Bundeshaus-Blog
Die erste Woche, zweiter Tag (30. 5.)
Es wird heute gleich gestartet mit den weiteren Beratungen zum Bundesgesetz über Um- und Ausbau der Stromnetze. Der Vorschlag der UVEK-N, welcher verlangt, dass gebundene KundInnen nur noch Strom aus erneuerbaren Energien beziehen dürfen, findet nun doch keine Mehrheit. Der Antrag Wasserfallen obsiegt. Ein Teil der Vorlage wird darum an die UREK-N zurückgewiesen zwecks vertiefter und ausführlicher Prüfung der Grundversorgungspflicht mit inländischen erneuerbaren Energien, auch bezüglich der finanziellen Konsequenzen. Wir können leben damit.
Im zweiten Teil des Morgens wird es sehr emotional. Es geht um die Zukunft der Poststellen, ein Thema, das niemanden im Saal kalt lässt. Der stetige Abbau der Poststellen, vor allem in ländlichen Gebieten, stösst auf breite Kritik. Das hat wirklich nicht mehr viel mit Service public zu tun. BR Doris Leuthard verteidigt die Strategie der Post und erwähnt, dass dafür auch neue Postagenturen geschaffen wurden und viele Leute wegen der Online-Dienste eh nicht mehr viel in einer Poststelle anzutreffen seien. Eine Kommissionsmotion der KVF-N, welche das Angebot und auch die Erreichbarkeit der Postagenturen stärken will, wird deutlich angenommen.
Über Mittag findet eine Pressekonferenz von BR Parmelin zum Bericht der Expertengruppe zur Kampfjet-Evaluation statt. Die SP ist nicht zufrieden mit den Ergebnissen. Wir wollen ganz klar, dass eine zukünftige Beschaffung zwingend vors Volk muss und dass die Gesamtausgaben für die Armee dadurch nicht erhöht werden. Während der Fraktionssitzung darf ich zahlreiche Interviews zum Thema geben.
Am Abend ist die Fraktion von unseren BR Simonetta Sommaruga und Alain Berset ins Landgut Lohn in Kehrsatz zu einem Apéritif Dinatoire eingeladen. Dieser Anlass gehört meiner Meinung nach zu einem der Highlights während den Sessionen. Die Stimmung ist aufgeräumt, und das Wetter stimmt auch. Ein wunderbarer, angeregter Sommerabend!
Sommersession, erste Woche, erster Tag (29. 5.)
Die Sommersession hat begonnen. Im Gegensatz zum letzten Jahr ist deutlich zu spüren, dass es sich tatsächlich um die Sommersession handelt: Es ist sehr warm, kein Wölkchen ist am Himmel zu sehen. So lässt es sich leben, der Sommer ist definitiv meine Lieblingsjahreszeit! Vom schönen Wetter werde ich zwar nicht allzu viel mitbekommen, schliesslich halte ich mich vorwiegend den ganzen Tag im doch eher etwas düsteren Bundeshaus auf. Doch erfreulicherweise verirren sich die Sonnenstrahlen heute weit ins Innere des stattlichen Gebäudes.
Wir beginnen heute mit den Beratungen zum Bundesgesetz über den Um- und Ausbau der Stromnetze. Eine eher technische Vorlage, die aber trotzdem für viel Diskussionsstoff sorgt. Der Um- und Ausbau des Stromnetzes ist für die Umsetzung der Energiestrategie 2050 fundamental wichtig. Es muss auf die vermehrte dezentrale Stromproduktion und den liberalisierten europäischen Markt reagiert werden. Heute geht es zum Beispiel um Erd- oder Freileitungen von Stromkabeln. Erdlverkabelungen sind zwar teurer als Freileitungen, aber logischerweise viel beliebter.
