Bundeshaus-Blog
Erste Woche, dritter Tag (4.6.)
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Neben der Diskussion um den Geschäftsmietenerlass stehen heute vor allem SiK-Geschäfte auf dem Programm. Der Morgen beginnt gleich mit der letzten Differenz zum Ständerat bei der Zivildienstgesetz-Revision. Die umstrittenste aller Verschärfungsmassnahmen – die schikanöse und völkerrechtlich bedenkliche 12-monatige Wartezeit für den Übertritt zum Zivildienst - bleibt im Gesetz. Auch der Nationalrat stimmt der Massnahme nun zu, nachdem sie im ersten Aufwisch aus taktischen Gründen noch abgelehnt wurde. Dann sei es eben so, wir haben jetzt noch bessere Argumente fürs Referendum!
Danach werden die Mietzinserlasse für KMU diskutiert. In der ausserordentlichen Session wurde einer Motion aus der WAK im Nationalrat zugestimmt, welche verlangte, dass KMU einen Mietzinserlass von 70% erhalten sollten. Dies als befristete Lösung in einer ausserordentlichen Lage. Diese Aufteilung hatte aber im Ständerat keine Chance. Der Kompromissvorschlag mit der Aufteilung 60/40, dem der Nationalrat heute zustimmt, sollte nun hoffentlich eine Mehrheit im Ständerat finden.
Auch der Kosovo – bzw. der Swisscoy-Einsatz – ist auch ein Thema heute. Die SP-Fraktion unterstützt die weitere Verlängerung der Schweizer Beteiligung an der KFOR bis 2023, weil sie Sinn macht und weil wir damit weiterhin einen Beitrag zur aktiven militärischen Friedensförderung leisten können. In Bezug auf Schutz und Integration von Minderheiten ist noch viel zu tun. Das spricht klar für eine multinationale Schutztruppe wie es die KFOR ist. Gerade die Swisscoys geniessen eine hohe Akzeptanz und Glaubwürdigkeit bei der Bevölkerung, denn die Schweiz ist ein neutrales Land. Zudem leben 10% aller Kosovo-Albaner*innen in der Schweiz, das schafft eine besondere Art der Beziehung. Davon konnte ich mich selber im November letzten Jahres überzeugen anlässlich eines Truppenbesuchs. Es gibt aber auch kritische Stimmen – auch von links – bezüglich dieses Auslandeinsatzes, der Vorlage wird aber zum Schluss 107:77 Stimmen deutlich zugestimmt.
Am Abend ist dann die erste Sessionswoche bereits vorbei und es geht wieder nach Hause. Ich freue mich sehr darauf, aber es ist auch sehr schön, wieder „normal“ Session zu haben!
Erste Woche, zweiter Tag (3.6.)
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Der zweite Sessionstag beginnt mit der Revision des Aktienrechts, es bestehen noch Differenzen zum Ständerat. Die Vorlage ist sehr technisch. Obwohl wir von unseren «Fraktionsgeschpänli» gut dokumentiert wurden, ist es schwierig lückenlos zu folgen, wenn man nicht in der entsprechenden Kommission ist. Auch das ist eine Realität in Bern, man muss sich dann auf die Kolleg*innen verlassen können.
Danach geht es um ein Abkommen zwischen der Schweiz und UK, das Teil der "Mind the Gap"-Strategie des Bundesrates ist. Dieses hat zum Ziel, die bestehenden gegenseitigen Rechte und Pflichten zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich nach dem Brexit so weit wie möglich sicherzustellen und allenfalls auszubauen. Die gewährten Rechte gelten dann auf Lebenszeit. Dem Abkommen wird einstimmig zugestimmt.
Kurz vor der Mittagspause beginnen die Beratungen zu «Ehe für alle»-Vorlage. Homosexuelle Paare sollen die gleichen Rechte und Pflichten erhalten wie heterosexuelle. Leider können wir die die Vorlage aus Zeitgründen nicht fertig beraten, da am Nachmittag die Covid-Nachtragskredite genehmigt werden müssen. Die Sitzungsplanung hat hier wohl nicht so optimal geklappt. Hoffentlich wird das Geschäft noch in dieser Session fertig beraten!
