Bundeshaus-Blog
Dritte Woche, erster Tag (17.6.)
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Dieses Wochenende hatte es wirklich in sich! Am Freitagnachmittag beindruckende die Riesen-Demo in Zürich anlässlich des Frauenstreiks und am Samstag auch noch die Pride: Ein einziges grosses und kraftvolles Plädoyer für Gleichstellung, Gleichberechtigung und Diversität. Das hat so gut getan und macht Mut für die weitere politische Arbeit!
In Bern übernimmt dann der Alltag wieder. Heute stehen der Geschäftsbericht des Bundesrates sowie die Staatsrechnung auf der Traktandenliste. Die Rechnung 2018 lässt sich sehen. Der Bundeshaushalt schliesst mit einem ordentlichen Überschuss von 2,9 Milliarden ab. Budgetiert waren 0,3 Milliarden. Massgeblich zum guten Ergebnis tragen die höheren Einnahmen aus der Verrechnungssteuer und der direkten Bundessteuer bei. Die Bruttoverschuldung liegt erstmals seit 1997 wieder unter 100 Milliarden. Die Schweizer Wirtschaft ist im vergangenen Jahr um 2,5 Prozent gewachsen. Das Stabilisierungsprogramm 2017-2019 wäre also nicht nötig gewesen, wie die SP übrigens schon immer moniert hat. Ich hoffe nun, dass beim Budget 2020 dann auch wieder mal ans Personal gedacht wird.
Nach der Ratssitzung folge ich einer Einladung der Chefredaktor*innen der Schweizer Medienhäuser. Der Austausch im Hotel Schweizerhof ist sehr angeregt und interessant.
Zweite Woche, vierter Tag (14.6.)
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Endlich – heute ist der Frauenstreik-Tag! Bei der SP- und der Grünen-Fraktion (mit Frauen auch aus der CVP, EVP und BDP) ist die vorherrschende Farbe violett. Sogar BR Viola Amherd trägt ein violettes Shirt und einen Frauenstreik-Pin am Blazer-Revers.
Bevor es am Mittag nach Zürich an die grosse Demo geht, hat ausgerechnet die sicherheitspolitische Kommission viel zu tun: Es ist ein VBS-Morgen. Begonnen wird mit der Beratung des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes. Die SP hat die Grundzüge der Vorlage von Anfang an unterstützt: die Modernisierung des Bevölkerungsschutzsystems und dessen stärkere Ausrichtung an den heutigen Gefahren und Risiken; die Erneuerung der Kommunikationssysteme und die gesetzliche Ausscheidung der Zuständigkeiten; die Stärkung der Führung und Koordination beim Schutz kritischer Infrastrukturen beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz; das geht alles in die richtige Richtung. Ein Antrag von uns scheitert, der in der Kommission noch eine Mehrheit hatte, weil die SVP ihn nun plötzlich nicht mehr unterstützt. Es geht darum, dass auch der Zivildienst als Teil des Systems zur Vorbeugung und Bewältigung von Katastrophen und Notlagen erwähnt wird. Ehrlich gesagt, ist es keine Katastrophe, dass unser Antrag schlussendlich keine Mehrheit findet. Ich glaube, wir müssen das nochmals grundsätzlich überlegen. Wir wollen den Zivildienst keinesfalls als «Auffüllbecken» des Zivilschutzes sehen und ihn so schwächen. Die Gesamtvorlage wird schliesslich einstimmig angenommen und geht jetzt in den Ständerat.
Um 11 Uhr unterbricht Ratspräsidentin Marina die Sitzung. Die Parlamentarierinnen und die Bundesrätin gehen nach draussen auf den Bundesplatz. Hier wartet eine riesige Menge von Frauen und empfängt uns mit viel Applaus, es ist schlicht überwältigend. Gemeinsam stehen alle Frauen auf dem Bundesplatz für mehr Gleichstellung ein. Ich muss ehrlich sagen, dass ich sehr gerührt bin – und das geht nicht nur mir so. Nach einer Viertelstunde geht die Sitzung weiter und Viola Amherd zitiert in ihrem Votum die legendäre Josi Meier: «Frauen gehören ins Haus – ins Gemeindehaus, ins Rathaus, ins Bundeshaus!». Ich glaube, das ist bis jetzt der schönste Tag im Bundeshaus!