Ein Antrag aus der UREK-N sorgte schon im Vorfeld für mediale Aufmerksamkeit: Die gebundenen Endkunden sollen nur noch Strom aus erneuerbaren Energien angeboten bekommen. So würde die Grundversorgung zu 100% erneuerbar sein, zudem würde durch diese Massnahme auch die einheimische Wasserkraft gestärkt. Das ist auch ganz im Sinne der Energiestrategie 2050. Trotzdem ist dieser Antrag auch in der SP nicht unbestritten, aus Gründen des KonsumentInnenschutzes. Doch zur Abstimmung über diesen Antrag kommen wir erst morgen dazu, die Beratungen werden dann fortgesetzt. Bin gespannt!
Sondersession, dritter Tag (4. 5.)
Heute ist bereits wieder der letzte Tag der Sondersession. Nur drei Tage sind schon sehr kurz, man hat sich gerade mal ein bisschen eingelebt. Die Traktanden heute beinhalten alles Geschäfte und Vorstösse aus dem Finanzdepartement. Begonnen wird mit einer Änderung des Mehrwertsteuergesetzes. Die Hotellerie soll nun dauerhalft von einem Sondersatz von 3,8% bei der Mehrwertsteuer profitieren. Der Antrag, den Sondersatz nur befristet bis Ende 2020 festzulegen, um die Notwendigkeit dieses Sondersatzes dann wieder zu diskutieren, fand leider ganz knapp keine Mehrheit. Damit wird die Hotellerie gegenüber anderen Branchen klar bevorzugt, welche ebenfalls unter dem Strukturwandel und dem starken Franken leiden.
Der Zug nach Zürich ist proppenvoll. Ich habe schon oft von diesen ultra-vollen Zügen zwischen Zürich und Bern gehört, aber erst heute weiss ich, was genau damit gemeint ist... Die anderen Fahrgäste haben etwas Pech, denn ein Zugsabteil, in welchem sich die meisten ParlamentarierInnen befinden, ist meistens etwas laut. Es gibt auch nach Sitzungsschluss immer noch viel zu diskutieren. Die Fahrt im Ruheabteil wäre für uns wohl die Höchststrafe ;-).
Ende Monat beginnt bereits wieder die Sommersession, ich freue mich darauf!
Sondersession, zweiter Tag (3. 5.)
Heute Morgen steht der regionale Personenverkehr im Fokus. Es geht um das Bundesgesetz über die Personenbeförderung, sowie den entsprechenden Verpflichtungskredit dazu. Dabei handelt es sich immerhin um 4104 Millionen Franken für die Fahrplanperiode 2018 bis 2021, 140 Millionen mehr als vom Bundesrat vorgeschlagen. Der regionale Personenverkehr stellt in vielen Regionen das Rückgrat der öV-Erschliessung dar. Die Nachfrage hat sich in den letzten Jahren erfreulicherweise erhöht, dieser Umstand bedingt aber, dass auch mehr finanzielle Ressourcen benötigt werden, damit Ticketpreise weiterhin erschwinglich bleiben und ein weiterer Ausbau des regionalen öV erfolgen kann. Dem Geschäft wird zugestimmt und es erreicht auch die Ausgabenbremse, der Nicht-Eintretensantrag der SVP wird nicht einmal von der Partei selber vollständig unterstützt.
Ansonsten ist der Tag heute eher hektisch. Ich habe zahlreiche Termine und Gespräche während des Ratsbetriebs (was übrigens durchaus normal ist), aber mich stresst dieses Hin und Her ziemlich. Daran habe ich mich noch nicht richtig gewöhnt. Aber nur so kann ein Netzwerk aufgebaut werden, das für eine erfolgreiche politische Arbeit unerlässlich ist.
Sondersession, erster Tag (2. 5.)
Seit 1991 gibt es anscheinend die Sondersession, so quasi eine „Aufräumsession“. Ich muss zugeben, dass sie dieses Jahr für mich persönlich „familientechnisch“ etwas quer liegt: Mein Mann hat keine Ferien mehr, unser Jüngster aber sehr wohl noch. Zum Glück haben wir eine flexible und hilfsbereite Tagesmutter, sonst hätte ich Alexander wohl nach Bern mitnehmen müssen... Und jetzt kommt der elegante Übergang ;-): Um familienergänzende Betreuung geht es denn auch heute Nachmittag im Nationalrat.
