Bundeshaus-Blog
Zweite Woche, zweiter Tag (15.9)
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Der Tag startet wie gestern angekündigt mit den Differenzbereinigungen zum Covid-19-Gesetz. Der Nationalrat hält im grossen Ganzen an seiner Version fest, wie zum Beispiel die 100 Mio. für die Kultur und die A-Fonds-Perdu-Beiträge bei Härtefällen. Leider fliegt der Einbezug der Gemeinden bei der Erarbeitung von Massnahmen aus dem Gesetz. Die Vorlage geht nun wieder zurück in den Ständerat.
Dann geht es weiter mit Differenzbereinigungen zum Gegenvorschlag zur Pflegeinitiative. Der Nationalrat hält an der dringend nötigen Ausbildungsoffensive fest. Auch Abrechnungen sollen Pflegefachpersonen selbständig machen dürfen. Das sind zwei der wichtigen, grundlegenden Forderungen der Initiative.
Mein bester Freund Angelo Barrile kann kurz vor der Mittagspause jubilieren: Seine Motion, die verlangt, dass für Kinder der Zugang zu medizinischen Leistungen gewährleistet bleiben muss, auch wenn ihre Eltern der Zahlungspflicht der Krankenkassenprämien nicht nachkommen, erhält eine deutliche Mehrheit. Nur die SVP ist dagegen.
Auch diesen Dienstag profitiere ich vom früheren Feierabend nach der Fraktionssitzung und gehe kurz nach Hause zurück. Das tut richtig gut, vermisse meine Familie jeweils sehr.
Zweite Woche, erster Tag (14.9.)
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Das Wochenende war sehr erholsam, das war aber auch dringend nötig. Die Aktivitäten im Nein-Komitee zur Kampfjet-Abstimmung gleichzeitig mit der Session zusammen gehen langsam ganz schön an die Nieren. Aber es ist ja absehbar, der 27. September naht. Trotzdem gebe ich selbstverständlich nicht auf und weible weiterhin für ein Nein. Wir brauchen diese Art von Luxus-Kampfjets nicht!
Auch heute dauert die Nationalratssitzung bis in den späten Abend hinein. Eigentlich hätten wir die Differenzen zum Covid-19-Gesetz beraten sollen, dieses ist ziemlich zeitkritisch. Da die nationalrätliche Kommission aber erst am Mittag tagen konnte und es immer noch zahlreiche Differenzen zum Ständerat gibt, wird einem Ordnungsantrag zugestimmt, das Geschäft auf morgen zu verschieben. So wird nun die ganze Legislaturplanung an diesem Abend durchberaten. So haben wir parteiintern genügend Zeit, über den Sinn und Unsinn von Legislaturzielen zu diskutieren ;-).
Erste Woche, vierter Tag (10.9.)
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Der heutige Tag startet mit Differenzbereinigungen zum CO2-Gesetz. Auch wenn das Gesetz ein Kompromiss ist und mir in einigen Punkten zu wenig weit geht, ist es doch eine deutliche Verbesserung zum Status Quo. Und immerhin ist zB, die Einführung der Flugticketabgabe mittlerweile unbestritten. Bei der Abgabe für Privatflieger besteht noch eine Differenz zum Ständerat: Der Nationalrat will eine Mindestabgabe von 500 Fr, es darf auch mehr sein. Ganz wichtig ist jetzt, dass das CO2-Gesetz in der Volksabstimmung angenommen wird (das Referendum wurde ja bereits angekündigt). Eine Ablehnung des CO2-Gesetzes würde uns in der Entwicklung um Jahre zurückwerfen, das können wir uns nicht leisten. Wir müssen jetzt endlich handeln!
Nachher geht es um ein Massnahmenpaket zugunsten der Medien. Es sollen die Rahmenbedingungen für die Medien verbessert, die Medienvielfalt gestärkt und die digitale Transformation der Branche unterstützt werden. Dem Ansinnen, die Online-Medien aus der Vorlage herauszukicken, kann zum Glück ein Riegel geschoben werden. Die Vorlage wird an die Kommission zurückgewiesen, mit dem Auftrag, das Geschäft integral vorzuberaten.