Wie bereits in der ausserordentlichen Session werden auch heute weitere Covid-Kredite beschlossen. Das ist richtig und wichtig so. Wir können und müssen uns das leisten, denn wir haben in den letzten Jahren Schulden konsequent abbauen können. Für die Erholung der Wirtschaft muss der Staat - nachhaltig - investieren. Die 175 Mio. für den Spitzensport (also für Fussball und Eishockey) sorgen für Diskussionen. Die SVP möchte den Betrag um 50 Mio. kürzen. Diese zinslosen Darlehen sind aber an harte Bedingungen geknüpft (zB. muss die gesamte Lohnsumme um 20% gekürzt werden). Der Breitensport hat bereits in einer früheren Tranche A-fonds-perdu-Beiträge erhalten. Auch diesem Kredit wird schliesslich grossmehrheitlich zugestimmt.
Sommersession, 2.-19. Juni 2020, erste Woche, erster Tag (2.6.)
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Nach der ausserordentlichen Session beginnt heute wieder die «normale» Sommersession, aber wegen den COVID-19-Massnahmen immer noch an einem aussergewöhnlichen Ort, in der Bern expo. Das Programm ist reich befrachtet: Es gibt weitere Corona-Geschäfte, Vorlagen aus der abgebrochenen Frühlingssession und natürlich auch neue Geschäfte (die Kommissionen haben ja wieder gearbeitet). Es geht um Überbrückungsrenten für ältere Arbeitslose, um die Verschärfung des Zivildienstgesetzes, um präventiv-polizeiliche Massnahmen bei der Terrorismus-Bekämpfung, um die Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland, um eine gesetzliche Grundlage für die Proximity-Tracing-App, um den Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative, um die Verhüllungsverbotsinitiative und natürlich um die umfangreiche Revision des CO2-Gesetzes, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Es ist also viel los, und das ist gut so!
Ein weiteres Mal steht das Betäubungsmittelgesetzes auf der Traktandenliste. Es geht um den sogenannten Experimentierartikel bei der Cannabis-Abgabe. Mit Pilotstudien soll untersucht werden, welche gesundheitlichen und sozialen Auswirkungen ein geregelter, legaler Zugang zu Cannabis haben könnte. Nachdem die nationalrätliche Gesundheitskommission gar nicht erst aufs Geschäft eintreten wollte, im Rat dann aber überstimmt wurde, hat die Kommission das Gesetzesänderung nun durchberaten. Sämtliche Minderheitsanträge werden heute abgelehnt, der Vorlage wird schliesslich mit 113:81 Stimmen zugestimmt. Ein richtiger und fortschrittlicher Entscheid.
Corona-Session, letzter Tag (6.5.)
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Heute beginnt der Tag mit Aussenpolitik. Dabei stehen die Grenzschliessungen zu unseren Nachbarländern im Vordergrund. Die geschlossenen Grenzen im Europa der Personenfreizügigkeit machen mir zu schaffen. Zu Beginn der Pandemie haben diese sicher die Ausbreitung einschränken können, aber zum jetzigen Zeitpunkt verstehe ich den epidemiologischen Sinn nicht mehr ganz. Es gibt auch viele persönliche, menschliche Schicksale von Paaren, die sich nicht mehr sehen können und Eltern, die nicht gepflegt werden können. Es gibt nur Notbewilligungen bei Familien. Karin Keller-Sutter erklärt, dass Deutschland den Besuch von Konkubinatspaaren nicht zulasse und dass Grenzöffnungen nicht alleine von der Schweiz beschlossen werden können. Das leuchtet ein, aber es wäre nun wirklich an der Zeit, dass die Schweiz mit ihren Nachbarländern jetzt bald eine Lösung findet. Für viele Menschen ist diese Situation unerträglich. Es herrscht schliesslich kein Krieg.
