanzielle Unabhängigkeit der Frauen gestärkt wird, ist auch ganz zentral vor dem Hintergrund der neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung zum nachehelichen Unterhalt, die dem Prinzip der Eigenversorgung nach der Scheidung stärkeres Gewicht beimisst. Mit der Umsetzung der Initaitive, konkret mit dem indirekten Gegenvorschlag, sind wir aber nicht begeistert. Die Steuerausfälle würden 1 Mrd. betragen, das ist viel zu viel. Trotzdem werden wir bei der Abstimmung sowohl Initiative wie auch Gegenvorschlag unterstützen, damit die Individualsteuer einen Schritt weiter kommt. Hoffentlich bessert der Ständerat bei den zu hohen Steuerabzügen nach. Da 68 Redner:innen auf der Liste stehen, werden wir heute nicht fertig mit der Beratung. Die Sitzung wird um 22 Uhr unterbrochen.
Erste Woche, vierter Tag (12.9.)
Heute vor 176 Jahren wurde unsere heutige Verfassung vom Volk (damals natürlich nur Männer) angenommen und in Kraft gesetzt. Ratspräsident Eric Nussbaumer erinnert darum zu Beginn der Sitzung daran. Bei der ersten Revision um 1874 wurde das fakultative Referendum als Korrektiv zum Gesetzgeber und 1871 die Volkinitiative eingeführt. Eric betont auch, dass unsere direkte Demokratie kein Selbstläufer ist und wir ihr Sorge tragen müssen. Aktuell beschäftigen die Politik zum Beispiel die diversen gefälschten Unterschriften bei Sammlungen für Initiativen und Referenden.
Am heutigen Morgen stehen Vorlagen aus dem EJPD auf der Tagesordnung, auch ein Kommissionspostulat aus der SiK-N. Der Bundesrat soll in einem Bericht darlegen, wie die ausländische Finanzierung von Gebetshäusern und Bildungseinrichtungen in der Schweiz an Bedingungen geknüpft werden kann. Damit soll sichergestellt werden, dass kein extremistisches, gewaltverherrlichendes oder den Grundrechten zuwiderlaufendes Gedankengut in Gebetshäusern und Bildungseinrichtungen in der Schweiz verbreitet wird. Der Rat stimmt mit nur einer Gegenstimme dem Postulat zu.
Am Mittag ist die erste Sessionswoche beendet und es geht wieder nach Hause. Aber so richtig ausruhen kann ich leider nicht, da ich am Freitag und Samstag an Fachtagungen zur Sicherheitspolitik teilnehmen werde. Wird sicher spannend!
Erste Woche, dritter Tag (11.9.)
Der Tag beginnt heute mit Geschäften aus der Bildungskommission. Zuerst geht es um die Verlängerung der Bundesbeiträge an die familienergänzende Kinderbetreuung. Der Bundesrat ist damit einverstanden, die laufenden Fördermassnahmen befristet zu verlängern, auch im Hinblick auf eine Nachfolgelösung. Die Wirkung des Impulsprogramms wurde evaluiert und die bisherige Bilanz fällt eindeutig positiv aus. Darum sollen bis 2026 nochmals 40 Mio. Anschubfinanzierung getätigt werden. Eine grosse Mehrheit stimmt der Vorlage zu, die SVP und leider auch Teile der FDP lehnen sie ab. Unverständlich, denn Kinderbetreuungsförderung ist auch Wirtschaftsförderung.
Das umfangreichste Geschäft ist heute die Kulturbotschaft 2025-2028. Die Botschaft zur Förderung der Kultur legt die strategische Ausrichtung der Kulturpolitik des Bundes in der Förderperiode 2025-2028 fest. Sie präsentiert die Ziele, die wichtigsten Massnahmen und die Finanzierung sämtlicher Förderbereiche des Bundesamtes für Kultur, der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia und des Schweizerischen Nationalmuseums. Dafür sind 987 Millionen Franken vorgesehen, in 12 einzelnen Bundesbeschlüssen. Gekürzt wird bei Pro Helvetia (minus 6,5 Mio.), sonst geht alles ohne Kürzung durch.