Zweite Woche, dritter Tag (13.6)
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Die Konzernverantwortungs-Initiative steht heute klar im Fokus der Beratungen. Sie verlangt Sorgfaltspflicht für Unternehmen mit Sitz in der Schweiz, sie müssen Verantwortung übernehmen. Eine globalisierte Wirtschaft stösst an die Grenzen der Demokratie. Profit zählt oft mehr als die Interessen der Menschen, obwohl es Leitlinien der UNO zur Einhaltung der Menschenrechte und Umweltstandards gibt. Verantwortungsvolle Schweizer Grossunternehmen müssen wegen der KoVI nichts befürchten, doch leider hat Freiwilligkeit bisher nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Obwohl sich der Nationalrat für den indirekten Gegenvorschlag zur KoVI ausgesprochen hat, war das intensive Lobbying der economiesuisse erfolgreich: Der Gegenvorschlag kam im Ständerat zu Fall. Der Nationalrat wiederum lehnt den Nicht-Eintretens-Antrag der SVP ab, der Gegenvorschlag bleibt so weiterhin im Spiel und geht nun wieder zurück in den Ständerat. Zur eigentlichen Initiative findet darum heute keine Abstimmung ab.
Und dann gibt es mal wieder etwas Neues von der «Kampfjet-Front» zu berichten. Völlig unerwartet zieht Saab seinen Gripen aus dem Evaluationsprozess zurück und fällt somit aus dem Rennen. Den Entscheid kann man nach genauerem Hinsehen nachvollziehen, das Flugzeug ist noch nicht so weit. Das Gripen-Debakel lässt grüssen… Ich bedaure allerdings, dass jetzt ein europäisches Modell weniger zur Auswahl steht. Zudem wäre der Gripen ein günstigeres Modell gewesen, aus einem neutralen Land notabene. Ich hoffe nicht, dass nun die Chancen des teuren, für unsere Verhältnisse überdimensionierten F-35-Tarnkappenbomber steigen…
Am Abend findet als Einstimmung auf den Frauenstreik morgen ein Frauen-Vernetzungs-Apéro statt. Die NR-Präsidentin Marina Carobbio und Staatssekretärin Pascale Baeriswyl laden ein. Der rege Austausch zwischen Diplomatinnen, Nationalrätinnen und Bundesrätinnen ist ein voller Erfolg.
Zweite Woche, zweiter Tag (12.6.)
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Heute morgen, bereits um 7 Uhr, lädt BR Viola Amherd zu einem Frühstück ein. Thema ist das Projekt «Air 2030», also die Kampfjet-Beschaffung mit Bodluv. Claude Nicollier und Kurt Grüter stellen je ihre Expertenberichte kurz vor, welche sie im Auftrag von BR Amherd ausgearbeitet haben. Wirklich Neues erfahre ich nicht, aber es ist immer von Vorteil, Informationen aus erster Hand zu erfahren.
Im Rat widmen wir uns wieder einmal der Revision des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen. Hauptstreitpunkt ist weiterhin der Artikel, welcher die Zuschlagskriterien definiert. Der Fokus liegt jetzt klar auf sozialen und Umwelt-Standards, also auf der Nachhaltigkeit. Das nützt den Schweizer Firmen im harten Konkurrenzkampf und ist so auch WTO-verträglich. Den ominösen Begriff «Kaufkraftunterschiede» als Kriterium einzuführen, so will das die SVP will, wäre erstens gar nicht praktikabel und zweitens WTO-widrig. Dieses Risiko darf die exportorientierte Schweiz nicht eingehen. Wir müssen die Stärke unserer KMU in den Vordergrund stellen, eben genau mit dem vorgeschlagenen Gesamtpaket an auf unsere KMU zugeschnittenen Zuschlagskriterien. Das ist zielführender als den Preis als einzig zentrales Kriterium hinzustellen. Der Nationalrat sieht das auch so und lehnt die «Kaufkraftunterschiede» ab.
