Bundeshaus-Blog
Dritte Woche, erster Tag (15.6)
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Die letzte Sessionswoche hat begonnen. Ehrlich gesagt bekomme ich heute nicht sehr viel von der Debatte mit. Heute morgen haben Mathias Reynard und ich kommuniziert, dass wir unsere Kandidatur fürs SP-Präsidium zurückziehen. Mathias wird für den Staatsrat im Wallis kandidieren. Ich hätte gerne unser «Abenteuer» fortgesetzt, denn ich war immer überzeugt, dass unser Duo und unsere Komplementarität echte Pluspunkte waren, um die SP Schweiz zu führen. Ich kann aber gerade als Co-Präsidentin der SP Kanton Zürich sehr gut verstehen, wie wichtig es ist, kompetente und motivierte Genoss*innen in den Kantonsregierungen zu haben. Trotzdem bin ich natürlich enttäuscht. Ich war immer überzeugt davon, dass Mathias und ich zusammen genau das richtige Team gewesen wären, gerade weil wir uns gut ergänzt haben und uns inspirierten. Da ich stets eine Verfechterin des Co-Präsidiums war, kommt für mich auch ein Alleingang nicht in Frage. Ich bin eine Teamplayerin und brauche eine gesunde Work/Life-Balance.
Im Ratssaal drin geht es heute vorwiegend um die Strategie der internationalen Zusammenarbeit. Es ist wichtig, dass die Schweiz eine aktive Aussenpolitik mit wirksamer Entwicklungszusammenarbeit macht. Das IZA-Budget wird leider nicht aufgestockt, aber wenigstens auch nicht gekürzt. Es beträgt 0,48% des Bruttonationaleinkommens, das sind etwa 11, 2 Milliarden.
Einen Erfolg für die SP gibt es dann sogar noch zu verzeichnen: Der Ordnungsantrag Wermuth erhält mich 93:91 Stimmen eine hauchdünne Mehrheit: Die Leistungen bei Erwerbsausfall und bei Kurzarbeit aufgrund COVID-19 sollen bis Mitte September verlängert werden. Darüber muss nun noch in dieser Session beraten werden.
Zweite Woche, vierter Tag (11.6.)
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Der Morgen beginnt mit der Weiterberatung der «Ehe für alle», diese musste letzte Woche ja aus Zeitgründen abgebrochen werden. Es geht darum, dass homosexuelle Paare diesselben Rechte und Pflichten haben wie heterosexuelle, es darf keine Diskriminierungen mehr geben. Gerade auch, wenn es um die Samenspende geht, sollen lesbische Paare diesen Zugang auch erhalten. Ein Kind soll auch immer Anrecht auf zwei rechtliche Elternteile haben und dadurch abgesichert sein können, das langwierige Adoptionsverfahren soll in Zukunft nicht mehr nötig sein. Leihmutterschaft bleibt aber weiterhin verboten. Der Samenspende wird erfreulich deutlich mit 124:72 Stimmen zugestimmt, in der Schlussabstimmung erhält die Vorlage 132 Ja-Stimmen, ausgezeichnet! Jetzt macht der Ständerat hoffentlich auch mit.
Bereits in trockenen Tüchern sind die Überbrückungsrenten für ältere Arbeitslose, der Vorschlag der Einigungskonferenz wird angenommen, das ist eine gute Nachricht!
Da die Beratungen zur CO2-Gesetz-Revision länger als geplant angedauert haben, gibt es für nächste Woche einige Verschiebungen in der Traktandenliste. Auch ein Geschäft aus der SiK, Weiterentwicklung Schengen- Besitzstand, musste über die Klinge springen. Aber jetzt fahre ich erst mal wieder nach Hause zu meiner Familie.
Zweite Woche, dritter Tag (10.6.)