Das Gesetz soll den Kantonen dabei helfen, die Betreuungskosten für die Eltern zu senken und den Familien eine bezahlbare Kinderbetreuung anzubieten, die sich auch mit einer Berufstätigkeit vereinbaren lässt. Denn nur mit einer verbesserten und auch finanzierbaren Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat zum Beispiel die von BR Johann Schneider-Ammann gross angekündigte Fachkräfte-Initiative tatsächlich eine Chance.
Der Nicht-Eintretens-Antrag der SVP und FDP (quo vadis, FDP??) wird zum Glück abgeschmettert.In den nächsten 5 Jahren stehen nun den Kantonen fast 100 Millionen für die Unterstützung bei Betreuungsangeboten zu Verfügung, das ist meiner Meinung nach auch dringend nötig.
Am Abend tagt die Fachkommission „Frieden und Sicherheit“ gemeinsam mit der FK „Verkehr und Kommission“. Das Thema ist Cybersicherheit, im Fokus stehen kritische Infrastrukturen wie die Stromversorgung. Es referieren Fachleute vom BABS, VBS und swissgrid. Die Ausführungen sind sehr spannend, interessant und auch beängstigend. Jetzt bin ich erst recht davon überzeugt, dass dies die wahren Bedrohungen unserer Zeit sind!
Die dritte Woche, letzter Tag (17. 3.)
Lange dauert die letzte Sitzung in dieser Session nicht mehr, gerade mal eine volle Stunde. Die Schlussabstimmungen stehen heute an. Auch diejenige zur Altersvorsorge 2020. Die Mehrheiten halten, heute ist auch nicht mehr das qualifizierte Mehr nötig. Mit 100:93 Stimmen wird dem „Bundesgesetz über die Reform zur Altersvorsorge“ zugestimmt und mit 101:92 Stimmen dem „Bundesbeschluss über die Zusatzfinanzierung der AHV durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer“, um es ganz genau zu nehmen. Die Hürde Parlament wäre also geschafft, jetzt geht es aber gerade fliessend in den Abstimmungskampf über. Nun muss das Volk davon überzeugt werden, dass diese Reform ausgewogen und fair ist.
Dann geht es wieder nach Hause. Alle verabschieden sich innig voneinander, die Stimmung ist ähnlich wie am Ende eines Klassenlagers. Dieses Mal dauert es nicht so lange, bis wir uns alle wieder sehen, ab dem 2. Mai ist für drei Tage Sondersession.
Jetzt freue ich mich aber erst mal ganz wahnsinnig fest auf meine Familie, habe sie sehr vermisst!
Die dritte Woche, vierter Tag (16. 3.)
Alle sind nervös heute Morgen, selbstverständlich auch BR Alain Berset, obwohl er gegen aussen immer noch recht „cool“ wirkt. Auch wenn die GLP umgeschwenkt ist, braucht es nach wie vor Abweichler in der SVP und FDP für eine solide Mehrheit bei der Altersreform. Ueli Giezendanner ist extrem unter Druck, das ist deutlich spürbar. Wir hoffen natürlich auf seine gefestigte Eigenständigkeit.
Vor der alles entscheidenden Abstimmung heute Morgen, muss ich mich aber noch über die mangelnde Präsenz meiner Fraktion ärgern. Wir verlieren darum eine Abstimmung. Eine Kommissionsmotion der SiK verlangt, dass die Zivildienststelle vom WBF ins VBS verschoben werden soll. Das ist totaler Unsinn, geht es doch darum, auch geeignete Stellen für die Zivildienstleistenden finden zu können. Gemeint ist dieser Vorstoss natürlich vor allem als Angriff auf den Zivildienst. Der Ständerat wird es wohl richten, schade, dass wir die Chance verpasst haben, diese Motion heute schon zu bodigen.