Über Mittag gehe ich mit Rosa Pfister und Tünde Mihàly essen, zwei engagierte Genossinnen aus Bülach. Vorher haben sie natürlich noch das Bundeshaus und die Tribünen besucht. Ich habe immer sehr Freude, wenn ich Besuch bekomme!
Eine Motion, welche Parlamentarierinnen aus SP, Grüne, Mitte GLP, EVP und FDP gleichzeitig einreichten, bekommt erfreulicherweise eine klare Mehrheit. Es sollen die nötigen gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden um Organisationen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, zu verpflichten, Schutzkonzepte zur Prävention von sexuellem, physischem und psychischem Missbrauch einzuführen. Nur die SVP ist natürlich wieder einmal dagegen…
Erste Woche, zweiter Tag (10.9.)
Der heutige Morgen steht ganz im Zeichen der Umweltpolitik. Seit Albert Rösti als Departementsvorsteher wütet, sind deutliche Veränderungen spürbar, leider nicht zum Guten. Es begann mit den allzu grosszügigen Bewilligungen für Wolfsabschüsse, gefolgt von den Bemühungen zur Aufhebung des AKW-Bauverbots (trotz anderweitigem Volksentscheid) und gipfelt heute damit, dass die zwei Landesflughäfen Zürich und Genf Besitzstandgarantien erhalten sollen, ohne umweltrechtliche Einschränkungen. Ein Rückenschuss gegen die lärmgeplagte Bevölkerung, wirtschaftliche Interessen sind offenbar wichtiger als die Gesundheit der Bevölkerung. Im Rat geht es ums Umweltschutzgesetz, das zurück aus dem Ständerat kommt. Es geht dort vor allem um den Lärmschutz, bzw. um einen aufgeweichten Lärmschutz. Immerhin hat der Ständerat die schlimmsten Ideen des Nationalrats rückgängig gemacht (zum Beispiel Sonder-Grenzwerte für Fluglärm), der Nationalrat folgt ihm. Trotzdem ist die Gesetzesrevision immer noch ein Rückschritt in Sachen Lärmschutz.
Am Nachmittag findet wie immer am Dienstagnachmittag die Fraktionssitzung statt. Ich habe Besuch von meinem Mentee von der SP Kanton Zürich. Unsere Mitglieder haben in der Regel die Möglichkeit, eine Fraktionssitzung zu besuchen, wenn sie Mentee eines Fraktionsmitglieds sind. Das ist natürlich sehr attraktiv und spannend!
HERBSTSESSION, 9.-27. September 2024, erste Woche, erster Tag (9.9.)
Nach einem schönen und erholsamen Sommer, der sogar in die Verlängerung ging (gut, am Anfang hatte er noch Anlaufschwierigkeiten), ist es heute auf einen Schlag Herbst geworden. Pünktlich mit dem Start der Herbstsession, sozusagen.
Aus meiner Sicht wird die Beratung der Armeebotschaft in der zweiten Woche im Zentrum stehen und damit auch die Frage: Wie kann man der Armee mehr Geld geben bei einem klammen Staatshaushalt, soll man das überhaupt? Aber auch die Volksinitiative zur Einführung der Individualbesteuerung gehört zu den wichtigen Geschäften, sie wird ebenfalls in der zweiten Woche beraten.
Im Nationalrat geht es heute dann vorwiegend um aussenpolitische Geschäfte. Im Zentrum stehen Vorstösse aus der Aussenpolitischen Kommission, welche Gelder an das UNO-Palästinenser-Hilfswerk UNRWA kürzen oder umverteilen wollen. Die Haltung der Mehrheit des Nationalrates gegenüber der UNRWA ist unmissverständlich: Er unterstützt eine Motion mit 99:88 Stimmen bei 7 Enzhaltungen, die verlangt, dass die Beiträge an die UNRWA sofort eingestellt werden. Auch zwei moderatere Motionen sind erfolgreich: Die eine will den Sockelbeitrag der UNRWA-Gelder in die humanitäre Nothilfe lenken, die andere möchte ein Reform der Flüchtlingshilfe für Palästinenser:innen.
Ausnahmsweise nehme ich heute Abend an der Fraktionsvorstandssitzung teil. Es geht nämlich um die Armeefinanzen. Viel weiter kommen wir in der Diskussion aber nicht.
