Bundeshaus-Blog
Herbstsession, erste Woche, erster Tag (9. - 27. Septmeber 2019)
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Heute beginnt die letzte Session in dieser Legislatur. Ich kann es kaum glauben, dass nun bald schon vier Jahre vergangen sind, seit ich in den Nationalrat gewählt wurde. Die Zeit seit diesem denkwürdigen Oktober 2015 raste geradezu. Mittlerweile habe ich mich gut eingelebt in Bern, mein Plätzchen und meine Themen gefunden. Das war ich mir zu Beginn nicht so sicher, ob mir das auch gelingen wird.
In dieser Herbstsession werden wir zwei Volksinitiativen beraten im Nationalrat: diejenige für einen vierwöchigen Vaterschaftsurlaub und in einer Woche dann die Begrenzungs-Initiative der SVP. Das wird wohl im Zeichen des Wahlkampfes wieder ein Theater geben…
Doch richtig spannend wird es im Ständerat: Dieser berät so „Knaller“ wie die CO2-Gesetz-Revision, die Kampfjet-Beschaffung und das Zivildienstgesetz. Die Wahl des Bundesanwalts in der dritten Woche hat medial auch bereits viele Wellen geworfen. Ich habe zu Michael Lauber noch keine abschliessende Meinung gefasst, bin sehr froh, dass wir dieses Thema in der Fraktion ausgiebig diskutieren werden!
Im Nationalrat gibt es heute eine „Mini-Klima-Debatte“. Es geht darum, ob die befristete Steuererleichterung von biogenem Treibstoff (Erdgas ist da zwar auch mit dabei) weitergeführt werden soll oder nicht. Man ist sich einig, dass es im Vorfeld der CO2-Gesetz-Revision keinen Sinn macht, zum jetzigen Zeitpunkt von dieser Steuererleichterung abzusehen. Der Versuch jedoch, das Gesetz auf die Pariser Klimaziele auszurichten, scheitert aber leider, weil die FDP und die CVP doch nicht so grün sind, wie sie im Wahlkampf den Anschein erwecken wollen…
Dritte Woche, letzter Tag (21.6.)
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Der letzte Sessionstag ist immer etwas speziell. In der Regel gibt es keine langen Beratungen mehr, es finden vorwiegend viele Abstimmungen statt. Bei den Schlussabstimmungen gibt es dann erwartungsgemäss auch keine Überraschungen mehr.
Mein persönliches Highlight in dieser Session war ganz klar der Frauenstreik vor einer Woche. Selten hat mich eine Aktion im Bundeshaus so berührt und beeindruckt. Dieses Engagement und diese spürbare Kraft motiviert sehr für den weiteren Wahlkampf!
Auch wenn die Sommersession nun bereits wieder vorbei ist, geht die politische Arbeit nahtlos weiter, da am Wochenende noch zwei Parteianlässe stattfinden und es am Montag bereits wieder mit der Kommissionssitzung weiter geht. Aber die Sommerferien mit meiner Familie nahen!
Dritte Woche, vierter Tag (20.6)
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Die Beratungen zur Trinkwasser- und Pestizid-Initiative werden heute mit den individuellen Voten fortgesetzt. Grundsätzlich will die SP die zwei weniger weit reichenden Gegenvorschläge unterstützen. Diese finden aber leider keine Mehrheit, darum spricht sich die SP in der Schlussabstimmung für die beiden Initiativen aus. Ich finde es taktisch einen Fehler, dass die Gegner*innen der beiden Volksinitiativen nicht den Gegenvorschlägen zugestimmt haben. Diese Initiativen haben nämlich durchaus Chancen beim Volk.
Und wiederum erreicht uns eine gute Nachricht aus dem Ständerat: Dieser hat dem Gegenvorschlag zur Volksinitiative für einen bezahlten, vierwöchigen Vaterschaftsurlaub zugestimmt. Immerhin zwei Wochen, zwar immer noch viel zu wenig, aber besser als der Status quo.
