Bundeshaus-Blog
Dritte Woche, dritter Tag (23.9.)
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Heute morgen müssen alle Parlamentarier*innen durch den Hintereingang ins Bundeshaus. Die Polizei ist seit 3 Uhr in der Nacht dabei, den Bundesplatz zu räumen. Das Ganze geht langsam, aber friedlich voran.
Der politische Betrieb startet mit der Gesamterneuerungswahl des Bundesgerichts. Die SVP hat bekannt gegeben, ihren Richter Yves Donzallaz nicht mehr zu unterstützen, weil er nicht «parteikonforme» Urteile gefällt hat. Es ist aber genau für die Gewaltenteilung und einen Rechtsstaat unerlässlich, dass Richter*innen unabhängig entscheiden. Die SP stellt darum einen Rückweisungsantrag, dass die Wahl auf die Wintersession verschoben werden und bis dann die Unabhängigkeit der Richter*innen überprüft werden soll. Der Antrag hat in der Vereinigten Bundesversammlung keine Chance, nicht mal die Grünen unterstützen uns.
Und dann beschäftigt uns wieder einmal mehr das CO2-Gesetz. Dem Vorschlag der Einigungskonferenz wird deutlich zugestimmt.
Über Mittag bin ich an einem Anlass der Parlamentarischen Gruppe Polizei, die ich präsidiere. Es geht um die heikle Frage, ob Blaulichtorganisationen bei Dringlichkeitsfahrten, die laut Gesetz im Raserbereich liegen, verurteilt werden sollen.
Am Nachmittag wird die Armeebotschaft beraten. Ich stelle im Namen der SP einen Rückweisungsantrag: Die militärische Bedrohungsanalyse ist widersprüchlich. Die Prioritäten sollen darum anders gesetzt werden, denn die globalisierten Gefahren des 21. Jahrhunderts lassen sich nicht mit Panzern und Kanonen von der Landesgrenze abhalten. Relevant ist heute Terrorismus, hybride Unsicherheiten, Cyber, kritische Infrastrukturen, Informationskrieg etc. Natürlich hat der Antrag keine Chancen. In Folge lehnen wir gemeinsam mit den Grünen den Zahlungsrahmen und das Rüstungsprogramm ab.
Dritte Woche, zweiter Tag (22.9.)
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Der Zugang zum Bundeshaus gestaltet sich heute morgen etwas schwierig, da neben des traditionellen «Märits» auf dem Bundesplatz die Klimaaktivist*innen immer noch ihre Zelte aufgeschlagen haben. Die Stimmung ist aber nach wie vor friedlich, es werden Rosen verteilt. Klar ist die Kundgebung unbewilligt und klar muss die Stadt gemeinsam mit den Demonstrant*innen eine Lösung finden, aber grundsätzlich habe ich Verständnis für das Anliegen. Die SVP stellt einen erneuten Ordnungsantrag zur Räumung des Bundesplatzes. Dieser wird nun aber mit 90:79 Stimmen bei 16 Enthaltungen abgelehnt.
Im Bundeshausinnern geht es heute um das Vorläuferstoffgesetz, also Stoffe, mit denen man sogenannte «home explosives» herstellen kann. In der EU ist der Erwerb seit 2014 eingeschränkt, in der Schweiz noch nicht auf demselben Niveau. Die SP befürwortet dieses Gesetz, weil es die Abgabe solcher Substanzen an Privatpersonen regelt resp. gezielt einschränkt. So wird der Schutz der Bevölkerung vor Anschlägen mit selbstgebauten Bomben erhöht und Unfälle verhütet. Auch die Apotheker- und Drogistenverbände stehen hinter der Vorlage. Dem Gesetz wird mit 164:27 deutlich zugestimmt, trotz eines anfänglichen Nicht-Eintretens- Antrag der SVP.
Über Mittag findet ein Treffen der Parlamentarischen Gruppe «Menschenhandel» statt. Es geht um die Unterstützung der Opfer von Menschenhandel, die in einem Asylverfahren sind. Nach wie vor gibt es hier Rechtslücken, ich werde darum eine Interpellation zu diesem Thema einreichen, die Klärung schaffen soll, wo der rechtliche Handlungsbedarf besteht.
