Bundeshaus-Blog
Die dritte Woche, erster Tag (12. 3.)
Die letzte Sessionswoche beginne ich ziemlich angeschlagen. Eine starke Erkältung hat mich erwischt. Wäre jetzt nicht Session, würde ich heute wohl zu Hause bleiben. Jetzt versuche ich mich halt so gut wie möglich zu schonen, was aber wie zu erwarten Wunschdenken bleibt.
Der heutige Tag beginnt mit einem Mittagessen der Parlamentarischen Gruppe Schweiz-Kosovo, bei welcher ich Mitglied bin. Wir wollen das gemeinsame Verständnis und den Austausch zwischen den zwei Staaten stärken.
Am Nachmittag wird im Nationalrat eine umstrittene Parlamentarische Initiative behandelt, welche die gesetzliche Grundlage für die Überwachung von Versicherten schaffen will. Diese gesetzliche Grundlage fehlte bis jetzt, wenn Sozialversicherungen Detektive für die Observation von potentiellen Betrügern einsetzten. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte forderte die Schweiz dazu auf, diese Grundlage zu schaffen. Die SP wehrt sich gegen die allzu grosszügige Ausgestaltung zugunsten Observierungsmöglichkeiten der Sozialversicherungen, dieser Vorlage fehlt das nötige Augenmass und die Verhältnismässigkeit (zB. Stichwort GPS-Tracker). Wir befinden uns hier einem sehr heiklen Bereich, der stark in die Privatsphäre eingreift. Diese Detektive dürfen sicher nicht mehr Rechte bekommen als sie der Nachrichtendienst hat. Mit unseren Minderheitsanträgen haben wir erwarteterweise keinen Erfolg. Zusammen mit den Grünen lehnen wir darum das Gesetz ab, die Mehrheit stimmt aber zu. Das Gesetz geht nun an den Ständerat.
Die zweite Woche, vierter Tag (8. 3.)
Am heutigen Tag der Frau erscheint die ganze SP-Fraktion bewusst in schwarz. Angesichts des unsäglichen Entscheid des Ständerates von letzter Woche, welcher ein Gesetz, das Lohnvergleiche von grösseren Unternehmen fordert, mit einem „Buebetrickli“ an die Kommission zurückgewiesen hat, kommt in Sachen Gleichstellung nach wie vor keine Freude auf. Die unerklärbaren Lohnunterschiede zwischen Frau und Mann betragen immer noch 7%, das ist nicht akzeptabel!
Im Nationalrat steht dann ein UREK-Morgen an. Zuerst wird der Verlagerungsbericht 2017 diskutiert. Die Schweiz ist zwar vorbildlich in ihrer Verlagerungspolitik, aber die Ziele der Alpenschutz-Initiative können nach wie vor nicht eingehalten werden. Darum können wir nicht zufrieden sein.
Nachher werden diverse Vorstösse aus dem UVEK behandelt. In dieser Session können wir so viele persönliche Vorstösse wie noch nie beraten, da die Geschäftslast eher klein ist. Eine Motion, welche vorwärts machen will mit der 2. Stufe der Strommarktliberalisierung, erhält leider eine Mehrheit. Nicht nur die SP, auch viele Elektrizitätsversorgungsunternehmen stehen diesem Schritt skeptisch gegenüber.
Hingegen werden sämtliche Vorstösse, bei denen es gegen den Service-Public-Abbau der Post geht, deutlich überwiesen. Am Mittag ist dann die zweite Sessionswoche bereits wieder beendet, ich freue mich wahnsinnig auf meine Familie!
Die zweite Woche, dritter Tag (7. 3.)
Nach dem reich befrachteten Tag gestern, bin ich heute doch ziemlich müde. Gleich zu Beginn der Sitzung gibt es eine wichtige Abstimmung. Es geht wieder einmal um die Umsetzung der Pädophilen-Initiative, es besteht noch eine Differenz zum Ständerat. Die SP-Fraktion unterstützt den Minderheitsantrag Markwalder, der eine Ausnahmeregelung bei der sogenannten „Jugendliebe“ verlangt. Doch die Mehrheit des Nationalrates entscheidet sich für die harte Linie. Damit ist die Vorlage bereit für die Schlussabstimmung.