Die Sitzung endet heute bereits um 12 Uhr, weil heute die Fraktionsausflüge durchgeführt werden. Ich schwänze und nütze die Gelegenheit, meine Familie auch einmal während der Sessionswoche sehen zu können!
Zweite Woche, erster Tag (11.6.)
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Das verlängerte Wochenende hat gut getan. Ich habe es sehr genossen, die ganze Zeit mit meiner Familie verbringen zu können. Und es ist immer angenehm, wenn die Woche gleich mit einem Dienstag beginnt. Dafür aber gleich so richtig, mit einer langen Sitzung: Nach der Fraktionssitzung am Mittag beginnt anschliessend die Ratssitzung, die bis 21.45 Uhr vorgesehen ist.
Heute werden vorwiegend Standesinitiativen beraten. Im Kantonsrat war die Meinung vorherrschend, dass Standesinitiativen eh nichts bringen und sie in Bern nur schon aus Prinzip abgelehnt würden. Dem kann ich so nicht beipflichten. Alle Standesinitiativen durchlaufen den üblichen parlamentarischen Prozess und werden auch mit der nötigen Ernsthaftigkeit behandelt.
Einen kleinen Erfolg gibt es auch noch zu verzeichnen: Die Verordnung über die Ausfuhr und Vermittlung von Gütern zur Internet- und Mobilfunküberwachung hat zum Zweck, Bewilligungen verweigern zu können, wenn Grund zur Annahme besteht, dass die auszuführenden oder zu vermittelnden Güter von der Endempfängerin oder dem Endempfänger zur Repression missbraucht werden. Nun soll der Inhalt der Verordnung ins ordentliche Recht überführt werden, nämlich ins Güterkontrollgesetz. Die Mehrheit der SiK-N will das Geschäft sistieren, was zu einem Reputationsschaden für die schweizerische Aussenpolitik führen könnte. Im Rat kippen die Mehrheiten, die Sistierung wird zum Glück abgelehnt.
Die Ratspräsidentin kennt keine «Gnade», die Sitzung wird tatsächlich erst um 21.50 Uhr geschlossen.
Erste Woche, vierter Tag (6.6)
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Erstaunlicherweise stehe ich ganz leicht auf am Morgen früh. Das liegt wohl daran, dass endlich Sommer ist. Pünktlich stehe ich vor dem Radiostudio, zum Glück gibt es gleich Kaffee! Das Streitgespräch mit Werner Salzmann gelingt gut, wir sind sozusagen schon ein eingespieltes Team.
Vor dem Haupteingang des Bundeshauses stehen viele Klima-Demonstrierende, ganz friedlich. Gestern wurden wir Parlamentarier*innen darüber die Demo in Kenntnis gesetzt und es wurde uns geraten, die Seiteneingänge zu benützen. Diese Warnung rief dann die SVP auf den Plan. Man wollte, dass die Polizei den Eintritt durch den Haupteingang gewährleisten müsse. Ein bisschen eine spezielle Vorstellung, dass das Parlament über das Sicherheitsdispositiv einer Polizei verfügen kann. Wir machten darum auch nicht mit bei der Abstimmung. Die Demonstrant*innen verhalten sich dann aber anständig, wir können ohne Problem durch den Haupteingang ins Gebäude.
