Bundeshaus-Blog
Dritte Woche, vierter Tag (17.6.)
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Der heutige Tag beginnt mit UVEK-Geschäften. Ausnahmsweise ist mal ganz viel Zeit da, persönliche Vorstösse zu behandeln. Das ist auch dringend nötig, da das UEVK dasjenige Departement ist, in welchem die meisten Vorstösse eingereicht werden. Dabei zeigt sich das Parlament durchaus ökologisch. Das macht Freude, gerade nach der verlorenen CO2-Gesetz-Abstimmung. Es werden zum Beispiel Vorstösse überwiesen, die eine Steigerung der Nachtzug-Angebote verlangen oder eine Photovoltaikoffensive bei den Immobilien des Bundes oder einen Massnahmenplan zur Steigerung des öV am Gesamtverkehr.
Das Covid-Gesetz kommt aus der Einigungskonferenz, in beiden Räten wird ihm zugestimmt. Es ist nun so, dass Inhaber*innen des Impf-, Test- und Genesungsausweis von allgemeinen Kapazitätsbeschränkungen ausgenommen sind, die Bund oder Kantone für öffentlich zugängliche Veranstaltungen erlassen haben.
Und dann geht es noch um einen richtigen «Scheiss»-Vorstoss im wahrsten Sinne des Wortes: Es geht ums Ausbringverfahren von Gülle. Die Bauern-Lobby möchte, dass die Schleppschlauchpflicht aus der Luftreinhalte-Verordnung gestrichen wird. Im Gegensatz zum Ständerat kann sie sich aber nicht durchsetzen, der Vorstoss wird mit 102:83 Stimmen abgelehnt.
Den Abend verbringen Angelo, Rosso und ich im «Schwellenmätteli», ein wunderbares Restaurant mitten in der Aare. Das Wetter zeigt sich von seiner schönsten Seite, es ist ein perfekter Sessionsabschluss.
Dritte Woche, vierter Tag (16.6.)
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Wie üblich am dritten Mittwoch während der Session tagt die Vereinigte Bundesversammlung, es finden Richterwahlen statt. Auch dieses Mal geht das nicht ohne Misstöne. Verantwortlich dafür ist einmal mehr die SVP. Sie stellen die Wahl der SP-Frau Marianne Ryter ins Bundesgericht in Frage und wollen die Wahl verschieben. Dies wegen angeblicher Verfehlungen unter Ryters Präsidentschaft am Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen. Der Antrag der SVP bekommt aber keine Mehrheit, die Vorwürfe konnten nämlich nicht erhärtet werden. Marianne Ryter wird schliesslich mit 161 Stimmen ins Bundesgericht gewählt.
Am meisten Zeit beansprucht heute die Umsetzung der Parlamentarischen Initiative Girod «Erneuerbare Energien einheitlich fördern. Einmalvergütung auch für Biogas, Kleinwasserkraft, Wind und Geothermie». Mit der Verabschiedung der Energiestrategie 2050 ist zumindest kurzfristig endlich genug Geld da, um erneuerbare Energien zu fördern. Obwohl wir nicht allem völlig einverstanden sind bei diesem Geschäft (zB. Förderung von Kleinwasserkraftwerken) ist es taktisch besser, die Frage der Förderung der erneuerbaren Energien bereits jetzt zu lösen, um zu vermeiden, dass die Bürgerlichen uns dann beim zukünftigen «Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien» erpressen können, indem sie fordern: Zubau der Erneuerbaren nur bei totaler Liberalisierung.
Aber eigentlich interessiert sich niemand so wahnsinnig für die Geschehnisse im Bundeshaus, die Augen der ganzen Welt sind heute nach Genf gerichtet: Dort trifft US-Präsident Joe Biden auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Und ich bin schon es bitzeli stolz, dass die Schweiz hier Gastgeber für dieses Gipfeltreffen sein kann.
Dritte Woche, zweiter Tag (15.6.)