Nach der Fraktionssitzung am Nachmittag präsidiere ich wie immer am letzten Dienstag in der Session die SP-Fachkommission «Frieden und Sicherheit». Heute diskutieren wir die Rolle des Zivildienstes und des Zivilschutzes während der ersten Corona-Welle und was die «lessons learned» dabei sind.
Dritte Woche, erster Tag (21.9.)
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Es gab auch schon erholsamere Wochenende als dieses. Freitag und Samstag hatten wir nämlich eine Retraite mit der GL der SP Kanton Zürich. Gut, selber schuld, mag man da sagen. Aber da die Klausur wirklich gut und inspirierend war, reichte der Sonntag aus für die Erholung.
Die letzte Sessionswoche startet mit dem Abschluss der Legislaturplanung 2019-2023. Die Schweiz soll ihren Wohlstand nachhaltig sichern, die Chancen der Digitalisierung nutzen, Weichen in der Gleichstellungspolitik stellen, sich für den Klimaschutz engagieren und als verlässliche Partnerin in der Welt agieren. Die Leitlinien, die beschlossen werden , können sich durchaus sehen lassen. Und mit den Akzenten in der Gleichstellungs- und Klimapolitik widerspiegelt die Legislaturplanung das im vergangenen Herbst neu gewählte Parlament. Das lässt hoffen.
Weiter geht es mit aussenpolitischen Geschäften, wie zum Beispiel mit der Strategie der internationalen Zusammenarbeit oder mit der Absicherung der bisherigen Erfolge der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit in Zentralamerika und der Karibik. Letztere Motion verlieren wir leider mit nur einer Stimme Unterschied.
Vor dem Bundeshaus demonstriert die Klimagerechtigkeitsbewegung, friedlich aber unbewilligt. Das führt zu einem Ordnungsantrag Aeschi, welcher verlangt, dass der Bundesplatz bis morgen um 8 Uhr zu räumen sei. Obwohl die Stadt Bern bekannt gab, dass der Platz morgen früh sicherlich geräumt sei, erhält der unter diesen Umständen so ziemlich sinnlose Antrag eine Mehrheit. SVP, FDP und CVP stimmen dafür.
Und um 21.30 Uhr ist Sitzungsschluss. Die dritte Abendsitzung in dieser Session wäre auch geschafft!
Zweite Woche, vierter Tag (17.9.)
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Der Tag beginnt leider nicht gerade erfolgreich: Es geht um den Gegenvorschlag zur Initiative «Mehr Transparenz bei der Politikfinanzierung». Dem Gegenvorschlag werden leider sämtliche Milchzähne gezogen, er erfüllt nun die Grundanliegen der Initiative in keinster Weise mehr. Es gibt so keinen Fortschritt in Sachen Transparenz. Der Gegenvorschlag erleidet somit Schiffbruch und wird mit 168:18 Stimmen abgelehnt. Jetzt steht die Transparenz-Initiative alleine da. Ich bin sicher, sie hat Chancen beim Volk!
Danach geht es um zwei Schengen-Vorlagen: Eine zum Ausbau des Schengener Informationssystems (SIS) und eine zur Weiterentwicklung des Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems. Die SP steht grundsätzlich nach wie vor hinter Schengen. Wir fordern nun aber, dass das Schengen-Recht vollständig - und nicht nur repressiv - umgesetzt wird. Das heisst konkret, dass die Schweiz ihren Spielraum, den man bei der Ausgestaltung von EU-Recht hat, auch ausnützen muss. Der Grundrechtsschutz muss unbedingt gestärkt werden. Ein Minderheitsantrag von uns, der eine Verbesserung beim Datenschutz beim SIS fordert, erhält keine Mehrheit. Weil die SVP die Vorlage (anders als in der Kommission) ablehnt und die SP-Fraktion sich nun bewusst geschlossen enthält, reicht es knapp nicht für ein Ja. Das Geschäft geht jetzt in den Ständerat. Die SP bietet Hand für eine Zustimmung, wenn unsere Forderung betreffend Verbesserung des Datenschutzes ernst genommen wird und die Vorlage diesbezüglich ergänzt wird.