Danach wird ein Hilfspaket für den öffentlichen Verkehr geschnürt. Der Corona-bedingte Einbruch der Passagierzahlen ist gross. Der Bund muss sich am Defizit beteiligen, es ist schliesslich nicht selbstverschuldet. Dem Gesetz wird deutlich zugestimmt.
Kurz vor Sitzungsschluss gibt es noch eine erfreuliche Überraschung: Die Parlamentarische Initiative von Sibel Arslan, welche die Einführung des aktiven Stimm- und Wahlrecht für 16jährige verlangt, erhält eine Mehrheit!
Ausnahmsweise haben wir auch am Nachmittag Sitzung, da wir mit den Geschäften im Rückstand sind. Am Abend geht es dann aber nach Hause oder, genauer gesagt, zuerst noch an die GL-Sitzung der SP Kanton Zürich.
Erste Woche, dritter Tag (9.9.)
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Heute beginnen die Beratungen zum Covid-19-Gesetz. Im Vorfeld wurden wir Parlamentarier*innen geradezu von Mails und Briefen bombardiert. Dabei ging es den Leuten vorwiegend um den Impfzwang. Es ist aber so, dass das Impfobligatorium (es ist kein Zwang!) aber im Art. 6 des Epidemiegesetzes und ist als solches bereits in Kraft.
Mit dem Covid-19-Gesetz hingegen soll die gesetzliche Grundlage geschaffen werden, damit die bisherigen in Notverordnungen festgeschriebenen Massnahmen weitergeführt und angepasst werden können. Es regelt, welche Befugnis der Bundesrat zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie haben soll und regelt Massnahmen in folgenden Bereichen: Gesundheitsversorgung, Arbeitsschutz, Asyl-und Ausländerrecht, Kultur, Medien, Erwerbsersatz, Arbeitslosenversicherung, insolvenzrechtliche und verfahrensrechtliche Massnahmen. Das Gesetz ist bis 31. Dezember 2021 befristet.
Der Nationalrat baut das Gesetz noch weiter aus. Zum Beispiel sollen auch diejenigen Selbstständigerwerbenden Anrecht auf Erwerbsersatz haben, die zwar Aufträge haben, aber in ihrer Arbeit massgeblich eingeschränkt sind, Abgelehnt wurde leider ein SP-Antrag, der den Arbeitnehmenden mit tieferen Löhnen bei Kurzarbeit einen Lohnersatz von 100 Prozent garantieren wollte. Dafür gibt es jetzt noch zusätzliche Finanzhilfen für Unternehmen der Event- und der Reisebranche, die ja unverschuldet in einer wirtschaftlichen Misere sind. Alles in allem sind wir zufrieden mit dem Gesetz, da die Unterstützungsmassnahmen fortgeführt und ausgeweitet werden. Der Nationalrat stimmt der Vorlage mit 144:35 Stimmen bei 16 Enthaltungen zu, das Gesetz geht morgen in den Ständerat.
Erste Woche, zweiter Tag (8.9)
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Der Tag startet heute Vorstössen noch aus der ausserordentlichen Session. Es geht um finanzielle Unterstützungsmassnahmen für Corona-gebeutelte Betriebe und Unternehmen geht. Die Krise ist noch nicht bewältigt, gewisse Massnahmen sind nach wie vor nötig. Ich denke da zum Beispiel an die Reise-, Tourismus- und Eventbranche und Kulturschaffende. Ein Teil der Anliegen hat der Bundesrat in der Zwischenzeit bereits erfüllt (zB. die Weiterführung der Unterstützung von Selbständigen). Leider erhält aber die Kommissionmotion der SGK, welche die Kurzarbeitsentschädigung weiterführen will, ganz knapp keine Mehrheit. Es gibt aber noch eine Chance bei der morgigen Beratung des Covid-Gesetzes. Es muss nun klar darum gehen, Konkurse zu verhindern, Arbeitsplätze zu erhalten und Existenzen zu sichern.
Danach geht es um die Förderung von Bildung, Forschung und Innovation für die Jahre 2012 -2024. Für den Bildungs- und Hochschulstandort Schweiz sind diese Beiträge absolut essentiell. Das Geschäft ist ein grosser Brocken und kann darum heute nicht fertig beraten werden.