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Heute geht es weiter mit dem CO2-Gesetz. Am meisten zu diskutieren gibt die Einführung einer Flugticketabgabe. Die Luftfahrt ist zur Zeit in einer sehr schwierigen Phase. Es ist auch nicht klar, ob der Flugverkehr wieder das Niveau ante Corona erreichen wird. Aber das muss er auch nicht! Gerade im Bereich Kurzstreckenflüge soll unbedingt auf den Zug bzw. Nachtzug umgestiegen werden. Auch BR Simonetta Sommaruga erinnert daran, die 80% der Destinationen, die von Schweizer*innen angeflogen werden, in Europa liegen. Es braucht nun endlich eine Flugticketabgabe, welche eine lenkende Wirkung entfalten kann. Auch wenn meiner Meinung nach die Abgabe von 50 bis 120 Franken noch zu tief angesetzt ist, verteuert sie doch die exzessive Billigfliegerei, ist verursachergerecht und kann so die Spitze brechen. Die Hälfte der Einnahmen aus der Flugticketabgabe werden der Bevölkerung zurückerstattet, die andere Hälfte geht in einen neu geschaffenen Klimafonds, der Klimaschutzprojekte fördern soll. Gemäss einer Studie profitieren gerade Haushalte mit tieferen Einkommen von der Rückerstattung aus der Flugticketabgabe, da weniger geflogen wird. Ein SP-Minderheitsantrag, der auch Transfer- und Transitpassagiere abgabepflichtig machen möchte, hat leider keine Chance. Der Flugticketabgabe wird dann aber erfreulich deutlich mit 132:56 Stimmen zugestimmt!
Erst am Abend ist die Debatte zum CO2-Gesetz beendet. Das Ergebnis ist mehr oder weniger zufriedenstellend. Das Fuder wurde auch bewusst nicht überladen, damit das Gesetz in einer möglichen Volksabstimmung bestehen kann. Der Gesetzesrevision wird in der Schlussabstimmung mit 135:59 Stimmen zugestimmt und geht nun wieder zurück in den Ständerat.
Zweite Woche, zweiter Tag (9.6.)
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Endlich ist es soweit: Die Beratungen zur CO2-Gesetz-Revision beginnen heute, nachdem dies wegen des Corona-bedingten Sessionsabbruchs im Frühling nicht mehr möglich war. Es müssen dringend wirksame Massnahmen gegen den Klimawandel ergriffen werden, die drohende, unkontrollierbare Erhitzung der Erde muss gestoppt werden! Dazu sind wir auch gemäss Klimaabkommen von Paris, das die Schweiz unterzeichnet hat, verpflichtet. Der Ausstieg aus dem Erdöl macht uns krisenresistenter, klimafreundlicher und unabhängiger. Es lohnt sich darum, in erneuerbare Energien zu investieren, das schafft zudem auch Arbeitsplätze. Wir haben das nötige Know-How, um die Schweiz klimaneutral zu machen. Das fossile Zeitalter geht zu Ende. Die meisten neuen Gebühren und Abgaben werden an die Bevölkerung zurückerstattet. Wer sich klimafreundlich verhält, profitiert. Und wer auf das Auto angewiesen ist, fährt mit Elektromobilität günstiger als mit Benzinmobilität. Der Antrag auf Nichteintreten sowie der Rückweisungsantrag, beide von der SVP, haben klar keine Chancen, die umfangreichen Beratungen beginnen. Eine kleine Verbesserung zur Bundesratsvorlage ist heute sogar zu verzeichnen: Die Verminderung der Treibhausgasemissionen soll zu mindestens Dreivierteln im Inland durchgeführt werden, statt nur zu 60 %. Die Debatte wird morgen fortgesetzt, dann geht es auch um die Flugticketabgabe.
Über Mittag habe ich eine Sitzung in der Innenstadt. Das ist nun nicht so praktisch, wie wenn wir im Bundeshaus tagen. Die Bern expo ist schon ziemlich ablegen. Ich hoffe, dass wir für die Herbstsession wieder ins Bundeshaus zurückkehren können…
Nach der Fraktionssitzung am Nachmittag findet wie in jeder Session eine Sitzung der SP-Fachkommission für Frieden und Sicherheit statt, die ich präsidieren darf. Heute geht es um die EU-Aussengrenze und Schengen. Das Dilemma zwischen Repression und Grundrechtsschutz wird uns bei den nächsten Schengen-Vorlagen nachhaltig begleiten.
Zweite Woche, erster Tag (8.6.)