Dann geht es gleich los mit der Armeebotschaft. Aus grundsätzlich-finanzpolitischer Sicht haftet den beantragten Krediten aber insgesamt nichts Anstössiges an: Sie bewegen sich im Rahmen dessen, was wir kennen. Die Armeebotschaft wirft deshalb einmal mehr eher militärpolitische als denn finanzpolitische Fragen auf: Wird wirklich das richtige Material beschafft? Und geschieht dies in der angemessenen Menge? Bei der Beschaffung von 8,1 cm-Mörsern stelle ich einen Minderheitsantrag auf Ablehnung. Hier wird von einem nicht sehr realistischen Kriegsszenario ausgegangen, nämlich vom grossen, vaterländischen Krieg im dicht besiedelten urbanen Gebiet. Wir sind aber überzeugt, dass die grosse Artillerieschlacht nicht mehr das Kriegsbild ist, das am wahrscheinlichsten ist. Zudem ist das Risiko gewaltiger Schäden an der eigenen Zivilbevölkerung unverantwortlich gross. Und es gibt bei mir immer noch Zweifel, ob diese Art Munition tatsächlich mit dem Genfer Recht vereinbar ist. Zur Zeit gibt es in der UNO nämlich eine intensive Diskussion über den Einsatz von Explosivwaffen in bevölkerten Gebieten. Der Antrag scheitert, sowie auch Kürzungen bei der Munitionsbeschaffung. Die SP enthält sich darum bei der Schlussabstimmung, der Armeebotschaft wird trotzdem deutlich zugestimmt und geht jetzt in den Ständerat.
Die erste Woche der Sommersession ist damit bereits wieder vorbei, vor uns liegt das lange Pfingstwochenende.
Erste Woche, dritter Tag (5.6.)
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Der heutige Tag beginnt mit einer Änderung des Umweltschutzgesetzes, es geht um den illegalen Holzschlag. Die Weltbank schätzt, dass global alle 2 Sekunden die Fläche von zwei Fussballfeldern illegal abgeholzt wird. In vielen Ländern wird nach wie vor mehr als die Hälfte des geernteten Holzes illegal gefällt. Der illegale Holzschlag ist ein wichtiger Treiber der weltweiten Entwaldung, die rund 17 Prozent zu den globalen CO2-Emissionen und somit auch zur Klimaerwärmung beiträgt.Der EU verbietet bereits das Inverkehrbringen von Holz aus illegalem Holzschlag, zwei Motionen (eingereicht notabene von der SVP!) verlangten die Schaffung von gleichlangen Spiessen. Kernelement der Vorlage ist die Sorgfaltspflicht, welche durch die Rückverfolgbarkeit der Lieferkette garantiert wird, also so eine Art «Konzernverantwortung». Die Vorlage wird sinnvollerweise sogar noch erweitert, indem der Bundesrat das Gesetz auf weitere Rohstoffe und Produkte ausweiten kann.
Am 14. Juni findet der Frauenstreik statt, die Vorbereitungen für diesen wichtigen Tag laufen auf Hochtouren. Nationalratspräsidentin Marina Carobbio wird darum die Sitzung an diesem Tag aus Solidarität mit den Frauen kurz unterbrechen. Das provoziert einen Ordnungsantrag von Andreas Glarner, der diese Pause nicht will. Er scheitert aber kläglich mich seinem Antrag, nur gerade die SVP unterstützt ihn.
Das Abkommen zwischen der Schweiz und Kosovo über die soziale Sicherheit soll neu geregelt werden. Konkret heisst das, dass Kosovo-Albaner*innen, die in der Schweiz gearbeitet haben und wieder in den Kosovo zurückkehren, Anspruch auf AHV-Renten haben. Der berechtigten Forderung wird zugestimmt. Eine Differenz zum Ständerat besteht trotzdem, denn dieser will das Abkommen dem fakultativen Referendum unterstellen.
Über Mittag beraten wir Zürcher SP-Frauen Elemente unseres speziellen Frauenwahlkampfes. Wir planen eine eigene Kampagne, welche natürlich Gleichstellungsfragen im Fokus haben wird. Ich glaube, es kommt sehr gut!
Heute Abend mache ich keine grossen Sprünge mehr, denn ich muss morgen um 6.30 Uhr wegen der Armeebotschaft im Radiostudio Bern sein. Ist schon etwas arg früh…
Erste Woche, zweiter Tag (4.6.)