Um 12.30 Uhr ist es dann endlich soweit, der Vorschlag der Einigungskonferenz wird debattiert. Ohne übertriebene Dramatik ist wohl zu sagen, dass dies nun die wichtigste Abstimmung der Legislatur sein wird. Kurz vor der Abstimmung ist die Anspannung bei allen sehr spürbar und beinahe unerträglich. Dann das Ergebnis, das unsere Seite aufatmen lässt: Mit 101: 91 Stimmen bei 4 Enthaltungen stimmt der Nationalrat dem Vorschlag der Einigungskonferenz zu, wie vorher schon der Ständerat. Die Erleichterung ist grenzenlos... Morgen bei der Schlussabstimmung muss das aber auch nochmals klappen!
Zum Sessionsabschluss geht die Fraktion am letzten Abend jeweils zusammen Nachtessen. Die Stimmung ist gelöst und aufgeräumt. Morgen braucht es bei der Schlussabstimmung zur Altersreform nur noch eine einfache Mehrheit, das sollte zu schaffen sein!
Die dritte Woche, dritter Tag (15. 3.)
Das Resultat der Einigungskonferenz ist heute natürlich Gesprächsstoff. Die Mitte-Links-Allianz bleibt solide und beharrt auf den 70 Fr. in der AHV. Bei der Mehrwertsteuer-Erhöhung gibt es allerdings ein Entgegenkommen: Sie soll nur um 0,6 statt 1 % angehoben werden. Morgen früh, noch vor der Ratssitzung, haben wir nochmals eine Fraktionssitzung.
Auch sonst nimmt die Hektik zu, wie immer in der dritten Sessionswoche. Vieles muss noch abgeschlossen werden, Vorstösse müssen werden eingereicht.
Am Nachmittag werden vorwiegend Vorstösse aus dem EJPD behandelt. Besonders ärgere ich mich über die Überweisung einer Motion von Werner Salzmann, welche sich gegen das neue EU-Waffenrecht richtet. Nachdem dem ursprünglichem Gesetzesentwurf fast alle Zähne gezogen wurden, bleibt noch die Regelung, dass ehemalige Armeeangehörige ihre Ordonanzwaffe behalten können, falls sie einem Schützenverein beitreten. Bis jetzt habe ich die Argumente der Schützen nicht verstanden, warum das so schlimm sein soll. Ich vermute, man will da vor allem die Gelegenheit nutzen um Schengen/Dublin zu künden.
Und dann gibt die GLP um 16 Uhr eine Pressekonferenz: Die Altersreform soll nicht scheitern, die GLP wird den Anträgen der Einigungskonferenz folgen. Damit besteht wirklich eine Chance, dass die Vorlage morgen eine hauchdünne Mehrheit bekommt. Auf unserer Seite darf niemand fehlen!
Den Tag lasse ich bei einer tollen und sehr speziellen Veranstaltung ausklingen: Sie heisst „Prêt-à-politiser“ und bringt Frauen aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung bei einer Modeschau von Schweizer Designerinnen zusammen. Eine wirklich gelungene Miischung!
Die dritte Woche, zweiter Tag (14. 3.)
Zugegeben, heute Morgen bin ich etwas absorbiert. Das hat mit der Tatsache zu tun, dass gestern eine Medienmitteilung der SP Kanton Zürich verschickt wurde, in welcher bekannt gegeben wurde, dass ich die neu gegründete Findungskommission präsidiere. Ich bekomme von vielen Seiten aufmunternden Zuspruch, das freut mich ehrlich. Einfach ist unsere Aufgabe nicht, das ist allen Mitgliedern der Kommission sehr wohl bewusst. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir am 22. Mai den SP-Mitgliedern einen überzeugenden Vorschlag präsentieren können!
Im Nationalrat findet heute Morgen anlässlich des Service-Public-Berichts eine Medien-Debatte statt. Die SP setzt sich vehement für eine starke SRG ein, auch im Online-Bereich. Sie garantiert die erwünschte Vielfalt und den Service Public. Aber es braucht auch private Verlage, welche bereit sind, in Qualitäts-Journalismus zu investieren. Die 4. Gewalt muss im Zeitalter von „fake news“ klar wieder gestärkt werden!