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Die zweite Sessionswoche beginnt leider nicht gerade erfreulich. In der Einigungskonferenz am Ende der letzten Woche hatte sich der zahnlose Gegenvorschlag des Ständerats zur Konzerverantwortungs-Initiative gegenüber der verbindlicheren Version des Nationalrates durchgesetzt. Es gibt nun keine konkreten Haftungsregeln für Grosskonzerne, sondern nur Transparenzpflichten. Dies reicht nun nicht aus, die Initiative wird wohl nicht zurückgezogen. Aber ich bin zuversichtlich, dass sie beim Volk Chancen haben wird!
Danach geht es um das sogenannte Proximity-Tracing-App, welches eine gesetzliche Grundlage braucht. Auch wenn es am Anfang einige Bedenken gegenüber diesem App gab, konnte jetzt vieles geklärt werden: die Benutzung des App darf nur auf Freiwilligkeit basieren, die Daten bleiben anonym und der Datenschutz ist jederzeit gewährleistet. Ich persönlich werde dieses App aktivieren, wenn es dann soweit ist. Die konsequente Nachverfolgung der Infektionsketten mit gezieltem Contact-Tracing durch die kantonsärztlichen Dienste sowie die anschliessende Isolation infizierter Personen und die Quarantäne für deren Kontakte führen dazu, dass die Eindämmung der Epidemie auch langfristig möglich ist.
Der grösste Brocken heute ist das Paket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen. Die SKG-NR hat entschieden, dieses sogenannte Paket 1 aufzuteilen und die 3 umstrittensten Massnahmen, die aber finanziell die grössten Einsparungseffekte erzielen würden, ins Paket 1b zu verschieben (also Referenzpreissystem bei Arzneimitteln (für Generika) / Beschwerderecht Versicherer betreffend Beschlüsse der Kantonsregierungen zur Planung und Liste der Spitäler, Geburtshäuser und Pflegeheime / Massnahmen der Tarifpartner zur Steuerung der Kosten). Das finanzielle Einsparungspotenzial der vielen Massnahmen ist sehr schwer zu schätzen. Die Aufteilung der Vorlage führt nun wohl aber dazu, dass der Effekt auf die Kosten wohl nicht so gross sein wird.Obwohl die Sitzung bis nach 22 Uhr andauert, werden wir nicht fertig heute.
Erste Woche, dritter Tag (4.6.)
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Neben der Diskussion um den Geschäftsmietenerlass stehen heute vor allem SiK-Geschäfte auf dem Programm. Der Morgen beginnt gleich mit der letzten Differenz zum Ständerat bei der Zivildienstgesetz-Revision. Die umstrittenste aller Verschärfungsmassnahmen – die schikanöse und völkerrechtlich bedenkliche 12-monatige Wartezeit für den Übertritt zum Zivildienst - bleibt im Gesetz. Auch der Nationalrat stimmt der Massnahme nun zu, nachdem sie im ersten Aufwisch aus taktischen Gründen noch abgelehnt wurde. Dann sei es eben so, wir haben jetzt noch bessere Argumente fürs Referendum!
Danach werden die Mietzinserlasse für KMU diskutiert. In der ausserordentlichen Session wurde einer Motion aus der WAK im Nationalrat zugestimmt, welche verlangte, dass KMU einen Mietzinserlass von 70% erhalten sollten. Dies als befristete Lösung in einer ausserordentlichen Lage. Diese Aufteilung hatte aber im Ständerat keine Chance. Der Kompromissvorschlag mit der Aufteilung 60/40, dem der Nationalrat heute zustimmt, sollte nun hoffentlich eine Mehrheit im Ständerat finden.
Auch der Kosovo – bzw. der Swisscoy-Einsatz – ist auch ein Thema heute. Die SP-Fraktion unterstützt die weitere Verlängerung der Schweizer Beteiligung an der KFOR bis 2023, weil sie Sinn macht und weil wir damit weiterhin einen Beitrag zur aktiven militärischen Friedensförderung leisten können. In Bezug auf Schutz und Integration von Minderheiten ist noch viel zu tun. Das spricht klar für eine multinationale Schutztruppe wie es die KFOR ist. Gerade die Swisscoys geniessen eine hohe Akzeptanz und Glaubwürdigkeit bei der Bevölkerung, denn die Schweiz ist ein neutrales Land. Zudem leben 10% aller Kosovo-Albaner*innen in der Schweiz, das schafft eine besondere Art der Beziehung. Davon konnte ich mich selber im November letzten Jahres überzeugen anlässlich eines Truppenbesuchs. Es gibt aber auch kritische Stimmen – auch von links – bezüglich dieses Auslandeinsatzes, der Vorlage wird aber zum Schluss 107:77 Stimmen deutlich zugestimmt.