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Der heutige Tag beginnt mit einer sogenannten «aktuellen Debatte»: Es geht um die Beziehungen der Schweiz zur EU. Nach dem gescheiterten Rahmenabkommen ist diese Diskussion sowohl dringend wie auch unvermeidlich. Jede Fraktion hat eine dringliche Interpellation eingereicht, natürlich mit jeweils anderen Akzenten. Wie geht es nun weiter, gibt es ein Konzept? Die SP gerät unter Druck, weil die Gewerkschaften mit ihrer kompromisslosen Haltung beim Lohnschutz für den Abbruch der Verhandlungen mitverantwortlich gemacht werden. Für die Weiterführung eines erfolgreichen, bilateralen Wegs müssen die institutionellen Fragen geklärt werden. Man will Antworten vom Bundesrat, wie es weiter gehen soll. Was passiert zum Beispiel mit Horizon und Erasmus? Neues erfährt man heute leider nicht. Aber ist gut, hat man darüber geredet…
Der Gegenvorschlag zur Transparenzinitiative geht in die letzte Runde, es liegt ein Vorschlag der Einigungskonferenz vor. Auch Ständerät*innen sollen ihre Wahlkampf- und Kampagnenspenden über 50'000 Fr. offenlegen müssen. Der nun erfreulich griffige Gegenvorschlag wird mit 132:50 Stimmen befürwortet und ist bereit für die Schlussabstimmung. Falls er am Freitag angenommen wird, kann die Initiative zurückgezogen werden.
Die Fraktionssitzung am Nachmittag ist um einiges friedlicher und versöhnlicher als letzte Woche. Die Abstimmungsresultate vom vergangenen Wochenende werden nochmals diskutiert und analysiert. Weh tut natürlich nach wie vor das Nein zum CO2-Gesetz, aber mit der anstehenden Gletscher-Initiative gibt es wieder eine neue Chance, für einen wirksamen Klimaschutz zu kämpfen.
Wie immer in der letzten Sessionswoche findet eine Sitzung der Fachkommission Frieden und Sicherheit statt. Leider immer noch online, aber ich bin zuversichtlich, dass die nächste Sitzung wieder live sein wird. Heute geht es ums Thema «Beschaffungswesen des VBS».
Dritte Woche, erster Tag (14.6.)
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Das Wochenende war leider alles andere als ein Ausbund der Freude. Ich bin immer noch erschüttert und enttäuscht über die Ablehnung des CO2-Gesetzes. Ich hatte bis zum Schluss gehofft, dass es doch noch für ein Ja reichen würde, doch dem war leider nicht so. Jetzt verlieren wir wertvolle Zeit im Kampf gegen den Klimawandel. Zeit, die wir gar nicht haben. Wir sind es den zukünftigen Generationen schuldig, wirksame Klimaschutz-Massnahmen zu definieren. Fangen gleich wieder damit an!
Am Freitagabend bekam ich meine zweite Covid-Impfung und es hat mich ein paar Stunden später total flach gelegt. Am Samstag lag ich nur im Bett. Glücklicherweise ging es mir am Sonntag wieder besser, so konnte ich doch nach Bern ins Abstimmungsstudio fahren. Beim PMT-Gesetz haben wir ebenfalls verloren, das war zu erwarten. Ich habe nun hohe Erwartungen an die Polizei, die sich hoffentlich der grossen Verantwortung, die sie mit diesem Gesetz bekommt, bewusst ist und die umstrittenen neuen Zwangsmassnahmen wie versprochen verhältnismässig umsetzt.
Die letzte Sessionswoche beginnt wieder mit dem Covid-19-Gesetz. Es bleiben weiterhin noch zwei Differenzen zum Ständerat bestehen: Der Nationalrat möchte nicht, dass Inhaber*innen eines Impf-, Test- oder Genesungsausweis von allgemeinen Zugangsbeschränkungen ausgenommen werden. Zudem soll die Hilfe im Kulturbereich bis zum 30. April 2022 verlängert werden. Das Gesetz geht nun in die Einigungskonferenz.
Nach der Sitzung treffen wir uns auf dem Bundesplatz zu einer Kundgebung zum Frauenstreik. Die Corona-Pandemie hat es eindeutig aufgezeigt: Es sind die oft unsichtbar gemachten Care-Arbeiter*innen, die unterbezahlt oder gar gratis arbeiten, welche die Gesellschaft am Leben halten – sie sind systemrelevant. Und eine AHV-Revision, die nur auf dem Buckel der Frauen ausgetragen wird, geht gar nicht!