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Heute Morgen geht es um den Bahn-Ausbauschritt 2035. Der Bundesrat will den öffentlichen Verkehr mit 11,9 Milliarden Franken stärken. Das Bahnangebot soll mit zusätzlichen Halb- und Viertelstundentakten an die steigende Nachfrage angepasst werden. Denn trotz laufender Ausbauten sind etliche Bahnstrecken überlastet oder werden mittelfristig an ihre Grenzen stossen. Der Nationalrat nimmt noch zusätzlich die beiden Bahnhöfe Winterthur Grüze Nord und Thun Nord auf. Beide Areale weisen anhaltend hohe Wachstumsprognosen für Bevölkerung und Arbeitsplätze aus, was zu zusätzlicher Mobilität und erhöhten Anforderungen an die Verkehrsinfrastruktur in den betreffenden Gebieten führen wird. Dadurch erhöht sich der Verpflichtungskredit auf 12,8 Mrd. In der Schlussabstimmung wird der Vorlage erfreulicherweise einstimmig zugestimmt.
Gleich nach der Nationalratssitzung fahre ich nach Kloten und muss darum leider die Fraktionssitzung «schwänzen». Ich habe Stadtratssitzung und nachher direkt anschliessend Gemeinderatssitzung. Im Gemeinderat kann mein Sohn Philip seinen ersten Vorstoss begründen, er reichte ein Postulat zur Ausrufung des Klimanotstandes ein. Ich muss zugeben, währenddessen er seinen Vorstoss mit viel Verve und auch mit wissenschaftlichen Argumenten begründet, zerplatze ich schier vor Stolz… Leider wird das Postulat nicht überwiesen, so sind die harten Realitäten in der Agglostadt Kloten. Nach der Sitzung fahre ich wieder nach Bern zurück, in einem gemütlich leeren Zug.
Sommersession, erste Woche, erster Tag (3.-21.6.2019)
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Pünktlich auf Sommersessionsbeginn ist es auch meterologisch Sommer geworden. Bern ist wunderschön zu dieser Sommerzeit mit all den hübschen Strassencafés. Die letzten Tage waren jedoch nicht gerade einfach. Der Austritt von Dani Frei aus der SP (und den gleichzeitigen Übertritt zur GLP) beschäftigt mich. Nach wie vor kann ich seine Beweggründe nicht wirklich nachvollziehen, ist die GLP doch nicht gerade für ihren Einsatz für soziale Anliegen bekannt. Zudem hat Dani sich erst vor zwei Wochen von den Delegierten nochmals nominieren lasse, der Rücktritts-Zeitpunkt ist also mehr als fragwürdig. Und dann schmerzt mich sein Austritt auch ganz einfach persönlich, habe ich Dani doch geschätzt und gerne mit ihm zusammengearbeitet. Aber es ist nun mal so, die SP-Fraktion startet die Sommersession mit einem Mitglied weniger.
Am Nachmittag geht es um die Revision des Enteignungsgesetzes, speziell auch ums Enteignungsverfahren für Hauseigentümer*innen in Flughafennähe. Kernpunkt ist eine Gleichstellung des Verfahrens zur Festsetzung des Betriebsreglements mit dem Plangenehmigungsverfahren. Dies allerdings nur bei neuen direkten Überflügen und wenn eine erhebliche Erhöhung der Lärmbelastung zu erwarten wäre. Dieses Vorgehen würde bei den Lärmbetroffenen für mehr Rechtssicherheit sorgen und ihnen mehr Gehör verschaffen. Obwohl in der zuständigen Rechtskommission nur die FDP gegen diese Änderung stimmte, sieht es im Nationalrat heute aber ganz anders aus: Die Mehrheiten kippen und der Nationalrat zeigt sich einmal mehr flughafen- denn bevölkerungsfreundlich.
