Bundeshaus-Blog
Der vierte Tag
Heute beginnen wir mit den Budgetberatungen. Der Voranschlag 2016 wird uns in den kommenden Tagen immer wieder beschäftigen. Der Grundtenor ist genau gleich, wie ich das von der kommunalen und kantonalen Ebene her kenne: Die Bürgerlichen möchten unbedingt mehr sparen, ohne dass man aber genau sagt, welche Leistungen denn konkret gestrichen werden sollen. Ohne Leistungskürzung wird man nicht wirklich viel einsparen können, aber „sparen“ tönt halt so viel besser wie „abbauen“.
Über Mittag nehme ich an der parteiinternen „AG Europa“ teil. Das Thema liegt auf der Hand: Wie soll die Masseneinwanderungsinitiative umgesetzt werden, ist die EU allenfalls zu einem Kompromiss bereit? Wir haben uns da ohne Not in eine Sackgasse begeben, aus der wir vielleicht gar nicht mehr rauskommen...
Am Nachmittag geht es dann bereits nach Hause. Ich freue mich so wahnsinnig, meine Familie wieder zu sehen! Bis jetzt gefällt es mir sehr gut in Bern und es ist alles total spannend, meine Familie vermisse ich aber schon sehr. Das ist der grosse Wermutstropfen meiner neuen Aufgabe.
Der dritte Tag
Thema des heutigen Morgens ist die Vorlage „Weiterentwicklung der Armee“. Als baldiges Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission muss ich der Debatte natürlich gut zuhören. Es wundert mich etwas, dass die bürgerliche Seite angesichts der erhöhten Gefahr von Terroranschlägen die Lösung in einer Aufstockung der Armee sieht. Meiner Meinung braucht es für diese Aufgabe vor allem mehr Spezialkräfte der Polizei, das müssen gut ausgebildete Profis sein. Der Vorlage wird deutlich angenommen, die neuen Mehrheitsverhältnisse zeigen sich hier zum ersten Mal. Im Juni gab es noch eine „unheilige Allianz“ von links und rechts, jetzt erhält die Vorlage eine satte Mehrheit. Die SP enthält sich der Stimme, als „Neuling“ und mit dem Geschäft noch nicht sehr vertraut, folge ich der Parteiraison.
Am Nachmittag wird die neue Nationalratspräsidentin Christa Markwalder gefeiert. Zuerst geht es mit Postautos nach Lützelflüh zum Gotthelf-Museum, nachher in ihre Heimatgemeinde Burgdorf. Ich war noch nie da und bin ganz begeistert! Eine sehr hübsche kleine Stadt mit einem wunderschönen historischen Kern. Da werde ich ganz sicher nochmals vorbeischauen!
Der zweite Tag
Heute gehe ich schon mit etwas mehr Selbstverständnis ins Bundeshaus. So ganz habe ich mich zwar noch immer nicht daran gewöhnt, dass ich durch den Haupteingang hinein darf. Doch es funktioniert also tatsächlich ;-)! Am Morgen ist nun ganz gewöhnlicher Ratsbetrieb. Es geht vorwiegend um die Volksinitiative „Für eine nachhaltige und ressourceneffiziente Wirtschaft“, kurz „Grüne Wirtschaft“. Es sprechen etwa 20 RednerInnen, das sind ganz schön viele. Bei der Schlussabstimmung dominieren leider dieselben Kräfteverhältnisse, wie ich sie mir aus dem Kantonsrat gewöhnt bin: Links/grün unterliegt deutlich.
Am Nachmittag ist Fraktionssitzung. Hauptthemen sind natürlich die Bundesratswahlen (doch ich werde mich hüten, hier Internas zu verbreiten ;-)) und die Kommissionssitzzuteilungen. Ich bekomme Einsitz in die Sicherheitspolitische Kommission. Das ist zwar nicht meine erste Wahl, aber als Sicherheitsvorsteherin habe ich immerhin einen Bezug zum Thema.
Der Tag wird mit einem weiteren Höhepunkt abgerundet: Die Neuen sind vom Bundesrat zum Apéro im ehrwürdigen Von-Wattenwyl-Haus eingeladen. Und man müsste schon sehr „hartgesotten“ sein, um sich davon kein bisschen beeindrucken zu lassen!
Der erste Tag
Begleitet von meinem Mann, meinem Bruder und zwei JournalistInnen steige ich ziemlich nervös in den Zug nach Bern. Dabei ist es gar nicht die bevorstehende Vereidigung, die mich momentan am meisten beschäftigt, sondern das Zeitmangement. Wenn wir in Bern sind, muss ich zuerst geschwind das Gepäck in die Wohnung tun, dann gibt es vor dem Bundeshaus noch Fotos, dann habe ich einen Interviewtermin mit einer Journalistin von der „Le temps“ und danach kann es dann endlich losgehen.
Das Innere des Bundehauses gleicht einem Bienenstock. Ganz viele Leute gehen ganz schnell und ganz wichtig hin und her. Ich selber bin erst mal absorbiert von den ganz profanen Fragen wie: Wo ist das nächste WC? Wo kann man einen Kaffee trinken? Was mache ich mit den Mengen von Papier auf meinem Pult? Warum funktioniert das WLAN nicht? etc. Bei der Vereidigung wird man dann aber doch sehr warm ums Herz und ich kann endlich einen Moment innehalten. Jetzt bin ich da, wo ich immer sein wollte. Das erfüllt mich mit Freude und Stolz, aber auch mit Respekt vor der politischen Arbeit, die kommen wird. Finde ich hier meinen Platz? Werde ich mich genügend einbringen können? Ziemlich erledigt bin ich dann auch bei Sitzungsschluss. Jetzt noch schnell „poschten“, damit ich wenigstens das Nötigste in der Wohnung habe.