Zweite Woche, vierter Tag (10.6.)
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Es ist schwierig, den heutigen Sitzungstag zusammenzufassen. Wir behandeln heute ganz viele, kleinere Geschäfte aus diversen Departementen. Zum Beispiel geht es um eine Parlamentarische Initiative der SVP, welche verlangt, dass alle Staatsangehörigkeiten der Mitglieder der Bundesversammlung aufgeführt werden müssen. Dahinter steckt der Gedanke, dass es angeblich nicht möglich sein soll, als Doppelbürger*in unbefangen im Schweizer Parlament tätig zu sein. Eine absurde Vorstellung, die keinerlei empirische Grundlage hat. Die PaIv erhält trotzdem eine Mehrheit, was zwar unnötig, im Sinne der Transparenz aber auch kein Weltuntergang ist.
Oder es geht um eine Motion der Staatspolitischen Kommission, die verlangt, dass in Zukunft der politische Fristenstillstand in einem ordentlichen Bundesgesetz geregelt werden soll und dass die digitale Kompetenz in allen drei Gewalten gefördert und sichergestellt werden soll. Hintergrund für die Motion sind natürlich die Erfahrungen aus der Pandemie. Die Motion erhält eine Mehrheit, nur die SVP ist dagegen.
Und dann geht es auch schon wieder nach Hause! Am Sonntag muss ich zwar wieder nach Bern, es sind ja eidgenössische Abstimmungen. Ich muss/darf dann im SRF-Abstimmungsstudio das Ergebnis zum PMT-Gesetz kommentieren.
Zweite Woche, dritter Tag (9.6.)
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Der Tag beginnt, wie nun endlich wieder üblich, gemütlich in Angelos und meinem Stammlokal Adriano’s. Leider komme ich nicht dazu, mein Brioche fertig zu essen, da ein frecher Spatz mir den Restbissen keck vom Tisch weg klaut. Das nächste Mal muss ich wohl besser aufpassen ;-).
Im Rat beschäftigt uns heute den ganzen Tag eine wirklich grosse „Kiste“: Es geht um die AHV-Reform. Der Ständerat hat in der Wintersession 2020 eine miserable Vorlage verabschiedet. Referenzalter 65 für Frauen und Männer. Ausgleichsmassnahmen soll es zwar für 9 Jahrgänge geben, aber nur im Umfang von 22%, das ist viel zu wenig. Die Flexibilisierung des Renten-Alters wird erst ab 63 Jahren gewährt. Der Freibetrag bei Weiterarbeit über Alter 65 hinaus wird hingegen erhöht auf 24'000 Franken. Die AHV-Vorlage soll zudem mit einer Mehrwertsteuererhöhung von nur bloss 0,4% verknüpft werden. Der Bundesrat muss bis 31.12.2026 zwingend eine weitere Revision der AHV vorlegen.
Trotz Protest von der linken Ratsseite wird die Vorlage nicht zurückgewiesen, und es wird mit der Detailberatung begonnen. Die Bürgerlichen können sich auf ganzer Linie durchsetzen: Auch der Nationalrat stimmt der Frauen-Rentenaltererhöhung auf 65 zu und Kompensationszahlungen soll es nur für 6 Jahrgänge geben nicht für 9, wie vom Bundesrat und Ständerat vorgeschlagen. In der Gesamtabstimmung lehnen wir diesen Teil der Vorlage ab, sie erhält aber trotzdem eine Mehrheit von 126:67 Stimmen. Mit der Verknüpfung der Finanzierung durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer sind wir zwar zufrieden, allerdings hätten wir einen Satz von 0,7% gewollt, wie das auch der Bundesrat vorsah. Der Nationalrat bleibt bei 0,4% gemäss Ständerat. Wir enthalten uns darum bei der Gesamtabstimmung. Der Antrag, dass der AHV-Fonds sämtliche Bruttoerträge der SNB aus Negativzinsen erhält und dass der verbleibende Reingewinn zu mindestens zwei Dritteln an die Kantone geht, erhält eine Mehrheit. Wir sind hier ausnahmsweise gleicher Meinung wie die SVP.