Dritte Woche, letzter Tag (14.6.)
Der letzte Sessionstag geht heute rekordmässig schnell, wir haben nicht sehr viele Schlussabstimmungen. So können meine «Gschpänli und ich bereits auf den 9-Uhr-Zug. Aber Sommerferien sind definitiv noch nicht. Am Montag geht es gleich weiter mit der Sicherheitspolitischen Kommission. Wir beraten die Armeebotschaft und eine Änderung des Kriegsmaterialgesetzes, welche Waffen-Wiederausfuhren in die Ukraine ermöglichen will. Also kurz durchatmen - und dann geht es weiter!
Dritte Woche, vierter Tag (13.6.)
Wir starten den heutigen Sitzungstag mit dem Foltergesetz. Der grenzüberschreitende Handel mit Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe oder zu Folter verwendet werden können, soll künftig strenger kontrolliert werden. Wir folgen damit einer Europaratsempfehlung vom März 2021. Kaum zu glauben, aber die SVP ist auch hier dagegen. Das Gesetz wird trotzdem deutlich deutlich angenommen und geht jetzt zum Ständerat.
Während den Beratungen macht Estelle Revaz eine kleines Cello-Konzert in einem Sitzungszimmer. Es ist so toll, eine professionelle Musikerin und grossartige Künstlerin in unseren Reihen zu haben!
Erst einiges später als geplant beginnen wir am Nachmittag mit den SiK-Geschäften. Es geht heute zum Beispiel um die Bewilligung des Einsatzes der Armee am WEF für die Jahre 2025-2027 und um die Unterstützung der humanitären Minenräumung in der Ukraine. Diese Geschäfte werden klar angenommen, obwohl die Grünen und Teile der SP beim WEF einen Rückweisungsantrag machen.
Eine Motion aus der SiK-N bereitet mir etwas mehr Mühe. Sie wurde zwar von uns eingereicht und ich habe sie in der Kommission auch unterstützt, jetzt bin ich aber nicht mehr so sicher, ob sie wirklich sehr geschickt ist. Die Motion will gesetzlich vorschrieben, dass keine Bündnisfall-Übungen mit der Nato möglich sind. Eigentlich sind solche Übungen für ein neutrales Land eh nicht möglich, man möchte aber so quasi eine klare, gesetzliche Absicherung. Diese Motion könnte aber auch falsch verstanden und werden von Seiten Nato und Europa, darum enthalte ich mich im Rat. Kooperation mit der Nato ist wichtig und sollte intensiviert werden, selbstverständlich aber ist das Neutralitätsrecht die rote Linie. Da ich eine Schulklasse habe, denen ich Red und Antwort stehen darf, verpasse ich die Abstimmung. So ein Pech auch ;-). Die Motion wird übrigens angenommen.
Von medialem Interesse ist auch ein Postulat aus der SiK-N: Dieses verlangt eine Auslageordnung für den Weiterbetrieb des Tiger F-5. Und zwar nicht wegen der Patrouille Suisse, sondern weil einfache luftpolizeiliche Aufgaben wie zB. Zielbilddarstellung und Luft-Luft-Schiessen immer noch von den Tigern ausgeführt werden könnte. Das könnten sie auch, der Aufwand, die Tiger weiterhin im Schuss zu halten steht aber in keinem Verhältnis mehr zum Nutzen. Viola Amherd macht klar, dass diese Auslegeordnung eigentlich schon gemacht wurde. Das Postulat wird nicht überwiesen. Das bedeutet auch, dass die Ausserdienststellung der Tiger mehrheitsfähig geworden ist.
Nach Sitzungsschluss findet unser traditionelles SP-Sessionsschlussessen statt. Es gibt wieder Raclette, draussen im Garten des Landsitz Brünnen. Wunderbar!
Dritte Woche, dritter Tag (12.6.)