Für grosses Aufsehen sorgt am Nachmittag die Motion aus der WAK-N „Zusatzverhandlungen zum institutionellen Abkommen mit der EU“. Die SP hat sich klar zu Europa, aber auch klar zum Lohnschutz bekannt. Insofern könnte man auf den ersten Blick für diese Motion einstehen. Ich kann es aber nicht, obwohl eine knappe Mehrheit meiner Fraktion die Motion unterstützt. Ich bin überzeugt, dass Nachverhandlungen illusorisch sind, bis jetzt war der Standpunkt auch, dass man offene Fragen klären soll. Es ist gefährlich für unser Land, die bilateralen Verträge leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Zudem gefällt mir nicht, dass auch über die Unionsbürgerrichtlinie und die staatlichen Beihilfen nachverhandelt werden soll. Der Motion wird schliesslich klar mit 122:38 Stimmen bei 24 Enthaltungen (17 davon kommen aus der SP-Fraktion) zugestimmt. Die europafreundlichen Kräfte in der Partei enthalten sich, so wie ich zum Beispiel.
Nach der Sitzung findet das traditionelle Sessionsschlussessen der Fraktion statt. Dieses Mal sind wir im Alpinen Museum. Allzu lange bleibe ich allerdings nicht, bin nun gegen Sessionsende schon ziemlich erschöpft.
Dritte Woche, dritter Tag (19.6.)
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Heute ist zuerst „aufräumen“ angesagt. Es geht bei etlichen Geschäften um Differenzbereinigungen zum Ständerat. Zum Beispiel beim Ausbauschritt 2019 der Nationalstrassen: Die ohne genaue Vorstudien aufgenommenen Projekte wie die Schliessung der Zürcher Oberland-Autobahn, den Muggenbergtunnel und die Bodensee-Thurtal-Strasse fliegen vernünftigerweise wieder aus dem Programm raus.
Auch beim Jagdgesetz müssen noch Differenzen ausgeräumt werden. Nachdem der Ständerat in der ursprünglichen Vorlage neben dem Wolf auch Luchs und Biber in die Liste der Regulierung der geschützten Arten aufgenommen hat, sind nun Luchs und Biber wieder rausgestrichen. Aber es wird in Zukunft generell einfacher sein, eine Bewilligung zum Abschuss geschützter Arten zu bekommen. Die SP lehnt dieses Gesetz ab und wird das bereits angekündigte Referendum der Umweltverbände unterstützen.
Am Nachmittag beginnen die Beratungen zur Trinkwasser- und zur noch weiter gehenden Pestizid-Initiative. Beide Volksinitiativen wollen das Trinkwasser und die natürlichen Lebensräume, schützen. Immer mehr Medien berichten über Pestizide und Nitrate im Trinkwasser und in Lebensmitteln. Die Gifte werden in verschiedenen Tieren der Nahrungskette, in menschlicher Muttermilch und in den Haaren gemessen. Die Spermienfruchtbarkeit sinkt, Insekten sterben in Massen und die Fischfänge gehen deutlich zurück. Auch der Bundesrat sieht den Handlungsbedarf und anerkennt, dass die Umweltziele im Bereich Landwirtschaft und damit der Verfassungsauftrag nicht erreicht werden. Deshalb hat er den Aktionsplan Pflanzenschutzmittel verabschiedet und versprochen im Rahmen der Agrarpolitik (AP 22+) weitere Massnahmen zum Schutz der Gewässer zu erlassen. Diese Massnahmen reichen aber nicht. Das sagt auch die EAWAG. Die Beratungen werden heute aber nicht beendet, sondern morgen fortgesetzt.
Dann erreicht uns noch eine gute Nachricht aus dem Ständerat: Der Druck des Frauenstreiks zeigt erste Wirkung: Der Ständerat stimmt einem Geschlechterrichtwert von 20 % für die Geschäftsleitungen grosser Unternehmen zu. Ein kleiner Schritt, aber wenigstens in die richtige Richtung!
Dritte Woche, zweiter Tag (18.6.)