Am Abend geht es dann nach Hause. Kaum zu glauben, dass nach dem Wochenende bereits schon wieder die letzte Sessionswoche beginnt!
Zweite Woche, dritter Tag (16.9.)
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Heute ist wieder einmal so ein Tag, an welchem ich nicht so viel vom Geschehen im Rat selber mitbekomme. Eine Sitzung jagt die andere. Zum Beispiel bin ich Mitglied der Allianz «Familienergänzende Betreuung», bei welcher auch der Arbeitgeberverband, die SODK und die EDK mit dabei sind. Die Sitzung mit der Allianz wird sehr lange unterbrochen, weil wir im Rat einen riesigen Abstimmungsblock zu bewältigen haben: Wir fehlen darum ganze 45 Minuten lang. Etwas unangenehm für die Gäste.
Die Ratsbetreib startet heute mit dem Nationalstrassenabgabegesetz. Es geht um die Einführung der elektronischen Vignette. Dieser stimmen alle zu, ausser die SVP. Sie hat Bedenken wegen der ständigen Überwachung, ah ja, ausgerechnet… Nachher geht es mit Bildungsvorlagen weiter, die zum Glück alle eine deutliche Mehrheit erhalten.
Über Mittag muss ich noch etwas nacharbeiten. Ein spezielles Gefühl, im total leeren und ruhigen Nationalratssaal, aber auch sehr erholsam.
Nach der Sitzung haben Marionna Schlatter und ich noch ein digitales Kampfjet-Podium. Für mich ist es das erste Online-Podium, bin etwas skeptisch. Die Spontanität geht bei einer Videokonferenz natürlich verloren, aber das Podium ist zum Glück sehr gut moderiert. Wir können unsere Message gut einbringen.
Zweite Woche, zweiter Tag (15.9)
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Der Tag startet wie gestern angekündigt mit den Differenzbereinigungen zum Covid-19-Gesetz. Der Nationalrat hält im grossen Ganzen an seiner Version fest, wie zum Beispiel die 100 Mio. für die Kultur und die A-Fonds-Perdu-Beiträge bei Härtefällen. Leider fliegt der Einbezug der Gemeinden bei der Erarbeitung von Massnahmen aus dem Gesetz. Die Vorlage geht nun wieder zurück in den Ständerat.
Dann geht es weiter mit Differenzbereinigungen zum Gegenvorschlag zur Pflegeinitiative. Der Nationalrat hält an der dringend nötigen Ausbildungsoffensive fest. Auch Abrechnungen sollen Pflegefachpersonen selbständig machen dürfen. Das sind zwei der wichtigen, grundlegenden Forderungen der Initiative.
Mein bester Freund Angelo Barrile kann kurz vor der Mittagspause jubilieren: Seine Motion, die verlangt, dass für Kinder der Zugang zu medizinischen Leistungen gewährleistet bleiben muss, auch wenn ihre Eltern der Zahlungspflicht der Krankenkassenprämien nicht nachkommen, erhält eine deutliche Mehrheit. Nur die SVP ist dagegen.
Auch diesen Dienstag profitiere ich vom früheren Feierabend nach der Fraktionssitzung und gehe kurz nach Hause zurück. Das tut richtig gut, vermisse meine Familie jeweils sehr.
Zweite Woche, erster Tag (14.9.)
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Das Wochenende war sehr erholsam, das war aber auch dringend nötig. Die Aktivitäten im Nein-Komitee zur Kampfjet-Abstimmung gleichzeitig mit der Session zusammen gehen langsam ganz schön an die Nieren. Aber es ist ja absehbar, der 27. September naht. Trotzdem gebe ich selbstverständlich nicht auf und weible weiterhin für ein Nein. Wir brauchen diese Art von Luxus-Kampfjets nicht!
Auch heute dauert die Nationalratssitzung bis in den späten Abend hinein. Eigentlich hätten wir die Differenzen zum Covid-19-Gesetz beraten sollen, dieses ist ziemlich zeitkritisch. Da die nationalrätliche Kommission aber erst am Mittag tagen konnte und es immer noch zahlreiche Differenzen zum Ständerat gibt, wird einem Ordnungsantrag zugestimmt, das Geschäft auf morgen zu verschieben. So wird nun die ganze Legislaturplanung an diesem Abend durchberaten. So haben wir parteiintern genügend Zeit, über den Sinn und Unsinn von Legislaturzielen zu diskutieren ;-).
