Bundeshaus-Blog
Zweite Woche, zweiter Tag (6.12.)
Einen Tag vor den Bundesratswahlen ist die zunehmende Anspannung deutlich spürbar. Die Kandidat:innen waren auch schon entspannter unterwegs, er werden immer noch zahlreiche Gespräche geführt.
Obwohl alles auf den morgigen Tag fokussiert ist, muss in den Räten trotzdem gearbeitet werden. Eine Delegation aus dem Deutschen Bundestag besucht uns, prominentestes Mitglied ist Gregor Gysi. Vielleicht kann ihr Besuch etwas dazu beitragen, dass die Beziehungen zu unserem Nachbarn und zur EU wieder verbessert werden…
Die OECD-Besteuerungsvorlage kommt wieder zurück aus dem Ständerat. Dieser hat die 50:50 Aufteilung zwischen Kantonen und Bund abgelehnt und hält an der Aufteilung 75% Kantone / 25% Bund fest. Leider folgt ihm jetzt auch der Nationalrat. Der Kompromiss ist somit weg vom Tisch.
Die Parlamentarische Initiative Tuena «Gesicherte Unterbringung von staatsgefährdenden Personen», die eine Präventivhaft fordert und damit gegen die europäischen Menschenrechtskonventionen verstösst, hatte erschütternderweise in der SiK noch eine Mehrheit. Der Nationalrat macht dann aber mit 105:84 Stimmen bei 4 Enthaltungen Schluss damit. Gut so!
In der Fraktionssitzung am Nachmittag wird es spannend: Wir haben die Hearings mit den zwei SVP-Kandidaten Hans-Ueli Vogt und Albert Rösti. Es ist uns allen klar, dass es sich um zwei SVP-Politiker handelt und sie natürlich in vielen Punkten nicht mit unserer politischen Haltung übereinstimmen. So viel kann ich aber preisgeben: Die SP wird im Ticket wählen. Jetzt sind wir alle gespannt auf morgen!
Zweite Woche, erster Tag (5.12.)
Dieses Wochenende hatte ich meine letzten zwei Polit-Apéros im Zusammenhang mit dem Regierungsrats-Wahlkampf. Werde sie fast etwas vermissen ;-), war immer sehr inspirierend und spannend.
Im Nationalrat geht es zuerst wieder einmal mehr ums Covid-Gesetz. Die Testkosten sollen weiterhin vom Bund übernommen werden, allerdings nur noch bis Ende März ’23. Das Geschäft geht nun zurück in den Ständerat.
Das Geschäft, das heute aber am meisten im Fokus steht, ist die Revision des Sexualstrafrechts. Das aktuelle Sexualstrafrecht beinhaltet Moralvorstellungen und Sitten, welche einer modernen Gesetzgebung nicht mehr gerecht werden. Im Zentrum steht beim Straftatbestand der Vergewaltigung die sogenannte Zustimmungslösung, also die «Nur Ja heisst Ja»-Lösung. Der Körper einer betroffenen Person ist kein Selbstbedienungsladen. Die SP unterstützt klar die Zustimmungslösung. Die Widerspruchslösung («Nein-heisst-Nein»), die der Ständerat vorschlägt, verkennt hingegen, dass bis zu 70 Prozent der betroffenen Personen nicht einmal in der Lage sind, auch nur verbale Ablehnung zu äussern. Der Nationalrat folgte seiner Kommission, der Zustimmungslösung wird mit 99:88 Stimmen bei 3 Enthaltungen zugestimmt! Jetzt ist wieder der Ständerat am Zug.
Ein weiteres erfreuliches Abstimmungsresultat ist zu verzeichnen: Einer Motion aus der Rechtskommission, die einen verbesserten Nationalen Aktionsplan gegen Menschenhandel verlangt, wird deutlich zugestimmt. Nach diesen positiven Resultaten geht es beschwingt nach Hause, auch wenn es bereits 21.45 Uhr geworden ist.