Über Mittag besuche ich eine Veranstaltung des Städteverbands, in welcher es um die Elektromobilität in den Städten und Gemeinden geht. Auch in Kloten wollen wir mehr Anstrengungen im Bereich Elektromobilität unternehmen.
Gespannt sind heute aber alle auf die Ergebnisse der Einigungskonferenz zum Thema Altersvorsorge 2020, die um 17.30 Uhr tagt, open end...
Die dritte Woche, erster Tag (13. 3.)
Heute merkt man spürbar, dass wir in der Frühjahrssession sind. Der Frühling hat endlich Einzug gehalten. Bei schönstem Wetter reise ich für die letzte Sessionswoche wieder nach Bern.
Im Nationalrat werden nach der Fragestunde die Beratungen zur Altersvorsorge 2020 wieder aufgenommen. Es bestehen bekanntlich weiterhin Differenzen zum Ständerat. Auch wenn die vorberatende Kommission des Nationalrats den Automatismus zur Rentenerhöhung auf 67 fallen gelassen hat, ist für uns die Renten-Kompensation in der 1. Säule nicht verhandelbar. Wie wollen die 70 Fr. in der AHV. Wir sind bereits bei der Erhöhung des Frauen-Rentenalters auf 65 und bei der Senkung des Umwandlungssatzes einem Kompromiss mehr als bloss nur „entgegen gekommen“. Die Frauen sind es nämlich, welche bei dieser Reform am meisten Opfer bringen. Die AHV ist für 40% der Frauen die einzige Rentenlösung. Darum bringt eine Kompensation in der 1. Säule gerade den Frauen am meisten.
Wie erwartet, bleiben zwei Differenzen zum Ständerat bestehen: Der Nationalrat hält leider an seinem Modell mit der Kompensation in der 2. Säule mit 102:91 Stimmen fest, zudem wurde die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf höchstens 0,6% belassen. Die Vorlage geht nun in die Einigungskonferenz, der „Showdown“ erfolgt dann am nächsten Donnerstag. Wir hoffen auf die bürgerlichen Abweichler...
Die zweite Woche, vierter Tag (9. 3.)
Der Schwerpunkt heute Morgen ist die Vorlage „Organisation der Bahninfrastruktur“ (OBI). Niemand ist wirklich glücklich über diese Vorlage, weder die VerkehrspolitikerInnen, noch die Kantone und Gemeinden. Zuviel wurde in die Vorlage gepackt und trotzdem bleibt sie unvollständig. Die SP unterstützt den Bundesrat, welcher an der integrierten Bahn festhalten will. Unser Bahnsystem funktioniert grundsätzlich gut, das soll auch so bleiben. Darum wollen wir diese Errungenschaft nicht mit einer Rückweisung gefährden, weil damit auch die Auslagerung der SBB Cargo gefordert wird. Dabei hat die Vorlage nämlich durchaus auch kritische Punkte, wie zum Beispiel die Systemführerschaft beim Bund. Das könnte bedeuten, dass der Bund die Vereinheitlichung im Tarifsystem herbeiführen möchte, was die Kantone überhaupt nicht wollen. Doch soweit kommt es wie erwartet gar nicht, die Vorlage wird deutlich zurückgewiesen und geht jetzt an den Ständerat.
Ich liebe ja die landwirtschaftlichen Vorstösse, viele entlocken einem oft ein Schmunzeln. Zum Erstaunen und Amüsement des ganzen Rates wurde eine Motion mit nur einer Stimme mehr überwiesen, welche verlangt, dass landwirtschaftliche Tierhalter beim Stall wohnen dürfen.
Damit ist auch die zweite Sessionswoche beendet und es geht wieder nach Hause. Diese Woche verging wirklich wie im Flug!
Die zweite Woche, dritter Tag (8. 3.)