Bei den Nachtragskrediten gibt es noch zwei Differenzen zum Ständerat, dieser lenkt aber auf Linie Nationalrat ein. So geht es dann zum Schluss sehr schnell und die ausserordentliche Session kann heute schon beendet werden. Trotzdem gibt es einige grosse Wermutstropfen: Der Ständerat unterstützt die Motion aus dem Nationalrat, die keine Dividendenausschüttung bei Kurzarbeit verlangt, nicht. Somit ist sie leider erledigt. Und die Motion, die dem Gastgewerbe einen Mietzinserlass auf 30% ermöglicht hat der Ständerat zwar angenommen, aber in einer geänderten Fassung. Trotz Ordnungsanträgen der SP und der Grünen wird dieses Geschäft nicht mehr heute behandelt. Das bedeutet, dass erst in der Sommersession darüber befunden werden kann. Für viele Beizer könnte das aber zu spät sein, ich finde das unverantwortlich. Bei der Kinderbetreuung wurden auch Abstriche gemacht: Nur noch 65 statt 100 Mio., aber immerhin…
Es hat sehr gut getan, alle endlich mal wieder „live“ zu sehen und nicht nur bei Videokonferenzen. Dieses „social distancing“ bereitet mir aber je länger je mehr Mühe, auch wenn es mir natürlich völlig klar ist, dass dies immer noch unbedingt nötig ist. Hoffentlich entwickeln sich die Ansteckungszahlen weiterhin positiv, damit wir Schritt für Schritt weiter zur Normalität finden können!
Corona-Session, zweiter Tag (5.5.)
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Die Luftfahrt beschäftigt uns auch am zweiten Tag. Es geht nochmals um die 600 Mio. für die flugnahen Betriebe, zur Lösung der Liquiditätsprobleme. Diese brauchen eine Änderung des Luftfahrtgesetzes. Zusammen mit den Grünen versuchen wir auch heute, klimapolitische Ziele für den Luftverkehr zu definieren. Die Anträge scheitern leider auch heute. Aber fairerweise muss auch gesagt werden, dass diese dringliche Gesetzesänderung auch nicht unbedingt der richtige Ort dafür ist. Es geht hier um die Bodenbetriebe.
Die SP setzt sich aber auch um verbesserte Arbeitsbedingungen ein. Wir wollen darum, dass die Unternehmen verpflichtet werden, mit den Personalverbänden Verhandlungen über einen Gesamtarbeitsvertrag zu führen und mit diesen zusammen sozialverträgliche Lösungen suchen, sofern ein Personalabbau unvermeidlich wird. Aber auch dieser Antrag scheitert. Trotzdem stimme ich in der Gesamtabstimmung wie die Mehrheit der Gesetzesänderung zu, da sonst die Kredit-Garantien für die flugnahen Betriebe nicht getätigt werden können.
Dann geht es weiter mit Kommissionsmotionen. Erfreulicherweise finden zum Beispiel ganz wichtige Anliegen wie Mieterlass im Gastgewerbe, Unterstützung für familienergänzende Kinderbetreuung und keine Dividenden bei Kurzarbeit im Nationalrat eine Mehrheit.
Auch der Assistenzdienst der Armee ist heute ein Thema, ein Geschäft aus der SiK. Die Armee hat im Zusammenhang mit der Corona-Krise die grösste Mobilmachung seit dem 2, Weltkrieg vorgenommen. Die AdA leisten gute Arbeit und sind hochmotiviert. Die Aufgaben fallen denn auch vorwiegend im zivilen Bereich an. Ausser den Grünen, die sich enthalten, stimmen alle der Vorlage zu. Die Armee und die Blaulichtorganisationen sind Einsatzkräfte der ersten Stunde. In einer nächsten Phase - und in dieser befinden wir uns jetzt - ist es nun aber an der Zeit, dass der Bund auf sein grösstes ziviles Mittel zurückgreift, den Zivildienst. Auch heute wird es eher spät, die Sitzung endet nach 22 Uhr.