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Der Tag beginnt mit einem staatspolitischen Geschäft: Die SVP hat eine Parlamentarische Initiative eingereicht, die das Verordnungsveto einführen möchte. Auch wenn es schon Fälle gab, bei denen wir zwar froh gewesen wären um ein solches Verordnungsveto (zB. bei der Aufweichung der Kriegsmaterial-Verordnung), ist das nicht ungefährlich und ritzt klar an der Gewaltenteilung. Verordnungen müssen unbedingt technisch, und nicht politisch ausgeführt werden. Zudem liegt die Staatsgewalt bei Vollziehungsverordnungen laut Verfassung uneingeschränkt beim Bundesrat. Das Parlament hat übrigens jetzt schon die Möglichkeit, eine Verordnung zu ändern, nämlich durch eine Kommissionsmotion. Der SP-Nicht-Eintretens-Antrag scheitert aber. Der Vorlage wird schliesslich mit 113:67 Stimmen bei 8 Enthaltungen zugestimmt.
Dann kommt gleich der nächste Dämpfer: Die rechte Mehrheit im Nationalrat sagt Nein zu mehr Transparenz in der Lobbytätigkeit im Bundeshaus. Sie tritt auf eine vom Ständerat bereits sehr abgeschwächte Vorlage zur Umsetzung einer Parlamentarischen Initiative von SP-Ständerat Didier Berberat nicht ein. Diese Vorlage hätte immerhin minimale Offenlegungspflichten für Lobbyistinnen und Lobbyisten im Bundeshaus vorgesehen. Damit politisiert der Nationalrat an der Schweizer Bevölkerung vorbei, die laut Umfragen mehr Transparenz will.
Und dann hat auch mein Postulat «easyvote für alle Gemeinden» keine Chancen im Nationalrat. Das war aber so zu erwarten. Der Bund stellt sich auf den Standpunkt, dass er nur Broschüren versenden kann, die er auch selber verfasst hat. Aber etwas mehr Geld für die Organisation «easyvote» wäre ja auch ein gangbarer Weg. Die Förderung der politischen Partizipation der Jugend ist schliesslich ganz klar Bundesaufgabe.
Gleich fünf parlamentarische Initiativen aus fünf Parteien mit demselben Inhalt werden zum Schluss der Sitzung noch beraten. Es geht um die Sicherstellung einer dezentralen Programmproduktion der SRG, Vielfalt statt Konzentration. Der Auslöser dieser PI war das Ansinnen der SRG, grosse Teile des Radiostudios in Bern nach Zürich zu verlegen. Auch die SP unterstützt das Anliegen. Grundsätzlich sollte sich das Parlament nicht in unternehmerische Entscheide der SRG einmischen, ich bin ich aber klar der Ansicht, dass dieser Umzug nicht mit dem Sevice public und dem Idée suisse-Gedanken vereinbar ist.
Am Abend tagt wie immer in der 3. Sessionwoche die SP-Fachkommission für Frieden und Sicherheit. Heute geht es ums Thema Diversity Mangement in der Schweizer Armee. Hier gibt es, verglichen mit anderen europäischen Staaten, noch viel aufzuholen!
Dritte Woche, erster Tag (17.6.)
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Dieses Wochenende hatte es wirklich in sich! Am Freitagnachmittag beindruckende die Riesen-Demo in Zürich anlässlich des Frauenstreiks und am Samstag auch noch die Pride: Ein einziges grosses und kraftvolles Plädoyer für Gleichstellung, Gleichberechtigung und Diversität. Das hat so gut getan und macht Mut für die weitere politische Arbeit!
In Bern übernimmt dann der Alltag wieder. Heute stehen der Geschäftsbericht des Bundesrates sowie die Staatsrechnung auf der Traktandenliste. Die Rechnung 2018 lässt sich sehen. Der Bundeshaushalt schliesst mit einem ordentlichen Überschuss von 2,9 Milliarden ab. Budgetiert waren 0,3 Milliarden. Massgeblich zum guten Ergebnis tragen die höheren Einnahmen aus der Verrechnungssteuer und der direkten Bundessteuer bei. Die Bruttoverschuldung liegt erstmals seit 1997 wieder unter 100 Milliarden. Die Schweizer Wirtschaft ist im vergangenen Jahr um 2,5 Prozent gewachsen. Das Stabilisierungsprogramm 2017-2019 wäre also nicht nötig gewesen, wie die SP übrigens schon immer moniert hat. Ich hoffe nun, dass beim Budget 2020 dann auch wieder mal ans Personal gedacht wird.
