Bundeshaus-Blog
Dritte Woche, dritter Tag (16.12.)
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Wie immer am Mittwoch in der dritten Sessionswoche startet der Sitzungstag mit der Vereinigten Bundesversammlung, es stehen Richterwahlen an. Die SVP möchte die Präsidiumswahl fürs Bundesgericht verschieben, weil der Kandidat fürs Vize-Präsidium der bei ihnen in Ungnade gefallene Yves Donzallaz ist. Der Antrag hat aber keine Chance und Donzallaz wird denn auch gewählt. Zum ersten Mal wird das Bundesgericht nun von einer Frau präsidiert, nämlich von Martha Niquille.
Nachher wird eine ausserordentliche Session zum Rahmenabkommen mit der EU eingeschoben. Es werden zwei Motionen der SVP behandelt, die das Rahmenabkommen abschiessen wollen. Wir brauchen dieses Rahmenabkommen mit der EU aber dringend, auch wenn in den noch offenen Punkten Lohnschutz, Unionsbürgerrichtlinie und staatlichen Beihilfen noch Klärungsbedarf besteht. Ich bin überzeugt, dass die Schweiz mit dem für uns allerwichtigsten Handlungspartner EU klare Regeln für eine stabile Beziehung braucht. Die Gespräche laufen verständlicherweise hinter verschlossenen Türen, BR Cassis hält sich bedeckt. Die Motionen werden zum Glück deutlich abgelehnt.
Dafür erhält eine Motion der Staatspolitischen Kommission, welche Samira Marti eingebracht hat, eine klare Mehrheit im Nationalrat: Die psychologische und psychiatrische Versorgung in Bundeasylzentren soll ausgebaut werden. Dies ist für vor allem für geflüchtete Frauen und Kinder äusserst wichtig.
Am Nachmittag geht es um das EU-Forschungsprogramm Horizon 2021-2027, bei welchem die Schweiz bis zur Annahme der Masseneinwanderungsinitiative voll assoziiert war. Die Vollassoziierung ist auch wieder das Ziel. Die Forschung ist übrigens das einzige Dossier im Paket der Bilateralen I, das mit jeder Programmgeneration erneuert werden muss. Alle sieben Jahre steht die Schweiz vor der Herausforderung, mit der EU eine entsprechende Lösung zu finden. Diskussionen gibt es nur beim Teilpaket Euratom, da geht es um Nuklearforschung. Da die Schweiz aus der Atomenergie aussteigt, macht es keinen Sinn, bei diesem Programm noch lange mitzumachen. Eine zeitliche Beschränkung auf Ende 2025 hat aber keine Chance. Vielleicht gar nicht so schlecht, schliesslich brauchen wir nach wie vor Spezialist*innen, nämlich bei der Entsorgung von Atommüll. Dem ganzen Horizon-Paket wird am Schluss deutlich zugestimmt, nur die SVP macht nicht mit.
Dritte Woche, zweiter Tag (15.12.)
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Heute startet der Tag bereits um 7 Uhr, ich darf Jacqueline Badran in der Aussenpoltischen Kommission vertreten. Da ich ja eh in Bern übernachte, macht mir das nicht viel aus. Finde es immer spannend, auch mal anderen Kommissionen einen Besuch abzustatten.
Im Rat geht es heute zuerst um diverse Differenzbereinigungen. Beim Voranschlag 2021 besteht zum Beispiel noch eine Differenz zum Ständerat: Der Nationalrat hält zum Glück an den höheren Beträgen im Finanzplan für das Erasmus-Programm fest.