Beim zweiten wichtigen Geschäft heute geht es um die Revision des Verjährungsrechtes, konkret um die Länge des Anspruchs auf Schadensersatz der Asbest-Opfer. Diese soll gemäss Nationalrat 20 Jahre betragen. Das ist im internationalen Vergleich nicht gerade viel, aber wohl das einzig politisch realistische. Der Bundesrat hatte ursprünglich 30 Jahre vorgeschlagen, der Ständerat will 10 Jahre. Das Gesetz geht jetzt wieder zurück in den Ständerat. Dieses Mal hoffe ich sehr, dass sich der Nationalrat durchsetzt!
Über Mittag nehme ich an einer Veranstaltung von „Schutzfaktor M“ teil. Es geht um die unsägliche „Selbstbestimmungs-Initiative“, welche Schweizer Recht über Völkerrecht stellen will. Sie stellt darum auch ein Angriff auf den europäischen Menschenrechtsschutz dar und passt darum so gar nicht zur humanitären Tradition der Schweiz.
Die zweite Woche, zweiter Tag (6. 3.)
Heute morgen stehen Vorstösse aus dem Finanzdepartement auf der Traktandenliste. Eine Motion, welche die Abschaffung des automatischen Teuerungsausgleichs beim Bundespersonal verlangt, erhält leider eine Mehrheit. In Anbetracht der Überschüsse, die der Bund zur Zeit macht, ist eine solche Forderung gegenüber dem Personal geradezu zynisch.
Ein Postulat aus der Sicherheitspoltischen Kommission, welche eine klare Cyber-Gesamtstrategie für den Bund verlangt, wird einstimmig überwiesen. Auch der Bundesrat war übrigens bereit, das Postulat entgegenzunehmen. BR Maurer erklärt im Rat zudem, dass sich der Bundesrat dem Thema „Cyber“ in seiner nächsten Klausur ausgiebig widmen werde.
In der Fraktionssitzung am Nachmittag diskutieren wir über die Medienlandschaft, gerade auch unter dem Eindruck der deutlichen Abstimmung über die No-Billag-Initiative. Und wir haben sogar so etwas wie einen „Stargast“ zu Besuch: Roger Schawinski!
Am Abend steht ein volles Programm an: Zuerst schaue ich bei einem Anlass der Schweizer Landesflughäfen vorbei. Ich habe da keine Berührungsängste, im Gegenteil, ich schätze den direkten Austausch. So kann man seine Anliegen jeweils direkt platzieren.
Nachher trifft sich die Zürcher Bundeshaus-Delegation mit dem Zürcher Regierungsrat und den Exekutiven der beiden Städte Zürich und Winterthur. Einmal im Jahr findet ein solches Treffen statt. Ich denke, es ist wichtig zu wissen, was die Anliegen des Kantons und dessen zwei grössten Städte sind. Parteipolitische Überlegungen spielen aber immer auch eine wesentliche Rolle.
Die zweite Woche, erster Tag (5. 3.)
Nach einem aus SP-Sicht extrem erfolgreichen Wahl- und Abstimmungswochenende geht es heute ganz beschwingt nach Bern. Die No-Billag-Initiative wurde wuchtig abgelehnt, und die SP ist die Gewinnerin bei den Wahlen in den Städten Zürich und Winterthur. Auch in Dietikon und Schlieren hat die SP gut abgeschnitten. Ehrlich gesagt, daran könnte ich mich also schon gewöhnen ;-)! Ich hoffe jetzt, dass sich der Schwung auf die weiteren Kommunalwahlen vom 15. April und dann auch ins „Super-Wahljahr“ 2019 übertragen lässt!