Sondersession (7. – 9. Mai), dritter Tag
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Am dritten und letzten Tag der Sondersession wird eine weitere gewichtige Vorlage beraten, das Versicherungsvertragsgesetz. Das ursprüngliche Gesetz stammt aus dem Jahre 1908, das Gesetz genügt den heutigen Anforderungen und Bedürfnissen längst nicht mehr. Und durch all die Anpassungen im Laufe der Jahre ist es zudem unübersichtlich geworden. Der Bundesrat legte eine einigermassen ausgewogene Vorlage vor, in Bezug auf Rechte und Pflichten von Versichern und Versicherungsteilnehmern. Das Lobbying der Versicherungsbranche war aber dermassen massiv, dass nun eine Vorlage ins Parlament kommt, die zum Teil sogar hinter geltendes Recht zurückfällt. Ein Beispiel dafür ist, dass nach dem Willen der bürgerlichen Kommissonsmehrheit die Versicherungen die allgemeinen Versicherungsbedingungen einseitig abändern können, der versicherten Person bliebe dann bloss noch das Kündigungsrecht. Obwohl das Bundesgericht anders entschieden hat, soll das einseitige Anpassungsrecht nun gesetzlich eingeführt werden, ein absolutes No-Go! Auch wenn der Nationalrat schliesslich einer abgeschwächten Version zugestimmt und auch sonst im Laufe der Beratungen ein paar punktuelle Verbesserungen gemacht werden können, bleibt dieses Gesetz immer noch schlecht. Dem Schutz der Versicherten wird nach wie vor zu wenig Rechnung getragen. In der Schlussabstimmung stimmt links-grün dagegen oder enthält sich. Die Vorlage geht nun in den Ständerat.
Dann ist dieses kurze «Sessions-Intermezzo» auch bereits wieder beendet. Die Sommersession im Juni dauert dann wieder volle drei Wochen.
Sondersession (7. – 9. Mai), zweiter Tag
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Heute geht es einmal mehr emotional zu und her im Ratssaal; es geht um Wölfe, Luchse, Biber und Waldschnepfen. Der Grund ist die Beratung des Jagd- und Schutzgesetzes. Die Vorlage ist aus Sicht der SP leider schlecht und schiesst nach der Beratung im Ständerat weit übers Ziel hinaus. Die Revision wird dazu führen, dass nicht nur Wölfe, sondern auch andere geschützte Tierarten vorsorglich dezimiert werden können, wenn sie menschlichen Interessen im Weg stehen. Es müssen nicht einmal Schäden vorliegen und es braucht auch keine Präventionsmassnahmen. Dabei sollten auch Herdenschutzmassnahmen im Vordergrund stehen, es braucht eine tier- und menschenfreundliche Umsetzung.
Silva Semadeni kontert die provokativen Fragen der Jäger-Lobby souverän, sachlich und mit viel Humor. Und dies erst noch in drei Landessprachen! Ich bewundere das sehr.
Unsere Minderheitsanträge und diejenigen der Grünen werden fast alle abgelehnt, das Gesetz konnte somit materiell nicht verbessert werden. In der Schlussabstimmung lehnen wir gemeinsam mit den Grünen und der GLP das Gesetz ab. Das Referendum ist so gut wie sicher.
Bei der Behandlung von Vorstössen aus dem UVEK erhält die Motion «Verlagerungsstrategie für Kurzstreckenflüge» von Thomas Hardegger leider keine Mehrheit. Auch die neue UVEK-Vorsteherin Simonetta Sommaruga möchte die Motion nicht entgegennehmen, das hatte der Bundesrat ja noch unter Doris Leuthard entschieden. Sie führt aber vielversprechend aus, dass im europäischen Raum vorwiegend der Zug das vorherrschende Verkehrsmittel sein soll. Man arbeite daran, aber das ginge auch ohne diese Motion. Das lässt hoffen ;-)!
Sondersession (7. – 9. Mai), erster Tag
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Für drei Tage trefft sich nur der Nationalrat für die Sondersession in Bern. Zum Glück beginnt diese erst am Nachmittag, so kann ich am Morgen noch an der Stadtratssitzung teilnehmen. Manchmal ist die Vereinbarkeit der beiden Ämter gar nicht so einfach und ich frage mich, wie das meine Ratskolleg*innen machen, die zum Teil noch Stadtpräsidien inne haben und in zig Verwaltungsräten hocken.