Nach der Fraktionssitzung am Nachmittag profitiere ich vom frühen Feierabend und fahre zurück nach Kloten zu meiner Familie, kehre aber am Abend spät aber noch nach Bern zurück. Es ist so viel angenehmer und entspannter, am Morgen bereits in Bern zu sein!
Herbstsession 7.-25. September 2020, erste Woche , erster Tag (7.9.)
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Wir sind wieder zurück im Bundeshaus. Allerdings wollen «Heimatgefühle» nicht so recht aufkommen. Jeder Sitzplatz hat ein Plexiglas-Kabäuschen, es fühlt sich ein bisschen wie ein Käfig an. Die Kommunikation wird dadurch auch sehr erschwert. Wenn wir den Platz verlassen, ist Maskentragen Pflicht. Etwas gewöhnungsbedürftig das Ganze, aber in Corona-Zeiten halt unerlässlich.
Und Corona ist auch wieder das vorherrschende Thema in dieser Herbstsession. Am Mittwoch berät der Nationalrat das Covid-19- Gesetz, das bereits im Vorfeld zu heftigen Diskussionen führte. Zudem müssen zahlreiche Unterstützungsmassnahmen fürs Gewerbe, Kulturschaffende etc. weitergeführt werden können. Die Krise ist leider noch lange nicht vorbei.
Das Hauptthema ist heute aber die Kulturbotschaft. Diese gilt als Wegweiser der nationalen Kulturpolitik. Es ist bereits die dritte Kulturbotschaft, über welche das Parlament mittlerweile zu Legislaturbeginn entscheidet. Am meisten Diskussion gibt es bei den Änderungen des Filmgesetzes. Denn der Bundesrat legt ab 2021 einen Schwerpunkt auf den digitalen Wandel in der Kulturförderung: Darin geht es um die Herausforderungen und Chancen, die der digitale Wandel mit sich bringt. So ist beabsichtigt, Anbieter von Filmen auf elektronischen Plattformen zu verpflichten, mindestens 4 Prozent ihres Umsatzes in das unabhängige Schweizer Filmschaffen zu investieren, die sogenannte «Lex Netflix». Dieser Vorschlag wird aber leider gekürzt, es sind am Ende der Debatte nur noch höchstens 1 Prozent «dank» SVP, FSP und CVP. Ich hoffe, dass der Schweizer Film so auch noch genügend Unterstützung erhält. Das Geschäft geht nun aber erst mal in den Ständerat.
Dritte Woche, letzter Tag (19.6)
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Die Beratungen zu den präventiv-polizeilichen Massnahmen gegen Terrorismus werden heute fortgesetzt. Leider ist heute keinerlei Verbesserung des Gesetzes zu verzeichnen. Alle Massnahmen bleiben wie vom Bundes- und Ständerat vorgeschlagen bestehen. Das bedeutet, dass der Hausarrest schon für 15-Jährige möglich ist und dass bereits für 12-Jährige ein Kontaktverbot oder eine Ein- und Ausgrenzung verfügt werden kann. Ich bleibe bei meiner Beurteilung: Präventive Massnahmen gegen Terrorismus sind richtig und nötig. Sie müssen aber verhältnismässig sein und dürfen nicht den Rechtstaat und die Grund- und Menschenrechte in Frage stellen. Das Gesetz erhält in der Gesamtabstimmung leider eine Mehrheit; SP, Grüne und GLP lehnen es ab. Es geht nun zurück in den Ständerat.
Bei den Schlussabstimmungen aber gibt es eine erfreuliche Sensation: Die völlig missglückte und schikanöse Zivildienstgesetzrevision wird mit 103:90 Stimmen abgelehnt! Teile der CVP sind gekippt, die grosse Überzeugungsarbeit von vielen Verbündeten war schlussendlich erfolgreich. Und ich hoffe, dass die zahlreichen Diskussionen über den Zivildienst der Bevölkerung nun klar aufgezeigt haben, wie sinnvoll der Zivildienst ist.
Mit dieser Sommersession geht auch das Gastspiel in der Bern expo zu Ende. Es war alles sehr gut organisiert, die Abläufe funktionierten. Trotzdem sind wir alle froh, wenn wir wieder in unser «heimeliges» Bundeshaus zurückkehren können. Ab Montag ist dies schon der Fall, dann habe ich nämlich bereits wieder Kommissionssitzung, ich freue mich!