Dieses Paket ist insgesamt aber eine Rentenreform auf dem Buckel der Frauen und wird so keine Chancen vor dem Volk haben. Jetzt geht die Vorlage aber erst mal wieder zurück in den Ständerat.
Zweite Woche, zweiter Tag (8.6.)
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Heute ist ein VBS-Morgen, die Mitglieder der SiK sind gefordert. Die Debatte beginnt mit der Armeebotschaft. Die Armeebotschaft 2021 beinhaltet 3 separate Bundesbeschlüsse: das Rüstungsprogramm, Beschaffungen von Armeematerial für 2021 und das Immobilienprogramm, alles insgesamt für 2,3 Milliarden Franken. Das sind 400 Mio. weniger als letztes Jahr. Es handelt sich also um eine «gemässigte» Armeebotschaft im normalen Umfang. Die SP stellt zwei Minderheitsanträge: Reduktion um einen Drittel bei der Beschaffung neuer Radschützenpanzer (sie können immerhin auch zivil und bei Naturkatastrophen eingesetzt werden) und keine Munitionssubventionierung für Schiessvereine. Die Anträge sind wie erwartet chancenlos. Wir enthalten uns darum beim Rüstungsprogramm und beim Armeematerial oder lehnen ab, dem Immobilienprogramm stimmen wir jedoch mehrheitlich zu. Es enthält Anstrengungen im Bereich Energieeffizienz und Ausbau erneuerbare Energien.
Danach werden VBS-Vorstösse behandelt, darunter auch zwei von mir. Ich möchte mit einer Motion erreichen, dass Armeepistolen nur nachweislichen Sportschützen überlassen werden dürfen und in einem Postulat fordere ich, dass über die Umsetzung des Zehn-Punkte-Massnahmenpakets für Militärethik in der Schweizer Armee Bericht erstattet wird. Ausser den Grünen und den Grünliberalen unterstützt uns aber niemand, was leider auch zu erwarten war.
Nach der Fraktionssitzung am Nachmittag, die heute eher schwierig und gehässig ausfällt, habe ich noch Sitzung der GL SP Kanton Zürich. Online-Konferenzen haben auch Vorteile, ich muss dafür nicht extra nach Zürich reisen. Trotzdem freue ich mich darauf, alle GL-Mitglieder endlich mal wieder physisch sehen zu können.
Zweite Woche, erster Tag (7.6.)
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Das Wochenende war sehr abwechslungsreich. Am Samstag durfte ich an der 4. Schweizerischen Friedenskonferenz in Trogen einen kurzen sicherheitspolitischen Input geben und am Sonntag konnte ich endlich mal wieder meine deutsche Verwandtschaft sehen. Das war alles wegen der Pandemie lange Zeit nicht mehr möglich.
Heute Morgen fahre ich nicht sofort nach Bern, da ich noch eine Aufgabe in Kloten wahrzunehmen habe. Ich wurde eingeladen, ein kleines Referat zum Thema «Überzeugend argumentieren» zu halten. Dies anlässlich eines Weiterbildungskurses für Zivilschutz- und Feuerwehrkommandanten des Kantons Zürich. Der Austausch macht mir sehr Spass und ich merke deutlich, dass ich mein früheres Amt als Sicherheitsvorsteherin schon sehr vermisse…
In Bern ist wieder einmal eine Open End-Sitzung geplant, denn es geht einmal mehr um Anpassungen im Covid-19-Gesetz. Die Härtefallprogramme, Kurzarbeitsentschädigungen und die Hilfe im Kulturbereich müssen verlängert werden. Die SVP versucht, auch noch die Aufhebung zahlreicher Schutzmassnahmen in dieses Gesetz aufzunehmen (wie zB. Aufhebung der Masken- und Home-Office-Pflicht oder Auslösung der Swiss Covid Task Force), scheitert damit aber zum Glück deutlich. Es wird nicht Mitternacht, wie zu Beginn der Sitzung befürchtet. Um 20.50 Uhr ist bereits Schluss für heute.
Erste Woche, vierter Tag (3.6.)