Nach der Ratssitzung folge ich einer Einladung der Chefredaktor*innen der Schweizer Medienhäuser. Der Austausch im Hotel Schweizerhof ist sehr angeregt und interessant.
Zweite Woche, vierter Tag (14.6.)
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Endlich – heute ist der Frauenstreik-Tag! Bei der SP- und der Grünen-Fraktion (mit Frauen auch aus der CVP, EVP und BDP) ist die vorherrschende Farbe violett. Sogar BR Viola Amherd trägt ein violettes Shirt und einen Frauenstreik-Pin am Blazer-Revers.
Bevor es am Mittag nach Zürich an die grosse Demo geht, hat ausgerechnet die sicherheitspolitische Kommission viel zu tun: Es ist ein VBS-Morgen. Begonnen wird mit der Beratung des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes. Die SP hat die Grundzüge der Vorlage von Anfang an unterstützt: die Modernisierung des Bevölkerungsschutzsystems und dessen stärkere Ausrichtung an den heutigen Gefahren und Risiken; die Erneuerung der Kommunikationssysteme und die gesetzliche Ausscheidung der Zuständigkeiten; die Stärkung der Führung und Koordination beim Schutz kritischer Infrastrukturen beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz; das geht alles in die richtige Richtung. Ein Antrag von uns scheitert, der in der Kommission noch eine Mehrheit hatte, weil die SVP ihn nun plötzlich nicht mehr unterstützt. Es geht darum, dass auch der Zivildienst als Teil des Systems zur Vorbeugung und Bewältigung von Katastrophen und Notlagen erwähnt wird. Ehrlich gesagt, ist es keine Katastrophe, dass unser Antrag schlussendlich keine Mehrheit findet. Ich glaube, wir müssen das nochmals grundsätzlich überlegen. Wir wollen den Zivildienst keinesfalls als «Auffüllbecken» des Zivilschutzes sehen und ihn so schwächen. Die Gesamtvorlage wird schliesslich einstimmig angenommen und geht jetzt in den Ständerat.
Um 11 Uhr unterbricht Ratspräsidentin Marina die Sitzung. Die Parlamentarierinnen und die Bundesrätin gehen nach draussen auf den Bundesplatz. Hier wartet eine riesige Menge von Frauen und empfängt uns mit viel Applaus, es ist schlicht überwältigend. Gemeinsam stehen alle Frauen auf dem Bundesplatz für mehr Gleichstellung ein. Ich muss ehrlich sagen, dass ich sehr gerührt bin – und das geht nicht nur mir so. Nach einer Viertelstunde geht die Sitzung weiter und Viola Amherd zitiert in ihrem Votum die legendäre Josi Meier: «Frauen gehören ins Haus – ins Gemeindehaus, ins Rathaus, ins Bundeshaus!». Ich glaube, das ist bis jetzt der schönste Tag im Bundeshaus!
Zweite Woche, dritter Tag (13.6)
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Die Konzernverantwortungs-Initiative steht heute klar im Fokus der Beratungen. Sie verlangt Sorgfaltspflicht für Unternehmen mit Sitz in der Schweiz, sie müssen Verantwortung übernehmen. Eine globalisierte Wirtschaft stösst an die Grenzen der Demokratie. Profit zählt oft mehr als die Interessen der Menschen, obwohl es Leitlinien der UNO zur Einhaltung der Menschenrechte und Umweltstandards gibt. Verantwortungsvolle Schweizer Grossunternehmen müssen wegen der KoVI nichts befürchten, doch leider hat Freiwilligkeit bisher nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Obwohl sich der Nationalrat für den indirekten Gegenvorschlag zur KoVI ausgesprochen hat, war das intensive Lobbying der economiesuisse erfolgreich: Der Gegenvorschlag kam im Ständerat zu Fall. Der Nationalrat wiederum lehnt den Nicht-Eintretens-Antrag der SVP ab, der Gegenvorschlag bleibt so weiterhin im Spiel und geht nun wieder zurück in den Ständerat. Zur eigentlichen Initiative findet darum heute keine Abstimmung ab.