Dann geht es wiederum um Differenzen bei den Corona-Geschäften Covid-Solidarbürgschaftsgesetz und Covid-19-Gesetz. Der Nationalrat bleibt bei der Amortisation von Krediten bei seiner Meinung, dass dies in 8 (und nicht bereits in 5) Jahren geschehen soll. Die Vorlage geht zurück in den Ständerat. Beim Covid-19-Gesetz geht es u.a. darum, wie man einen Härtefall definiert. Der Nationalrat ist nach wie vor der Meinung, dass nicht nur die Umsatzeinbusse von 40% entscheidend ist, sondern auch die Höhe der nicht gedeckten Fixkosten. Und noch ein Erfolg ist zu verzeichnen: Der SP-Forderung, dass Tiefstlöhne zu 100% entschädigt werden sollen, wird nachgekommen! Hoffentlich folgt nun der Ständerat der grossen Kammer.
Mit der Ausgestaltung des Geldwäschereigesetzes ist niemand wirklich zufrieden, wenn auch jeweils aus anderen Gründen. Darum verwundert es auch nicht, dass die Vorlage mit nur einer Gegenstimme zurückgewiesen wird. Das Gesetz muss nun zwingend verbessert werden. Die SP ist vor allem daran interessiert, dass Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung bekämpft werden und die Reputation der Schweiz durch einen sauberen Finanzplatz gewahrt bleibt. Es braucht eine verstärkte Sorgfaltspflicht!
Da heute Nachmittag die Fraktionssitzung ausfällt, kann ich kurz nach Hause. Das geniesse ich sehr und tut gut, am Abend fahre ich wieder nach Bern zurück.
Dritte Woche, erster Tag (14.12.)
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Heute fällt es mir schwerer als sonst nach Bern zu fahren. So langsam merke ich, dass ich doch ziemlich erschöpft bin von den letzten Wochen. Der Hauptgrund ist aber, dass meine Gedanken fest bei Angelo sind und er eine sehr schwere Zeit vor sich hat. Er fehlt mir extrem in Bern, ich wünsche ihm alle nur erdenkliche Kraft!
Im Bundeshaus nimmt alles seinen gewohnten Gang. Da die Restaurants und Läden seit Samstag bereits um 19 Uhr schliessen und wir aber Sitzung bis um diese Zeit haben, wird natürlich darüber diskutiert, wie man sich diese Woche wohl am besten verpflegt. Das Restaurant im Bundeshaus, die «Galérie des alpes, wurde darum nun kurzfristig zur Kantine umfunktioniert.
BR Alain Berset ist auch heute Nachmittag stark gefordert. In der Fragestunde werden ausschliesslich Fragen zu Corona beantwortet, für ein anderes Thema ist kaum Zeit. Heute haben sowohl Bundesrat sowie auch die Kantone bereits verschärfte Massnahmen in Aussicht gestellt. Mir stinkt ein erneuter Lockdown auch, das geht wohl allen so. Aber ich denke, wir bekommen die Lage anders einfach nicht mehr in den Griff. Das Pflegepersonal ist am Anschlag, die Betten sind fast voll. Es ist verantwortungslos und unsolidarisch, wenn wir so weitermachen wie bisher!
Im Rat geht es neben Corona auch noch um Differenzbereinigungen beim Krankenversicherungsgesetz, das zum Ziel hat, die Kosten zu dämpfen. Leider wird der Passus, welcher ermöglichen wollte, dass sich Patient*innen mit der Überprüfung von Arztrechnungen an eine Patientenorganisation wenden könnten und bei einer allfälligen Anfechtung der Rechnung unterstützt würden, wieder gestrichen, so wie es auch der Ständerat will.
Zweite Woche, vierter Tag (10.12.)
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Heute beschäftigen wir uns zuerst einmal mit Sport. Konkret geht es um eine Motion der WBK, welche eine unabhängige nationalen Anlauf- und Meldestelle schaffen will. Grund dafür sind die Vorfälle in Magglingen, welche das «Magazin» publik machte. Auf die jungen Kunstturnerinnen und Sportgymnastinnen wurden in den Trainings aufs Übelste psychisch und physisch Druck ausgeübt durch äusserst fragwürdige Trainingsmethoden aus einer leider offenbar noch nicht vergangenen Zeit. BR Amherd hat eine unabhängige Untersuchung angeordnet und unterstützt die Motion. Diese wird denn auch mit 133:44 Stimmen deutlich angenommen.