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Am heutigen Morgen behandelt der Nationalrat Energie- und Verkehrsanliegen, aber auch das Massnahmenpaket zugunsten der Medien geht in eine nächste Runde. Ich bekomme nicht sehr viel mit von der Debatte, da mich zwei andere wichtige Themen beschäftigen: Die Beratung der Korrektur-Initiative im Ständerat und die Medienmitteilung des Zürcher Regierungsrates, dass die Pisten 28 und 32 am Flughafen Zürich nun doch verlängert werden.
Die Hälfte des Morgens verbringe ich im Ständeratssaal. Als Komiteemitglied der Volksinitiative «Keine Waffenexporte in Bürgerkriegsländer» - genannt Korrektur-Initiative – möchte ich die Debatte gerne live vor Ort verfolgen. Der Bundesrat hat einen grundsätzlich guten indirekten Gegenvorschlag formuliert, allerdings mit einem Pferdefuss: Es gibt eine Ausnahmeklausel, die ermöglicht, dass der Bundesrat bei «besonderen Umständen» doch wieder Ausnahmeregelungen bei den Ausschlusskriterien für Kriegsmaterialexporte beschliessen kann. Der Minderheitsantrag von Andrea Gmür, diese Klausel zu streichen, erhält erfreulicherweise eine Mehrheit von 22:20 Stimmen! Falls der Gegenvorschlag am Ende der parlamentarischen Beratung so bestehen bleibt, können wir die Initiative wohl zurückziehen.
Aus dem Kanton Zürich kommen leider unerfreuliche News: Der Regierungsrat hat grünes Licht gegeben für Pistenausbauten. Auch wenn diese Meldung seit Jahren erwartet worden ist, kommt sie nun doch zu Unzeiten. Wir sind immer noch in einer Pandemie und wissen nicht, wie sich der Luftverkehr entwickeln wird. Zudem müssen wir alles versuchen, dass die Klimaziele von Paris möglichst bald erreicht werden. Pistenausbauten führen immer zu Kapazitätssteigerungen, das hat die Vergangenheit gezeigt. Dieses Ansinnen macht weder ökonomisch noch ökologisch Sinn.
Und schon ist die erste Sessionswoche bereits wieder vorüber, es geht immer so schnell. Freue mich sehr aufs Wochenende mit meiner Familie!
Erste Woche, dritter Tag (2.6.)
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Der Tag startet heute Morgen endlich mal wieder mit dem besten Kaffee in Bern, zusammen mit Angelo: bei Adriano’s. Das war wegen der Corona-Pandemie und Angelos Erkrankung lange nicht mehr möglich. Wieder etwas mehr «Normalität», das stellt auf!
Die Beratungen im Rat beginnen heute mit der Transparenz-Initiative. Die Initiative verlangt, dass der Bund Vorschriften zur Offenlegung der Finanzierung von politischen Parteien sowie von Wahl- und Abstimmungskampagnen auf Bundesebene erlässt.
Die Parteien sollen insbesondere ihre Bilanz und ihre Erfolgsrechnung sowie die Herkunft aller Spenden von über 10 000 Franken pro Jahr und Person offenlegen müssen. Bei Kampagnen sollen auch Personen und Komitees dazu verpflichtet werden, ihre Spenden über 10 000 Franken zu deklarieren, sofern sie insgesamt über 100 000 Franken einsetzen. Die Annahme anonymer Spenden soll zudem grundsätzlich verboten werden.
Zuerst wird der indirekte Gegenvorschlag bereinigt. Es bleibt eine Differenz zum Ständerat bestehen, nämlich bei den Wahlkampf- und Kampagnenspenden bei Ständerät*innen. Der Ständerat möchte diese Offenlegungspflicht für mehr als 50'000 Fr. streichen, der Nationalrat nicht. Die Volksinitiative selber wird im Nationalrat abgelehnt. Da der Gegenvorschlag aber auch griffig ist und das Parlament endlich Handlungsbedarf bei der Politikfinanzierung erkannt hat, kann die Initiative zurückgezogen werden, falls der Gegenvorschlag «heil» aus der der Einigungskonferenz kommt und kein Referendum ergriffen wird.