Am Abend ist dann die erste Sessionswoche bereits vorbei und es geht wieder nach Hause. Ich freue mich sehr darauf, aber es ist auch sehr schön, wieder „normal“ Session zu haben!
Erste Woche, zweiter Tag (3.6.)
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Der zweite Sessionstag beginnt mit der Revision des Aktienrechts, es bestehen noch Differenzen zum Ständerat. Die Vorlage ist sehr technisch. Obwohl wir von unseren «Fraktionsgeschpänli» gut dokumentiert wurden, ist es schwierig lückenlos zu folgen, wenn man nicht in der entsprechenden Kommission ist. Auch das ist eine Realität in Bern, man muss sich dann auf die Kolleg*innen verlassen können.
Danach geht es um ein Abkommen zwischen der Schweiz und UK, das Teil der "Mind the Gap"-Strategie des Bundesrates ist. Dieses hat zum Ziel, die bestehenden gegenseitigen Rechte und Pflichten zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich nach dem Brexit so weit wie möglich sicherzustellen und allenfalls auszubauen. Die gewährten Rechte gelten dann auf Lebenszeit. Dem Abkommen wird einstimmig zugestimmt.
Kurz vor der Mittagspause beginnen die Beratungen zu «Ehe für alle»-Vorlage. Homosexuelle Paare sollen die gleichen Rechte und Pflichten erhalten wie heterosexuelle. Leider können wir die die Vorlage aus Zeitgründen nicht fertig beraten, da am Nachmittag die Covid-Nachtragskredite genehmigt werden müssen. Die Sitzungsplanung hat hier wohl nicht so optimal geklappt. Hoffentlich wird das Geschäft noch in dieser Session fertig beraten!
Wie bereits in der ausserordentlichen Session werden auch heute weitere Covid-Kredite beschlossen. Das ist richtig und wichtig so. Wir können und müssen uns das leisten, denn wir haben in den letzten Jahren Schulden konsequent abbauen können. Für die Erholung der Wirtschaft muss der Staat - nachhaltig - investieren. Die 175 Mio. für den Spitzensport (also für Fussball und Eishockey) sorgen für Diskussionen. Die SVP möchte den Betrag um 50 Mio. kürzen. Diese zinslosen Darlehen sind aber an harte Bedingungen geknüpft (zB. muss die gesamte Lohnsumme um 20% gekürzt werden). Der Breitensport hat bereits in einer früheren Tranche A-fonds-perdu-Beiträge erhalten. Auch diesem Kredit wird schliesslich grossmehrheitlich zugestimmt.
Sommersession, 2.-19. Juni 2020, erste Woche, erster Tag (2.6.)
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Nach der ausserordentlichen Session beginnt heute wieder die «normale» Sommersession, aber wegen den COVID-19-Massnahmen immer noch an einem aussergewöhnlichen Ort, in der Bern expo. Das Programm ist reich befrachtet: Es gibt weitere Corona-Geschäfte, Vorlagen aus der abgebrochenen Frühlingssession und natürlich auch neue Geschäfte (die Kommissionen haben ja wieder gearbeitet). Es geht um Überbrückungsrenten für ältere Arbeitslose, um die Verschärfung des Zivildienstgesetzes, um präventiv-polizeiliche Massnahmen bei der Terrorismus-Bekämpfung, um die Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland, um eine gesetzliche Grundlage für die Proximity-Tracing-App, um den Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative, um die Verhüllungsverbotsinitiative und natürlich um die umfangreiche Revision des CO2-Gesetzes, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Es ist also viel los, und das ist gut so!