Erste Woche, vierter Tag (1.12.)
Die Budget-Debatte wird heute morgen abgeschlossen. Leider war kein einziger Minderheitsantrag von uns erfolgreich. Die Ukraine-Hilfe wird nicht auf 200 Mio. verdoppelt, auch wird unserer Meinung nach zu wenig in die Entwicklungszusammenarbeit investiert. Immerhin konnten 35 Mio. aus dem Horizon- ins Innosuisse-Budget umgeschichtet werden. Da wir nächstes Jahr – leider –weiterhin nicht bei Horizon Europe dabei sind, können mit dieser Konto-Umlagerung die Gelder für die Forschung tatsächlich auch gebraucht werden. Ansonsten sind wieder einmal mehr die landwirtschaftlichen Themen erfolgreich: noch mehr Geld für Herdenschutz, für die Pferdezucht und die Weinwerbung. Ausser der SVP stimmen alle Parteien in der Gesamtabstimmung dem 80-Milliardenbudget zu.
Danach geht es gleich weiter mit dem nächsten Brocken: der OECD-Mindestbesteuerung. Die Schweiz soll sich der von der OECD geforderten globalen Mindeststeuer von 15 Prozent für internationale Konzerne anschliessen, was auch richtig ist. Der Ständerat hat in der Herbstsession der für die Umsetzung der OECD-Steuerreform nötigen Verfassungsänderung zugestimmt. Die WAK Nationalrat will die voraussichtlichen Mehreinnahmen je hälftig zwischen Bund und Kantonen aufteilen, wobei gleichzeitig eine Obergrenze pro Einwohnerin und Einwohner eingeführt werden soll. Dies steht im Gegensatz zum Ständerat, der 75% für Kantone und 25% für den Bund als Aufteilung vorschlägt. Der Nationalrat folgt seiner Kommission nur bedingt. Die Aufteilung 50:50 wird zwar beibehalten, aber ohne Obergrenze. Aber zum Glück erhält der Antrag von Leo Müller, der Vorgaben an die Kantone für die Verteilung an die Gemeinden verlangt, eine Mehrheit. So kann ich der Vorlage zustimmen, und so sieht es auch die Mehrheit des Nationalrates. In der Gesamtabstimmung sind 127 dafür, 43 dagegen und 18 enthalten sich.
Ungewohnt spät für einen Donnerstag geht es dann nach Hause, die erste Sessionswoche ist geschafft!
Erste Woche, dritter Tag (30.11.)
Die Sitzung am Morgen dauert nur bis 9.30 Uhr, nachher geht es ins Bündnerland zu den Feierlichkeiten für den NR-Präsidenten Martin Candinas. Ich gehe aber nicht mit, sondern nütze die Gelegenheit, meine Familie zu sehen und für den Zürcher Wahlkampf zu arbeiten.
Im Rat werden die Budgetdebatte fortgesetzt. Die SP-Fr
aktion steht grundsätzlich hinter der Finanzstrategie des Bundesrates, setzt aber folgende Akzente: Es braucht eine sinnvolle Interpretation der Schuldenbremse, sie schränkt den Handlungsspielraum des Parlaments nämlich unnötig stark ein. Dann soll es keine weiteren Einnahmeausfälle durch Steuerreformen geben. Es sind weiterhin zahlreiche Steuerreformen geplant, diese dürfen aber nicht zu Einnahmeausfällen führen. Auch eine realistischere Budgetierung auf der Ausgabenseite ist durchaus erstrebenswert. Denn die nicht genutzten Ausgaben (Kreditreste) fliessen heute direkt in den Schuldenabbau und verschmälern das Budget aufgrund der Schuldenbremse unnötig. Zu guter Letzt müssen jetzt neue Investitionen zum Erhalt der Kaufkraft, Stärkung der Wirtschaft und Gewährleistung der Lebensgrundlagen zwingend getätigt werden. Das ist sinnvoller als das Armeebudget ohne Plan aufzublähen. Die Verknüpfung mit dem BIP, welche das Parlament gefordert hat, macht keinen Sinn. Die Kürzung der 300 Mio. Erhöhung hat aber keine Chance. Danach wird die Sitzung unterbrochen, die Beratungen werden morgen fortgesetzt.