Danach geht es weiter mit der Strafrahmenharmonisierung. Der Bundesrat will damit eine umfassende Anpassung der verschiedenen Strafrahmen vornehmen, um einerseits zwischen den Strafrahmen der verschiedenen Delikte eine gewisse Kohärenz zu erreichen und andrerseits um die Strafrahmen bei einzelnen Delikten gestützt auf parlamentarische Vorstösse spezifisch anzupassen. Diese Kohärenz ist aber nur bedingt gelungen, grundsätzlich werden alle Strafen verschärft. Den Erhöhungen der Strafen gegen Beamte stimme ich gegen meine Fraktion aus Respekt vor der Arbeit der Polizist*innen zu, der Antrag erhält aber keine Mehrheit. Der Vorlage wird schliesslich zugestimmt und geht jetzt zurück in den Ständerat.
Dazwischen findet über Mittag eine Sitzung der Parlamentarischen Gruppe Menschenhandel statt, die ebenfalls präsidiere. Diskussionsgegenstand sind die Empfehlungen des SEM für den Umgang mit Betroffenen von Menschenhandel im Asylbereich. Auch diese Sitzung findet zum ersten Mal seit Corona wieder physisch statt, ein gutes Gefühl!
Erste Woche, zweiter Tag (1.6.)
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Heute Morgen beraten wir vorwiegend WBF-Geschäfte, aber auch Vorlagen aus der Rechtskommission. Die Themen sind sehr vielfältig. Es geht zum Beispiel um Internationale Arbeitsorganisationen über Glyphosat bis hin zur Bekämpfung von Lohndumping im Kanton Tessin. Dazu werden auch zahlreiche parlamentarische Vorstösse abgearbeitet, es ist also sozusagen eine «Aufräumsitzung».
Am meisten zu diskutieren gibt eine Standesinitiative aus dem Kanton St. Gallen, welche die Verjährungsfrist für Schwerstverbrechen abschaffen möchte. Ich habe gewisse Sympathien für das Anliegen. Mit den heutigen technischen Möglichkeiten steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein Verbrechen auch viele Jahre später noch aufgeklärt werden kann. Ich enthalte mich der Stimmen, was einige meiner Genoss*innen auch tun, so bekommt die Initiative eine Mehrheit von 1 Stimme und geht jetzt zurück in den Ständerat. Falls dieser das Anliegen wiederum nicht unterstützt, ist es vom Tisch.
Über Mittag findet endlich mal wieder ein Anlass der Parlamentarischen Gruppe «Polizei- und Sicherheitsfragen» zum DNA-Profil-Gesetz statt. Wir treffen uns physisch mit Abstand und Schutzkonzept, trotzdem ist es ein schönes Gefühl, die Leute wieder live zu sehen und direkt mit ihnen sprechen zu können.
Nach der Fraktionssitzung fahre ich am Abend noch nach Sempach. Dort findet ein Podium zum Gesetz für Polizeiliche Massnahmen gegen Terrorismus statt, mit BR Karin Keller-Sutter. Marionna Schlatter und ich vertreten den Gegenpart, was keine einfache Angelegenheit ist. Auf der einen Seite ist es ja ein schönes Zeichen, dass die Polizei so viel Vertrauen der Bevölkerung geniesst, auf der anderen Seite stimmt es mich aber auch nachdenklich, dass die Leute für einen kleinen vermeintlichen Sicherheitsgewinn bereit sind, ihre Grundrechte zu beschneiden.
Sommersession 31.5. - 18.6., erste Woche, erster Tag (31.5)
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Nachdem es letzte Woche gar nicht danach aussah, änderte sich diese Woche das Wetter endlich zum Positiven: Just auf Beginn der Sommersession wird es auch temperaturmässig endlich Sommer! Da startet man doch gleich viel lieber mit der Session, obwohl ich den Schock von letzter Woche – nämlich der Abbruch der Verhandlungen zum Institutionellen Rahmenabkommen mit der EU – noch nicht verdaut habe. Meiner Meinung nach ist da der Bundesrat total auf dem Holzweg, hat kurzsichtig und leichtsinnig gehandelt. Das wird sicher ein viel diskutiertes Thema in Bern sein.