Erste Woche, vierter Tag (10.9.)
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Der heutige Tag startet mit Differenzbereinigungen zum CO2-Gesetz. Auch wenn das Gesetz ein Kompromiss ist und mir in einigen Punkten zu wenig weit geht, ist es doch eine deutliche Verbesserung zum Status Quo. Und immerhin ist zB, die Einführung der Flugticketabgabe mittlerweile unbestritten. Bei der Abgabe für Privatflieger besteht noch eine Differenz zum Ständerat: Der Nationalrat will eine Mindestabgabe von 500 Fr, es darf auch mehr sein. Ganz wichtig ist jetzt, dass das CO2-Gesetz in der Volksabstimmung angenommen wird (das Referendum wurde ja bereits angekündigt). Eine Ablehnung des CO2-Gesetzes würde uns in der Entwicklung um Jahre zurückwerfen, das können wir uns nicht leisten. Wir müssen jetzt endlich handeln!
Nachher geht es um ein Massnahmenpaket zugunsten der Medien. Es sollen die Rahmenbedingungen für die Medien verbessert, die Medienvielfalt gestärkt und die digitale Transformation der Branche unterstützt werden. Dem Ansinnen, die Online-Medien aus der Vorlage herauszukicken, kann zum Glück ein Riegel geschoben werden. Die Vorlage wird an die Kommission zurückgewiesen, mit dem Auftrag, das Geschäft integral vorzuberaten.
Danach wird ein Hilfspaket für den öffentlichen Verkehr geschnürt. Der Corona-bedingte Einbruch der Passagierzahlen ist gross. Der Bund muss sich am Defizit beteiligen, es ist schliesslich nicht selbstverschuldet. Dem Gesetz wird deutlich zugestimmt.
Kurz vor Sitzungsschluss gibt es noch eine erfreuliche Überraschung: Die Parlamentarische Initiative von Sibel Arslan, welche die Einführung des aktiven Stimm- und Wahlrecht für 16jährige verlangt, erhält eine Mehrheit!
Ausnahmsweise haben wir auch am Nachmittag Sitzung, da wir mit den Geschäften im Rückstand sind. Am Abend geht es dann aber nach Hause oder, genauer gesagt, zuerst noch an die GL-Sitzung der SP Kanton Zürich.
Erste Woche, dritter Tag (9.9.)
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Heute beginnen die Beratungen zum Covid-19-Gesetz. Im Vorfeld wurden wir Parlamentarier*innen geradezu von Mails und Briefen bombardiert. Dabei ging es den Leuten vorwiegend um den Impfzwang. Es ist aber so, dass das Impfobligatorium (es ist kein Zwang!) aber im Art. 6 des Epidemiegesetzes und ist als solches bereits in Kraft.
Mit dem Covid-19-Gesetz hingegen soll die gesetzliche Grundlage geschaffen werden, damit die bisherigen in Notverordnungen festgeschriebenen Massnahmen weitergeführt und angepasst werden können. Es regelt, welche Befugnis der Bundesrat zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie haben soll und regelt Massnahmen in folgenden Bereichen: Gesundheitsversorgung, Arbeitsschutz, Asyl-und Ausländerrecht, Kultur, Medien, Erwerbsersatz, Arbeitslosenversicherung, insolvenzrechtliche und verfahrensrechtliche Massnahmen. Das Gesetz ist bis 31. Dezember 2021 befristet.
Der Nationalrat baut das Gesetz noch weiter aus. Zum Beispiel sollen auch diejenigen Selbstständigerwerbenden Anrecht auf Erwerbsersatz haben, die zwar Aufträge haben, aber in ihrer Arbeit massgeblich eingeschränkt sind, Abgelehnt wurde leider ein SP-Antrag, der den Arbeitnehmenden mit tieferen Löhnen bei Kurzarbeit einen Lohnersatz von 100 Prozent garantieren wollte. Dafür gibt es jetzt noch zusätzliche Finanzhilfen für Unternehmen der Event- und der Reisebranche, die ja unverschuldet in einer wirtschaftlichen Misere sind. Alles in allem sind wir zufrieden mit dem Gesetz, da die Unterstützungsmassnahmen fortgeführt und ausgeweitet werden. Der Nationalrat stimmt der Vorlage mit 144:35 Stimmen bei 16 Enthaltungen zu, das Gesetz geht morgen in den Ständerat.