Keine guten News kommen aus dem Ständerat: Das «Chambre de réfléxion» tritt nicht auf den indirekten Gegenvorschlag zu unserer Prämienentlastungs-Initiative ein. Falls der Nationalrat dem Ständerat folgen würde, gäbe es keinen Gegenvorschlag zur Initiative. Wobei so natürlich auch die Chancen für die Initiative steigen würden.
Erste Wocher, weiter Tag (29.11.)
Heute beginnen wir mit dem Hauptgeschäft einer jeder Wintersession: mit dem Budget fürs kommende Jahr. Dieses sieht fürs nächste Jahr gar nicht schlecht aus, es ist sogar ein leichter Überschuss budgetiert. Die Erhöhung des Armeebudgets kann also gerade noch finanziert werden. Aber für die weiteren Jahre wird es schwierig, da die Armeeausgaben gemäss Parlament ja stetig steigen sollen, bis 2030 sind das zusätzliche 2 Mrd. Das ist die falsche Prioritätensetzung. Es sind auch weitere Ausgaben geplant, die meiner Meinung nach sinnvoller sind wie zum Beispiel Krankenkassenprämien-Entlastungen und höhere AHV-Beiträge. Wir werden heute nicht fertig mit dem Budget, die Beratungen werden morgen und übermorgen fortgesetzt.
An der Fraktionssitzung heute Nachmittag ist es schwierig, sich zu konzentrieren. Wegen des Staatsbesuches des italienischen Präsidenten Sergio Mattarella ist rund ums Bundeshaus alles abgesperrt und der rote Teppich ausgerollt. Zudem spielt nonstop die Militärmusik, die Stimmung ist entsprechend beschwingt. Von unserem Fraktionszimmer aus können wir die ganze Szenerie beobachten und fotografieren.
Nach der Fraktionssitzung eile ich an die Vorstandssitzung vom Zivildienstverband CIVIVA, dort bin ich ja gemeinsam mit Fabien Fivaz Co-Präsidentin. Wir bereiten die Verleihung des Prix CIVIVA vor, die kurz danach stattfindet. Der Preis geht dieses Jahr an das Schweizerische Rote Kreuz, da es eng und intensiv mit Zivildienstleistenden zusammengearbeitet hat. Das SRK steht für ein bespielloses humanitäres Engagement und passt darum gut zu CIVIVA.
WINTERSESSION (28.11.-16.12.2022), erste Woche, erster Tag (28.11.)
Heute beginnt die letzte Wintersession in dieser Legislatur. In einem Jahr wird das Parlament nach den Wahlen wieder anders aussehen. Ich hoffe natürlich, rot-grüner ;-).
Der Weg ins Parlament gestaltet sich etwas schwierig, denn es findet der traditionelle «Zibelemärit» statt. Es dauert etwas länger, sich mit Sack und Pack durch die Menschenmassen zu bewegen, aber ich liebe die fröhliche Stimmung und die vielen bunten Marktstände. Gut, die Sache mit diesen Plastikhämmern habe ich bis jetzt nicht ganz begriffen. Selbstverständlich ist es auch dieses Jahr nicht möglich, das Bundeshaus von Konfetti zu verschonen – sie sind einfach überall!
Diese Session steht natürlich ganz im Fokus der Bundesratswahlen in der zweiten Woche. Wir in der SP haben am Samstag ja unser Ticket nominiert: Wir steigen mit Eva Herzog und Elisabeth Baume-Schneider ins Rennen. Zwei tolle und regierungserfahrene Frauen, die Vereinigte Bundesversammlung kann zwischen zwei sehr valablen Kandidatinnen auswählen.