Der heutige Morgen steht ganz unter dem Zeichen der Aussenpolitik. Die Mitglieder der Kommission würdigen den Aussenpolitischen Bericht 2016. Es sind sich alle einig, dass die globale Situation instabiler und schwieriger geworden ist. Gerade die neutrale Schweiz soll sich darum weiterhin aktiv und engagiert in internationalen Gremien wie zum Beispiel die OSZE einbringen. Da herrscht breiter Konsens. Nur die SVP sieht das erwartungsgemäss anders, sie moniert einmal mehr den angeblichen „Wasserkopf“ im DEZA.
Um 11 Uhr treffen sich ParlamentarierInnen zum gemeinsamen überparteilichen Strick-In in der Wandelhalle, mit oder ohne Pussyhat, anlässlich des heutigen Tag der Frau. Ich gebe zu, ich kann (nicht) mehr stricken. Ich habe mir als Mädchen nach der letzten Handarbeitsstunde in der 6. Klasse geschworen, nie mehr eine Stricknadel anzufassen. Ich wollte nämlich lieber ins Werken, damals war der Handarbeitsuntereicht aber noch nicht koeduziert. Für mich ist es darum ein bisschen ein Hohn, wenn jetzt ausgerechnet Stricken zum neuen Symbol der Gleichberechtigung wird. Aber ich mache natürlich aus solidarischen und inhaltlichen Gründen trotzdem mit, ziehe auch einen Pussyhat an, stricke aber nicht. Angeblich gehe das „Stricken aus Protest“ sogar auf die Französische Revolution zurück.
Am Nachmittag werden die Differenzen zum Ständerat im Bundesgesetz gegen die Schwarzarbeit beraten. Schwarzarbeit schadet dem Gewerbe, da sind sich alle einig. Aber es nützt wohl kaum etwas, wenn „schwarze Schafe“ nicht sanktioniert werden können. Das sieht die Mehrheit des Nationalrates unbegreiflicherweise aber nicht so und streicht den Bussen-Artikel. Damit besteht aber nun weiterhin eine Differenz zum Ständerat.
Dann wird das Klima- und Energielenkungssystem (KELS) begraben. Auch die SP macht mit, auf das Geschäft wird gar nicht erst eingetreten. Wegen den tiefen Strom- und Treibstoffpreisen müssten die Preise unverhältnismässig stark erhöht werden, so lässt sich eine Lenkungsabgabe nicht mehr durchsetzen. Zudem gibt es auf den ganzen „Energie-Kuchen“ schon 40% Lenkungsabgaben. Diese könnte man ohne Änderung der Verfassung weiter ausbauen. So bis in die letzte Faser bin ich aber nicht überzeugt. Ich glaube immer noch, dass ein Lenkungssystem wirksamer wäre. als ein Fördersystem... Vor allem braucht es jetzt aber wieder eine bessere, neue Lösung!
Die zweite Woche, zweiter Tag (7. 3.)
Heute steht wieder einmal ein Landwirtschafts-Morgen an. Es geht unter anderem um die Volksinitiative „Für Ernährungssicherheit“. Bei den ersten Beratungen im Nationalrat vor rund einem Jahr, war niemanden eigentlich ganz klar, was diese Initiative eigentlich wollte. Zu diffus und nebulös ist die formuliert. Der Ständerat besserte mit einem direkten Gegenvorschlag nach, welcher nun den Begriff „Ernährungssicherheit“ klarer umschreibt. Sinn der Initiative und des Gegenentwurfs ist, dass die Ernährung „vom Feld bis zum Teller“ sichergestellt werden soll. Der Selbstversorgungsgrad soll erhöht werden, aber ohne protektionistische Ansätze. Zudem wurden die Anliegen der Fairfood-Initiative ebenfalls aufgenommen, in dem zum Beispiel ein Ressourcen schonender Umgang mit Nahrungsmitteln nun in die Verfassung geschrieben werden soll. Ich finde dieses Zeichen absolut richtig und ein wichtiger Schritt im Kampf gegen Foodwaste.