Erste Woche, zweiter Tag (8.9)
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Der Tag startet heute Vorstössen noch aus der ausserordentlichen Session. Es geht um finanzielle Unterstützungsmassnahmen für Corona-gebeutelte Betriebe und Unternehmen geht. Die Krise ist noch nicht bewältigt, gewisse Massnahmen sind nach wie vor nötig. Ich denke da zum Beispiel an die Reise-, Tourismus- und Eventbranche und Kulturschaffende. Ein Teil der Anliegen hat der Bundesrat in der Zwischenzeit bereits erfüllt (zB. die Weiterführung der Unterstützung von Selbständigen). Leider erhält aber die Kommissionmotion der SGK, welche die Kurzarbeitsentschädigung weiterführen will, ganz knapp keine Mehrheit. Es gibt aber noch eine Chance bei der morgigen Beratung des Covid-Gesetzes. Es muss nun klar darum gehen, Konkurse zu verhindern, Arbeitsplätze zu erhalten und Existenzen zu sichern.
Danach geht es um die Förderung von Bildung, Forschung und Innovation für die Jahre 2012 -2024. Für den Bildungs- und Hochschulstandort Schweiz sind diese Beiträge absolut essentiell. Das Geschäft ist ein grosser Brocken und kann darum heute nicht fertig beraten werden.
Nach der Fraktionssitzung am Nachmittag profitiere ich vom frühen Feierabend und fahre zurück nach Kloten zu meiner Familie, kehre aber am Abend spät aber noch nach Bern zurück. Es ist so viel angenehmer und entspannter, am Morgen bereits in Bern zu sein!
Herbstsession 7.-25. September 2020, erste Woche , erster Tag (7.9.)
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Wir sind wieder zurück im Bundeshaus. Allerdings wollen «Heimatgefühle» nicht so recht aufkommen. Jeder Sitzplatz hat ein Plexiglas-Kabäuschen, es fühlt sich ein bisschen wie ein Käfig an. Die Kommunikation wird dadurch auch sehr erschwert. Wenn wir den Platz verlassen, ist Maskentragen Pflicht. Etwas gewöhnungsbedürftig das Ganze, aber in Corona-Zeiten halt unerlässlich.
Und Corona ist auch wieder das vorherrschende Thema in dieser Herbstsession. Am Mittwoch berät der Nationalrat das Covid-19- Gesetz, das bereits im Vorfeld zu heftigen Diskussionen führte. Zudem müssen zahlreiche Unterstützungsmassnahmen fürs Gewerbe, Kulturschaffende etc. weitergeführt werden können. Die Krise ist leider noch lange nicht vorbei.
Das Hauptthema ist heute aber die Kulturbotschaft. Diese gilt als Wegweiser der nationalen Kulturpolitik. Es ist bereits die dritte Kulturbotschaft, über welche das Parlament mittlerweile zu Legislaturbeginn entscheidet. Am meisten Diskussion gibt es bei den Änderungen des Filmgesetzes. Denn der Bundesrat legt ab 2021 einen Schwerpunkt auf den digitalen Wandel in der Kulturförderung: Darin geht es um die Herausforderungen und Chancen, die der digitale Wandel mit sich bringt. So ist beabsichtigt, Anbieter von Filmen auf elektronischen Plattformen zu verpflichten, mindestens 4 Prozent ihres Umsatzes in das unabhängige Schweizer Filmschaffen zu investieren, die sogenannte «Lex Netflix». Dieser Vorschlag wird aber leider gekürzt, es sind am Ende der Debatte nur noch höchstens 1 Prozent «dank» SVP, FSP und CVP. Ich hoffe, dass der Schweizer Film so auch noch genügend Unterstützung erhält. Das Geschäft geht nun aber erst mal in den Ständerat.