Dann werden die Beratungen zu den Pestiziden im Trinkwasser weitergeführt, die vor einer Woche begonnen haben. Die Hauptdiskussion dreht sich heute um die entscheidende Frage, ob ein Abbauprodukt relevant ist oder nicht. Bei relevanten Abbauprodukten gelten nämlich besonders tiefe Grenzwerte. Chlorothalonil galt übrigens nicht als relevant. Das zeigt auf, das diese Einteilung nichts bringt. Der Nationalrat verzichtet darauf, wir können dem Geschäft zustimmen. Der Vorlage erhält 122:57 Stimmen bei 16 Enthaltungen und geht zurück in den Ständerat.
Zum Schluss der Sitzung kommt endlich eine Motion von mir dran, die ich vor zwei Jahren eingereicht habe: Stopp aller Kriegsmaterialexporte an die Jemen-Kriegsallianz. Wäre sie heute nicht behandelt worden, wäre sie von der Traktandenliste gefallen (das ist so üblich nach zwei Jahren) und ich hätte sie neu einreichen müssen. Die Motion erhält sogar eine knappe Mehrheit, 97:95 Stimmen! Andreas Glarner von der SVP will das nicht akzeptieren und verlangt eine Wiederholung der Abstimmung, da man falsch abgestimmt habe… Beim zweiten Anlauf ist das Ergebnis sogar noch deutlicher: 98:94. Das tut gut und lässt mich beschwingt nach Hause fahren ;-)!
Zweite Woche, dritter Tag (9.12.)
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Das Budget ist zurück aus dem Ständerat und wurde dort weiter gekürzt. Insgesamt geht es um keine grossen Beträge, aber für die jeweiligen Institutionen durchaus entscheidend. Der Nationalrat hält zum Glück an seinen höheren Beträgen fest. Da geht es zum Beispiel um Erasmus, um Forschung und Innovation und um 500'000 Fr. für den Kinderschutz.
Danach wird einmal mehr das Covid-19-Solidarbürgschaftsgesetz beraten. Es handelt sich dabei um die Kredite für Betriebe, für welche der Bund bürgt. Bis jetzt wurden 3 Mrd. bezogen und bereits wieder 800 Mio. zurückbezahlt. Der Nationalrat hält gegenüber dem Ständerat an seiner Bestimmung fest, dass die Solidarbürgschaften innert 8 Jahren (und nicht schon innert 5) zurückbezahlt werden müssen.
Beim Covid-19-Gesetz gibt es gleich zwei erfreuliche Überraschungen: Der Nationalratspräsident Andreas Aebi fällt den Stichentscheid zugunsten eines linken Minderheitsantrages. Kurzarbeitsentschädigungen für Arbeitende auf Abruf sollen rückwirkend auf den 1. September ausbezahlt werden. Zudem erhält der SP-Antrag, der die Überbrückungsleistungen für ausgesteuerte Anspruchsberechtigte bereits ab dem 1.1.21 ermöglichen will, eine Mehrheit.
Um 12 Uhr wird die Sitzung unterbrochen, es stehen die Wahlen des Bundespräsidenten und des Vizepräsidenten an. Guy Parmelin wird mit 188 Stimmen gewählt, Ignazio Cassis mit 162 Stimmen. Parmelin hält eine sympathische Rede, die endet mit «Zusammen schaffen wir es!».
Am Nachmittag steht die letzte Runde für die «Ehe für alle» an. Alle Minderheitsanträge werden abgelehnt, es besteht keine Differenz mehr zum Ständerat, das Geschäft kann in die Schlussabstimmung - endlich! Vermutlich wird zwar das Referendum ergriffen werden, aber diese Volksabstimmung ist klar zu gewinnen ????!
Zweite Woche, zweiter Tag (8.12.)