Ein weiteres Mal steht das Betäubungsmittelgesetzes auf der Traktandenliste. Es geht um den sogenannten Experimentierartikel bei der Cannabis-Abgabe. Mit Pilotstudien soll untersucht werden, welche gesundheitlichen und sozialen Auswirkungen ein geregelter, legaler Zugang zu Cannabis haben könnte. Nachdem die nationalrätliche Gesundheitskommission gar nicht erst aufs Geschäft eintreten wollte, im Rat dann aber überstimmt wurde, hat die Kommission das Gesetzesänderung nun durchberaten. Sämtliche Minderheitsanträge werden heute abgelehnt, der Vorlage wird schliesslich mit 113:81 Stimmen zugestimmt. Ein richtiger und fortschrittlicher Entscheid.
Corona-Session, letzter Tag (6.5.)
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Heute beginnt der Tag mit Aussenpolitik. Dabei stehen die Grenzschliessungen zu unseren Nachbarländern im Vordergrund. Die geschlossenen Grenzen im Europa der Personenfreizügigkeit machen mir zu schaffen. Zu Beginn der Pandemie haben diese sicher die Ausbreitung einschränken können, aber zum jetzigen Zeitpunkt verstehe ich den epidemiologischen Sinn nicht mehr ganz. Es gibt auch viele persönliche, menschliche Schicksale von Paaren, die sich nicht mehr sehen können und Eltern, die nicht gepflegt werden können. Es gibt nur Notbewilligungen bei Familien. Karin Keller-Sutter erklärt, dass Deutschland den Besuch von Konkubinatspaaren nicht zulasse und dass Grenzöffnungen nicht alleine von der Schweiz beschlossen werden können. Das leuchtet ein, aber es wäre nun wirklich an der Zeit, dass die Schweiz mit ihren Nachbarländern jetzt bald eine Lösung findet. Für viele Menschen ist diese Situation unerträglich. Es herrscht schliesslich kein Krieg.
Bei den Nachtragskrediten gibt es noch zwei Differenzen zum Ständerat, dieser lenkt aber auf Linie Nationalrat ein. So geht es dann zum Schluss sehr schnell und die ausserordentliche Session kann heute schon beendet werden. Trotzdem gibt es einige grosse Wermutstropfen: Der Ständerat unterstützt die Motion aus dem Nationalrat, die keine Dividendenausschüttung bei Kurzarbeit verlangt, nicht. Somit ist sie leider erledigt. Und die Motion, die dem Gastgewerbe einen Mietzinserlass auf 30% ermöglicht hat der Ständerat zwar angenommen, aber in einer geänderten Fassung. Trotz Ordnungsanträgen der SP und der Grünen wird dieses Geschäft nicht mehr heute behandelt. Das bedeutet, dass erst in der Sommersession darüber befunden werden kann. Für viele Beizer könnte das aber zu spät sein, ich finde das unverantwortlich. Bei der Kinderbetreuung wurden auch Abstriche gemacht: Nur noch 65 statt 100 Mio., aber immerhin…
Es hat sehr gut getan, alle endlich mal wieder „live“ zu sehen und nicht nur bei Videokonferenzen. Dieses „social distancing“ bereitet mir aber je länger je mehr Mühe, auch wenn es mir natürlich völlig klar ist, dass dies immer noch unbedingt nötig ist. Hoffentlich entwickeln sich die Ansteckungszahlen weiterhin positiv, damit wir Schritt für Schritt weiter zur Normalität finden können!
Corona-Session, zweiter Tag (5.5.)
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Die Luftfahrt beschäftigt uns auch am zweiten Tag. Es geht nochmals um die 600 Mio. für die flugnahen Betriebe, zur Lösung der Liquiditätsprobleme. Diese brauchen eine Änderung des Luftfahrtgesetzes. Zusammen mit den Grünen versuchen wir auch heute, klimapolitische Ziele für den Luftverkehr zu definieren. Die Anträge scheitern leider auch heute. Aber fairerweise muss auch gesagt werden, dass diese dringliche Gesetzesänderung auch nicht unbedingt der richtige Ort dafür ist. Es geht hier um die Bodenbetriebe.