Dritte Woche, vierter Tag (18.6.)
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Der heutige Tag beginnt mit einer aktuellen Debatte zum Thema «Gleichstellung und Vereinbarkeit, jetzt die Lehren aus der Corona-Krise ziehen». Während des Lockdowns hat es sich manifestiert, dass gerade Frauen in vielen sogenannten systemrelevanten, aber häufig schlecht bezahlten Berufen arbeiten. Vom Pflegepersonal über die Kita-Mitarbeiterin bis zur Kassierin in einem Supermarkt. Klatschen für diese Berufe ist zwar nett und gut, nützt den Frauen aber nicht viel. Es braucht jetzt dringend bessere Arbeitsbedingungen und Entlöhnung für diese Berufe und bessere Möglichkeiten, Familie und Beruf zu vereinbaren.
Am Nachmittag wird die zweite Terrorismus-Vorlage in dieser Woche besprochen, die sogenannten präventiv-polizeilichen Massnahmen gegen Terrorismus. Diese sind aber sehr umstritten, gefährden Freiheit und Grundrechte und verletzen die Europäische Menschenrecht- und UNO-Kinderschutz-Konvention. Die scharfen präventiv-polizeilichen Instrumente greifen bereits im präventiven Bereich, also im Vorfeld einer mutmasslichen Straftat. Das ist rechtsstaatlich und völkerrechtlich höchst bedenklich und auch nicht verhältnismässig. Und ob es damit tatsächlich mehr Sicherheit gibt, halte ich für äusserst fragwürdig. So darf zB. der Hausarrest ohne Strafverfahren oder Gerichtsentscheid bereits ab 15 Jahren angewendet wenden, ohne dass eine Tat begangen wurde oder eine solche nachweislich geplant war. Die SiK-N führte in den Kommissionberatungen sogar die EMRK-widrige Präventivhaft ein. Zum Glück korrigiert der Nationalrat und streicht die Präventivhaft wieder mit 113:78 Stimmen. Wie werden heute nicht fertig mit der Debatte, sie wird morgen fortgesetzt.
Nachher findet endlich mal wieder das traditionelle Fraktionsessen zum Schluss der Session statt. Die Stimmung ist gut und aufgeräumt, ein gelungener Abschluss dieser für mich doch eher schwierigen Session.
Dritte Woche, dritter Tag (17.6.)
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Am Morgen «schwänze» ich zu Beginn zusammen mit ein paar Kolleg*innen den Nationalrat: Das Kampfjet-Referendum wird mit fast 90'000 Unterschriften eingereicht! Wegen des Corona-bedingten Fristenstillstands wurde die Unterschriftensammlung leider unterbrochen, es wären sonst noch mehr geworden. Bin sehr bereit für den Abstimmungskampf gegen Luxus-Kampfjets für satte 6 Milliarden!
Im Rat ist die Debatte zur Burkaverbot-Initiative am Laufen. Ich bin gegen diese Initiative. Das Tragen von Burkas und Niqabs in der Schweiz ist eine absolute Randerscheinung. Eine Kleidernorm in der Verfassung zu verankern, die sich gegen die Religion einer Minderheit richtet, ist wohl kaum sinnvoll und mit einem liberalen Staatsverständnis unvereinbar. Und was mich an der ganzen Diskussion vor allem nervt: Wieder einmal wird auf dem Buckel der Frauen diskutiert, was sie zu tun haben oder was eben nicht.
Den indirekten Gegenvorschlag kann ich aber unterstützen. Dieser Gegenvorschlag verzichtet richtigerweise auf grundsätzliche Kleidervorschriften. Gegenüber den Behörden müssen Personen aber zweifelsfrei identifizierbar sein, das Gesicht muss erkennbar sein. Die Initiative selber wird am Schluss deutlich mit 114:76 Stimmen bei 3 Enthaltungen abgelehnt.
Dritte Woche, zwieter Tag (16.6.)
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Wie gewonnen, so zerronnen. Die Freude über den gewonnenen Ordnungsantrags von gestern Abend hält nicht lange an. Kurt Flury stellt heute den «Gegen-Ordnungsantrag» und führt dabei formaljuristische Gründe ins Feld; der Antrag verletze das Parlamentsgesetz. Das mag sein, nur hat man bei der Erschaffung des Parlamentsgesetzes nicht an Corona gedacht. Wir können die Menschen mit Existenzängsten doch jetzt wegen einer nicht ganz klaren Rechtsgrundlage einfach hängen lassen! Aber es ist wohl so, dem Antrag Flury wird mit 93:89 Stimmen knapp zugestimmt.