Über Mittag besuche ich eine Info-Veranstaltung des VBS. Der Chef der Armee Philippe Rebord informiert über die Umsetzung der WEA (Weiterentwicklung der Armee). Ausser einem leider wieder unnötigen Angriff auf den Zivildienst tönen seine Ausführungen ganz vernünftig.
Nach der Fraktionssitzung am Nachmittag tagt wie immer einmal während der Session die SP-Fachkommission für Frieden und Sicherheit. Seit einem Jahr präsidiere ich dieses Gremium. Die Inputs, welche von den Fachleuten eingebracht werden, sind für meine politische Arbeit jeweils sehr wertvoll.
Der Abend wird abgerundet durch ein Treffen mit dem Zürcher Regierungsrat und den Städten Zürich und Winterthur. Den Austausch mit dem eigenen Kanton finde ich sinnvoll. Dann geht’s endlich nach Hause in die Berner Wohnung, und ich bin ehrlich gesagt ziemlich „erledigt“.
Die zweite Woche, erster Tag (6. 3.)
Nach einem erholsamen Wochenende mit meiner Familie geht es heute Nachmittag wieder in Bern weiter. Ich muss zugeben, dass ich von den heutigen Debatten nicht allzu viel mitbekomme. Heute geht es vorwiegend um das Ausgleichsfondsgesetz. Es wird neu nur noch eine öffentlich-rechtliche Anstalt geben, unter deren Dach die Verwaltung der drei Ausgleichsfonds AHV, IV und EO gemacht wird. Der Nationalrat stimmt dem Gesetz am Ende deutlich zu.
Gleich zu Beginn der Sitzung habe ich persönlichen Besuch, den ich durchs Bundeshaus führen darf. Das mache ich jeweils sehr gerne! Nachher stehen Regine Sauter und ich Studierenden der ZHAW Rede und Antwort, das gehört auch zur Aufgabe von ParlamentarierInnen. Es geht um die Altersvorsorge 2020, die jungen Leute haben sich gut vorbereitet und stellen interessante Fragen. Ich muss mir sehr Mühe geben und darf keine Sekunde unaufmerksam sein, da Regine Sauter als Mitglied der vorberatenden Kommission das Geschäft in- und auswendig. Der Dialog mit den Studierenden macht mir ebenfalls sehr Spass. In Bern fehlt mir manchmal der direkte Austausch mit der Bevölkerung. Dazu gibt es in der Lokalpolitik mehr Gelegenheiten.
Die erste Woche, vierter Tag (2. 3.)
Das wichtigste Geschäft heute Morgen ist aus meiner Sicht die Genehmigung des Klimaübereinkommens von Paris. Die SVP ist natürlich dagegen, das ist nicht weiter verwunderlich. Immerhin wird die Klimaveränderung an sich nicht mehr in Frage gestellt (ausser noch von Andreas Glarner), dies im Gegensatz zum neuen US-Präsidenten... Der Antrag der SVP auf Nicht-Enterten ist denn auch chancenlos. Die Rolle der FDP ist dafür von Interesse, sie stellt den Antrag die Treibhausgasemissionen nur um 40% statt um 50% gegenüber 1990 zu senken. Wir hoffen aber auf die Abweichler.
Wenn wir nicht endlich noch mehr Anstrengungen unternehmen, damit das Klima wieder mehr ins Gleichgewicht kommt, werden nicht nur die ökologischen, sondern auch die volkswirtschaftlichen Schäden durch immer häufigere meteorologische Extreme gravierend sein. Dies können wir den zukünftigen Generationen nicht antun, das ist verantwortungslos. Wir können nicht davon ausgehen, dass die Treibhausgase, die wir in unsere dünne Atmosphäre ablassen, keine Wirkung hinterlassen.
Der Antrag der FDP wird schliesslich mit 87:104 Stimmen abgelehnt. Somit liegt der Zustimmung zum Klimaübereinkommen von Paris nichts mehr im Weg, dem Abkommen wird mit 123:62 Stimmen deutlich zugestimmt! Jetzt kann ich zufrieden und erleichtert wieder nach Kloten fahren.