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Der Morgen startet heute zuerst mit einer etwas technischen Materie: Es geht um die systematische Verwendung der AHV-Nummer als Personenidentifikator. Verwaltungsabläufe sollen durch eine breitere, kontrollierte Verwendung der AHV-Nummer effizienter machen. Nach anfänglichen Bedenken betreffend Datenschutz kann die SP-Fraktion der Vorlage zustimmen. Strikte Regelungen stellen sicher, dass der Datenschutz und die Informationssicherheit gewährleistet sind. Ausser den Grünen stimmt keine Fraktion gegen das Gesetz. Einen berührenden Moment hat das Geschäft trotz der nüchternen Materie: Angelo wäre dafür verantwortlich gewesen und hätte auch seine Minderheitsanträge dazu begründet. Jetzt muss er halt über den Livestream verfolgen, wie gut ihn seine Kolleg*innen vertreten. Es ist seltsam, wenn die ganze Zeit sein Name fällt, er aber nicht da ist.
Dann werden die Beratungen zum Tabakproduktegesetz fortgesetzt. Wir werden heute sogar fertig. Unsere Bestrebungen für einen noch stärkeren Jugendschutz und ein umfassendes Werbeverbot erhalten keine Mehrheit. Der Vorlage wird am Schluss mit 84:59 Stimmen bei 47 Enthaltungen zugestimmt. Leider erfüllen wir mit diesem eher laschen Gesetz das Rahmenübereinkommen der WHO nicht. Das Geschäft geht nun zurück in den Ständerat.
Zweite Woche, erster Tag (7.12.)
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Ende letzter Woche musste mein bester Freund und NR-Kollege Angelo Barrile eine traurige Mitteilung machen: Er ist an Lymphdrüsenkrebs erkrankt und muss unmittelbar mit der Behandlung beginnen. Seine Heilungschancen sind zum Glück intakt, aber ein Spaziergang wird es nicht. Ich wünsche Angelo alle Kraft und Zuversicht dieser Welt und hoffe ganz fest, dass er bald wieder gesund neben mir im Nationalrat sitzen kann!
Auch wenn ich mich ohne Angelo irgendwie gar nicht vollständig fühle, geht der Politbetrieb in Bern natürlich auch diese Woche wieder den gewohnten Gang. Heute ist sogar ein SiK-Geschäft auf der Traktandenliste: Es geht um die Weiterentwicklung des Schengen Informationssystems (SIS). Weil in der Herbstsession sämtliche Anträge der SP, die eine Verbesserung des Datenschutzes forderten, abgelehnt wurden, hat sich die SP-Fraktion bei der Gesamtabstimmung geschlossen enthalten. Das Geschäft wurde in den Ständerat zurückgeschickt, der dann erfreulicherweise die nötigen Verbesserungen beim Datenschutz vornahm. Unter diesen Umständen können wir nun der SIS-Vorlage zustimmen, nur die Grünen lehnen sie noch ab.
Der grosse Brocken heute ist das Tabakproduktegesetz. Die Schweiz hat des Rahmenübereinkommens der WHO zur Eindämmung des Tabakkonsums (FCTC) 2004 unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert. Das Rahmenabkommen enthält zur weltweiten Bekämpfung von Krankheiten und Todesfällen im Zusammenhang mit dem Tabakkonsum u. a. ein umfassendes Verbot von Tabakwerbung, Förderung des Tabakverkaufs und des Tabaksponsorings. Damit die Schweiz das Rahmenübereinkommen ratifizieren kann, hat der Bundesrat 2015 das Tabakproduktegesetz vorgelegt. Eine Mehrheit des Parlaments hat 2016 das Gesetz jedoch zurückgewiesen. Diese nun vorliegende zweite Vorlage untersagt landesweit den Verkauf von Tabakwaren an unter 18-Jährige. Weitere Neuerungen betreffen die Regelung der E-Zigaretten, der Tabakprodukte zum Erhitzen sowie der Tabakprodukte zum oralen Gebrauch (Snus). Jedoch erfüllen sowohl die Version des Bundesrates wie auch die leicht verbesserte Version Ständerat die Anforderungen des FCTC nicht. Das Gesetz von 2015 wäre das richtige gewesen. Wir werden heue nicht fertig mit den Beratungen, es sind noch drei weitere Zeitpunkte dafür in dieser Session vorgesehen.