Im Bundeshaus bekomme ich heute Besuch meiner SP-Sektion aus Kloten. Es ist ein ganz spezielles Gefühl, diejenigen Leute in Bern zu sehen, die ich sonst immer zu Hause um mich herum habe. Fühle mich so doch gleich noch wohler in Bern!
In der Fragestunde heute kommt der Fragekatalog zur den Kriegsmaterialexporten nicht mehr dran, die Antworten liegen dann aber später auf dem Pult. Wie zu erwarten enttäuschen sie. Der Bundesrat ist tatsächlich der Ansicht, dass die sicherheitsrelevante Technologie- und Industriebasis gefährdet sei... Und wirft so frühere aussenpolitische Grundsätze über Bord, unglaublich!
Eine Motion sorgt am Abend dann noch für Aufsehen: Die WorldSkills (Berufsweltmeisterschaften) sollen 2023 in der Schweiz stattfinden. Der Nationalrat stimmt diesem Anliegen mit nur einer Gegenstimme zu, gegen den Willen des Bundesrates.
Die erste Woche, vierter Tag (1. 3.)
Heute ist bereits wieder der letzten Tag der ersten Sessionswoche. Einmal mehr stelle ich fest, dass die Zeit in Bern im Schnelltempo dahinfliegt. Über Nacht hat es überraschenderweise ausgiebig geschneit, viele ParlamentarierInnen kommen deshalb zu spät. Und dies am meteorologischen Frühlingsanfang...
Am Morgen früh, noch vor der Sitzungsbeginn im Nationalrat, haben wir eine Sitzung der Sicherheitspolirischen Kommission. Es geht um eine Differenzbereinigung zum Ständerat bei der Vorlage der Wehrpflichtersatzabgabe. Es ist eine kleine Sache, die Kommission stimmt der Änderung einstimmig zu. Eine seltene Sache in der SiK...
Die Velo-Initiative beschäftigt den Nationalrat nachher an diesem Morgen. Das Velo soll endlich seinen verdienten Stellenwert bekommen und in der Verfassung verankert werden. Radfahren ist gesund und schont die Umwelt. Es hapert aber noch an genügend ausgebauter Infrastruktur wie zum Beispiel ein durchgehendes Velo-Wegnetz oder Velo-Schnellstrassen, die auch wirklich sicher sind. Denn im Gegensatz zu allen anderen Verkehrsträgern haben die Velounfälle leider zugenommen. Die SP-Fraktion unterstützt sowohl die Initiative wie auch den direkten Gegenvorschlag. Falls dem Gegenvorschlag bei der Schlussabstimmung auch zugestimmt wird, wird die Initiative zurückgezogen.
Am Mittag holt mich meine Familie im Bundeshaus ab, was mich sehr freut. Wir fahren zusammen zurück nach Kloten, allerdings mit einigen Improvisationen, da die Züge wegen des starken Schneefalls viel Verspätung haben.
Die erste Woche, dritter Tag (28. 2.)
Heute sorgt der Ständerat für Ärger, denn eigentlich hätte heute das Gleichstellungsgesetz behandelt werden sollen. Seit 37 Jahren ist die nach wie vor bestehende Lohndiskriminierung zulasten der Frauen laut Verfassung verboten. Doch anstatt der Revision zum Durchbruch zu verhelfen und endlich Fortschritte voranzutreiben, stimmt eine knappe Mehrheit des Ständerates einem Rückweisungsantrag zu und schickt die Vorlage zurück in die Kommission. Ein schwarzer Tag für in Sachen Gleichstellung!
Im Nationalrat werden heute vorwiegend parlamentarische Vorstösse besprochen, für diese gibt es sonst meistens immer zu wenig Zeit. Jetzt bin ich seit 2 ¼ Jahren im Nationalrat. Und erst heute wird zum ersten Mal ein Vorstoss von mir beraten, den ich eingereicht habe. Man braucht viel Geduld... Pikanterweise geht es in meiner Motion um einen sofortigen Stopp der Waffenlieferungen in die Länder, die in den Jemen-Konflikt verwickelt sind. Die Problematik der Kriegsmaterialexporte ist also auch heute wieder ein Thema. Leider erhält die Motion keine Mehrheit, immerhin ein paar Enthaltungen von bürgerlicher Seite.