Die SP setzt sich aber auch um verbesserte Arbeitsbedingungen ein. Wir wollen darum, dass die Unternehmen verpflichtet werden, mit den Personalverbänden Verhandlungen über einen Gesamtarbeitsvertrag zu führen und mit diesen zusammen sozialverträgliche Lösungen suchen, sofern ein Personalabbau unvermeidlich wird. Aber auch dieser Antrag scheitert. Trotzdem stimme ich in der Gesamtabstimmung wie die Mehrheit der Gesetzesänderung zu, da sonst die Kredit-Garantien für die flugnahen Betriebe nicht getätigt werden können.
Dann geht es weiter mit Kommissionsmotionen. Erfreulicherweise finden zum Beispiel ganz wichtige Anliegen wie Mieterlass im Gastgewerbe, Unterstützung für familienergänzende Kinderbetreuung und keine Dividenden bei Kurzarbeit im Nationalrat eine Mehrheit.
Auch der Assistenzdienst der Armee ist heute ein Thema, ein Geschäft aus der SiK. Die Armee hat im Zusammenhang mit der Corona-Krise die grösste Mobilmachung seit dem 2, Weltkrieg vorgenommen. Die AdA leisten gute Arbeit und sind hochmotiviert. Die Aufgaben fallen denn auch vorwiegend im zivilen Bereich an. Ausser den Grünen, die sich enthalten, stimmen alle der Vorlage zu. Die Armee und die Blaulichtorganisationen sind Einsatzkräfte der ersten Stunde. In einer nächsten Phase - und in dieser befinden wir uns jetzt - ist es nun aber an der Zeit, dass der Bund auf sein grösstes ziviles Mittel zurückgreift, den Zivildienst. Auch heute wird es eher spät, die Sitzung endet nach 22 Uhr.
Ausserordentliche Session ("Corona"-Session), 4.-7. Mai 2020
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Historisch ist ein Begriff, mit welchem man nicht allzu inflationär umgehen sollte. Doch diese ausserordentliche Session verdient dieses Prädikat. Nach 7 Wochen Lockdown und nach anfänglichem Total-Runterfahren des Parlamentsbetriebs, tagt das Schweizer Parlament nun wieder. Das ist richtig so! Demokratie muss stattfinden, auch oder gerade Krisenzeiten.
Wir tagen nicht im Bundeshaus, da die Sicherheitsabstände dort nicht eingehalten werden können, sondern in der Bern Expo. Es ist etwas gewöhnungsbedürftig. Wir haben zwar sehr viel Platz und für Verpflegung ist auch gesorgt, das Ambiente jedoch ist dann doch eher nüchtern. Aber wir sind ja auch nicht hier, um es gemütlich zu haben. Die vom Bundesrat unter Notrecht getroffenen Entscheidungen muss von der Legislative legitimiert werden.
Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga eröffnet die Session, es folgen die Fraktionssprecher*innen. Roger Normann weist darauf hin, dass es nur vermeintliche Gegensätze seien zwischen Gesundheit versus Wirtschaft und Wirtschaft versus Klimaschutz. Die Anliegen können sehr wohl miteinander verbunden werden.
Danach beginnt die grosse Debatte um die diversen Covid-Nachtragskredite. Es ist ein riesiges finanzielles Programm, wie noch nie dagewesen in der Geschichte des Schweizerischen Bundesstaates. Diese grossen Ausgaben werden noch über viele Jahre hinweg spürbar bleiben, trotzdem sind sie dringend nötig. Insgesamt geht es um 16 Mrd. für Soforthilfe und 40 Mrd. für Covid-Darlehen. Die Nachtragskredite werden dann auch grossmehrheitlich angenommen, richtigerweise noch mit 100 Mio. ergänzt für die Kinderbetreuung.