Diese Woche werden auch die diversen Terrorismus-Vorlagen beraten. Wir beginnen heute mit dem Übereinkommen des Europarates. Der Terrorismus ist eine permanente Bedrohung, auch für die Schweiz. Selbstverständlich müssen Massnahmen dagegen getroffen werden. Nicht nur, um auf Anschläge zu reagieren, sondern im besten Fall auch, um sie zu verhindern. Das bedeutet in der Konsequenz, dass man auch im präventiven Bereich tätig werden muss. Für die SP ist es nun aber absolut entscheidend, dass dies immer im Einklang mit dem Rechtsstaat geschieht. Im Zentrum standen in der Kommission vor allem die Diskussionen um den Art. 260 sexies, StGB. Es geht dort um die Vorverlagerung der Strafbarkeit. Die Vorlage sieht hier die Schaffung einer neuen Strafbestimmung vor gegen Anwerbung, Ausbildung und das Reisen für eine terroristische Straftat. Nach Meinung zahlreicher Strafrechtler und des Anwaltsverbandes, sind aber die entsprechenden Verhaltensweisen bereits strafrechtlich weitgehend erfasst. Die Vorverlagerung der Strafbarkeit ist auch für die SP aus rechtstaatlicher Sicht kaum zu rechtfertigen. Unser Streichungsantrag scheitert, wie auch alle anderen SP-Minderheitsanträge. In der Gesamtabstimmung lehnt die SP zusammen mit den Grünen die Vorlage ab oder enthält sich. Das nützt aber nicht viel, dem Geschäft wird mit 127:54 Stimmen bei13 Enthaltungen zugestimmt.
Am Mittag kehre ich unverzüglich nach Kloten zurück, habe nämlich Stadtratssitzung. Zum Glück bleibt danach noch etwas Zeit um meine Familie sehen zu können, bevor ich wieder nach Bern zurückfahren muss.
Dritte Woche, erster Tag (15.6)
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Die letzte Sessionswoche hat begonnen. Ehrlich gesagt bekomme ich heute nicht sehr viel von der Debatte mit. Heute morgen haben Mathias Reynard und ich kommuniziert, dass wir unsere Kandidatur fürs SP-Präsidium zurückziehen. Mathias wird für den Staatsrat im Wallis kandidieren. Ich hätte gerne unser «Abenteuer» fortgesetzt, denn ich war immer überzeugt, dass unser Duo und unsere Komplementarität echte Pluspunkte waren, um die SP Schweiz zu führen. Ich kann aber gerade als Co-Präsidentin der SP Kanton Zürich sehr gut verstehen, wie wichtig es ist, kompetente und motivierte Genoss*innen in den Kantonsregierungen zu haben. Trotzdem bin ich natürlich enttäuscht. Ich war immer überzeugt davon, dass Mathias und ich zusammen genau das richtige Team gewesen wären, gerade weil wir uns gut ergänzt haben und uns inspirierten. Da ich stets eine Verfechterin des Co-Präsidiums war, kommt für mich auch ein Alleingang nicht in Frage. Ich bin eine Teamplayerin und brauche eine gesunde Work/Life-Balance.
Im Ratssaal drin geht es heute vorwiegend um die Strategie der internationalen Zusammenarbeit. Es ist wichtig, dass die Schweiz eine aktive Aussenpolitik mit wirksamer Entwicklungszusammenarbeit macht. Das IZA-Budget wird leider nicht aufgestockt, aber wenigstens auch nicht gekürzt. Es beträgt 0,48% des Bruttonationaleinkommens, das sind etwa 11, 2 Milliarden.
Einen Erfolg für die SP gibt es dann sogar noch zu verzeichnen: Der Ordnungsantrag Wermuth erhält mich 93:91 Stimmen eine hauchdünne Mehrheit: Die Leistungen bei Erwerbsausfall und bei Kurzarbeit aufgrund COVID-19 sollen bis Mitte September verlängert werden. Darüber muss nun noch in dieser Session beraten werden.