Und dann gibt es mal wieder etwas Neues von der «Kampfjet-Front» zu berichten. Völlig unerwartet zieht Saab seinen Gripen aus dem Evaluationsprozess zurück und fällt somit aus dem Rennen. Den Entscheid kann man nach genauerem Hinsehen nachvollziehen, das Flugzeug ist noch nicht so weit. Das Gripen-Debakel lässt grüssen… Ich bedaure allerdings, dass jetzt ein europäisches Modell weniger zur Auswahl steht. Zudem wäre der Gripen ein günstigeres Modell gewesen, aus einem neutralen Land notabene. Ich hoffe nicht, dass nun die Chancen des teuren, für unsere Verhältnisse überdimensionierten F-35-Tarnkappenbomber steigen…
Am Abend findet als Einstimmung auf den Frauenstreik morgen ein Frauen-Vernetzungs-Apéro statt. Die NR-Präsidentin Marina Carobbio und Staatssekretärin Pascale Baeriswyl laden ein. Der rege Austausch zwischen Diplomatinnen, Nationalrätinnen und Bundesrätinnen ist ein voller Erfolg.
Zweite Woche, zweiter Tag (12.6.)
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Heute morgen, bereits um 7 Uhr, lädt BR Viola Amherd zu einem Frühstück ein. Thema ist das Projekt «Air 2030», also die Kampfjet-Beschaffung mit Bodluv. Claude Nicollier und Kurt Grüter stellen je ihre Expertenberichte kurz vor, welche sie im Auftrag von BR Amherd ausgearbeitet haben. Wirklich Neues erfahre ich nicht, aber es ist immer von Vorteil, Informationen aus erster Hand zu erfahren.
Im Rat widmen wir uns wieder einmal der Revision des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen. Hauptstreitpunkt ist weiterhin der Artikel, welcher die Zuschlagskriterien definiert. Der Fokus liegt jetzt klar auf sozialen und Umwelt-Standards, also auf der Nachhaltigkeit. Das nützt den Schweizer Firmen im harten Konkurrenzkampf und ist so auch WTO-verträglich. Den ominösen Begriff «Kaufkraftunterschiede» als Kriterium einzuführen, so will das die SVP will, wäre erstens gar nicht praktikabel und zweitens WTO-widrig. Dieses Risiko darf die exportorientierte Schweiz nicht eingehen. Wir müssen die Stärke unserer KMU in den Vordergrund stellen, eben genau mit dem vorgeschlagenen Gesamtpaket an auf unsere KMU zugeschnittenen Zuschlagskriterien. Das ist zielführender als den Preis als einzig zentrales Kriterium hinzustellen. Der Nationalrat sieht das auch so und lehnt die «Kaufkraftunterschiede» ab.
Die Sitzung endet heute bereits um 12 Uhr, weil heute die Fraktionsausflüge durchgeführt werden. Ich schwänze und nütze die Gelegenheit, meine Familie auch einmal während der Sessionswoche sehen zu können!
Zweite Woche, erster Tag (11.6.)
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Das verlängerte Wochenende hat gut getan. Ich habe es sehr genossen, die ganze Zeit mit meiner Familie verbringen zu können. Und es ist immer angenehm, wenn die Woche gleich mit einem Dienstag beginnt. Dafür aber gleich so richtig, mit einer langen Sitzung: Nach der Fraktionssitzung am Mittag beginnt anschliessend die Ratssitzung, die bis 21.45 Uhr vorgesehen ist.
Heute werden vorwiegend Standesinitiativen beraten. Im Kantonsrat war die Meinung vorherrschend, dass Standesinitiativen eh nichts bringen und sie in Bern nur schon aus Prinzip abgelehnt würden. Dem kann ich so nicht beipflichten. Alle Standesinitiativen durchlaufen den üblichen parlamentarischen Prozess und werden auch mit der nötigen Ernsthaftigkeit behandelt.