Am Abend findet das Abschiedsessen für unsere zwei Generalsekretärinnen Flavia Wasserfallen und Leyla Gül statt. Ein versöhnlicher Abschied für einen aus unserer Sicht nicht gerade erfolgreichen Tag.
Die erste Woche, zweiter Tag (27. 2.)
Die Organisation der Bahninfrastruktur steht heute auf der Traktandenliste. Die 93 Eisenbahnverkehrsunternehmen in der Schweiz fahren sowohl auf eigener wie auch fremder Infrastruktur, für den Betrieb sind wiederum 52 Infrastrukturbetreiber verantwortlich. Das muss organisiert sein! Der Bundesrat hält am integrierten Bahnsystem fest, was erfreulich ist. Leider erhält der Antrag Giezendanner eine Mehrheit. Dieser streicht die klaren und einschränkenden Bestimmungen für Fernbusse wieder. Damit werden leider die „Rosinenpickerei“ der Fernbusbetriebe und die Konkurrenz zum öV gefördert. Trotzdem stimmt die SP-Fraktion der Vorlage insgesamt zu.
Pünktlich zur Veröffentlichung der neusten Zahlen zu den Schweizer Kriegsmaterialexporten reichen 5 Ratskolleginnen und ich ein gemeinsames Fragepaket zur geplanten weiteren Aufweichung der Kriegsmaterialverordnung ein. Es machen Frauen von links bis rechts mit, auch Natalie Rickli. Wir sind dezidiert der Meinung, dass sich eine weitere Aufweichung der KMV nicht mit der humanitären Tradition der Schweiz vereinbaren lässt! Am nächsten Montag in der Fragestunde erhalten wir die Antworten des Bundesrates, ich bin gespannt...
Der heutige Tiefpunkt aus meiner Sicht sind die Abschwächungen der Via-Sicura-Massnahmen, denen der Nationalrat zugestimmt hat. Raser sollen strafrechtlich weniger hart dran genommen, Alkoholwegfahrsperren bei notorischen Blaufahrern nicht eingeführt werden. Ich verstehe nicht, wie man sich gegen Massnahmen, die der allgemeinen Verkehrssicherheit dienen, stellen kann.
Nach der Fraktionssitzung am Nachmittag reise ich nach Basel. Ich nehme an einem Podium zum Thema „Wehrpflicht“ teil. Wieder zurück in Bern bin ich dann doch ziemlich geschafft und reif fürs Bett.
Frühlingssession, die erste Woche, erster Tag (26.2.2018)
Eigentlich war der Plan, gut ausgeruht und bestens vorbereitet in die Frühlingssession starten zu können. Doch leider machte mir da ein Magen-Darm-Infekt letzte Woche einen gehörigen Strich durch die Rechnung. Immer noch ein bisschen lädiert versuche ich, die geplanten Vorbereitungen doch noch zu erledigen.
Während des ganzen heutigen Nachmittags wird das Bundesgesetz über genetische Untersuchungen beim Menschen beraten. Das geltende Gesetz ist hoffnungslos veraltet und viel zu wenig umfassend. Eine Revision ist darum angezeigt, weil es heute verbesserte Analysemöglichkeiten und neue Erkenntnisse bezüglich den Zusammenhängen zwischen Genen und menschlichen Eigenschaften gibt. Heute kann das gesamte Erbgut in kürzester Zeit kostengünstig analysiert werden, „Life-Style“- Untersuchungen drängen im Internet auf den Markt. Eine Regelung ist also dringend notwendig. Das neue Gesetz ist grundsätzlich gut, der Umgang mit genetischen Daten hat einen sorgfältigen Ansatz. Ein Artikel sorgte im Vorfeld für die meisten Diskussionen: Lebensversicherungen und freiwillige Invaliditätsversicherungen hätten genetische Daten grundsätzliche für ihre Zwecke ohne Einschränkungen verwenden dürfen, wenn es nach der Mehrheit der vorbereitenden Kommission gegangen wäre. Diese Regelung wird im Nationalrat aber überraschend deutlich abgelehnt, zum Glück. So kann die grosse Mehrheit dem Gesetz schliesslich zustimmen.