Ausserordentliche Session ("Corona"-Session), 4.-7. Mai 2020
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Historisch ist ein Begriff, mit welchem man nicht allzu inflationär umgehen sollte. Doch diese ausserordentliche Session verdient dieses Prädikat. Nach 7 Wochen Lockdown und nach anfänglichem Total-Runterfahren des Parlamentsbetriebs, tagt das Schweizer Parlament nun wieder. Das ist richtig so! Demokratie muss stattfinden, auch oder gerade Krisenzeiten.
Wir tagen nicht im Bundeshaus, da die Sicherheitsabstände dort nicht eingehalten werden können, sondern in der Bern Expo. Es ist etwas gewöhnungsbedürftig. Wir haben zwar sehr viel Platz und für Verpflegung ist auch gesorgt, das Ambiente jedoch ist dann doch eher nüchtern. Aber wir sind ja auch nicht hier, um es gemütlich zu haben. Die vom Bundesrat unter Notrecht getroffenen Entscheidungen muss von der Legislative legitimiert werden.
Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga eröffnet die Session, es folgen die Fraktionssprecher*innen. Roger Normann weist darauf hin, dass es nur vermeintliche Gegensätze seien zwischen Gesundheit versus Wirtschaft und Wirtschaft versus Klimaschutz. Die Anliegen können sehr wohl miteinander verbunden werden.
Danach beginnt die grosse Debatte um die diversen Covid-Nachtragskredite. Es ist ein riesiges finanzielles Programm, wie noch nie dagewesen in der Geschichte des Schweizerischen Bundesstaates. Diese grossen Ausgaben werden noch über viele Jahre hinweg spürbar bleiben, trotzdem sind sie dringend nötig. Insgesamt geht es um 16 Mrd. für Soforthilfe und 40 Mrd. für Covid-Darlehen. Die Nachtragskredite werden dann auch grossmehrheitlich angenommen, richtigerweise noch mit 100 Mio. ergänzt für die Kinderbetreuung.
Besonders im Zentrum stehen natürlich die 1,275 Mrd. Kreditgarantien für die Swiss und Edelweiss und die 600 Mrd. für die flugnahen Betriebe. Alle Anträge, welche die Hilfe für den Luftverkehr an klimapolitische Bedingungen verknüpfen wollen (so wie das übrigens Frankreich und Österreich machen!), scheitern, sowie auch Bedingungen für bessere Arbeitsbedingungen bei den flugnahen Betrieben (also swissport, Gate Gourmet und SR technics). Ich bin ehrlich gesagt hin und her gerissen - zwischen meiner Überzeugung, für welche ich seit 20 Jahre kämpfe und dem Arbeitsplatzargument. Nach etlichen Gesprächen und intensivem Abwägen lehne ich schlussendlich den Swiss-Kredit ab, da nun wirklich keinerlei ökologische Auflagen gemacht werden. Bei den flugnahen Betrieben stimme ich zu, da sie zur Infrastruktur eines Flughafens gehören und systemrelevant sind. Beide Kredite erhalten eine Mehrheit im Nationalrat. Dem Swiss-Kredit wird mit 116:77 Stimmen zugestimmt, demjenigen für die flugnahen Betriebe mit 142:48 Stimmen. Um 22 Uhr wird die Sitzung beendet, morgen geht es dann weiter mit der Änderung des Luftfahrtgesetz.
Dritte Woche, Abbruch der Frühjahrssession (16.3.)
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Während am Freitag noch kommuniziert wurde, dass die Frühjahrssession unter verschärften Sicherheitsmassnahmen doch fortgesetzt werde, erfahre ich auf dem Weg in den „SonnTalk“ gestern Abend die neusten Infos: Die Session wird abgebrochen. Obwohl ich den Entscheid nachvollziehen kann und auch richtig finde, zieht es mir einen Moment lang etwas den Boden unter den Füssen weg. Wir hätten doch die Überbrückungsrenten unbedingt fertig beraten sollen, sowie das CO2-Gesetz und die Konzernverantwortungsinitiative. In meinem Pult im Nationalratssaal liegen noch zwei Vorstösse, die ich einreichen wollte. Können wir überhaupt unsere Sachen noch aus dem Ratssaal holen? Was passiert mit den Kommissionssitzungen?