Die Wintersession beginnt wie üblich mit der Wahl des Nationalratspräsidiums. Martin Candinas wird 181 Stimmen ausgezeichnet gewählt. In seiner Antrittsrede betont er die Wertschätzung für unsere direkte Demokratie und für unsere Viersprachigkeit. Und Martin zieht es gleich durch mit dem Rätromanischen, finde das super. Eric Nussbaumer wird danach mit 161 Stimmen zum 1. Vizepräsidenten und Maja Riniker mit 131 Stimmer zur 2. Vizepräsidentin gewählt.
Nach einem kurzen Unterbruch beginnt die eigentliche Sitzung. Sie hat aber einen schweren Stand heute, da gleichzeitig die Schweiz gegen Brasilien spielt. Leider verliert die Schweiz mit 1:0.
Dritte Woche, letzter Tag (30.9.)
Der letzte Sessionstag beginnt gehässig. Die SVP ärgert sich über die Redaktionskommission, die den Titel zum indirekten Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative angepasst hat, da die Vorlage durch neue Beschlüsse inhaltlich erweitert wurde. Der Erlass heisst jetzt «Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit». Man vermutet jetzt von SVP-Seite eine Art Komplott, da sie ja bereits kommuniziert haben, dass sie das Referendum dagegen ergreifen werden. Dieser Vorgang ist aber durchaus normal und auch korrekt, ein entsprechender Rückweisungsantrag der SVP erhält natürlich keine Mehrheit. Bei der Schlussabstimmung zum indirekten Gegenvorschlag gibt es zuvor noch Fraktionserklärungen. Allen, ausser der SVP, ist es klar, dass es nun dringend griffige Massnahmen im Klimaschutz und in der einheimischen Energieproduktion braucht. Der Vorlage wird mit 139:51 Stimmen bei 1 Enthaltung deutlich zugstimmt. Die SVP dreht darauf allen den Rücken zu, Kindergarten…
Bei den Schlussabstimmungen gibt es eine Überraschung: Das Embargogesetz wird mit 70:118 Stimmen bei 5 Enthaltungen abgelehnt. Das Gesetz brachte nicht die erwünschten Resultate in Sachen eigenständigen Sanktionen. Dafür wurde gestern die Motion der APK «Kohärente, umfassende und eigenständige Sanktionspolitik» vom Nationaltrat angenommen, das ist ein guter Weg.
Heute wird auch Marianne Streiff-Feller aus dem Nationalrat verabschiedet. Ich bedaure ihren Rücktritt, ich habe ihre ruhige, warmherzige und überlegte Art immer sehr geschätzt. Wünsche ihr alles Gute für die neue berufliche Aufgabe!
Und dann geht’s’ wieder nach Hause, habe meine Familie wirklich sehr vermisst.
Dritte Woche, vierter Tag (29.9.)
Der zweitletzte Tag beginnt mit einem «Evergreen»: Es wird wieder einmal ein Versuch gestartet, einen Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung hinzukriegen. Konkret geht es um die Abschaffung des Eigenmietwerts, über das könnte man ja noch diskutieren. Aber zugleich sollen die Abzüge von Schuldzinsen und Unterhaltskosten doch weiter möglich sein. Das ist definitiv «de Foifer und s’Weggli». Die Unzufriedenheit über die Vorlage ist nicht nur bei uns gross, der Rückweisungsantrag der Mitte an die Kommission erhält darum auch eine Mehrheit. Beginnen wir nochmals neu oder lassen wir es…
Über Mittag gehe ich mit Claudia Friedl und Eric Nussbaumer an den Empfang in der Deutschen Botschaft anlässlich des Tages der Deutschen Einheit vom kommenden Montag. Es hat viele Leute und der Lärmpegel ist sehr hoch, trotzdem gelingt das eine oder andere interessante Gespräch.