Erste Woche, vierter Tag (3.12.)
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Die Budgetdebatte wird heute fortgeführt. Und es ist sogar ein Erfolg zu verzeichnen: Das europäische Student*innen-Austauschprogramm Erasmus erhält nun namhaft mehr Geld als vom Bundesrat vorgesehen. Das ist für den Bildungsstandort Schweiz absolut essentiell. Dem Gesamtbudget wird schliesslich nach 9 Stunden Beratung klar zugestimmt und geht jetzt in den Ständerat.
Am meisten zu reden gibt aber eine Erklärung der bürgerlichen Parteien, welche dem Bundesrat vorgreifen will. Bevor es der Bundesrat überhaupt erst offiziell kommuniziert hat, wollen die Bürgerlichen keine schärferen Covid-Vorschriften für die Skigebiete. Wir sind notabene das einzige Land in Europa, das die Skigebiete mit allem drum und dran über Weihnachten und Neujahr offen lässt… Abgesehen davon, dass es aus gesundheitlicher Sicht verantwortungslos ist, die dafür strengeren und dringend nötigen Massnahmen abzulehnen, würde es auch langfristig den Skigebieten gar nichts nützen, da wir so noch lange der Corona-Hotspot in Europa bleiben würden und die Touristen darum nicht kommen möchten. Ich gehe aber sehr davon aus, dass der Bundesrat morgen bei seinem Ansinnen bleibt.
Damit ist die erste Woche der Wintersession bereits wieder vorbei und es geht nach Hause zu meiner Familie!
Erste Woche, dritter Tag (2.12.)
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Heute beginnen wir mit den Beratungen zum Voranschlag 2021, der natürlich Covid-geprägt ist und darum ein Defizit von 4,2 Mrd. beinhaltet. Anträge von unserer Seite, mehr Hilfeleistungen auszuzahlen, haben keine Chance, Kürzungsanträge von Seiten SVP aber auch nicht. Am Mittag werden die Beratungen unterbrochen, sie werden morgen fortgesetzt.
Nach der Mittagspause geht es um die Armee, konkret um einen weiteren Assistenzdienst wie auch schon in der ersten Welle. Die Vorlage ist praktisch unbestritten, die Armee kann nun bis zu 2500 Ada für Spitaleinsätze abordnen, die Massnahme ist bis Ende März 2021 gültig. Dieses Mal werden die Gesuche der Kantone aber genauer geprüft und das Subsidiaritätsprinzip soll klar eingehalten werden.
Nachher wird die Parlamentarische Initiative «Das Risiko beim Einsatz von Pestiziden reduzieren» beraten, die einen Absenkpfad beim Pestizid-Einsatz fordert. Die Belastungen unserer Gewässer und des Trinkwassers nehmen stetig zu. 1 Mio. Menschen trinken heute in der Schweiz Pestizid-belastetes Trinkwasser, dies wegen einer allzu extensiven Landwirtschaft. Die Wasserversorgungen schlagen Alarm, weil sie kein sauberes Trinkwasser mehr liefern können. Zudem gibt es zum Thema auch zwei Volksinitiativen, die Trinkwasser- und die Pestizidinitiative, über die nächstes Jahr abgestimmt wird. Alle Anstrengungen sollen nun unter einem Dach vereint werden, es gibt darum einen indirekten Gegenvorschlag zur PaIv. Das Geschäft kann heute nicht fertig beraten werden und wird darum in einer Woche fortgesetzt.
Erste Woche, zweiter Tag (1.12.)
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Der Wetterbericht hat es zwar vorausgesagt. Trotzdem ist es eine freudige Überraschung heute Morgen: Es hat geschneit über Nacht, pünktlich auf den 1. Dezember!