Besonders im Zentrum stehen natürlich die 1,275 Mrd. Kreditgarantien für die Swiss und Edelweiss und die 600 Mrd. für die flugnahen Betriebe. Alle Anträge, welche die Hilfe für den Luftverkehr an klimapolitische Bedingungen verknüpfen wollen (so wie das übrigens Frankreich und Österreich machen!), scheitern, sowie auch Bedingungen für bessere Arbeitsbedingungen bei den flugnahen Betrieben (also swissport, Gate Gourmet und SR technics). Ich bin ehrlich gesagt hin und her gerissen - zwischen meiner Überzeugung, für welche ich seit 20 Jahre kämpfe und dem Arbeitsplatzargument. Nach etlichen Gesprächen und intensivem Abwägen lehne ich schlussendlich den Swiss-Kredit ab, da nun wirklich keinerlei ökologische Auflagen gemacht werden. Bei den flugnahen Betrieben stimme ich zu, da sie zur Infrastruktur eines Flughafens gehören und systemrelevant sind. Beide Kredite erhalten eine Mehrheit im Nationalrat. Dem Swiss-Kredit wird mit 116:77 Stimmen zugestimmt, demjenigen für die flugnahen Betriebe mit 142:48 Stimmen. Um 22 Uhr wird die Sitzung beendet, morgen geht es dann weiter mit der Änderung des Luftfahrtgesetz.
Dritte Woche, Abbruch der Frühjahrssession (16.3.)
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Während am Freitag noch kommuniziert wurde, dass die Frühjahrssession unter verschärften Sicherheitsmassnahmen doch fortgesetzt werde, erfahre ich auf dem Weg in den „SonnTalk“ gestern Abend die neusten Infos: Die Session wird abgebrochen. Obwohl ich den Entscheid nachvollziehen kann und auch richtig finde, zieht es mir einen Moment lang etwas den Boden unter den Füssen weg. Wir hätten doch die Überbrückungsrenten unbedingt fertig beraten sollen, sowie das CO2-Gesetz und die Konzernverantwortungsinitiative. In meinem Pult im Nationalratssaal liegen noch zwei Vorstösse, die ich einreichen wollte. Können wir überhaupt unsere Sachen noch aus dem Ratssaal holen? Was passiert mit den Kommissionssitzungen?
Auch der Parteitag der SP muss logischerweise verschoben werden. Wir Kandidat*innen haben zusammen ausgemacht, den Wahlkampf bis nach der Sommerpause auszusetzen. Das ist gut so, denn jetzt stehen andere Themen im Vordergrund.
Als Familie muss man sich auch neu organisieren. Da die Schule ausfällt, muss die Betreuung unseres Jüngsten gewährleistet sein. Wir sind aber in einer durchaus privilegierten Lage (und bin auch sehr dankbar dafür): Da die Hochschulen auch geschlossen sind, können die älteren Geschwister mithelfen.
Wichtig in den nächsten Wochen ist ganz sicher der Zusammenhalt und die Solidarität. Wir müssen zusammenstehen und einander helfen. Ein ganz besonderer Dank gilt vor allem dem Gesundheits- und Pflegepersonal, welches trotz grösstem Druck und hohem Risiko Ausserordentliches leistet, aber auch dem Logistik- und öV-Personal und den Blaulichtorganisationen. Bleiben wir gesund und schauen aufeinander!
Zweite Woche, vierter Tag (12.3.)
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Das Aufstehen am Morgen geht erstaunlich gut. Das „Politikum“ auf SRF 4 ist immer eine Herausforderung, weil die Sendung früh stattfindet und live ist. Es geht um zwei Motionen, die heute im Nationalrat behandelt werden, welche das sogenannte „Söldnergesetz“ ändern wollen. Konkret handelt es sich um eine Lex Pilatus. Man will erreichen, dass Pilatus weiterhin Dienstleistungs- und Wartungsarbeiten an seinen Militärtrainingsflugzeugen in Saudi-Arabien durchführen kann, obwohl noch ein verwaltungsrechtliches Verfahren gegen Piltaus läuft. Es ist nicht klar, ob das Gesetz über die im Ausland erbrachten Dienstleistungen verletzt wurde (das ist eben das Söldnergesetz), da Saudi-Arabien ja die Kriegsallianz im Jemen gegen den gegen die Zivilbevölkerung anführt, eine der grössten humanitären Katastrophen. Zudem ist die Menschenrechtssituation in Saudi-Arabien selber katastrophal. Die Mehrheit in Nationalrat hat damit aber offenbar keine Probleme und stimmt den Motionen zu.