Zweite Woche, vierter Tag (11.6.)
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Der Morgen beginnt mit der Weiterberatung der «Ehe für alle», diese musste letzte Woche ja aus Zeitgründen abgebrochen werden. Es geht darum, dass homosexuelle Paare diesselben Rechte und Pflichten haben wie heterosexuelle, es darf keine Diskriminierungen mehr geben. Gerade auch, wenn es um die Samenspende geht, sollen lesbische Paare diesen Zugang auch erhalten. Ein Kind soll auch immer Anrecht auf zwei rechtliche Elternteile haben und dadurch abgesichert sein können, das langwierige Adoptionsverfahren soll in Zukunft nicht mehr nötig sein. Leihmutterschaft bleibt aber weiterhin verboten. Der Samenspende wird erfreulich deutlich mit 124:72 Stimmen zugestimmt, in der Schlussabstimmung erhält die Vorlage 132 Ja-Stimmen, ausgezeichnet! Jetzt macht der Ständerat hoffentlich auch mit.
Bereits in trockenen Tüchern sind die Überbrückungsrenten für ältere Arbeitslose, der Vorschlag der Einigungskonferenz wird angenommen, das ist eine gute Nachricht!
Da die Beratungen zur CO2-Gesetz-Revision länger als geplant angedauert haben, gibt es für nächste Woche einige Verschiebungen in der Traktandenliste. Auch ein Geschäft aus der SiK, Weiterentwicklung Schengen- Besitzstand, musste über die Klinge springen. Aber jetzt fahre ich erst mal wieder nach Hause zu meiner Familie.
Zweite Woche, dritter Tag (10.6.)
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Heute geht es weiter mit dem CO2-Gesetz. Am meisten zu diskutieren gibt die Einführung einer Flugticketabgabe. Die Luftfahrt ist zur Zeit in einer sehr schwierigen Phase. Es ist auch nicht klar, ob der Flugverkehr wieder das Niveau ante Corona erreichen wird. Aber das muss er auch nicht! Gerade im Bereich Kurzstreckenflüge soll unbedingt auf den Zug bzw. Nachtzug umgestiegen werden. Auch BR Simonetta Sommaruga erinnert daran, die 80% der Destinationen, die von Schweizer*innen angeflogen werden, in Europa liegen. Es braucht nun endlich eine Flugticketabgabe, welche eine lenkende Wirkung entfalten kann. Auch wenn meiner Meinung nach die Abgabe von 50 bis 120 Franken noch zu tief angesetzt ist, verteuert sie doch die exzessive Billigfliegerei, ist verursachergerecht und kann so die Spitze brechen. Die Hälfte der Einnahmen aus der Flugticketabgabe werden der Bevölkerung zurückerstattet, die andere Hälfte geht in einen neu geschaffenen Klimafonds, der Klimaschutzprojekte fördern soll. Gemäss einer Studie profitieren gerade Haushalte mit tieferen Einkommen von der Rückerstattung aus der Flugticketabgabe, da weniger geflogen wird. Ein SP-Minderheitsantrag, der auch Transfer- und Transitpassagiere abgabepflichtig machen möchte, hat leider keine Chance. Der Flugticketabgabe wird dann aber erfreulich deutlich mit 132:56 Stimmen zugestimmt!
Erst am Abend ist die Debatte zum CO2-Gesetz beendet. Das Ergebnis ist mehr oder weniger zufriedenstellend. Das Fuder wurde auch bewusst nicht überladen, damit das Gesetz in einer möglichen Volksabstimmung bestehen kann. Der Gesetzesrevision wird in der Schlussabstimmung mit 135:59 Stimmen zugestimmt und geht nun wieder zurück in den Ständerat.
Zweite Woche, zweiter Tag (9.6.)