Dritte Woche, letzter Tag (19.6)
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Die Beratungen zu den präventiv-polizeilichen Massnahmen gegen Terrorismus werden heute fortgesetzt. Leider ist heute keinerlei Verbesserung des Gesetzes zu verzeichnen. Alle Massnahmen bleiben wie vom Bundes- und Ständerat vorgeschlagen bestehen. Das bedeutet, dass der Hausarrest schon für 15-Jährige möglich ist und dass bereits für 12-Jährige ein Kontaktverbot oder eine Ein- und Ausgrenzung verfügt werden kann. Ich bleibe bei meiner Beurteilung: Präventive Massnahmen gegen Terrorismus sind richtig und nötig. Sie müssen aber verhältnismässig sein und dürfen nicht den Rechtstaat und die Grund- und Menschenrechte in Frage stellen. Das Gesetz erhält in der Gesamtabstimmung leider eine Mehrheit; SP, Grüne und GLP lehnen es ab. Es geht nun zurück in den Ständerat.
Bei den Schlussabstimmungen aber gibt es eine erfreuliche Sensation: Die völlig missglückte und schikanöse Zivildienstgesetzrevision wird mit 103:90 Stimmen abgelehnt! Teile der CVP sind gekippt, die grosse Überzeugungsarbeit von vielen Verbündeten war schlussendlich erfolgreich. Und ich hoffe, dass die zahlreichen Diskussionen über den Zivildienst der Bevölkerung nun klar aufgezeigt haben, wie sinnvoll der Zivildienst ist.
Mit dieser Sommersession geht auch das Gastspiel in der Bern expo zu Ende. Es war alles sehr gut organisiert, die Abläufe funktionierten. Trotzdem sind wir alle froh, wenn wir wieder in unser «heimeliges» Bundeshaus zurückkehren können. Ab Montag ist dies schon der Fall, dann habe ich nämlich bereits wieder Kommissionssitzung, ich freue mich!
Dritte Woche, vierter Tag (18.6.)
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Der heutige Tag beginnt mit einer aktuellen Debatte zum Thema «Gleichstellung und Vereinbarkeit, jetzt die Lehren aus der Corona-Krise ziehen». Während des Lockdowns hat es sich manifestiert, dass gerade Frauen in vielen sogenannten systemrelevanten, aber häufig schlecht bezahlten Berufen arbeiten. Vom Pflegepersonal über die Kita-Mitarbeiterin bis zur Kassierin in einem Supermarkt. Klatschen für diese Berufe ist zwar nett und gut, nützt den Frauen aber nicht viel. Es braucht jetzt dringend bessere Arbeitsbedingungen und Entlöhnung für diese Berufe und bessere Möglichkeiten, Familie und Beruf zu vereinbaren.
Am Nachmittag wird die zweite Terrorismus-Vorlage in dieser Woche besprochen, die sogenannten präventiv-polizeilichen Massnahmen gegen Terrorismus. Diese sind aber sehr umstritten, gefährden Freiheit und Grundrechte und verletzen die Europäische Menschenrecht- und UNO-Kinderschutz-Konvention. Die scharfen präventiv-polizeilichen Instrumente greifen bereits im präventiven Bereich, also im Vorfeld einer mutmasslichen Straftat. Das ist rechtsstaatlich und völkerrechtlich höchst bedenklich und auch nicht verhältnismässig. Und ob es damit tatsächlich mehr Sicherheit gibt, halte ich für äusserst fragwürdig. So darf zB. der Hausarrest ohne Strafverfahren oder Gerichtsentscheid bereits ab 15 Jahren angewendet wenden, ohne dass eine Tat begangen wurde oder eine solche nachweislich geplant war. Die SiK-N führte in den Kommissionberatungen sogar die EMRK-widrige Präventivhaft ein. Zum Glück korrigiert der Nationalrat und streicht die Präventivhaft wieder mit 113:78 Stimmen. Wie werden heute nicht fertig mit der Debatte, sie wird morgen fortgesetzt.
Nachher findet endlich mal wieder das traditionelle Fraktionsessen zum Schluss der Session statt. Die Stimmung ist gut und aufgeräumt, ein gelungener Abschluss dieser für mich doch eher schwierigen Session.