Heute beschäftigen wir uns bis zum Abend mit dem Finanzausgleich (NFA). Aufgrund des Wirksamkeitsberichts zum Finanzausgleich sind gewisse Anpassungen notwendig. Zum Beispiel soll die Mindestausstattung der Kantone von 85 schrittweise auf 86,5% gesetzt werden. Bis jetzt konnte diese auch mal unter 85% betragen oder – wie das in den letzten Jahren der Fall war – auch mehr als 85% betragen. Für die Nehmerkantone war das natürlich angenehm, die Geberkantone haben aber zu viel bezahlt. Die 86,5% sind nun gesetzlich garantiert, das bedeutet, dass es auch nie mehr weniger sein darf. Es wird so also ein «Meccano» eingeführt, dadurch muss nicht mehr jedes Jahr um die Höhe des Ressourcen- und Lastenausgleichs gefeilscht werden. Der NFA ist das zentrale Finanzinstrument, das den wirtschaftlich schwächeren Kantonen ermöglicht, ihre Aufgabe wahrzunehmen. Für den nationalen Zusammenhalt ist er unentbehrlich. Die ganze Vorlage ist ein austarierter Kompromiss, gemeinsam erarbeitet mit den Kantonen. Ein Minderheitsantrag, welcher mehr Geld vom soziodemografischen Lastenausgleich zugunsten des geografisch-topografischen verschieben will, hat darum auch keine Chance. Der ausgehandelte Kompromiss soll nicht gefährdet werden. In der Schlussabstimmung wird der Vorlage mit nur 2 Gegenstimmen zugestimmt.
Die dritte Woche, letzter Tag (22. 3.)
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Jeden Morgen dieser Session demonstrieren junge Leute vor dem Bundeshaus für den Klimaschutz, auch am letzten Tag ist dies der Fall. Mich beeindruckt diese Ausdauer und dieses Engagement, das Anliegen ist ja auch mehr als berechtigt!
Heute Morgen finden nicht nur Schlussabstimmungen statt, sondern es wird auch noch debattiert. Es geht zB. um einen wiederkehrenden Rahmenkredit für die «Globale Umwelt 2019-2022). Die Schweiz soll insgesamt 147,83 Millionen Franken für die Unterstützung der globalen Umwelt aufwenden. Der überwiegende Teil dieser Mittel soll dem Globalen Umweltfonds GEF zufliessen, einem zentralen Instrument zur Finanzierung und Umsetzung der Konventionen und Protokolle im Umweltbereich. Ausser der SVP stimmen alle diesem sinnvollen Kredit zu.
Ein weiteres Geschäft sorgt noch für Aufsehen: Es geht nochmals um die rollende Anpassung der Franchisen an die Kostenentwicklung. Die CVP trägt irgendwelche abenteurlichen Argumente vor, warum auch sie jetzt der Vorlage nicht mehr unterstützen könne und sich enthalten werde: die Wahlen lassen grüssen! Auf die Voten der Fraktionspräsidien gibt es jeweils lautstarke Reaktionen. Die SVP hat massgeblich dazu beigetragen, dass die Vorlage so schlecht und unsozial wurde – und lehnt sie nun ab. Das Geschäft wird mit 102:63 Stimmen abgelehnt. «Äs wahlkämpflet», wie Balthasar Glättli passenderweise anmerkt.
Zum Schluss wird Fraktionskollegin Rebecca Ruiz geehrt, sie wurde ja glanzvoll in den Waadtländer Regierungsrat gewählt!
Dann geht es endlich wieder nach Hause. Ich kann es kaum erwarten, wieder bei meiner Familie zu sein. Ich fühle mich jeweils trotz all des Trubels hier in Bern etwas einsam ohne sie. Und am Sonntag finden die Zürcher Kantons- und Regierungsratswahlen statt. Als Co-Präsidentin der SP Kanton Zürich bin ich natürlich ziemlich angespannt und hoffe fest auf ein gutes Ergebnis der SP. Unsere Mitglieder haben auf alle Fälle alles gegeben!
Die dritte Woche, vierter Tag (21. 3.)
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Das Heilmittelgesetz steht heute wieder auf der Traktandenliste, es geht um den Vorschlag der Einigungskonferenz. Die Bestimmung über die Offenlegung der Interessenbindungen der Ärzte fiel leider weg, wir enthalten uns darum in der Schlussabstimmung.