Einen kleinen Erfolg gibt es auch noch zu verzeichnen: Die Verordnung über die Ausfuhr und Vermittlung von Gütern zur Internet- und Mobilfunküberwachung hat zum Zweck, Bewilligungen verweigern zu können, wenn Grund zur Annahme besteht, dass die auszuführenden oder zu vermittelnden Güter von der Endempfängerin oder dem Endempfänger zur Repression missbraucht werden. Nun soll der Inhalt der Verordnung ins ordentliche Recht überführt werden, nämlich ins Güterkontrollgesetz. Die Mehrheit der SiK-N will das Geschäft sistieren, was zu einem Reputationsschaden für die schweizerische Aussenpolitik führen könnte. Im Rat kippen die Mehrheiten, die Sistierung wird zum Glück abgelehnt.
Die Ratspräsidentin kennt keine «Gnade», die Sitzung wird tatsächlich erst um 21.50 Uhr geschlossen.
Erste Woche, vierter Tag (6.6)
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Erstaunlicherweise stehe ich ganz leicht auf am Morgen früh. Das liegt wohl daran, dass endlich Sommer ist. Pünktlich stehe ich vor dem Radiostudio, zum Glück gibt es gleich Kaffee! Das Streitgespräch mit Werner Salzmann gelingt gut, wir sind sozusagen schon ein eingespieltes Team.
Vor dem Haupteingang des Bundeshauses stehen viele Klima-Demonstrierende, ganz friedlich. Gestern wurden wir Parlamentarier*innen darüber die Demo in Kenntnis gesetzt und es wurde uns geraten, die Seiteneingänge zu benützen. Diese Warnung rief dann die SVP auf den Plan. Man wollte, dass die Polizei den Eintritt durch den Haupteingang gewährleisten müsse. Ein bisschen eine spezielle Vorstellung, dass das Parlament über das Sicherheitsdispositiv einer Polizei verfügen kann. Wir machten darum auch nicht mit bei der Abstimmung. Die Demonstrant*innen verhalten sich dann aber anständig, wir können ohne Problem durch den Haupteingang ins Gebäude.
Dann geht es gleich los mit der Armeebotschaft. Aus grundsätzlich-finanzpolitischer Sicht haftet den beantragten Krediten aber insgesamt nichts Anstössiges an: Sie bewegen sich im Rahmen dessen, was wir kennen. Die Armeebotschaft wirft deshalb einmal mehr eher militärpolitische als denn finanzpolitische Fragen auf: Wird wirklich das richtige Material beschafft? Und geschieht dies in der angemessenen Menge? Bei der Beschaffung von 8,1 cm-Mörsern stelle ich einen Minderheitsantrag auf Ablehnung. Hier wird von einem nicht sehr realistischen Kriegsszenario ausgegangen, nämlich vom grossen, vaterländischen Krieg im dicht besiedelten urbanen Gebiet. Wir sind aber überzeugt, dass die grosse Artillerieschlacht nicht mehr das Kriegsbild ist, das am wahrscheinlichsten ist. Zudem ist das Risiko gewaltiger Schäden an der eigenen Zivilbevölkerung unverantwortlich gross. Und es gibt bei mir immer noch Zweifel, ob diese Art Munition tatsächlich mit dem Genfer Recht vereinbar ist. Zur Zeit gibt es in der UNO nämlich eine intensive Diskussion über den Einsatz von Explosivwaffen in bevölkerten Gebieten. Der Antrag scheitert, sowie auch Kürzungen bei der Munitionsbeschaffung. Die SP enthält sich darum bei der Schlussabstimmung, der Armeebotschaft wird trotzdem deutlich zugestimmt und geht jetzt in den Ständerat.
Die erste Woche der Sommersession ist damit bereits wieder vorbei, vor uns liegt das lange Pfingstwochenende.
Erste Woche, dritter Tag (5.6.)