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Endlich ist es soweit: Die Beratungen zur CO2-Gesetz-Revision beginnen heute, nachdem dies wegen des Corona-bedingten Sessionsabbruchs im Frühling nicht mehr möglich war. Es müssen dringend wirksame Massnahmen gegen den Klimawandel ergriffen werden, die drohende, unkontrollierbare Erhitzung der Erde muss gestoppt werden! Dazu sind wir auch gemäss Klimaabkommen von Paris, das die Schweiz unterzeichnet hat, verpflichtet. Der Ausstieg aus dem Erdöl macht uns krisenresistenter, klimafreundlicher und unabhängiger. Es lohnt sich darum, in erneuerbare Energien zu investieren, das schafft zudem auch Arbeitsplätze. Wir haben das nötige Know-How, um die Schweiz klimaneutral zu machen. Das fossile Zeitalter geht zu Ende. Die meisten neuen Gebühren und Abgaben werden an die Bevölkerung zurückerstattet. Wer sich klimafreundlich verhält, profitiert. Und wer auf das Auto angewiesen ist, fährt mit Elektromobilität günstiger als mit Benzinmobilität. Der Antrag auf Nichteintreten sowie der Rückweisungsantrag, beide von der SVP, haben klar keine Chancen, die umfangreichen Beratungen beginnen. Eine kleine Verbesserung zur Bundesratsvorlage ist heute sogar zu verzeichnen: Die Verminderung der Treibhausgasemissionen soll zu mindestens Dreivierteln im Inland durchgeführt werden, statt nur zu 60 %. Die Debatte wird morgen fortgesetzt, dann geht es auch um die Flugticketabgabe.
Über Mittag habe ich eine Sitzung in der Innenstadt. Das ist nun nicht so praktisch, wie wenn wir im Bundeshaus tagen. Die Bern expo ist schon ziemlich ablegen. Ich hoffe, dass wir für die Herbstsession wieder ins Bundeshaus zurückkehren können…
Nach der Fraktionssitzung am Nachmittag findet wie in jeder Session eine Sitzung der SP-Fachkommission für Frieden und Sicherheit statt, die ich präsidieren darf. Heute geht es um die EU-Aussengrenze und Schengen. Das Dilemma zwischen Repression und Grundrechtsschutz wird uns bei den nächsten Schengen-Vorlagen nachhaltig begleiten.
Zweite Woche, erster Tag (8.6.)
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Die zweite Sessionswoche beginnt leider nicht gerade erfreulich. In der Einigungskonferenz am Ende der letzten Woche hatte sich der zahnlose Gegenvorschlag des Ständerats zur Konzerverantwortungs-Initiative gegenüber der verbindlicheren Version des Nationalrates durchgesetzt. Es gibt nun keine konkreten Haftungsregeln für Grosskonzerne, sondern nur Transparenzpflichten. Dies reicht nun nicht aus, die Initiative wird wohl nicht zurückgezogen. Aber ich bin zuversichtlich, dass sie beim Volk Chancen haben wird!
Danach geht es um das sogenannte Proximity-Tracing-App, welches eine gesetzliche Grundlage braucht. Auch wenn es am Anfang einige Bedenken gegenüber diesem App gab, konnte jetzt vieles geklärt werden: die Benutzung des App darf nur auf Freiwilligkeit basieren, die Daten bleiben anonym und der Datenschutz ist jederzeit gewährleistet. Ich persönlich werde dieses App aktivieren, wenn es dann soweit ist. Die konsequente Nachverfolgung der Infektionsketten mit gezieltem Contact-Tracing durch die kantonsärztlichen Dienste sowie die anschliessende Isolation infizierter Personen und die Quarantäne für deren Kontakte führen dazu, dass die Eindämmung der Epidemie auch langfristig möglich ist.
Der grösste Brocken heute ist das Paket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen. Die SKG-NR hat entschieden, dieses sogenannte Paket 1 aufzuteilen und die 3 umstrittensten Massnahmen, die aber finanziell die grössten Einsparungseffekte erzielen würden, ins Paket 1b zu verschieben (also Referenzpreissystem bei Arzneimitteln (für Generika) / Beschwerderecht Versicherer betreffend Beschlüsse der Kantonsregierungen zur Planung und Liste der Spitäler, Geburtshäuser und Pflegeheime / Massnahmen der Tarifpartner zur Steuerung der Kosten). Das finanzielle Einsparungspotenzial der vielen Massnahmen ist sehr schwer zu schätzen. Die Aufteilung der Vorlage führt nun wohl aber dazu, dass der Effekt auf die Kosten wohl nicht so gross sein wird.Obwohl die Sitzung bis nach 22 Uhr andauert, werden wir nicht fertig heute.