Die Sitzung beginnt mit der Verabschiedung eines Übergangsvoranschlags, damit im Falle eines Sessionsabbruchs wegen Corona im nächsten Jahr nicht mit einem Notbudget gestartet werden muss.
Für den Rest der Sitzung steht das Covid-19-Gesetz im Vordergrund, das in der Herbstsession verabschiedet wurde. Aufgrund der Dynamik der Pandemie - wir sind ja bekanntlich voll in der zweiten Welle – muss es nachgebessert werden. Es geht um Unterstützungsleistungen für zahlreiche Betriebe und Unternehmen, wie zum Beispiel um die Weiterführung der Kurzarbeitsentschädigung und die exakte Ausgestaltung der Härtefallregelung. Auch wenn wir in einigen Bereichen mehr wollten (zB 100% Entschädigung bei Löhnen unter 4000 Fr.), ist das ganze Gesetz als Erfolg zu werten, dank dem steten Druck der SP. Im Budget werden nun 4 Mrd. für Hilfe eingestellt, 2,2 Mrd. davon für die Entschädigung der Selbständigen. Der Vorlage wird sehr deutlich 179:12 zugestimmt und geht jetzt in den Ständerat.
BR Ueli Maurer muss den ganzen Morgen im Nationalrat präsent sein, und dies an seinem 70. Geburtstag. Dafür gibt es für ihn eine kleine Überraschung mit Ballonen und einem kleinem Geburtstagsständchen. Leider hielten sich dabei nicht alle Kolleg*innen an die Corona-Verhaltensregeln, gar nicht vorbildlich...
Erfreuliches kommt dann auch noch aus dem Ständerat: Die kleine Kammer sagt Ja zur Ehe für alle, die Störmanöver von rechts bezüglich angeblicher Verfassungswidrigkeit sind zum Glück nicht erfolgreich!
Wintersession 30.11.-18.12.2020, erste Woche, erster Tag (30.11.)
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Nach einem enttäuschenden Abstimmungswochenende (KoVI wegen Ständemehr gescheitert und Kriegsgeschäfteinitiative ebenfalls abgelehnt) beginnt heute die Wintersession. Auch diese steht ganz unter dem Zeichen von Corona. Üblicherweise ist die Wintersession immer etwas speziell. Es gibt zahlreiche Feierlichkeiten wegen der Wahl der neuen Ratspräsidien und des/r neuen Bundespräsidenten/in, zudem finden jeweils auch die traditionellen Weihnachtessen statt. Das fällt nun alles flach, wir haben dafür mehr Sitzungen - auch gut ;-). Immerhin ist das Bundeshaus festlich geschmückt.
Nach der Wahl von Andreas Aebi zum neuen Nationalratspräsident geht es wieder einmal mehr um die Geschäftsmieten. Im Vorfeld der gestrigen Abstimmung betonten die Bürgerlichen stets, wie wichtig ihnen die KMU seien. Heute steht mit dem Covid-Geschäftsmietegesetz der Lackmus-Test an. Um die Höhe des Teilmieterlasses ist in den letzten Monaten ein richtiger Basar entstanden, schliesslich einigte man sich bei 50:50. In der Schlussabstimmung wird das Gesetz mit 99:87 bei 7 Enthaltungen dennoch abgelehnt. So viel zur Hilfe für KMU nach bürgerlicher Art. Massenkonkurse, Arbeitslosigkeit und Klagewellen werden folgen. Oder in den Worten von Jacqueline Badran: «Das ist ein faktenfremdes, inkompetentes und gewerbefeindliches Trauerspiel».
Sondersession, zweiter Tag (30.10.)