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Der heutige Tag beginnt mit einer Änderung des Umweltschutzgesetzes, es geht um den illegalen Holzschlag. Die Weltbank schätzt, dass global alle 2 Sekunden die Fläche von zwei Fussballfeldern illegal abgeholzt wird. In vielen Ländern wird nach wie vor mehr als die Hälfte des geernteten Holzes illegal gefällt. Der illegale Holzschlag ist ein wichtiger Treiber der weltweiten Entwaldung, die rund 17 Prozent zu den globalen CO2-Emissionen und somit auch zur Klimaerwärmung beiträgt.Der EU verbietet bereits das Inverkehrbringen von Holz aus illegalem Holzschlag, zwei Motionen (eingereicht notabene von der SVP!) verlangten die Schaffung von gleichlangen Spiessen. Kernelement der Vorlage ist die Sorgfaltspflicht, welche durch die Rückverfolgbarkeit der Lieferkette garantiert wird, also so eine Art «Konzernverantwortung». Die Vorlage wird sinnvollerweise sogar noch erweitert, indem der Bundesrat das Gesetz auf weitere Rohstoffe und Produkte ausweiten kann.
Am 14. Juni findet der Frauenstreik statt, die Vorbereitungen für diesen wichtigen Tag laufen auf Hochtouren. Nationalratspräsidentin Marina Carobbio wird darum die Sitzung an diesem Tag aus Solidarität mit den Frauen kurz unterbrechen. Das provoziert einen Ordnungsantrag von Andreas Glarner, der diese Pause nicht will. Er scheitert aber kläglich mich seinem Antrag, nur gerade die SVP unterstützt ihn.
Das Abkommen zwischen der Schweiz und Kosovo über die soziale Sicherheit soll neu geregelt werden. Konkret heisst das, dass Kosovo-Albaner*innen, die in der Schweiz gearbeitet haben und wieder in den Kosovo zurückkehren, Anspruch auf AHV-Renten haben. Der berechtigten Forderung wird zugestimmt. Eine Differenz zum Ständerat besteht trotzdem, denn dieser will das Abkommen dem fakultativen Referendum unterstellen.
Über Mittag beraten wir Zürcher SP-Frauen Elemente unseres speziellen Frauenwahlkampfes. Wir planen eine eigene Kampagne, welche natürlich Gleichstellungsfragen im Fokus haben wird. Ich glaube, es kommt sehr gut!
Heute Abend mache ich keine grossen Sprünge mehr, denn ich muss morgen um 6.30 Uhr wegen der Armeebotschaft im Radiostudio Bern sein. Ist schon etwas arg früh…
Erste Woche, zweiter Tag (4.6.)
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Heute Morgen geht es um den Bahn-Ausbauschritt 2035. Der Bundesrat will den öffentlichen Verkehr mit 11,9 Milliarden Franken stärken. Das Bahnangebot soll mit zusätzlichen Halb- und Viertelstundentakten an die steigende Nachfrage angepasst werden. Denn trotz laufender Ausbauten sind etliche Bahnstrecken überlastet oder werden mittelfristig an ihre Grenzen stossen. Der Nationalrat nimmt noch zusätzlich die beiden Bahnhöfe Winterthur Grüze Nord und Thun Nord auf. Beide Areale weisen anhaltend hohe Wachstumsprognosen für Bevölkerung und Arbeitsplätze aus, was zu zusätzlicher Mobilität und erhöhten Anforderungen an die Verkehrsinfrastruktur in den betreffenden Gebieten führen wird. Dadurch erhöht sich der Verpflichtungskredit auf 12,8 Mrd. In der Schlussabstimmung wird der Vorlage erfreulicherweise einstimmig zugestimmt.
Gleich nach der Nationalratssitzung fahre ich nach Kloten und muss darum leider die Fraktionssitzung «schwänzen». Ich habe Stadtratssitzung und nachher direkt anschliessend Gemeinderatssitzung. Im Gemeinderat kann mein Sohn Philip seinen ersten Vorstoss begründen, er reichte ein Postulat zur Ausrufung des Klimanotstandes ein. Ich muss zugeben, währenddessen er seinen Vorstoss mit viel Verve und auch mit wissenschaftlichen Argumenten begründet, zerplatze ich schier vor Stolz… Leider wird das Postulat nicht überwiesen, so sind die harten Realitäten in der Agglostadt Kloten. Nach der Sitzung fahre ich wieder nach Bern zurück, in einem gemütlich leeren Zug.