Die dritte Woche, letzter Tag (15. 12.)
Heute bin ich ehrlich gesagt schon sehr müde und kaputt beim Aufwachen. Jacky Badran hatte recht, als sie uns Neuen nach den Wahlen prophezeite, dass man nach drei Sessionswochen aus dem Bundeshaus krieche...
Wie immer am letzten Sessionstag stehen heute die Schlussabstimmungen auf der Tagesordnung. Gestern zu Sitzungsschluss war übrigens noch ein Erfolg für die SP zu bezeichnen: Der Nationalrat will den Jahreslohn der Chefs von bundesnahen Betrieben auf 500'000 Franken begrenzen. Er hat eine entsprechende Motion von Corrado Pardini mit 111:74 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen. In allen Betrieben, bei denen der Bund Haupteigner oder Mehrheitsaktionär ist, darf der höchste Lohn 500'000 Franken nicht übersteigen. Als Referenzlohn dient der Lohn von Bundesratsmitgliedern.
Zuerst werden heute die letzte Woche begonnenen Beratungen zur Volksinitiative „Für Ernährungssouveränität“ fortgesetzt. Der Gegenvorschlag der SP, welcher den Fokus auf die Direktvermarktung lenken will, wird leider abgelehnt. Da niemand mehr einen anderen Antrag stellt, wird auch die Initiative einstimmig abgelehnt und geht jetzt in den Ständerat.
Kurz vor 10 Uhr ist der letzte Sitzungstag beendet, es geht wieder nach Hause. Ich freue mich extrem fest auf meine Familie und hoffe auf schöne und erholsame Festtage, mal ganz ohne Politik ;-)!
Die dritte Woche, vierter Tag (14. 12.)
Am Morgen schüttet es aus Kübeln. Ausgerechnet heute, am Nachmittag sind ja die Feierlichkeiten für Alain Berset in Fribourg. Das „Bad in der Menge“ wird dann wohl allzu wörtlich ausfallen. Die Mitglieder der Bundeshaus-Band haben Glück: Wir fahren mit einem Spezialbus nach Bulle, wo denn am Abend das Diner stattfinden wird. Wir müssen ja bekanntlich noch etwas proben... So können wir im Warmen und Trockenen bleiben.
Im Nationalrat geht es am Morgen weiter mit den Beratungen zur „Vollgeld“-Initiative, nachdem dem Kindesschutz-Gesetz nach der Einigungskonferenz definitiv zugestimmt worden ist. Die SP hat einen pragmatischen und umsetzbaren Gegenvorschlag zur Initiative formuliert, er findet ihm Nationalrat aber keine Mehrheit. Der Initiative selber wird ebenfalls erwartungsgemäss abgelehnt, in der SP sind die Abstimmungsfarben bunt. Viele haben grundsätzlich Sympathien für die Grundidee (wie auch ich), halten sie aber für nicht realisierbar.
Dann kommt eine schlechte Nachricht aus dem Ständerat: Die kleine Kammer hat den Antrag der Einigungskonferenz zum Bundesbudget 2018 abgelehnt. Somit fliessen jetzt die frei gewordenen 442 Mio. in den Schuldenabbau und nicht in die AHV.
Am Nachmittag beginnen die Festivitäten für den Bundespräsidenten. Wie erwähnt, übt die Bundeshaus-Band in Bulle für den Auftritt am Abend. Dieser geht dann zwar nicht in die Geschichte ein als herausragender musikalischer Höhepunkt, aber den Leuten gefällt es und die Stimmung ist gut. Bei „Liauba“ singen alle mit, das macht Spass.
Die dritte Woche, dritter Tag (13. 12.)