Am heutigen Sitzungstag werden sonst nur WBF-Vorlage und -Vorstösse behandelt. Diejenigen, welche die Beziehungen zur EU und Horizon zum Thema haben, erhalten alle erfreulicherweise eine Mehrheit. Eine Protestaktion auf der Tribüne sorgt kurz darauf für Unruhe: Zuschauer entfalten plötzlich ein grosses Transparent. Das ist zwar verboten, aber tut niemanden weh. Doch die Besucher beginnen danach auch, Papierflieger in den Ratssaal zu werfen. Das hat etwas Bedrohliches und wird von uns Ratsmitgliedern nicht goutiert. Selbstverständlich sind die Sicherheitskräfte sofort zur Stelle und führen die «jungen Wilden» ab. Die Nerven sind eben etwas angespannt, weil es am Morgen einen Zwischenfall im Ratssaal gab: Ein Kollege ist zusammengebrochen. Zum Glück gibt es ja einige Ärzt:innen im Parlament. Angelo ist einfach ein hervorragender Arzt.
Der Abschluss des heutigen Tages ist leider auch nicht positiv: Die SVP hat eine Motion eingereicht, welche die Zulassungen zum Zivildienst verschärfen möchte. Es handelt sich dabei beinahe wortwörtlich um dieselben schikanösen Massnahmen wie in der Zivildienstgesetz-Revision, welche im Nationalrat im Juni 2020 abgelehnt wurde. Leider ist ein grosser Teil der Mitte gekippt, die Motion wird mit 93:84 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt. Falls es tatsächlich zu einer entsprechenden Gesetzesvorlage kommen wird, freue ich mich jetzt schon aufs Referendum…
Dritte Woche, dritter Tag (28.9.)
Bevor es auf Reisen geht, wird noch gearbeitet. Eine Dringliche Debatte zu den steigenden Energiepreisen, die auch dem Mittelstand zunehmend in Bedrängnis bringen, steht heute auf der Traktandenliste. Die SVP macht wieder einmal die Energiestrategie 2050 und Simonetta Sommaruga für die Energiepreise verantwortlich, als ob die anderen Länder in Europa nicht dieselben Probleme hätte. Die SP möchte wissen, wie und ob der Bundesrat gedenkt, einkommensschwache Haushalte gezielt zu entlasten. Der Bundesrat hält die Preissteigerungen momentan aber noch für verkraftbar.
Und es geht weiter mit der Dringlichkeit: Sowohl der Rettungsschirm für Elektrizitätsunternehmen wie auch der indirekte Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative werden logischerweise als dringlich erklärt.
Normalerweise gibt es zu den Jahreszielen des Bundesrates keine Voten. Aber ein Ordnungsantrag von Eric Nussbaumer sorgt dafür, dass es doch eine Debatte geben kann. Die Meinung der Mehrheit im Parlament ist klar: Der Bundesrat muss endlich mehr Entschlossenheit zeigen bezüglich geregelter Beziehungen zur EU. Das ist für unseren Wirtschafts- und Forschungsstandort essentiell!
Am Mittag geht es dann los mit dem Fraktionsausflug nach Zürich. Nach der Ankunft gibt es zuerst einen Apéro im Hauptbahnhof, nachher finden verschiedene Führungen statt. Am Abend treffen sich alle wieder im Café Boy zum nächsten Apéro und Nachtessen. Ich bin schon etwas stolz, meinen Kolleg:innen «unser» Café Boy zeigen zu können. Welche andere Kantonalpartei besitzt schon ein Restaurant ;-)?
Dritte Woche, zweiter Tag (27.9.)
Der heutige Tag startet mit einem «Gespenst» aus den letzten zwei Jahren, nämlich mit dem Covid-19-Gesetz. Die Gültigkeit dessen wird bis zum 30. Juni 2024 verlängert, nur die SVP ist dagegen. Auch wenn wir es lieber anders hätten, aber die Pandemie und deren Folgen sind noch nicht vorbei. Die Regelung der Kostenübernahmen und Wirtschaftsmassnahmen muss weiterhin ihre Gültigkeit haben.