Auch der Parteitag der SP muss logischerweise verschoben werden. Wir Kandidat*innen haben zusammen ausgemacht, den Wahlkampf bis nach der Sommerpause auszusetzen. Das ist gut so, denn jetzt stehen andere Themen im Vordergrund.
Als Familie muss man sich auch neu organisieren. Da die Schule ausfällt, muss die Betreuung unseres Jüngsten gewährleistet sein. Wir sind aber in einer durchaus privilegierten Lage (und bin auch sehr dankbar dafür): Da die Hochschulen auch geschlossen sind, können die älteren Geschwister mithelfen.
Wichtig in den nächsten Wochen ist ganz sicher der Zusammenhalt und die Solidarität. Wir müssen zusammenstehen und einander helfen. Ein ganz besonderer Dank gilt vor allem dem Gesundheits- und Pflegepersonal, welches trotz grösstem Druck und hohem Risiko Ausserordentliches leistet, aber auch dem Logistik- und öV-Personal und den Blaulichtorganisationen. Bleiben wir gesund und schauen aufeinander!
Zweite Woche, vierter Tag (12.3.)
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Das Aufstehen am Morgen geht erstaunlich gut. Das „Politikum“ auf SRF 4 ist immer eine Herausforderung, weil die Sendung früh stattfindet und live ist. Es geht um zwei Motionen, die heute im Nationalrat behandelt werden, welche das sogenannte „Söldnergesetz“ ändern wollen. Konkret handelt es sich um eine Lex Pilatus. Man will erreichen, dass Pilatus weiterhin Dienstleistungs- und Wartungsarbeiten an seinen Militärtrainingsflugzeugen in Saudi-Arabien durchführen kann, obwohl noch ein verwaltungsrechtliches Verfahren gegen Piltaus läuft. Es ist nicht klar, ob das Gesetz über die im Ausland erbrachten Dienstleistungen verletzt wurde (das ist eben das Söldnergesetz), da Saudi-Arabien ja die Kriegsallianz im Jemen gegen den gegen die Zivilbevölkerung anführt, eine der grössten humanitären Katastrophen. Zudem ist die Menschenrechtssituation in Saudi-Arabien selber katastrophal. Die Mehrheit in Nationalrat hat damit aber offenbar keine Probleme und stimmt den Motionen zu.
Die Kriegsgeschäfte-Initiative wird heute auch noch zu Ende zu Ende beraten. Wie erwartet findet der SP-Antrag auf einen Gegenvorschlag keine Mehrheit, nur Grüne und Grünliberale unterstützen ihn. Die Volksinitiative wird dann auch deutlich abgelehnt, die SP unterstützt sie selbstverständlich, gemeinsam mit den Grünen.
Dann ist die zweite Sessionswoche vorbei. Das Coronavirus beschäftigt aber alle. Die notwendigen Sicherheitsmassnahmen, die eingehalten werden müssen, werden immer grösser. Wir sind alle gespannt, was für Auswirkungen die weitere Entwicklung auf die 3. Sessionswoche haben wird.
Zweite Woche, dritter Tag (11.3.)