So stehe ich also um 5 Uhr auf heute Morgen, schon etwas gewöhnungsbedürftig. Auf dem Weg ins Radiostudio begegne ich durchaus schon einigen Leuten. Die Atmosphäre im Radiostudio ist sehr angenehm. Etwas nervös macht mich der Umstand, dass das Streitgespräch live ist. Dies geht meinem Kontrahenten von der SVP, Werner Salzmann, genau gleich. Nach einigen Sätzen haben wir uns aber eingeredet und es geht ganz gut.
Im Rat steht dann das Budget zuerst wieder auf der Traktandenliste. Einige Kürzungen können wir dieses Mal sogar abwenden: zB. die Kulturabgeltung an die Stadt Bern, Beiträge an die Berufsbildung, ans Schweizerische Staatsarchiv und an swisspeace.
Danach wird die Revision des Gesetzes über die Wehrpflichtersatzabgabe behandelt. Deswegen waren Werner und ich ja heute früh im Radiostudio. Es gibt keine Überraschungen, alle Minderheitsanträge werden abgelehnt. Zum Glück auch der MA Salzmann, welcher verlangte, dass der Pass oder die ID derjenigen dienstpflichtigen Männern entzogen wird, welche die Ersatzabgabe nicht beglichen haben. Eine totalitäre, völlig unverhältnismässige Massnahme, die erst noch völkerrechtswidrig wäre. Der Gesamtvorlage wird in der Schlussabstimmung zugestimmt, die SP macht ohne Begeisterung mit.
Am Nachmittag stimmt der Nationalrat beim „Um- und Ausbau der Stromnetze“ dem Vorschlag aus der Einigungskonferenz zu, das war ein ziemlicher „Chnorz“. Weiter ist das VBS heute Nachmittag dran, ausnahmsweise auch einmal mit einer Sportvorlage: Es geht um Bundesbeiträge an internationale Sportanlässe wie die Olympischen Jugendspiele und die Eishockey-WM in Lausanne und Zürich und die Winteruniversiade in Luzern. Der Vorlage wird mit nur zwei Gegenstimmen zugestimmt.
Nach Sitzungsschluss findet das Abschiedsessen für Jean-Christoph Schwaab statt. Aus familiären Gründen tritt er als Nationalrat zurück. Ich bin mir aber sicher, dass mit ihm später durchaus wieder mal zu rechnen ist!
Die dritte Woche, zweiter Tag (12. 12.)
Der Morgen beginnt wieder um 7 Uhr mit den Proben der Bundeshaus-Band. So langsam tönt es tatsächlich nach etwas. Da die Aufführung bereits am Donnerstagabend stattfindet, ist das auch dringend nötig! Wir können genau noch einmal am Donnerstagnachmittag proben, dann gilt es ernst...
Das Hauptgeschäft des Morgens sind verschiedene Änderungen des Parlamentsrechts. Der Nationalrat beschäftigt sich also mit sich selber. Es ist ein ganzes Sammelsurium von Massnahmen, die vorgeschlagen werden. Einerseits will man die Miliztauglichkeit verbessern, andererseits soll die Transparenz erhöht werden. Nun ja, das mit der Transparenz nehmen die bürgerlichen Parteien nicht so ernst wie wir. Unsere Anträge für weitergehende Verbesserungen scheitern allesamt. Die Mehrheit des Nationalrates möchte zum Beispiel nicht, dass Tätigkeiten ab einer Entschädigung von 12'000 Fr. deklariert werden müssen. Das ist betrüblich, gilt wohl auch hier die Regel: „Wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing“. Für gewisse Krankenkassen-Mandate 180'000 Fr werden nämlich ausbezahlt... Der Sitzungsbeginn (wird heiss diskutiert) bleibt weiterhin bei 8.00 Uhr (und nicht 8.15 Uhr wie der Ständerat). Hier spielt etwas der Anti-Zürich-Reflex: Man will nicht, dass die ZürcherInnen jeweils nach Hause gehen und am nächsten Tag den späteren Zug nehmen können, na ja...