Der heutige Tag beginnt gleich mit einem Tiefpunkt: Auch der Nationalrat macht eine kritische Erklärung zum Klima-Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), dies auf Antrag der Rechtskommission. Wir lieben ja den «helvetischen Exeptionalismus» (Zitat Min Li Marti) und finden, wir haben beste Demokratie und das beste Rechtssystem. Kritik ertragen wir nicht so gut. Dabei hilft uns der EGMR, den Rechtsstaat weiterzuentwickeln (Beispiel Verdingkinder). Und das ist gut so, denn wir haben ja keine Verfassungsgerichtsbarkeit. Die SVP findet die Klage der Klimaseniorinnen sowieso unnötig, weil Frauen ja eh im Durchschnitt 85 Jahre alt werden. No comment… Schlimm genug, dass die Mitte bei dieser fragwürdigen Erklärung voll mit dabei ist und die Gewaltentrennung so in Frage stellt. Es nützt alles nichts, die Erklärung wird mit 111:72 Stimmen bei 10 Enthaltungen so verabschiedet.
Der ukrainische Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk ist heute zu Besuch im Bundeshaus. Über Mittag findet ein Austausch mit ihm statt. Als er das Parlamentsgebäude betritt, gibt es Tumult. Die Bundespolizei hat aus Sicherheitsgründen Teile des Bundeshauses kurzzeitig abgesperrt. Das schürt den Unmut von Thomas Aeschi und Michael Graber, sie liefern sich ein Handgemenge mit der Polizei. Ein weiterer Tiefpunkt in diesem Parlament, auch Parlamentarier:innen haben sich an Regeln zu halten.
Der besagte Austausch über Mittag ist dann sehr eindrücklich und berührend. Wir wollen vor allem wissen, wie das «normale» Leben in einem kriegsversehrten Land aufrecht erhalten werden kann.
Doch es gibt auch erfreuliche Momente: Eine Motion von Greta Gysin, welche einen Vaterschaftsurlaub beim Tod des ungeborenen Kindes verlangt, erhält auch in der leicht abgeänderten Version des Ständerats eine Mehrheit. Ebenfalls wird eine Motion der Gesundheitskommission überwiesen, welche den Bundesrat beauftragt, die notwendigen Schritte einzuleiten, um die Versorgung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie schweizweit sicherzustellen und die Tarifpartner zur Aushandlung differenzierter und kostendeckender Tarife zu bewegen.
Dritte Woche, zweiter Tag (11.6.)
Heute geht es um den alpenquerenden Verkehr. Nach der Annahme der Alpeninitiative im Jahr 1994 sind wir vom Verlagerungsziel von höchstens 650'000 Lastwagen-Durchfahrten pro Jahr immer noch weit entfernt. Der Bundesrat will darum die Bahn im Güterverkehr durch die Alpen weiter stärken. Die Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) soll darum auf den 1. Januar 2025 an die Teuerung anpasst werden, um den Schienengüterverkehr durch die Alpen zu stärken. Zudem will der Bundesrat die Grundlagen dafür schaffen, dass Bahntransporte auf Strecken unter 600 Kilometern finanziell stärker gefördert werden können. Leider setzt sich die Lastwagenlobby knapp durch und verhindert eine Anpassung der Schwerverkehrsabgabe an die Teuerung. Schade, eine verpasste Chance, denn damit die LKW-Fahrten im Vergleich zum Schienentransport nicht immer günstiger werden, braucht es diese Erhöhung. Immerhin werden 3 Motionen überwiesen, welche die Mittel für die Verlagerung vom Güterverkehr auf die mittleren Strecken erhöhen wollen, zudem soll der Bau von Alternativen zu den stark belasteten NEAT-Zufahrtsstrecken vorangetrieben werden.
Am Nachmittag findet wie immer am Dienstag die Fraktionssitzung stat. Die Abstimmungen vom Wochenende und die Europawahl sind natürlich ausführlich Thema. Am Abend gehe ich zum ersten Mal an den jährlichen Empfang des Fürstentums Lichtenstein. Ich bin ganz begeistert von der Botschafterin Doris Frick, werde sicher wieder an so einem Anlass teilnehmen!
Dritte Woche, erster Tag (10.6.)
Das Abstimmungswochenende war leider nicht so erfreulich. Das Stromgesetz wurde deutlich angenommen, bin sehr beruhigt. Dafür wurde unsere Prämienentlastunginitiative abgelehnt, und dies leider klarer, als erwartet. Damit sind die Probleme von vielen Leuten, welche die Krankenkassenprämien nicht mehr bezahlen können, aber immer nicht gelöst. Es braucht jetzt wohl eine öffentliche Krankenkasse.