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Heute stehen die Beratungen zur Volksinitiative «Für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten» im Zentrum, ein SiK-Geschäft. Man kann nicht so tun, als wenn Waffen ein Produkt wie jedes andere wären. Sie werden primär hergestellt, um Menschen zu töten, dabei spielt es keine Rolle ob offensiv oder sogenannt «defensiv». Zudem wird es von vielen Bürger*innen in diesem Land nicht verstanden, wenn ausgerechnet die neutrale Schweiz, berühmt für ihre humanitäre Tradition und guten Dienste, sich an Kriegsgeschäften bereichert. Gerade die Bevölkerung reagiert auf diesen untragbaren Widerspruch sehr sensibel und kritisch. Das zeigte auch die äusserst erfolgreiche Unterschriftensammlung für die Korrektur-Initiative. Auch die Kriegsgeschäfte-Initiative trifft den Nerv all denjenigen Menschen, welchen es ethisch-moralisch nicht egal ist, wie wir unser Geld verdienen und wie ihr Vermögen angelegt wird. Da die Initiative aber noch präziser formuliert werden könnte, hat die SP in der SiK-N versucht, einen solchen Gegenvorschlag den anderen Kommissionsmitgliedern schmackhaft zu machen, leider ohne Erfolg. Der Gegenvorschlag verfolgt zwei wichtige Anliegen: 1. soll das Verbot der indirekten Finanzierung verbotener Waffen gestärkt werden und 2. sollen die Transparenzvorschriften gegenüber den Anleger*innen erhöht werden. Morgen gehen die Beratungen weiter. Der Gegenvorschlag wird vermutlich auch im Plenum keine Mehrheit finden, in dem Fall werde ich die Initiative ohne Wenn und Aber unterstützen.
Am Abend schaffe ich es nicht, an eine Veranstaltung zu gehen. Ich muss noch ein Votum vorbereiten und zwei Fraktionsberichte schreiben. Das gehört halt auch dazu. Zudem muss ich morgen früh fit sein, weil ich bereits um 6.45 Uhr ein Live-Streitgespräch zum Söldnergesetz im Radio habe.
Zweite Woche, zweiter Tag (10.3.)
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Der Morgen beginnt mit Verkehrspolitik und ist durchaus erfolgreich. Die Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene soll mit verschiedenen Massnahmen weiter gestärkt werden. Dazu gehört auch, den Operateuren im Güterverkehr länger als zunächst geplant Betriebsbeiträge zu gewähren und die Trassenpreise zu senken. Das verbilligt logischerweise die Bahntransporte und macht die Schiene attraktiver, was für eine erfolgreiche Verlagerungspolitik auch zwingend notwendig ist.
Über Mittag wage ich mich mal wieder an eine Parlamentarische Veranstaltung. Travail Suisse lädt ein, es geht um neue kreative Vorschläge zur nachhaltigen Alimentierung der AHV. Ehrlich gesagt reichen meine ökonomischen Kenntnisse nicht aus, um beurteilen zu können, wie realistisch und zielführend die Vorschläge sind, sie tönen aber auf alle Fälle gut ;-).
Nach der Fraktionssitzung am Nachmittag findet das alljährliche Austauschtreffen mit dem Zürcher Regierungsrat und den Regierungen der Städte Zürich und Winterthur. Ich finde diesen Austausch sehr wichtig und habe bis jetzt darum auch noch keines dieser Treffen verpasst.
Zweite Woche, erster Tag (9.3.)
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Die zweite Sessionswoche startet mit einem Ordnungsantrag von Thomas Aeschi, welcher die Session wegen des Coronavirus absetzen möchte. Selbstverständlich werden auch im Bundeshaus die nötigen Sicherheitsvorschriften eingehalten. Der wahre Grund, der hinter Aeschis Antrag steht, ist allerdings mehr als durchsichtig: Die SVP möchte die Vorlage zu den Überbrückungsrenten nicht zu Ende beraten und die CO2-Gesetz-Revision verzögern. Der Ordnungsantrag scheitert dann auch gnadenlos, nicht mal die ganze SVP-Fraktion unterstützt ihn.
Für den Rest der Sitzung bis in den Abend hinein widmen wir uns der Volksinitiative «Stop der Hochpreisinsel – für faire Preise». Seit Jahren setzt sich die SP für ein wirksames Kartellgesetz und die Zulassung von Parallelimporten ein, um die Hochpreisinsel Schweiz zu bekämpfen. Gegen die gezielte Kaufkraftabschöpfung durch überteuerte Importprodukte und damit zu hohe Preise für Konsument*innen, aber auch für KMU und die öffentliche Hand, braucht es effiziente Instrumente im Wettbewerbsrecht.