Weiter geht es mit Vorstössen aus dem Gesundheitsbereich. Zum Beispiel erhält eine Motion aus der SGK eine deutliche Mehrheit, welche verlangt, dass die Forschung und Therapie für spezifische Frauenkrankheiten gefördert werden soll. Das ist dringend notwendig, denn Frauen und Männer erkranken anders. Bis jetzt hat man sich in der Medizin nämlich vorwiegend nur am männlichen Körper orientiert.
Nach der Fraktionssitzung am Nachmittag fahre ich wegen des Regierungsrats-Wahlkampfs kurz nach Zürich zurück an die Vollversammlung der AL. Es geht um die gegenseitige Unterstützung von SP, Grüne und AL. Auch morgen bin ich wieder Zürich, dann aber mit der gesamten Fraktion. Es ist unser Fraktionsausflug, freue mich!
Dritte Woche, erster Tag (26.9.)
Ein durchzogenes Abstimmungs-Wochenende liegt hinter uns. Die AHV-Vorlage wurde angenommen, wenn auch nur sehr knapp. Die Frauen hatten abgelehnt. Jetzt müssen die Anliegen der Frauen bei der Revision der 2. Säule endlich ernst genommen werden. Da braucht es spürbare Verbesserungen. Die bürgerliche Steuerpolitik erhielt dafür einmal mehr eine Klatsche: Die Abschaffung der Verrechnungssteuer wurde abgelehnt. Einmal mehr hat sich das korrigierende Eingreifen der SP gelohnt.
Wieder im Nationalrat geht es heute u.a. ums Postorganisationsgesetz. PostFinance soll es ermöglicht werden, selbstständig Hypotheken und Kredite an Dritte zu vergeben. Der Eintritt von PostFinance in den Kredit- und Hypothekarmarkt soll durch die Abgabe der Kontrollmehrheit der Post (und damit indirekt des Bundes) an PostFinance flankiert werden. Zudem soll der Bund dazu ermächtigt werden, eine zeitlich und umfangmässig limitierte Kapitalisierungszusicherung an den Postkonzern abzugeben, um die bestehende Notfallkapitallücke bei PostFinance abzudecken. Der Nationalrat folgt dem Ständerat und tritt nicht auf das Geschäft ein. Auch die SP ist gegen Eintreten. Wir stehen Teil-Privatisierungen skeptisch gegenüber. Zudem wurde die Chance vertan, PostFinance als Klimabank zu gestalten. Das Geschäft ist vorderhand vom Tisch.
Es ist bereits schon Abend, als die Beratungen zum axpo-Rettungsschirm beginnen. Es muss dafür ein Nachtragskredit von 4 Milliarden bewilligt werden. Dies erstaunt schon, und es gibt auch kritische Stimmen. Aber die axpo könnte wegen der hohen Strompreise temporär in Liquiditätsschwierigkeiten geraten, die Firma als solche ist aber gesund. Die Stromversorgung durch die axpo muss aber zwingend gewährleistet werde, es könnte sonst zu einem Domino-Effekt führen. Immerhin hat sich die axpo bereit erklärt, weder Boni noch Dividenden auszuzahlen, wenn der Kredit tatsächlich beansprucht würde. Dem Kredit wird denn auch mit 135:48 Stimmen bei 2 Enthaltungen zugestimmt.
Ein Highlight heue Abend ist aber der Besuch von Neumitgliedern der SP Kanton Zürich im Bundeshaus. Mattea Meyer und stehen sehr gerne Red und Antwort.
Zweite Woche, vierter Tag (22.9.)