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Heute morgen geht im sogenannten Solidarbürgschaftsgesetz um die Rückzahlungsmodalitäten für Kredite, welche der Bundesrat im Frühling in der ausserordentlichen Lage beschlossen hat. Von den gesprochenen 40 Mrd. Solidarbürgschaften wurden 18 Mrd. in Anspruch genommen, das Kreditprogramm wurde im Sommer beendet. Es ist völlig klar, dass weitere Kreditprogramme folgen müssen. Nur so können Unternehmen in der zweiten Welle und für die Zukunft unterstützt werden. Das Parlament schwenkt erfreulicherweise auf alle SP-Forderungen ein: Die Solidarbürgschaften werden von fünf auf acht Jahre verlängert, für die KMU gibt es Rechtssicherheit dank Nullzins auf die gesamte Laufzeit und es wird einem Verbot auf Dividenden während der ganzen Laufzeit zugestimmt. Das Gesetz wird einstimmig angenommen.
Am Nachmittag beschäftigt uns eine bereits 2015 vom ehemaligen SP-Ständerat Didier Berberat eingereichte Parlamentarische Initiative, welche eine Akkreditierung für Lobbyist*innen mit Zutritt ins Bundeshaus durch ein unabhängiges Organ fordert. Die Zutrittsberechtigungen sollen allenfalls zahlenmässig beschränkt werden. Die Lobbyist*innen müssten ihre Arbeitgeber*innen und ihre Mandate in einem öffentlichen Register offen legen. Leider war dieses Anliegen in der Kommission chancenlos. Grundsätzlich sind Lobbyist*innen im Bundeshaus im Parlament kein Problem - dazu gehören ja auch Umweltverbände und NGOs – aber es muss transparent sein. Nach fünf Jahren Kommissionsarbeit wird das Anliegen heute von den Bürgerlichen abgeschossen. Es gilt somit der Status quo, in Sachen Transparenz sind wir keinen Schritt weiter gekommen. Nicht gerade eine Meisterleistung des Parlaments…
Zum Schluss der Sondersession wird Ratspräsidentin Isabelle Moret verabschiedet. Sie hatte wahrhaftig keine einfache Präsidialzeit, Corona hatte so ziemlich alles im Griff. Immerhin verdient ihr Präsidium das Prädikat «historisch» ;-).
Sondersession, 29.- 30. Oktober 2020, erster Tag
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Seit der Herbstsession ist viel passiert. Bei der Kampfjet-Abstimmung vom 27. September haben wir zwar verloren, aber nur äusserst knapp. Ich bin klar der Meinung, dass man mit einem historischen Nein-Anteil von 49,9% nun nicht zur Tagesordnung übergehen kann und Kompromisse finden muss. Zum Glück wurde die Begrenzungs-Initiative deutlich abgelehnt.
Momentan ist aber wieder ein anderes Thema das vorherrschende: Corona. Die Fallzahlen sind in der Schweiz beunruhigend hoch, wir sind mitten in der gefürchteten zweiten Welle. Der Bundesrat hat gestern neue Massnahmen angeordnet. Kein Lockdown wie im Frühling, aber doch auch einschneidend. Das war leider auch dringend nötig. Ich befürchte sogar, die Massnahmen kommen zu spät, das Gesundheitswesen ist in einigen Kantonen wieder am Anschlag. Nicht vergessen werden dürfen aber auch die wirtschaftlichen Auswirkungen, viele Betriebe, Selbständige und Kulturschaffende sind akut in ihrer Existenz bedroht. Es braucht jetzt rasch weitere wirtschaftliche Abfederungsmassnahmen. Gerade die Bürgerlichen haben bis jetzt das Kleingewerbe sträflich im Stich gelassen.
Die Session beginnt darum auch mit einer ganz wichtigen Forderung: Mietzinserlass für Geschäftsmieten um 60%. Die CVP hat in der Zwischenzeit ihre Meinung geändert und steht nicht mehr für die Motion ein. Die Kommission stellt den Antrag auf Nicht-Eintreten, die meisten hätten sich anscheinend privat einigen können. Das stimmt so einfach nicht, darum braucht es die Motion weiterhin. Der Coup gelingt, ganz knapp mit 91:89 Stimmen stimmt der Rat für Eintreten. Das Geschäft geht wieder zurück in die Kommission, wertvolle Zeit ist nun leider trotzdem verloren gegangen.