Die Kriegsgeschäfte-Initiative wird heute auch noch zu Ende zu Ende beraten. Wie erwartet findet der SP-Antrag auf einen Gegenvorschlag keine Mehrheit, nur Grüne und Grünliberale unterstützen ihn. Die Volksinitiative wird dann auch deutlich abgelehnt, die SP unterstützt sie selbstverständlich, gemeinsam mit den Grünen.
Dann ist die zweite Sessionswoche vorbei. Das Coronavirus beschäftigt aber alle. Die notwendigen Sicherheitsmassnahmen, die eingehalten werden müssen, werden immer grösser. Wir sind alle gespannt, was für Auswirkungen die weitere Entwicklung auf die 3. Sessionswoche haben wird.
Zweite Woche, dritter Tag (11.3.)
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Heute stehen die Beratungen zur Volksinitiative «Für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten» im Zentrum, ein SiK-Geschäft. Man kann nicht so tun, als wenn Waffen ein Produkt wie jedes andere wären. Sie werden primär hergestellt, um Menschen zu töten, dabei spielt es keine Rolle ob offensiv oder sogenannt «defensiv». Zudem wird es von vielen Bürger*innen in diesem Land nicht verstanden, wenn ausgerechnet die neutrale Schweiz, berühmt für ihre humanitäre Tradition und guten Dienste, sich an Kriegsgeschäften bereichert. Gerade die Bevölkerung reagiert auf diesen untragbaren Widerspruch sehr sensibel und kritisch. Das zeigte auch die äusserst erfolgreiche Unterschriftensammlung für die Korrektur-Initiative. Auch die Kriegsgeschäfte-Initiative trifft den Nerv all denjenigen Menschen, welchen es ethisch-moralisch nicht egal ist, wie wir unser Geld verdienen und wie ihr Vermögen angelegt wird. Da die Initiative aber noch präziser formuliert werden könnte, hat die SP in der SiK-N versucht, einen solchen Gegenvorschlag den anderen Kommissionsmitgliedern schmackhaft zu machen, leider ohne Erfolg. Der Gegenvorschlag verfolgt zwei wichtige Anliegen: 1. soll das Verbot der indirekten Finanzierung verbotener Waffen gestärkt werden und 2. sollen die Transparenzvorschriften gegenüber den Anleger*innen erhöht werden. Morgen gehen die Beratungen weiter. Der Gegenvorschlag wird vermutlich auch im Plenum keine Mehrheit finden, in dem Fall werde ich die Initiative ohne Wenn und Aber unterstützen.
Am Abend schaffe ich es nicht, an eine Veranstaltung zu gehen. Ich muss noch ein Votum vorbereiten und zwei Fraktionsberichte schreiben. Das gehört halt auch dazu. Zudem muss ich morgen früh fit sein, weil ich bereits um 6.45 Uhr ein Live-Streitgespräch zum Söldnergesetz im Radio habe.
Zweite Woche, zweiter Tag (10.3.)
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Der Morgen beginnt mit Verkehrspolitik und ist durchaus erfolgreich. Die Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene soll mit verschiedenen Massnahmen weiter gestärkt werden. Dazu gehört auch, den Operateuren im Güterverkehr länger als zunächst geplant Betriebsbeiträge zu gewähren und die Trassenpreise zu senken. Das verbilligt logischerweise die Bahntransporte und macht die Schiene attraktiver, was für eine erfolgreiche Verlagerungspolitik auch zwingend notwendig ist.
Über Mittag wage ich mich mal wieder an eine Parlamentarische Veranstaltung. Travail Suisse lädt ein, es geht um neue kreative Vorschläge zur nachhaltigen Alimentierung der AHV. Ehrlich gesagt reichen meine ökonomischen Kenntnisse nicht aus, um beurteilen zu können, wie realistisch und zielführend die Vorschläge sind, sie tönen aber auf alle Fälle gut ;-).
Nach der Fraktionssitzung am Nachmittag findet das alljährliche Austauschtreffen mit dem Zürcher Regierungsrat und den Regierungen der Städte Zürich und Winterthur. Ich finde diesen Austausch sehr wichtig und habe bis jetzt darum auch noch keines dieser Treffen verpasst.