Dritte Woche, dritter Tag (17.6.)
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Am Morgen «schwänze» ich zu Beginn zusammen mit ein paar Kolleg*innen den Nationalrat: Das Kampfjet-Referendum wird mit fast 90'000 Unterschriften eingereicht! Wegen des Corona-bedingten Fristenstillstands wurde die Unterschriftensammlung leider unterbrochen, es wären sonst noch mehr geworden. Bin sehr bereit für den Abstimmungskampf gegen Luxus-Kampfjets für satte 6 Milliarden!
Im Rat ist die Debatte zur Burkaverbot-Initiative am Laufen. Ich bin gegen diese Initiative. Das Tragen von Burkas und Niqabs in der Schweiz ist eine absolute Randerscheinung. Eine Kleidernorm in der Verfassung zu verankern, die sich gegen die Religion einer Minderheit richtet, ist wohl kaum sinnvoll und mit einem liberalen Staatsverständnis unvereinbar. Und was mich an der ganzen Diskussion vor allem nervt: Wieder einmal wird auf dem Buckel der Frauen diskutiert, was sie zu tun haben oder was eben nicht.
Den indirekten Gegenvorschlag kann ich aber unterstützen. Dieser Gegenvorschlag verzichtet richtigerweise auf grundsätzliche Kleidervorschriften. Gegenüber den Behörden müssen Personen aber zweifelsfrei identifizierbar sein, das Gesicht muss erkennbar sein. Die Initiative selber wird am Schluss deutlich mit 114:76 Stimmen bei 3 Enthaltungen abgelehnt.
Dritte Woche, zwieter Tag (16.6.)
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Wie gewonnen, so zerronnen. Die Freude über den gewonnenen Ordnungsantrags von gestern Abend hält nicht lange an. Kurt Flury stellt heute den «Gegen-Ordnungsantrag» und führt dabei formaljuristische Gründe ins Feld; der Antrag verletze das Parlamentsgesetz. Das mag sein, nur hat man bei der Erschaffung des Parlamentsgesetzes nicht an Corona gedacht. Wir können die Menschen mit Existenzängsten doch jetzt wegen einer nicht ganz klaren Rechtsgrundlage einfach hängen lassen! Aber es ist wohl so, dem Antrag Flury wird mit 93:89 Stimmen knapp zugestimmt.
Diese Woche werden auch die diversen Terrorismus-Vorlagen beraten. Wir beginnen heute mit dem Übereinkommen des Europarates. Der Terrorismus ist eine permanente Bedrohung, auch für die Schweiz. Selbstverständlich müssen Massnahmen dagegen getroffen werden. Nicht nur, um auf Anschläge zu reagieren, sondern im besten Fall auch, um sie zu verhindern. Das bedeutet in der Konsequenz, dass man auch im präventiven Bereich tätig werden muss. Für die SP ist es nun aber absolut entscheidend, dass dies immer im Einklang mit dem Rechtsstaat geschieht. Im Zentrum standen in der Kommission vor allem die Diskussionen um den Art. 260 sexies, StGB. Es geht dort um die Vorverlagerung der Strafbarkeit. Die Vorlage sieht hier die Schaffung einer neuen Strafbestimmung vor gegen Anwerbung, Ausbildung und das Reisen für eine terroristische Straftat. Nach Meinung zahlreicher Strafrechtler und des Anwaltsverbandes, sind aber die entsprechenden Verhaltensweisen bereits strafrechtlich weitgehend erfasst. Die Vorverlagerung der Strafbarkeit ist auch für die SP aus rechtstaatlicher Sicht kaum zu rechtfertigen. Unser Streichungsantrag scheitert, wie auch alle anderen SP-Minderheitsanträge. In der Gesamtabstimmung lehnt die SP zusammen mit den Grünen die Vorlage ab oder enthält sich. Das nützt aber nicht viel, dem Geschäft wird mit 127:54 Stimmen bei13 Enthaltungen zugestimmt.
Am Mittag kehre ich unverzüglich nach Kloten zurück, habe nämlich Stadtratssitzung. Zum Glück bleibt danach noch etwas Zeit um meine Familie sehen zu können, bevor ich wieder nach Bern zurückfahren muss.