Dritte Woche, letzter Tag (25.9.)
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Der letzte Tag beginnt zuerst nicht erfreulich: Wir verlieren mit Stichentscheid der Nationalratspräsidentin die Abstimmung über die Aufhebung der Administrativhaft für Kinder. Im Rahmen des Vollzugs des Ausländergesetzes könnten nun Minderjährige nach wie vor in Ausschaffungshaft gesteckt werden. Das kann zu schweren psychischen Störungen führen. Da die Präsidentin Isabelle Moret aber falsch abgestimmt hat, erhält der Rückkommensantrag von unserer Seite eine Chance. Die Abstimmung wird wiederholt. Dieses Mal sieht es zum Glück anders aus: Der kantonalen Initiative aus Genf wird knapp mit 95:93 Stimmer zugestimmt!
Bei den Schlussabstimmungen gibt es keine Überraschungen mehr. Dem CO2- Gesetz wird mit 128:59 Stimmen bei 8 Enthaltungen zugestimmt, auch wenn sich die SVP nochmals gegen jeglichen, auch noch so kleinen, ökologischen Fortschritt wehrt und das Referendum ankündigt. Auch das Covid-19- Gesetz erhält mit 133:36 Stimmen eine komfortable Mehrheit.
Nach Sessionsende freue ich mich ganz fest, endlich wieder zu meiner Familie zurückkehren zu können. Am Sonntag steht dann allerdings die Politik bereits wieder im Vordergrund: Wir haben ja den Super-Sonntag mit fünf nationalen Vorlagen, eine davon die Beschaffung der Kampfjets. Habe die Hoffnungen auf ein Nein trotz anders lautenden Umfragewerten noch nicht aufgegeben!
Dritte Woche, vierter Tag (24.9.)
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Der zweitletzte Sessionstag beginnt heute mit der Abstimmung über die Dringlichkeitsklausel des COVID-Gesetzes. Der Nationalrat stimmt klar dieser zu, wie auch der Ständerat. Das Gesetz kann nun ab Samstag in Kraft treten.
Dann stimmt der Nationalrat einer Änderung im ZBG zu, die für die betroffenen Menschen von grösster Wichtigkeit ist: Jede Person, die innerlich fest davon überzeugt ist, nicht dem im Personenstandsregister eingetragenen Geschlechts zuzugehören, kann den Eintrag ändern lassen. Der Nationalrat streicht die Regelung, dass bei Minderjährigen die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters nötig ist. Der Gesetzesänderung wird mit 121:61 Stimmen bei 13 Enthaltungen zugestimmt. Nur die SVP mit ihrer neuen Juniorpartnerin CVP/Mitte stimmt nicht zu.
Noch deutlicher wird die Einführung einer Ombudsstelle für Kinderrechte angenommen. Es werden nun die Rechtsgrundlagen für eine nationale, niederschwellige und unabhängige Ombudsstelle für Kinderrechte geschaffen mit einem Auskunftsrecht gegenüber Behörden. Laut Unicef ist dieser Schritt schon lange fällig!
Der ganze Nachmittag gehört schliesslich der Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern», die sogenannte 99%-Initiative der Jusos. Sie möchte, dass Kapitaleinkommen (Zinsen, Dividenden etc.) 1.5x so stark wie Arbeitseinkommen besteuert werden. Im Gesetz soll aber ein Freibetrag von beispielsweise 100‘000 Fr./Jahr festgesetzt werden. Der dadurch erzielte Mehrertrag soll die Einkommenssteuern für Personen mit tiefen und mittleren Arbeitseinkommen senken. Zudem könnten die Mehreinnahmen für Leistungen der sozialen Wohlfahrt wie Familienleistungen, Bildung und Gesundheit verwendet werden. Das Anliegen ist aber chancenlos. Nur SP und Grüne stimmen dafür. Auch der Gegenvorschlag, der Kapitaleinkommen gleich besteuern will wie Arbeitseinkommen, erhält keine Mehrheit. Schade, aber nicht unerwartet.