Heute beginnt der Tag wieder früh, mit einer geradezu historischen Sitzung: Wir haben in der GPK tatsächlich eine Einigungskonferenz. Niemand kann sich daran erinnern, dass es das in den letzten Jahrzehnten schon einmal gegeben hat, weil die GPK normalerweise ja keine Gesetzesartikel entwirft. Es geht um die Parlamentarische Initiative Joder, welche im Parlamentsgesetz die GPK stärken will. Es besteht noch eine Differenz zum Ständerat. Der Nationalrat will, dass eine gemeinsame Subkommissionen der GPK und der FiKo bei ihren Untersuchungen zusätzliche Informationsrechte bekommen sollen, soweit das nötig ist zur Klärung der Sachverhalte. Das könnten dann auch mal Protokolle aus den Bundesratssitzungen sein. Die Mehrheit der Ständerät:innen befürchtet aber, dass dies zu Indiskretionen führen könnte. Wenn man aber der GPK und der FiKo diese Einsichtsrechte nicht gewährt, ist es nicht mehr weit her mit der Stärkung der Aufsichtskommissionen und die PaIv würde nicht umgesetzt. Die Einigungskonferenz befürwortet dann auch mehrheitlich die Version Nationalrat. Der Vorschlag droht aber im Ständerats-Plenum zu scheitern, weil es gewissen bürgerlichen, männlichen Ständeräten leider nicht um die Sache, sondern um Machtdemonstration geht.
Im Rat geht es nachher vor allem um Geschäfte aus dem EJPD. Ein Postulat von Samira Marti erhält erfreulicherweise eine Mehrheit. Der Bundesrat wird darin gebeten, in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Kompetenzzentrum für Menschenrechte (SKMR) in einem Bericht zu analysieren, inwiefern das Kindeswohl im Asyl- und Ausländerrecht gewährleistet wird und ob Handlungsbedarf besteht. Samira hat im Vorfeld sehr viel für dieses Anliegen gearbeitet, zum Glück mit Erfolg!
Danach ist die zweite Sessionswoche beendet und es geht wieder nach Hause. Freue mich so auf meine Familie!
Zweite Woche, dritter Tag (21.9.)
Zu Beginn der Sitzung kann der Nationalrat die Beratungen zur Biodiversitäts-Initiative abschliessen. Dem indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates wird mit 104:83 Stimmen bei 5 Enthaltungen zugestimmt, die Volksinitiative hingegen wird mit 72:101 Stimmen bei 19 Enthaltungen abgelehnt. Die SP befürwortet sowohl die Initiative wie auch den Gegenvorschlag.
Heute stehen zudem zwei ausserordentliche Sessionen auf dem Programm: eine zur Kaufkraft und eine zur Versorgungssicherheit. Am Morgen findet die Diskussion zur Kaufkraft statt. Die untere und mittlere Mittelschicht leidet zunehmend unter den stetig steigenden Krankenkassen-Prämien, und jetzt nehmen auch noch die Energiepreise zu. Kaufkraftverlust bedeutet weniger Konsum, Kaufkraftstärkung ist also die beste KMU-Politik. Gemeinsam mit der Mitte hat die SP diese Debatte verlangt. Die SP möchte zum Beispiel eine Erhöhung des Bundesbeitrages an die individuelle Prämienverbilligung um 30%, explizit für dieses Jahr. Die Mitte schlägt einen sofortigen Teuerungsausgleich bei den AHV-Renten vor. Die SVP beantragt das politische Gegenkonzept mit Steuer- und Mineralölsteuersenkungen. Und hält sich mit unflätigen Angriffen gegen alle nicht zurück. Zum Glück folgt niemand den Anträgen der SVP, diejenigen der SP und der Mitte sind hingegen erfolgreich.
Die Nachmittagssitzung beginnt mit der zweiten ausserordentlichen Session heute, welche die SVP beantragt hat. Unter dem Deckmantel «Versorgungssicherheit» wird eigentlich eine Asyldebatte geführt. Der Schutzstatus S wird von der SVP in Frage gestellt, besonders für Menschen, die aus dem Westen der Ukraine kommen. Alle SVP-Vorstösse werden klar abgelehnt. Dafür stimmt der Rat Vorstössen zu, bei denen es tatsächlich um Versorgungssicherheit geht, wie zum Beispiel der Umwandlung von Solarstrom in synthetische Gase.