Der Bundesrat hat das anerkannt und setzt der Initiative einen indirekten Gegenvorschlag gegenüber. Er übernimmt deshalb auch das von der Fair-Preis-Initiative eingeführte Konzept der relativen Marktmacht. Dadurch sollen die Möglichkeiten für Parallelimporte gestärkt werden. Er schränkt das Konzept allerdings zu sehr ein, so dass vom Gegenvorschlag in erster Linie nur exportorientierte Unternehmen profitieren und viele, die nicht im grenzüberschreitenden Verkehr tätig sind, von der neuen Regelung nicht profitieren können.
Die SP unterstützt sowohl Initiative wie auch Gegenvorschlag, da faire Preise für Konsument*innen den einkommensschwachen Personen helfen, den Einkaufstourismus und die Umweltbelastung reduzieren und Arbeitsplätze in der Schweiz sichern. Der Rat stimmt am Schluss dem indirekten Gegenvorschlag zu, lehnt die Initiative aber ab.
Die erste Woche, vierter Tag (5.3.)
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Heute Morgen steht vor allem das Datenschutzgesetz im Fokus. Es gibt noch Differenzen zum Ständerat, die aber nicht alle beseitigt werden. Unsere Begeisterung für dieses Gesetz hält sich allerdings in Grenzen, der Persönlichkeitsschutz wird zum Teil zu stark gelockert. Mal sehen, wie das Gesetz dann am Schluss aussehen wird.
Trotz den Diskussionen rund um den Corona-Virus beginnen wir heute mit den ersten offiziellen Hearings fürs SP-Präsidium in Bellinzona, begleitet von einem Fernsehteam von «10vor10». Mathias und ich fahren also ins Tessin nach der Session und treffen dort auf Mattea, Cédric und Martin Schwab. Das Hearing verläuft gut, ich liebe den direkten Kontakt mit den Leuten. Während Mathias keine Chance hat, ins Wallis zurückzukehren und in Bellinzona übernachten muss, schaffe ich es noch nach Kloten zu meiner Familie. Bin sehr froh!
Erste Woche, dritter Tag (4.3.)
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Heute steht eines der Hauptgeschäfte dieser Session im Fokus: Es geht um Überbrückungsrenten für ältere Arbeitnehmer*innen. Werden ältere Menschen arbeitslos, haben sie grössere Mühe, wieder im Arbeitsmarkt Fuss zu fassen. Finden sie keine neue Stelle und verlieren sie den Anspruch auf Taggelder und Arbeitslosenversicherungen, müssen sie ihr Vermögen aufbrauchen. Der Bundesrat und die Sozialpartner haben sich nun auf ein Gesamtpaket geeinigt. Eine von diesen insgesamt sieben Massnahmen sind eben diese Überbrückungsleistungen. Leider hat der Ständerat den Vorschlag des Bundesrates bereits verwässert und gekürzt. Ein Antrag der SVP, die Vorlage erst nach der Abstimmung über die Kündigungs-Initiative zu verschieben, scheitert zum Glück klar, so wie auch der Antrag auf Nicht-Eintreten. Der Nationalrat lenkt bei den meisten Punkten wieder auf Linie Bundesrat ein. Zudem wird der Bezüger*innen-Kreis erweitert, weil zum Beispiel auch jemand ab 60 Jahren ÜL beziehen kann, auch wenn man vor 58 Jahren arbeitslos wurde.
Danach beschäftigt uns wieder einmal mehr die Konzernverantwortungs-Initiative, sowie der indirekte und direkte Gegenvorschlag. Unternehmen mit Sitz in der Schweiz sollen auch hierzulande zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie im Ausland Menschenrechte verletzen und die Umwelt zerstören, eigentlich eine Selbstverständlichkeit.
Leider lehnt der Nationalrat die Initiative ab. Immerhin unterstützt er aber den indirekten, griffigen Gegenvorschlag mit Haftungsregeln für Grosskonzerne. Jetzt liegt der Ball wieder beim Ständerat, der dem Gegenvorschlag nun hoffentlich auch zustimmt.