Sommersession, erste Woche, erster Tag (3.-21.6.2019)
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Pünktlich auf Sommersessionsbeginn ist es auch meterologisch Sommer geworden. Bern ist wunderschön zu dieser Sommerzeit mit all den hübschen Strassencafés. Die letzten Tage waren jedoch nicht gerade einfach. Der Austritt von Dani Frei aus der SP (und den gleichzeitigen Übertritt zur GLP) beschäftigt mich. Nach wie vor kann ich seine Beweggründe nicht wirklich nachvollziehen, ist die GLP doch nicht gerade für ihren Einsatz für soziale Anliegen bekannt. Zudem hat Dani sich erst vor zwei Wochen von den Delegierten nochmals nominieren lasse, der Rücktritts-Zeitpunkt ist also mehr als fragwürdig. Und dann schmerzt mich sein Austritt auch ganz einfach persönlich, habe ich Dani doch geschätzt und gerne mit ihm zusammengearbeitet. Aber es ist nun mal so, die SP-Fraktion startet die Sommersession mit einem Mitglied weniger.
Am Nachmittag geht es um die Revision des Enteignungsgesetzes, speziell auch ums Enteignungsverfahren für Hauseigentümer*innen in Flughafennähe. Kernpunkt ist eine Gleichstellung des Verfahrens zur Festsetzung des Betriebsreglements mit dem Plangenehmigungsverfahren. Dies allerdings nur bei neuen direkten Überflügen und wenn eine erhebliche Erhöhung der Lärmbelastung zu erwarten wäre. Dieses Vorgehen würde bei den Lärmbetroffenen für mehr Rechtssicherheit sorgen und ihnen mehr Gehör verschaffen. Obwohl in der zuständigen Rechtskommission nur die FDP gegen diese Änderung stimmte, sieht es im Nationalrat heute aber ganz anders aus: Die Mehrheiten kippen und der Nationalrat zeigt sich einmal mehr flughafen- denn bevölkerungsfreundlich.
Sondersession (7. – 9. Mai), dritter Tag
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Am dritten und letzten Tag der Sondersession wird eine weitere gewichtige Vorlage beraten, das Versicherungsvertragsgesetz. Das ursprüngliche Gesetz stammt aus dem Jahre 1908, das Gesetz genügt den heutigen Anforderungen und Bedürfnissen längst nicht mehr. Und durch all die Anpassungen im Laufe der Jahre ist es zudem unübersichtlich geworden. Der Bundesrat legte eine einigermassen ausgewogene Vorlage vor, in Bezug auf Rechte und Pflichten von Versichern und Versicherungsteilnehmern. Das Lobbying der Versicherungsbranche war aber dermassen massiv, dass nun eine Vorlage ins Parlament kommt, die zum Teil sogar hinter geltendes Recht zurückfällt. Ein Beispiel dafür ist, dass nach dem Willen der bürgerlichen Kommissonsmehrheit die Versicherungen die allgemeinen Versicherungsbedingungen einseitig abändern können, der versicherten Person bliebe dann bloss noch das Kündigungsrecht. Obwohl das Bundesgericht anders entschieden hat, soll das einseitige Anpassungsrecht nun gesetzlich eingeführt werden, ein absolutes No-Go! Auch wenn der Nationalrat schliesslich einer abgeschwächten Version zugestimmt und auch sonst im Laufe der Beratungen ein paar punktuelle Verbesserungen gemacht werden können, bleibt dieses Gesetz immer noch schlecht. Dem Schutz der Versicherten wird nach wie vor zu wenig Rechnung getragen. In der Schlussabstimmung stimmt links-grün dagegen oder enthält sich. Die Vorlage geht nun in den Ständerat.
Dann ist dieses kurze «Sessions-Intermezzo» auch bereits wieder beendet. Die Sommersession im Juni dauert dann wieder volle drei Wochen.