In Winkel fand eine Ersatzwahl in den Gemeinderat statt. Leider hat es Lejla Salihu nicht geschafft, trotz ausgezeichnetem und engagiertem Wahlkampf. Ich bin aber sicher, dass Lejla nach den nächsten Erneuerungswahlen Mitglied im Gemeinderat Winkel sein wird!
Heute bin ich schon eine Stunde vor Sitzungsbeginn in Bern, da ich noch ein Interview mit einem Journalisten habe. Ich liebe es im Ratssaal zu sitzen, wenn er fast leer ist. Ist immer so friedlich.
Heute Nachmittag ist auch Angelo Barrile wieder zu Besuch. Es geht um eine Parlamentarische Initiative, die noch von ihm eingereicht wurde. Schweizer Staatsbürger:innen sollen beim Nachzug von Familienangehörigen aus Drittstaaten gleiche Rechte wie EU- und EFTA-Bürger:innen erhalten. Nach geltendem Recht können Schweizer:innen bis jetzt nämlich nur ihre Ehepartner:innen sowie Kinder unter 18 Jahren aus Drittstaaten nachziehen, keine weiteren Verwandten. Der Rat stimmt der Gesetzesänderung mit 104:86 Stimmen bei 7 Enthaltungen zu. Ein Erfolg für Angelo!
Der Tag endet aber nicht gut: Eine Motion von SR Petra Gössi, welche die Rückführung von Eritreern mit abgewiesenen Asylgesuchen in ein Drittland verlangt (zB. Ruanda), erhält auch im Nationalrat eine Mehrheit. Dieser unverantwortliche und zudem undurchführbare Entscheid stellt das Recht auf Asyl und die Verpflichtungen der Schweiz im Rahmen der UNO-Flüchtlingskonvention in Frage. Ein absoluter Tiefpunkt.
Zweite Woche, vierter Tag (6.6)
Heute Morgen geht es einmal mehr ums neue Namensrecht. Der Nationalrat hat sich nun für folgendes entschieden: Bei einer Heirat hat jede/r die Möglichkeiten, so zu heissen, wie man will. Also den eigenen Namen behalten oder denjenigen der Ehefrau oder des Ehemannes annehmen: man kann auch einen Doppelnamen wählen, mit oder ohne Bindestrich, auch die Reihenfolge der Namen kann bestimmt werden. Für die gemeinsamen Kinder muss man sich aber für einen Familiennamen entscheiden, es soll keine Doppelnamen geben. Ein entsprechender Antrag findet leider keine Mehrheit.
Nachher beschäftigen wir uns mit dem Strafgesetzbuch: Stalking soll endlich als Straftatbestand aufgenommen werden. Im Sinne des Opferschutzes wird nun diese Gesetzeslücke nach dem Willen des Nationalrates geschlossen. Stalking heisst nun allerdings «Nachstellung». Ein Antrag, den englischen Begriff zu übernehmen, findet keine Mehrheit. Die Vorlage geht jetzt in den Ständerat.
Nach Sitzungsschluss schaffe ich noch den 13-Uhr-Zug, und es geht bereits wieder nach Hause!
Zweite Woche, dritter Tag (5.6.)
Die Sitzung geht heute nicht sehr lange, da ab Mittag die Fraktionsausflüge stattfinden. Im Rat verabschieden wir heute die Legislaturplanung, sie musste sogar in die Einigungskonferenz.
Ich nehme ausnahmsweise nicht am Fraktionsausflug daran teil, weil heute auch die sogenannte Übung Alpha Uno stattfindet: F/A-18 werden auf der Autobahn A1 starten und landen. Die Mitglieder der Sicherheitspolitischen Kommissionen sind zum Besuch der Übung eingeladen. Ehrensache, dass ich als Präsidentin der SiK-N mit dabei bin. Zum Glück spielt das Wetter mit, so ist die Stimmung unter den Gästen auch ausgezeichnet. Nicht so überzeugt bin ich allerdings, ob diese Übung tatsächlich nötig ist. Das zugrunde liegende Bedrohungsszenario halte ich auch unter den veränderten geopolitischen Bedingungen für die Schweiz als eher unwahrscheinlich.