Nach der Sitzung ist das Parlament zu einer Filmvorführung eingeladen. Der Schweizer Film «Moskau einfach» handelt von der Fichen-Affäre Ende der 80er-Jahre. Eine gelungene Komödie von einer Zeit, in welcher es die politische Schweiz durchgeschüttelt hat. Kann mich noch gut erinnern!
Erste Woche, zweiter Tag (3.3.)
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Das erste SiK-Geschäft in dieser Session steht an. Es geht um eine Ausweitung des Güterkontrollgesetzes auf Güter zur Internet- und Mobilfunküberwachung, die bisher nur in einer Notverordnung geregelt sind.
Diese Güter sind zwar wirksame Mittel zur Bekämpfung von Terrorismus und der organisierten Kriminalität, aber die Endempfänger können diese Produkte leider auch als Repressionsmittel einsetzen. Diese Gesetzesanpassung zielt nun darauf ab, solchen Missbrauch zu verhindern. Die Notverordnung hat sich bewährt und soll jetzt in ordentliches Recht überführt werden. Die SP-Fraktion möchte, dass Beratungsdienstleistungen ebenfalls bei den Verweigerungskriterien erwähnt werden, da wir uns immer vehement dafür eingesetzt haben, dass das Problem der fehlenden Exportkontrolle heikler Kommunikations- und Überwachungstechnologien endlich gelöst wird. Das sind also unter anderen genau jene ICT-Produkte, wie sie auch die Crypto AG, bzw. deren beide Nachfolgefirmen, herstellen. Unter dem Einfluss von cryptoleaks bekommt diese Gesetzesberatung gleich nochmals eine neue Dimension und Relevanz. Leider erhält unser Antrag keine Mehrheit, der Gesetzesänderung wird aber immerhin klar zugestimmt.
Die Fraktionssitzung am Nachmittag muss ich wieder „schwänzen“, weil ich Stadtratssitzung habe und darum nach Kloten zurückfahre. Nachher geniesse ich es nach Hause zu können und meine Familie zu sehen, am Abend kehre ich dann nach Bern zurück.
Frühlingssession, 2.- 20. März 2020, erste Woche erster Tag (2.3.)
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Egal, was auch immer wir in dieser Frühlingssession beschliessen werden, sie wird so oder so in die Geschichte eingehen: Stichwort Coronavirus. Die Session findet statt, allerdings unter erhöhten Sicherheitsanforderungen. Es dürfen keine Gäste und keine Zuschauer*innen auf der Tribüne ins Bundeshaus rein. Das hat bedeutet, dass ich allen meinen Gästen wieder absagen musste. Entweder treffen wir uns jetzt ausserhalb des Bundeshaues oder halt gar nicht. Irgendwie gefällt uns aber auch die Aussicht auf eine wahrscheinlich eher ruhige Session. Für Unruhe sorgt nur die SARS-Maske von Magdalena Martullo-Blocher…
Das zweite Thema, das mich seit ein paar Wochen sehr beschäftigt, ist die Kandidatur fürs Präsidium der SP Schweiz gemeinsam mit Mathias Reynard. Wenn ich immer wissen wollte, wo meine Grenzen bezüglich Belastbarkeit sind, so bin ich in dieser Frage jetzt doch einen Schritt weiter. Es ist sehr intensiv, neben der alltäglichen Arbeit, die ich nicht einfach unterbrechen kann. Gut, man kann sagen selber Schuld;-). Zum Glück ist der Austausch mit Mathias wirklich sehr motivierend und inspirierend.
Politisch beginnt die Frühlingssession bereits mit einem Dämpfer: Die Bürgerlichen machen einen Kniefall vor der Wirtschaftsanwalts-Lobby und treten nicht auf das Geldwäschereigesetz ein. Damit wird verpasst, den Kampf gegen Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung zu verbessern und die Integrität des Finanzplatzes Schweiz zu schützen. Hoffentlich korrigiert der Ständerat den unverständlichen Entscheid des Nationalrats!