Zweite Woche, zweiter Tag (20.9.)
Der heutige Tag beginnt aufregend für mich. BR Viola Amherd hat gestern die Verträge für den Kauf der F 35-Kampfjets bereits schon unterschrieben, obwohl sie Ende letzte Woche angekündigt hat, dass dies erst in den nächsten Tagen und Wochen geschehen werde. Es konnte also nicht genug schnell gehen. Damit setzt das VBS seinem undemokratischen Verhalten einen weiteren Höhepunkt und untergräbt einmal mehr die direkte Demokratie. Die Allianz gegen den F-35 will aber keine Pseudo-Abstimmung, bei der das Stimmvolk nicht über den eigentlichen Kauf entscheiden kann. Eine Abstimmung nach der Vertragsunterzeichnung ist nichts anderes als eine demokratische Farce und macht keinen Sinn mehr. Aus diesem Grund haben wir uns schweren Herzens entschlossen, die Volksinitiative zurückziehen, auch wenn wir nach wie vor der Überzeugung sind, dass der F-35 ein Fehlkauf und ein Milliardenrisiko für die Schweiz ist. Zurück bleibt eine grosse Leere, aber auch Erleichterung, dass ich mich nun auch wieder um andere Themen als Kampfjets kümmern darf…
(Foto: Tages-Anzeiger)
Im Rat gehen die Beratungen zur Biodiversitäts-Initiative weiter und werden auch heute noch nicht beendet, sie werden morgen fortgesetzt.
Nach der Fraktionssitzung am Nachmittag leite ich die Fachkommission «Frieden und Sicherheit». Heute mit dem spannenden Thema «Welche Friedensperspektive für die Ukraine?». Der renommierte Journalist und Sicherheitsexperte Andreas Zumach gibt einen hochinteressanten und zum Nachdenken anregenden Input für die anschliessend stattfindende Diskussion.
Zweite Woche, erster Tag (19.9.)
Am Wochenende war zwar so einiges los, von Elternmorgen über Polit-Apéro bis Besuch von Freunden. Es hat gut getan, sich mal nicht nur mit Politik zu beschäftigen ;-).
Im Rat heute Nachmittag beginnen die Beratungen zur Initiative «Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft (Biodiversitätsinitiative)»., welche am 8.9.2020 vom Trägerverein «Ja zu mehr Natur, Landschaft und Baukultur» (dahinter stehen Pro Natura, Birdlife, Schweizer Heimatschutz, Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, JagdSchweiz, casafair, Schweiz. Fischereiverband) eingereicht wurde. Sie verlangt einen stärkeren Schutz der Biodiversität und der Landschaft. Mit einer Anpassung der Bundesverfassung will die Initiative Bund und Kantone dazu verpflichten, die Artenvielfalt, die Landschaft und das baukulturelle Erbe besser zu schützen. Sie fordert für die Biodiversität mehr Flächen und mehr Gelder der öffentlichen Hand.
Der Bundesrat stellte der Initiative einen indirekten Gegenvorschlag gegenüber. Im Mittelpunkt steht die Sicherung des notwendigen Raums für Tiere und Pflanzen. Dafür will der Bundesrat 17 % der Landesfläche zum Schutz der Biodiversität im Gesetz verankern. An diesem Ziel hat sich der Bundesrat bereits 2012 in seiner Strategie Biodiversität Schweiz orientiert. Aktuell liegt der Anteil dieser Schutzflächen in der Schweiz bei 13,4 %. Mit der gesetzlichen Verankerung des 17-%-Zieles stärkt der Bundesrat seinen Auftrag, in allen Landesteilen und für alle Lebensraumtypen die notwendige Fläche für die biologische Vielfalt zu sichern.
Wir werden heute fertig mit den Beratungen, sie werden morgen fortgesetzt.