In dieser Session steht im Nationalrat die Transparenz-Initiative mit dem entsprechenden Gegenvorschlag auf der Traktandenliste, sowie die sehr einseitig geratene AHV-Reform. Weiterhin beschäftigt uns auch das Covid-19-Gesetz, das erneut an den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden muss. Im Ständerat geht es zum Beispiel um die Korrektur-Initiative, in deren Komitee ich ja bin.
Das Allerschönste an dieser Session ist aber, dass Angelo Barrile von A bis Z wieder dabei sein wird. Das freut mich so sehr!
An diesem ersten Tag heute geht es um Geschäfte des Finanzdepartements. Auch eine Vorlage der SiK ist dabei: Die Päpstlichen Schweizergardisten sollen von der Wehrpflichtersatzabgabe befreit werden, da diese jungen Männer «einen einmaligen Einsatz für das Ansehen der Schweiz im Ausland leisten». Die SP-Fraktion ist grossmehrheitlich dagegen, weil eine solche Sonderregelung nur für Schweizergardisten willkürlich und zufällig ist. Warum gilt diese Sonderregelung zB. nicht auch bei einem humanitären Einsatz fürs IKRK? Zudem ist die Zulassungsbeschränkung zur Schweizergarde schlicht diskriminierend. Es kommen nur ledige Männer über 1.74 m in Frage. Die Vorlage wird mit 86:89 Stimmen knapp abgelehnt, in der SiK war noch eine klare Mehrheit dafür. Mich freut’s ;-).
Am Schluss des heutigen Tages wird Mathias Reynard aus dem Nationalrat verabschiedet. Er wurde im Frühling ja in den Walliser Staatsrat gewählt. Der Applaus ist lang anhaltend und herzlich. Prends soin de toi, Mathias, tu vas nous manquer!
Dritter und letzter Tag (5.5.)
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Den ganzen letzten Tag dieser Sondersession beschäftigt uns die Volksinitiative «Organspende fördern – Leben retten». Es ist eine Tatsache, dass in der Schweiz immer weniger Spenderorgane zu Verfügung stehen. So sterben leider zu viele Menschen, auch Kinder. Ich selber trage seit ich 20 Jahre alt bin immer einen Organspendeausweis bei mir. Schon immer war ich der Meinung, dass meine Organe im Falle meines Todes mir ja nichts mehr nützen, einem anderen Menschen aber das Leben retten können. Die Initiative verlangt einen Paradigmenwechsel von der Zustimmungslösung zur sogenannten Widerspruchslösung. Das heisst, dass man zu Lebzeiten klar deklarieren muss, wenn man nicht will, dass die eigenen Organe nach dem Tod gespendet werden sollen. Dies geht dem Bundesrat zu weit, er hat darum einen indirekten Gegenvorschlag formuliert mit der sogenannten erweiterten Widerspruchslösung. Neben dem Willen der verstorbenen Person können auch die Angehörigen in die Entscheidungsfindung miteinbezogen werden. Der Gegenvorschlag erhält eine deutliche Mehrheit von 150:34 Stimmen bei 45 Enthaltungen. Das war zu erwarten. Erfreulicherweise erhält aber auch die Initiative eine Mehrheit, wenn auch nur sehr knapp mit gerade 88:87 Stimmen bei 14 Enthaltungen. Das Geschäft geht nun in den Ständerat. Die Initiant*innen haben signalisiert, dass sie bei der Annahme des Gegenvorschlags über den Rückzug der Initiative nachdenken werden.
Und dann ist diese Kurz-Session auch schon wieder vorbei und es geht nach Hause. Das persönliche Highlight für mich war ganz klar, dass Angelo endlich wieder dabei sein konnte. Er hat das so gut gemacht und sogar ein Votum zur Organspende-Initiative gehalten. Genauso muss es weitergehen!
Zweiter Tag (4.5.)