Über Mittag nehme ich an einer Veranstaltung der Parlamentarischen Gruppe Luft- und Raumfahrt teil, das sind ja bekanntlich nicht meine Freunde. Das heutige Thema interessiert mich aber sehr: Es geht um Drohnen. Leider erfahre nicht viel Neues. Skyguide steht der neuen Entwicklung positiv gegenüber und ist auch zuversichtlich, dass sich das Miteinander mit der Zivilluftfahrt regeln lässt.
Nach der Fraktionssitzung am Nachmittag tagt wie immer in der dritten Sessionswoche die Fachkommission für Frieden und Sicherheit, die ich präsidiere. Heute geht es ums Thema gezielte Desinformation, fake news und social bots.
Nach so einem ereignisreichen Tag gehe ich müde, aber zufrieden nach Hause. Morgen muss ich früh aufstehen, habe um 6.30 Uhr ein Streitgespräch zu der Wehrpflichtersatzabgabe im Radiostudio.
Die dritte Woche, erster Tag (11. 12.)
Nach einem entspannten und schon sehr weihnächtlichen Wochenende startet heute die letzte Sessionswoche. Nach der Fragestunde werden Vorlagen und Vorstösse aus dem EDI behandelt. Eine Motion aus dem Ständerat verlangt, dass eine ausserparlamentarische Kommission für Sprachenfragen geschaffen werden soll. Die beiden Kommssionssprecherinnen Herzog und Chevalley nehmen das Thema gleich auf und halten ihre jeweiligen Voten nicht in ihrer Muttersprache, sondern in der jeweilig anderen Landessprache. Ich bin der Ansicht, dass der Sprachenvielfalt in der Schweiz unbedingt Sorge getragen werden muss und bin daher für Annahme dieser Motion. Die Mehrheit findet aber, dass eine solche Kommission nicht zielführend sei. Die Motion wird mit 100:80 Stimmen abgelehnt.
Ein Postulat, das gleich fünfmal von Frauen der Parteien SP,FDP, CVP, Grüne und GLP eingereicht wurde, wird von der SVP bekämpft. Es geht im Vorstoss um den Fortbestand des Gosteli-Archivs, dem einzigen Archiv zur Schweizerischen Frauen-Bewegung. Nach Martha Gostelis Tod im Frühling dieses Jahres ist die Finanzierung des Archivs leider nicht mehr gesichert. Nachdem der Kanton Bern einem Teil der Finanzierung bereits zugestimmt hat, liegt der Ball nun beim Bund. Das Postulat wird schliesslich mit 134:49 Stimmen überwiesen, es sind auch einige Stimmen der SVP dabei!
Die zweite Woche, vierter Tag (7. 12.)
Heute Morgen beschäftigen wir uns wieder mit dem Budget. Auch am Ende der heutigen Beratungen bestehen weiterhin Differenzen zum Ständerat. Immerhin sprach sich der Nationalrat für Verbesserungen im ETH-Bereich aus. Das strukturelle Defizit beträgt noch 31. Mio. Fr., damit wäre die Schuldenbremse nicht eingehalten. Der Voranschlag geht in die nächste Runde.
Nachher werden diverse Motionen und Postulate behandelt, bevor danach die Beratungen der Volksinitiative „Für Ernährungssouveränität“ weitergeführt werden. BR Johann Schneider-Amann echauffiert sich heute für seine Verhältnisse aussergewöhnlich: Er akzeptiere den Vorwurf nicht, dass der Bundesrat den Tod der Landwirtschaft wolle, wie das vorwiegend von SVP-Seite des öfteren behauptet wurde. Minutiös geht er auf alle falschen Behauptungen der ParlamentarierInnen ein und redet ungewohnt lange. Das Geschäft kann darum heute nicht mehr fertig behandelt werden und wird auf unbestimmte Zeit in die letzte Sessionswoche verschoben.
Nachher geht es nach Hause. Ich freue mich sehr auf meine Familie, und der Samichlaus kommt heute Abend auch noch zu uns!