Danach kommt der zweite Aufwisch zum Ausbau des Nationalstrassennetzes. Die Debatte wurde letzte Woche ja abgesetzt, weil die bürgerliche Mehrheit des Nationalrates zusätzliche Strassenbauprojekte bar jeglicher Vernunft noch schnell hinein «poschten» wollte, ohne Bewusstsein der tatsächlichen Kosten. Auch jetzt sind die zusätzlichen Projekte (wie zB. der Muggenbergtunnel) noch nicht wirklich im Detail bezifferbar, der Nationalrat löst aber die Ausgabenbremse und stimmt der Vorlage zu. Von ökologischem Gewissen ist auch bei der Neo-Grünpartei FDP nichts mehr zu spüren. Die Vorlage geht nun in den Ständerat, wir hoffen dort auf mehr Verantwortungsgefühl.
Der Bericht «Die volkswirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen der Schengen Assoziierung der Schweiz», basierend auf einem SP-Postulat, sorgt für die Diskussionen. Die SVP behauptet Ungeheuerliches, zum Beispiel dass die Kriminaltaten seit Schengen zugenommen haben. Zugenommen haben aber vor allem die Fahndungstreffer der Polizei, dank dem Schengen Informationssystem. 2017 gab es nur innerhalb der Schweiz 17’597 Treffer. Ohne Schengen wären die Polizeien blind.
Ein weiteres emotionales Thema beschäftigt uns dann am Nachmittag: Das aus nachhaltiger Sicht sehr problematische Palmöl. Eine Standesinitiative des Kantons Thurgau verlangt, dass beim Freihandelsabkommen mit Malaysia Palmöl ausgeschlossen wird. Das heisst konkret, dass es nicht zollbefreit sein soll, damit der Markt davon nicht überflutet wird. Leider findet das Anliegen keine Mehrheit im Rat.
Am Abend findet wiederum unser traditionelles Fraktionsessen zum Sessionsende statt. Dieses Mal geniessen wir äthiopisches Essen. Die Stimmung ist ausgezeichnet und das Essen wunderbar, wir sind alle bereit für den letzten Sessionstag.
Die dritte Woche, dritter Tag (20. 3.)
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Heute geht es vorwiegend ums Bundesgesetz über Identifizierungsdienste. Immer mehr Dienstleistungen, ob privat oder öffentlich, werden im Internet abgewickelt. Damit man sich dort auch bei denjenigen Dienstleistungen ausweisen kann, bei welchen die Identität nachgewiesen werden muss, soll eine elektronische ID geschaffen werden (zB. Eröffnung Bankkonto, Bestellung Strafregisterauszug etc). Für die SP ist klar, dass dies eine Kernaufgabe des Staates ist. Es bestellt auch niemand den Pass bei amazon. Der Bund meint aber, dass dies Private besser können. Die SP stellt darum einen Rückweisungsantrag, ein Konzessionsmodell soll erarbeitet werden. Wenn der Staat diese hoheitliche Aufgabe schon nicht übernehmen will/darf, soll dafür wenigstens ein klarer Leistungsauftrag für Private festgeschrieben werden. Der Antrag erhält aber leider keine Mehrheit. In der Schlussabstimmung lehnen wir das Geschäft gemeinsam mit den Grünen ab.
Oft bekommen wir während einer Session Besuch aus anderen Parlamenten dieser Welt. So auch heute wieder. Eine Delegation des ungarischen Parlaments besucht den Nationalrat. Die SP-Fraktion verlässt vorher den Saal, wir wollen dieser Delegation, welche vorwiegend aus rechtsnationalistischen Fidesz-Abgeordneten besteht, beim besten Willen nicht mit Applaus überschütten.
Nach der Sitzung findet der pinke Parlamentarier*innen-Abend von Pink Cross statt. Mit der LGBTI-Community feiern wir den vorliegenden Gesetzesentwurf für die längst fällige «Ehe für alle», ein Beitrag zur Gleichstellung und Gleichwertigkeit.