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Heute Morgen beschäftigt uns das sogenannte DNA-Profil-Gesetz. Die Polizei soll mittels Phänotypisierung Fandungsprofile erstellen können. Es können äussere Merkmale wie Haar-, Augen- und Hautfarbe festgestellt werden, so wie die biogeografische Herkunft. Es handelt sich hier aber nicht um exakte Fandungsbilder, sondern nur um Wahrscheinlichkeiten. Die Phänotypisierung kann einen Beitrag zur Aufklärung leisten, ist aber kein Wundermittel. Für die SP ist darum wichtig, dass der Deliktekatalog klar eingeschränkt ist, nur bei schweren Straftaten gegen Leib und Leben soll die Phänotypisierung angewendet werden können. Leider unterliegt der entsprechende Minderheitsantrag, wir hoffen nun auf den Ständerat.
Am Nachmittag geht es um die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage, damit im Asylverfahren Mobiltelefone eingezogen und überprüft werden können. In erster Linie sollen diese Überprüfungen der Identifizierung dienen. Diese Parlamentarische Initiative kommt von der SVP und hat klar zum Ziel, mehr Rückführungen und Abschiebungen zu ermöglichen. Ein Versuch aus Deutschland von 2016 zeigt ernüchternde Ergebnisse: Die Hälfte der Auswertungen waren unbrauchbar und brachten keinen Mehrwert betreffend Identifizierung. Es stellt sich einmal mehr die grundsätzliche Frage, wie weit der Staat in die Persönlichkeitsrechte eingreifen darf, wenn sich Asylbewerber*innen aus Angst vor einer Abschiebung der Mitwirkung verweigern oder amtliche Dokumente fehlen. Bei der Aufklärung schwerer Straftaten braucht es für solch massive Eingriffe in die Grundrechte nämlich eine richterliche Genehmigung. Mit dieser Vorlage werden Asylbewerber*innen also schlechter gestellt. Der Protest der linken Ratsseite nützt aber leider nichts, der Gesetzesänderung wird mit 123:65 Stimmen zugestimmt und geht nun in den Ständerat. Immerhin erhält der Minderheitsantrag der SVP, welcher ein zwangsweiser Entzug von mobilen Datenträgern fordert, keine Mehrheit.
Sondersession, 3.-5. Mai 2021, erster Tag (3.5.)
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Wie meistens im Mai findet auch dieses Jahr eine Sondersession statt. Die Geschäftslast im Nationalrat ist immer sehr hoch, darum braucht es jeweils diese Zusatztage. Vor einem Jahr wurde die Sondersession zur ausserordentlichen Session umfunktioniert, da die ganzen Beschlüsse, die der Bundesrat in der ausserordentlichen Lage gefällt hatte, vom Parlament gutgeheissen werden mussten. In dieser Sondersession steht kein einziges Covid-Geschäft auf der Traktandenliste. Das gab es seit dem Ausbruch der Pandemie nie mehr.
Diese kurze Session ist aber aus einem anderen Grund sehr bedeutend für mich: Angelo Barrile ist endlich wieder dabei! Nach seiner schweren Krebstherapie, ist er auf dem Weg der Besserung und wagt sich wieder ins Bundehaus. Es ist sehr emotional – in erster Linie natürlich für Angelo, aber auch für uns alle. Jetzt geht es aufwärts, es ist so schön, dass er wieder hier ist!
Im Rat geht es heute um Zucker, bzw. um die Höhe der Subventionierung des Zuckerrübenanbaus. Ohne staatliche Unterstützung wäre der Zuckerrübenanbau in der Schweiz nicht rentabel, denn der internationale Zuckerpreiszerfall zerstört auch die inländische Wertschöpfung. Die Frage ist nur, wie hoch die staatliche Unterstützung ausfallen soll. Die Ökologisierung wurde in der Zuckerrübenwirtschaft leider total verschlafen, da muss endlich etwas passieren. Das finden ganz viele so, darum erhält der Einzelantrag von Martina Munz im Sinne eines Kompromisses eine klare Mehrheit von 155:29 Stimmen: Die von der Landwirtschaft geforderten 2100 Fr. pro Hektare pro Jahr sollen noch bis 2026 ausbezahlt werden. Nachher nur noch, wenn die Zuckerrüben den Anforderungen der biologischen Landwirtschaft oder der integrierten Produktion entsprechen. Bis in vier Jahren sind dann auch genügend resistente Sorten gefunden worden, das reduziert den Pestizideinsatz. Unter dieser Bedingung kann auch die SP dem Gesetz zustimmen.